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Kapitel 8

Ritter der Göttin

1.

"Dürfte ich wohl euere Einladung sehen, werter Herr?" Der Ausrufer sah uns wartend an.

"Aber natürlich mein Wertester." antwortete ich in der lang einstudierten geschwollenen Adelssprache. Der Ausrufer nahm die Karte entgegen die ich ihm in die Hand reichte und sah sie sich einen Moment an. Nun galt es Daumen drücken. Hoffentlich würde es funktionieren. Dann hob er seinen Stab und klopfte dreimal auf den Boden.

"Lord und Lady Alsery!" verkündete er lautstark. Myra neben mir atmete erleichtert aus. Wir schritten an dem Aufseher vorbei, hinein in die Eingangshalle des Schlosses. Sogleich kam ein Dienstbote angesprintet und nahm uns die Mäntel ab. Ich gab ihm drei Silberstücke dafür, er nickte dankbar und eilte davon. Wir sahen uns um. Die ganze Halle war voll von dekadentem hochnäsigem Pack. Die Blaublütler standen in größeren oder kleineren Gruppen zusammen und unterhielten sich über die unwichtigsten Dinge. Die Männer stets in den nobelsten Anzügen, die Damen hüllten sich in möglichst prunkvolle Mäntel aus toten Tieren und hatten die Schminke so dick aufgetragen das man ihr Gesicht nicht einmal mehr erahnen konnte. Es machte mich krank sie zu beobachten, ich fühlte mich hier miserabel. Aber es musste eben sein.

"So weit so gut" wandte ich mich an meine Begleiterin. Myra sah in ihrem Aufzug einfach umwerfend aus. Wäre es für die Jagd und die beschwerliche Reise durch die Wildnis nicht zu unpassend, würde ich darauf bestehen dass sie immer dieses Kleid tragen sollte. Der weite Ausschnitt und der kurze Rock gaben eindeutig ihre Vorzüge preis und nicht wenige Männer sahen sie ein wenig zu oft an, als das es nur Neugier gewesen wäre. Aber es störte mich nicht, ich wusste dass sie eine Ausstrahlung hatte die einen fesseln konnte, und das lag nicht nur an ihrem Aussehen.

Sie schenkte mir ein wunderschönes Lächeln und sagte: "Von so etwas habe ich schon immer geträumt. Es ist wie in den alten Märchen, der Prinz und die Prinzessin. Wer hätte gedacht, dass ich jemals an so einem Festball teilnehmen würde." Sie strahlte übers ganze Gesicht.

"Du solltest doch langsam aus dem Alter raus sein indem man blauäugig vor sich hin träumt." antwortete ich wohl etwas zu schroff, den sie reagierte beleidigt.

"Tut mir leid, es war nicht so gemeint." entschuldigte ich mich schnell. "Aber diese Gesellschaft macht mich krank. Ich bin Jäger, und keiner von diesen Feiglingen die nicht wissen wohin mit ihren ganzen Reichtümern."

"Jetzt stell dich nicht so an, du wirst es schon überstehen. Ich dachte immer ein Jäger muss sich jeder Situation anpassen können. Wir haben einen Auftrag auszuführen, also vergiß mal kurz dein Ego und reiß dich zusammen." Ich sah Myra überrascht und sprachlos an. Dann begann ich zu lachen, worauf sie mir einen fragenden Blick zuwarf. "Was ist denn so lustig?" fragte sie mich.

"Du klingst genau wie Sen Lar." antwortete ich ihr immer noch lachend. "Bitte sag mir jetzt nicht, dass ich auch immer so klang als ich dich unterrichtet habe." Jetzt musste auch sie lachen.

"Ständig." sagte sie und zog eine Grimasse.

Ich nahm sie in den Arm und sagte: "Ich fürchte ich werde alt."

"Ich liebe dich trotzdem." flüsterte sie mir zu und küßte mich. Ich erwiderte den Kuß lange und ausgiebig und wandte mich dann wieder der Halle zu. "Also gut, dann wollen wir mal versuchen etwas in Erfahrung zu bringen."

"Und du bist dir sicher dass wir hier fündig werden?" fragte mich Myra skeptisch.

"Zweifelst du etwa an meinen Fähigkeiten Liebes? Wir haben wochenlang jede Informationsquelle abgeklappert und ich bin mir sicher dass wir einem dicken Fisch auf den Fersen sind. Vielleicht sind es Ratsmitglieder der Gilde, das sind adlige Vampire fast immer. Die Gilde steht kurz vor ihrem endgültigen Zusammenbruch. Sie müssen handeln und werden dadurch unvorsichtig. Das ist unsere Chance."

"Aber damit würdest du Asteroth doch einen Gefallen tun und seine Ausgestoßenengruppe hat vielleicht bald soviel Macht das wir nicht mehr gegen sie ankommen." gab Myra zu bedenken.

"Ich weiß. Es ist riskant. Aber auch O Kiel stellt nach wie vor eine Bedrohung dar, ich werde ich kein zweites Mal unterschätzen. Seine Macht wird mittlerweile in Frage gestellt, unter ihren Reihen spricht man von einem Umsturz - und das weiß er. Er weiß auch, dass er etwas Großes vollbringen muß um sich wieder die Loyalität seiner Untertanen zu sichern. Asteroth kann er im Moment nicht offen attackieren, das Bündnis zwischen den beiden Parteien ist gespannter denn je. Also was kann er tun?" fragte ich sie.

"Den letzten Vampirjäger gefangen nehmen und öffentlich hinrichten lassen." seufzte sie.

"Nein, die zwei letzten Jäger. Ich schätze dass sie mittlerweile auch auf dich aufmerksam geworden sind. Und das macht mir Angst." gestand ich ihr.

Sie umklammerte meine Hand fest. "Hab keine Angst, ich werde immer zu dir stehen. Wir werden uns nicht so einfach geschlagen geben."

"Nein, das werden wir nicht. Und deshalb muß ich o Kiel einen Strich durch die Rechnung machen. So leicht lassen wir uns nicht fangen." Myra nickte zustimmend. Sie verstand. Ich war stolz auf sie, und ich gebe zu auch ein wenig auf mich. Ich war ein guter Lehrer. Sie war perfekt ausgebildet, sie konnte jetzt alles was sie können musste. Sie war mir schon fast ebenbürtig. Die letzten vier Jahre seit dem Kampf mit den Zwillingen waren für sie sehr lehrreich. Und es hatte sich auch einiges getan. Wir fanden heraus das Barlow und Straker - beide noch am Leben (oder am Unleben) wie ich befürchtet hatte - sich Asteroth angeschlossen hatten und zu seinen ersten Rittern ernannt wurden. Sozusagen seine Befehlshaber wenn es zu einem weiteren Krieg kommen würde. Und das würde es. Es war nur eine Frage der Zeit.

Die Gilde zerbrach Stück für Stück. Viele waren übergelaufen, viele einfach ausgewandert. Vor etwa einem Jahr konnte der Versuch eine Revolution gegen Tarim o Kiels Herrschaft noch mal von ihm abgewandt werden, doch die wenigsten zollten ihm noch aus Überzeugung Loyalität. Die meisten warteten darauf dass er fiel. Soviel zu meinen Informationen die ich oder Myra erhaschen konnten. Den Rest kann man sich denken. Asteroth würde warten bis man einen weiteren Umsturzversuch unternimmt, vielleicht führt er ihn sogar durch einige seiner Leute selbst aus. Dann wird er vermutlich das Kriegsrecht ausrufen und ich war mir ziemlich sicher, dass er diesmal gewinnen würde. Das Ende der Gilde würde aber auch gleichzeitig die unumstößliche Macht für Asteroth bedeuten. Wenn ich nur wüsste was ich dagegen unternehmen konnte.

Im Moment jedoch musste ich mich auf unseren Auftrag konzentrieren, die Gilde sollte auch nicht unterschätzt werden. Ich wusste dass sich auf diesem Fest mindestens ein Ratsmitglied befand, vielleicht mehr. Und die galt es zu finden und zu vernichten - so einfach war das.

Wir bahnten uns unseren Weg durch die Menge, die erste Gelegenheit einen genaueren Blick auf die Festgesellschaft werfen zu können. Typische Blaublütige: Arrogant, selbst verliebt und über jeden Zweifel erhaben. Meine vampirische Seite hätte sie am liebsten gleich ausgesaugt, meine menschliche fand sie einfach nur zum kotzen.

Myra hingegen schien es zu genießen. 27 Jahre hin oder her, das kleine Mädchen steckte eben immer noch in ihr. Nun gut, wenn es sie glücklich machte. Wir verließen den Empfangssaal und gelangten in ein geräumiges Wohnzimmer. Im Kamin prasselte ein Feuer und der Raum war vom Rauch der Pfeifen und vom Parfüm der Gäste geschwängert. Die Wände schmückten Gemälde dessen Wert ich nicht einmal schätzen konnte, die Vitrinen säumten goldenes Geschirr und Schmuck, der Boden war mit den teuersten Teppichen ausgelegt und die Möbel bestanden aus den edelsten Holz- und Stoffsorten. Die hohen Herren und Damen saßen entweder gemütlich auf Sofas, edle Weine in der einen, gedrehten Tabak in der anderen Hand und unterhielten sich über Ländereien, Intrigen und wer mit wem. Das übliche eben. Andere standen um den Kamin und tauschten Tipps aus wo man am besten Essen konnte oder welcher der miserabelste Frisör war. Die Reichsten und Einflussreichsten badeten hier im trivialem. Nur mühsam konnte ich ein Gähnen unterdrücken.

"Scheint dich ja unheimlich zu faszinieren." neckte Myra mich.

"Tut mir Leid, aber ich habe meine Begeisterung wohl Zuhause vergessen." antwortete ich gelangweilt. Wir verließen den Raum. Es folgten noch zwei weitere Wohnzimmer und der Speisesaal. Eine riesige Tafel mit gut 100 Stühlen darum. Doch das dinieren fand erst in einer Stunde statt, die Tafel war noch leer. Der angrenzende Raum war die Großküche, in der ungefähr 20 Köche und Bedienstete wie vom Hafer gestochen umherwuselten. Wir schienen hier nicht erwünscht zu sein und standen wohl nur im Weg. Edle Herrschaften hin oder her, man merkte das die Angestellten im Stress waren und so bat man uns höflich aber bestimmt die Küche zu verlassen. Also machten wir uns auf den Rückweg. Unterwegs wurde ich an der Schulter angetippt. Ein etwa fünfzigjähriger grauhaariger Mann mit stahlgrauem Schnurrbart, einem Monokel und einem Elefanten von einer Frau im Arm grinste mich an.

"Verzeiht mir, aber ich glaube wir kennen uns noch nicht. Mein Name ist Baron von Gratfels, und das ist meine bezaubernde Gattin, die Baroness von Gratfels. Und ihr seid..."

"Lord und Lady Alsery. Wir sind neu in der Gegend und wollten den Ball dazu nutzen Bekanntschaften zu knüpfen." antwortete ich leicht hochnäsig. Myra neben mir hielt sich die Hand vor den Mund und versuchte ein Kichern zu verkneifen wofür ich ihr einen ärgerlichen Blick zuwarf.

"Geht es euch nicht gut, Teuerste?" fragte die Baroness. Die Frau musste mindestens 300 Pfund wiegen und noch mal 50 Pfund Klunker an den Wurstfingern und um den Stiernacken hängen haben. Wie sie sich in das Kleid zwängen konnte war mir ein Rätsel, aber es war so zum zerreißen gespannt, das ich dachte ihr kolossaler Busen würde es jeden Moment sprengen.

"Danke, es geht mir gut. Ich hatte mich wohl verschluckt." antwortete Myra mit gespielter Verlegenheit. Die Antwort schien sie ruhig zu stellen und der Baron wandte sich wieder mir zu: "Nun mein Verehrter. Sagt mir, über welchen Landstrich gebietet ihr?"

"Nun, unsere Ländereien liegen..." setzte ich an, kam jedoch nicht weit als mich Myra mit dem Ellenbogen leicht in die Seite stieß. Ich sah sie an und sie nickte nach rechts. Mein Blick folgte ihrem und ich sah was sie meinte. Eine Gestalt in schwarzem Frack sah uns überrascht und etwas erschrocken an und verschwand dann durch die Tür. Keine äußerlichen Anzeichen, aber ich war mir sicher dass es einer von IHNEN war. Und er hatte uns scheinbar erkannt.

"Verzeiht, ich bin untröstlich aber ich fürchte wir müssen unsere Konversation auf später aufschieben. Wir haben so eben einen Bekannten entdeckt und wollen uns eilen bevor wir ihn wieder im Getümmel verlieren." entschuldigte ich mich bei dem Baron und seiner Frau.

"Aber sicher doch. Wir werden hier sein. Und dann müsst ihr mir unbedingt mehr über euch und euere bezaubernde Gemahlin erzählen."

Ich und Myra schenkten ihm ein gekünsteltes Lächeln. Danach versuchten wir möglichst schnell, aber unauffällig der Gestalt zu folgen. Unterwegs stach mir ein Festgast ins Auge. Er war kein Vampir, da war ich mir sicher, aber mir fiel er auf weil er völlig fehl am Platz erschien und sich seiner Mimik nach zu urteilen auch nicht besonders wohl fühlte. Er sah aus wie ein Krieger oder etwas Ähnliches. Sehr groß, muskulös, von Kampf und Schmerz gezeichnetes Gesicht, blaue Augen, kurzes blondes Haar. Der Anzug den er trug passte nicht zu ihm, eher eine Rüstung. Er schien uns auch bemerkt zu haben und sah uns argwöhnisch an. Dann wandte ich mich wieder der Gestalt zu. Sie war verschwunden.

2.

"Er ist hier!" keuchte Telfer und schlug die schwere Eichentür hinter sich ins Schloss. Sardgasson drehte sich erbost um und wollte den Störenfried zurechtweisen. Er hatte ausdrücklich angeordnet nicht gestört zu werden solange er und Graf Melwin tagten. Doch dann sah er den Ausdruck in Telfers Gesicht und wusste Bescheid. In seinem Gesicht zeugte von blanker Furcht, Sardgasson hätte es Todesangst genannt, wäre dieser Ausdruck nicht so grotesk für einen Untoten.

"Wo?" fragte er knapp. Er wusste dass es sich nur um einen Handeln konnte. Oder mittlerweile schon um zwei.

"Mitten unter den Festgästen. Ich glaube sie haben mich gesehen doch ich konnte sie abhängen." antwortete Telfer immer noch völlig daneben. Sardgasson stampfte auf ihn zu und packte ihn am Kragen. "Bist du sicher?"

Telfer nickte hastig mit dem Kopf. "J-Ja ich bin mir sicher. Sie wissen nicht wo wir sind."

"Aber sie werden es herauskriegen", schnaubte Sardgasson wütend und ließ Telfer zu Boden fallen, "wir müssen verschwinden!" Er wandte sich an Melwin. Dieser nickte. Auch ihm schien nicht wohl in der Haut zu sein. Sein Gesicht war selbst für einen Vampir zu bleich. Sie mussten hier unbedingt weg. Sich mit dem Jäger einzulassen bedeutete den sicheren Tod. Es hieß dass er unsterblich sei und Klingen führte die in den Feuern der Hölle selbst geschmiedet wurden. Normalerweise glaubte er derlei Dinge nicht, aber es war Hoheit Sagul - ihr Herrscher und nach Tarim o Kiel der höchste Rang der Gilde - selbst der ihm den tödlichen Streich versetzt haben sollte, und dennoch wandelte er durch die Welt und machte Jagd auf ihn und seinesgleichen. Wer wusste mit welch mörderischer Macht ihn Asteroth, dessen angeblicher Vater und bekanntlich größter Feind der Gilde, ihn ausgestattet hatte?

"Also los, packt alles zusammen und dann nichts wir raus hier!" befahl Sardgasson. Kaum hatte er die Worte ausgesprochen hörten sie jemanden die Treppe hinauf stürmen, direkt auf ihr Zimmer zu. Stimmen waren zu vernehmen, eindeutig die des Jägers und der Jägerin. Sie hatten sie aufgespürt.

"Verflucht, sie haben uns gefunden!" brüllte Melwin. Telfer sah sich ruckartig um und hechtete hinter einen Schrank. Sekunden später zersplitterte die Eichentür als sich etwas von außen dagegen warf. Die beiden Vampire hatten keine Wahl, sie würden sich dem Kampf stellen müssen!

Mein Gefühl hatte mich nicht in die Irre geführt. Gleich wohl wir den Vampir nirgends sehen konnten wusste ich wo wir hin mussten, ich konnte die Kreatur förmlich riechen. Und die überraschten Blicke der anderen Gäste die sich verdutzt nach der Gestalt umsahen die gerade an ihnen vorbei gerannt war, war zugegebenermaßen auch sehr hilfreich. Dank meines guten Gehörs konnte ich trotz des Festlärms hinter einer Tür deutlich Stimmen hören die sich aufgeregt unterhielten. Das musste es ein. Ich riss mir das Festgewand vom Leib. Darunter befand sich ein Spezialhemd das mir (für einen fürstlichen Preis) ein Experte angefertigt hatte. Man konnte darin Dolche verbergen ohne dass man sie sah oder spürte. Für welche Zwecke solche Hemden gedacht waren, lag wohl auf der Hand, doch für genug Gold konnte man alles bekommen, wenn man wusste wo man zu suchen hatte. Nun zog ich zwei meiner Eichenholzpflöcke mit Silberspitze aus diesen Dolchscheiden. Es war ein seltsames Gefühl, sich nach so langer Zeit ohne die Schwarzen Zwillinge in den Kampf zu stürzen, aber ich hatte keine Wahl, sie konnte man nicht einfach verbergen. Ich hatte sie gerade einmal vor zwei Stunden abgelegt und sicher versteckt, und dennoch spürte ich bereits ein unangenehmes ziehen in der Magengegend. Der Packt war unbarmherzig!

Ich schaffte es einmal vor langer Zeit, noch lange bevor ich Myra kennen lernte, 3 Tage ohne sie zu leben - ein vergeblicher Versuch den Packt zu brechen der beinahe tödlich endete.

Am ersten Tag ließen sich die Schmerzen ertragen, obwohl man glaubte man würde von innen heraus zerrissen zu werden, an Schlaf war diese Nacht nicht zu denken. Aber ich dachte ich wäre stärker und machte weiter. Den zweiten Tag verbrachte ich mit Meditation um die Schmerzen zu übertönen was mir halbwegs gelang. Am dritten Tag begann ich dann zu bluten. Erst nur leicht, Schnittwunden die sich einfach überall am Körper bildeten, doch bald wurde es schlimmer bis ich blutete wie ein abgestochenes Schwein. Da gab ich auf, ich wusste dass ich bei dem Versuch sterben würde. Kaum hatten meine zitternden blutüberströmten Hände die Klingen berührt stoppte die Blutung und die Wunden schlossen sich von selbst. Nachdem ich einen Tag geruht hatte waren die Schmerzen vergangen und es war, als wäre nichts passiert. Doch ich hatte nicht vor solche Schmerzen noch einmal auf mich zu nehmen wenn es nicht unbedingt sein musste. Ich hoffte das hier würde nicht zu lange dauern, spätestens in 10 oder 12 Stunden würden die ersten Schmerzen einsetzten. Vielleicht ging es mittlerweile sogar schneller weil ich sie nun länger führte und der Packt dadurch mächtiger wurde. Ich wollte es lieber nicht ausprobieren.

Ich nickte Myra zu, sie nickte zurück und ich nahm Anlauf. Meiner vampirischen Kraft konnte die Tür nicht viel entgegensetzen und sie zersplitterte unter meinem Gewicht. Im Raum dahinter befanden sich zwei Vampire die uns erschrocken anstarrten. Auch von unten drangen erschreckte Stimmen von Ballgästen. Ich warf Myra einen der Pflöcke zu und wir drangen ins Innere ein, wir mussten uns beeilen.

Einen der beiden Vampire kannte ich, sein Name war Sardgasson, ein Mitglied des Rats der Gilde. Volltreffer! Der andere war mir unbekannt, doch musste es wohl auch ein höheres Tier sein. In meinem Kampfesrausch fiel mir überhaupt nicht auf das der Verfolgte nicht anwesend war. Myra auch nicht - ein Fehler der fast tödlich geendet hätte.

Die beiden Blutsauger stürzten sich ohne groß Worte zu verlieren auf uns. Der Fremde ließ einige Papiere fallen über die sie wohl gerade gesprochen hatten und attackierte Myra, Sardgasson mich. Ich konnte in seinen Augen lesen dass er selbst nicht an einen Sieg glaubte. Ihm fehlte der Wille, der Kampf war schon gewonnen. Ich holte mit dem Pflock aus und stach mehrmals zu, Sardgasson wich den Attacken mehr schlecht als Recht aus, aber ich hatte die Initiative und drängte ihn Stück für Stück in die Ecke. Myra machte es ähnlich und versuchte den Vampir von der Tür fernzuhalten. Von Draußen konnten wir Getrampel auf der Treppe hören. Nun zählte jede Sekunde.

"Ich kenne euch Sardgasson. Euere Zeiten der Knechtschaft sind gezählt." versuchte ich ihn anzustacheln.

"Du wirst nicht mein Richter sein Jäger." zischte er zurück und versuchte mir seine Fingernägel, die wie Klauen an seinen Händen hingen, durchs Gesicht zu ziehen. Ich wich ihm ohne Mühe aus und stieß ihm den Dolch in die Nieren. Sardgasson heulte auf und verpasste mir einen Kinnhaken der aber nicht gut gezielt war und mich nur streifte. Neben mir schrie der andere Vampir als Myra ihm zuerst ins Schienbein trat und ihm anschließend den Ellenbogen ins Gesicht rammte. Der Blutsauger hob die Hände ans Gesicht und taumelte ein Stück zurück. Myra vollführte eine 180 Grad Drehung und rammte ihm den Pflock bis zum Anschlag ins Herz. Kreischend fing die Kreatur Feuer und ging zu Boden, wo sie sich langsam in ein Häufchen Asche verwandelte. Mittlerweile waren die ersten Gäste bei uns angelangt, aber keiner wagte es denn Raum zu betreten. Sardgasson riss die Augen auf und sah das brennende Bündel am Boden. Ich nutzte meine Chance und zog den Pflock mit aller Wucht horizontal über Sardgasson Hals. Mir schoss eine Blutfontäne entgegen als sich sein Kopf vom Rumpf löste und sein erstauntes Gesicht so wie auch der Rest von ihm Feuer fing.

Anschließend passierte alles ganz schnell und ich kann es nur noch bruchstückhaft rekonstruieren. Ich drehte mich um und lächelte Myra an, sie lächelte zurück. Dann sah ich eine Bewegung hinter ihr, etwas sprang hinter einem Schrank hervor und hielt einen großen Dolch erhoben, bereit jeden Moment damit auf Myra einzustechen. Dann stürmte plötzlich jemand ins Zimmer, doch das bekam ich nur am Rande mit. Ich riss die Arme hoch und wollte Myras Namen rufen, bekam aber keinen Ton heraus. Die Gestalt würde gleich zustechen, sie hatte Myras Genick schon im Visier, ein tödlicher Streich!

Dann musste Myra mein Gesicht bemerkt haben, denn sie drehte sich erschrocken herum und sah die Kreatur hinter sich, die in ihrer Bewegung erstarrt war. Erst verstand ich nicht was los war, warum er nicht zugestoßen hatte, doch dann sah ich die blutige Metallspitze aus seinem Herzen ragen. Dann fing auch dieser Körper Feuer und verwandelte sich in Asche.

Hinter dem Blutsauger erkannte ich den blonden Mann der mir unten in der Halle aufgefallen war, der verdutzt auf den Haufen Asche starrte, das Kurzschwert mit dem er ihn erstochen hatte immer noch in der Hand.

"Was bei Torscha und allen himmlischen Mächten war das für eine Ausgeburt der Hölle?" fragte er völlig irritiert. Myra war immer noch ganz neben sich und wusste nicht was sie tun oder sagen sollte. Ich hatte als erster wieder die Fassung erlangt und stellte fest dass uns die Festgäste ängstlich, verwirrt und wütend anstarrten. Wir hatten bereits zuviel Aufmerksamkeit erregt, das war nicht gut. Unsere Stärke war das wir im Verborgenen operierten. Wir mussten verschwinden bevor wir alles noch schlimmer machten. Ich nahm einen Stuhl und warf ihn durch eines der großen Butzenglasfenster das klirrend zersprang. Wir befanden uns im zweiten Stock, doch unter uns befanden sich Büsche die den Fall bremsen würden - hoffentlich. Ich griff mir die Papiere die der Fremde Vampir fallen gelassen hatte und wand mich an meine Geliebte.

"Wir müssen verschwinden!" rief ich, packte Myra und stürzte mich mit ihr aus dem Fenster.

Die Büsche dämpften den Fall tatsächlich, angenehm war er dennoch nicht. Ich sah nach Myra, sie schien unverletzt zu sein.

"Geht es dir gut?" fragte ich.

"Denke schon!" stotterte sie. Dann krachte etwas Schweres neben uns in die Büsche. Raschelnd kam der blonde Hüne zum Vorschein. "Ich weiß zwar nicht wer Ihr seid und was das da oben für Kreaturen waren, aber die Gäste werden mir wohl dank euch eine Menge unangenehmer Fragen stellen. Deshalb sollten wir hier schnellstens verschwinden!" keuchte er. Ich sah nach oben, einige neugierige Gestalten starrten in die Dunkelheit, konnten uns aber nichts erkennen. Ich sah den Fremden an und nickte. "Also gut, folgt uns!"

3.

Wir versteckten uns zwei Kilometer weiter südlich in einer alten Hütte die am Waldrand stand. Ich wusste nicht wie lange wir hier unentdeckt bleiben würden, dachte aber dass die Festgäste im Moment viel mehr an den Opfern interessiert waren, die sich vor ihren Augen im wahrsten Sinne des Wortes in Rauch aufgelöst hatten. Ich schloss die Tür hinter uns und blickte in die Runde. Myra war an der Wand zusammengesunken und hatte die Augen geschlossen. Sie versuchte immer noch das eben passierte zu verarbeiten. Der blonde Hüne stand mitten im Raum, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah mich fragend an. In dem Moment als ich in seine tiefgründigen blauen Augen blickte fühlte ich eine seltsame Verbundenheit, als würde ich diesen Mann schon ewig kennen, fast als wäre er mein Bruder. Dieses Gefühl hatte ich in meinem Leben erst dreimal gespürt. Einmal bei Sen Lar, einmal bei Myra... und einmal bei Asteroth. War er nun Freund oder Feind?

Myra wollte im Moment wohl lieber alleine sein also galt es nun diesem Herkules auf den Zahn zu fühlen. Als er merkte dass ich mich ihm zuwandte konnte er seine Ungeduld nicht länger zügeln.

"Also schön. Wer immer ihr auch seid, ich glaube ihr schuldet mir eine Erklärung. Was ist gerade passiert?"

"Ihr habt einen Fehler begangen als ihr jenen Raum betreten habt. Nun gibt es für euch kein zurück mehr, nun werdet auch ihr gejagt!" war das einzige was ich ihm antwortete.

"Was soll das bedeuten? Wer jagt mich? Was beim Zorn von Torscha waren das für Wesen?"

"Wer zum Henker ist Torscha?" fragte ich ihn ungeduldig.

Der Krieger (oder was immer er war) schien fassungslos zu sein. "Ihr wisst nicht wer Torscha ist? Torscha, Göttin des Mutes, des Kampfes und des Feuers! Ihr könnt nicht allen ernstes behaupten das ihr sie nicht kennt."

'Na großartig' dachte ich. Das hatte mir jetzt gerade noch gefehlt. Schlimm genug das ich nun einen Fremden am Hals hatte, aber musste es auch noch so ein verrückter Glaubensfanatiker sein, noch dazu von einer Göttin der Ehre? Ich versuchte dennoch mein Missfallen zu verbergen. Ein Streit war im Moment nicht sehr zuträglich, und diese Leute konnten sehr unberechenbar reagieren wenn man ihren Glauben beleidigte. Ich hatte Myra versprochen die alte Fehde zwischen mir und den Himmelsmächten zu begraben. Ich musste sie nicht mögen, aber ich würde sie akzeptieren. Außerdem hatte er ihr das Leben gerettet.

"Wir kommen nicht von hier, und sind mit den Sitten und Gebräuchen nicht vertraut." antwortete ich stattdessen.

"Sitten und Gebräuchen? Torscha ist doch keine Sitte. Sie herrscht über das ganze Weltenrund. Aber ich weiß schon dass man in den entfernten Königreichen andere Götzen verehrt. Nun gut, ihr wisst es eben nicht besser, ich kann euch keinen Vorwurf machen."

Seine herablassende Art gefiel mir überhaupt nicht. Lebensretter hin oder her, ich hatte gute Lust ihm seine freche Reden auszutreiben.

"Seit ihr Paladin oder etwas ähnliches?" fragte ich ihn stattdessen. Sein Gesicht nahm einen bedrückenden traurigen Ausdruck an. "Ich diene meiner Göttin." erklärte er ausweichend. Ich beschloss es dabei beruhen zu lassen.

"Wie ist euer Name?" fragte ich ihn weiter.

Seine Züge glätteten sich wieder ein wenig. "Mein Name ist Craven." antwortete er erleichtert nicht länger über seinen Titel befragt zu werden. "Und wie ist der Euere?" Ich überlegte kurz, sah aber keinen Grund ihm etwas vorzulügen.

"Man nennt mich Drake du Kane, und die bezaubernde Dame deren Leben ihr gerettet habt heißt Myra." Die Angesprochene hob den Kopf als sei ihren Namen hörte, doch ihr Blick war leer und glitt einfach durch uns hindurch. Es passierte nicht jeden Tag dass man den Tod vor Augen sah. Ich verspürte den Drang zu ihr zu gehen und den Arm um sie zu legen, aber ich wusste dass es besser wäre sie in Ruhe zu lassen. Ich wusste das aus eigener Erfahrung. Also wendete ich mich wieder unserem Gast zu. Dieser schien zu überlegen. Schließlich bildete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht als hätte er gerade die Pointe eines Witzes verstanden. "Schön, wer seit ihr wirklich?" fragte er lächelnd.

Darauf fiel mir keine Antwort ein. "Was meint ihr damit? Ich habe euch unsere Namen genannt..."

"Ach bitte", fiel er mir ins Wort, "und das soll ich euch glauben? Drake du Kane ist eine Legende. Der unbesiegbare Vampirjäger? In den heiligen Büchern der Kirche gibt es einen Artikel über ihn. Dort wo die Fabelwesen stehen. Vampire und anderes Zeug. Drake du Kane soll angeblich selbst ein Vampir sein - ein guter - und nun Jagd auf andere Vampire machen." Craven lächelte immer noch. Ich war sprachlos. Ähnlich wie damals als mir Myra ihre Anbetung bekundet hatte, aber diesmal war es schlimmer. Der Gedanke dass ich in einem heiligen Buch stand, wenn auch nur als Legende oder Gute-Nacht-Geschichte war unvorstellbar. Ich merkte wie meine Beine wacklig wurden und ließ mich auf den Boden fallen. Ich schloss die Augen, alles begann sich zu drehen. Als ich die Augen wieder öffnete sah ich Cravens besorgtes Gesicht über meinem. "Geht es euch gut? Ich dachte schon ihr würdet das Bewusstsein verlieren."

Langsam nahm meine Umgebung wieder feste Konturen an und ich spürte meine Beine wieder. Ich stand auf und atmete tief durch. Es war als würde mir das Schicksal einen bösen Streich spielen. Was ich auch tat um meine Existenz geheim zu halten, jedes Mal wusste jemand etwas über mich, es war zum verrückt werden.

Andererseits, schoss es mir durch den Kopf, wenn ich als Legende galt, war das vielleicht noch besser. Jeder würde glauben dass ich nur ein Märchen war. Etwas Besseres hätte mir, nüchtern betrachtet, eigentlich gar nicht passieren können. Ich sah Craven ernst an. "Vermutlich wird das in eueren Ohren absurd klingen, aber ich bin tatsächlich Drake du Kane. Ich bin kein Ammenmärchen."

Craven schüttelte den Kopf. "Unmöglich. Wenn ihr echt wärt müsste es Vampire geben und das..." Plötzlich begann er zu stocken. Auf seinem Gesicht zeichnete sich eine grausige Erkenntnis ab.

Ich nickte stumm. "Ganz recht. Menschen verwandeln sich nicht in Asche wenn man sie tötet. Ihr habt einen leibhaftigen Untoten vernichtet. Euere Göttin wäre wohl stolz auf euch." Ob sie das tatsächlich war, ob Götter sich überhaupt darum scherten was wir machten, bezweifelte ich. Aber vielleicht gab ihm dass Halt bei dem Versuch die Wahrheit zu verkraften.

Nun war es Craven der sich setzte. Er schüttelte noch immer den Kopf. "Ich hätte es eigentlich wissen müssen. Ich wusste dass es in diesem Königreich nicht mit Rechten Dingen zugeht. Darum war ich auf jenem Ball, ich wollte herausfinden welch Götterlästerliche Dinge dort vor sich gehen. Der Glaube lehrt uns dass nichts unmöglich ist. Soviel Kreaturen leben auf dieser Welt, aber Vampire. Schon immer bin ich in dem Glauben aufgewachsen sie seien nicht Real."

"Ja, ich weiß. Und genau das ist ihre Stärke. Sie versuchen uns weiszumachen das sie nicht existieren. Aber sie gibt es schon länger als die meisten anderen Rassen auf diesem Planeten. Und sie müssen bekämpft werden bevor sie noch mächtiger werden. Normalerweise müsste ich euch töten, jetzt wo ihr es wisst, schon alleine um euch vor euch selbst zu schützen." Craven sah mich zornig und kampflustig an. Er schien bereit sein Leben teuer zu verkaufen. "Aber ihr habt meiner Geliebten das Leben gerettet." beruhigte ich ihn.

"Und nun soll ich euch wohl für euere Milde dankbar sein?" fragte er wütend. "Niemand entscheidet über mein Leben außer Torscha. Ich hoffe also das euere Wort nicht so gemeint waren." Ich hatte wohl einen Fehler begangen, aber ich war den Umgang mit Menschen einfach nicht gewöhnt, Myras Mühe zum Trotz.

"Schon gut, vergesst einfach was ich gesagt habe. Aber glaubt mir, wenn man von Ihnen gejagt wird, gibt es schlimmeres als den Tod. Ihr könntet verwandelt und zu einem von Ihnen werden."

Craven schien verstanden zu haben worauf ich hinaus wollte. Er nickte stumm. Manchmal war der Tod wirklich besser. Er sah mich an. "Und was nun? Was soll ich jetzt tun?" Aber auf diese Frage wusste ich keine Antwort. Er hatte einen Vampir getötet. Das alleine war noch nicht so schlimm, das hatten andere Menschen auch schon getan, wenn auch mehr aus Zufall oder Verzweiflung. Aber er wurde mit mir und Myra gesehen, das machte ihn zu einem potentiellen Gegner. Schon die zweite Unschuldige Seele die ich in meinen Kreuzzug hineingezogen hatte. "Viele Möglichkeiten bleiben euch nicht mein Freund. Es tut mir Leid, aber ich denke dass ich euch nur den Tod anbieten kann."

Craven schüttelte energisch den Kopf. "Der Freitod ist etwas für Feiglinge, und Feiglinge duldet Torscha nicht. Nein, niemals werde ich das tun."

Ich nickte. "Nun, ihr scheint stark zu sein. Vielleicht könnt ihr sie bekämpfen. Es wird hart und entbehrungsreich und ihr werdet mit ziemlicher Sicherheit sterben oder einer von Ihnen werden." Es war die blanke Wahrheit, es hatte keinen Sinn ihm etwas vorzulügen.

"Ich verstehe." antwortete er. "Wenn so mein Schicksal aussehen soll, dann werde ich es akzeptieren."

"Es gibt auch eine dritte Möglichkeit." ertönte plötzlich eine Stimme hinter uns. Myra kam auf uns zu, ihr Blick war wieder klar und sie schien wieder sie selbst zu sein. Wir beiden sahen sie fragend an.

Myra brachte ein Lächeln zustande und schüttelte leicht den Kopf. "Du bist den Umgang mit anderen Menschen wohl wirklich nicht gewohnt Drake du Kane", schollt sie mich, "sonst hättest du längst in Betracht gezogen was am nächsten liegt."

Myra trat neben Craven, der sie gut zwei Köpfe überragte und sah ihn an. "Er begleitet uns!"

Craven reagierte überrascht über Myras Vorschlag, doch ich hatte es befürchtet. Ich hatte diese Möglichkeit nicht vergessen sondern verdrängt. Ich schüttelte energisch den Kopf. "Nein, mein Kreuzzug hat schon genug Schaden angerichtet. Wenn er uns begleitet ist er hundertprozentig tot!"

"Und wenn er uns nicht begleitet zweihundertprozentig!" erwiderte Myra energisch. "Fang nicht wieder die alte Diskussion an wie bei mir. Du weist doch so gut wie ich das nur wir ihn noch vor Ihnen schützen können."

"Alleine könnte er sich möglicherweise vor Ihnen verstecken." entgegnete ich, doch die Worte klangen in meinen Ohren nicht besonders überzeugend. Ich glaubte sie selbst nicht.

"Und sie würden ihn dennoch finden. Hast du mir nicht selbst gesagt dass sie dich überall finden wenn sie dich suchen? Du weist das ich Recht habe. Gib es zu, du willst nicht dass er uns begleitet." Sie funkelte mich herausfordernd an.

"Also gut, du hast Recht. Ich will es nicht, weil es riskant ist. Drei Jäger sind leichter zu finden als zwei. Es wird so schon immer schwerer unterzutauchen. Zu dritt wäre es so gut wie unmöglich, an einen von uns würde man sich immer erinnern."

"Das ist doch nicht der einzige Grund. Ich weiß warum du zögerst. Aus dem gleichen Grund warum du auch mich zu anfangs nicht mitnehmen wolltest. Es ist Asteroth. Er gehört dir, nicht wahr? Du willst nicht dass wir deinen Hass auf ihn teilen."

"Ich will nicht das er euch das antut was mir und Sen Lar und hundert anderen C'ael Rohen widerfahren ist. Und was meine Rache betrifft..." Ich schwieg. Vermutlich hatte sie recht auch wenn ich mir das selbst nicht eingestehen wollte. "Er wird für seine Taten bezahlen, das habe ich geschworen. Doch dies ist mein Krieg!" flüsterte ich mit bebenden Lippen. Ein lautes Räuspern riss mich aus meinen Gedanken und ich schreckte hoch.

Craven stand nach wie vor am selben Fleck und sah uns ungeduldig an. "Ich störe eueren Streit ja nur ungern, aber da ich wohl der Grund dafür bin, habe ich wohl auch ein Wort mitzureden. Vor einer Stunde war mein Leben noch in Ordnung. Ich war ein einfacher Ritter der das Recht hütete und seiner Göttin diente. Und nun stehe ich hier und stelle fest das Kreaturen mich jagen, von denen ich bisher dachte sie wären eine Legende. Auch wenn ich mir den Dienst gegenüber meiner Göttin immer anders vorgestellt habe so bekämpfe ich nach wie vor das Böse. Und wenn es sein muß eben als ein - wie nanntet ihr sie - C'ael Rohen? Ich werde mich nicht einfach erlegen lassen. Wegen euch sitze ich in dieser Zwickmühle, also lehrt mich gefälligst wie ich sie bekämpfen kann!" Craven schien es bitter ernst zu sein mit seiner Forderung. Er setzte alles auf eine Karte und ich musste mir eingestehen dass mir das an ihm gefiel.

"Und außerdem", fügte er hinzu, "ihr könnt meine Hilfe brauchen!"

Ich lächelte. "Tatsächlich?" fragte ich ihn. "Nun ich gebe zu das euer Auftritt sehr eindrucksvoll war, und ihr habt Myra das Leben gerettet. Und ihr besitzt sogar eine Waffe die sie vernichten kann."

Myra fixierte mich noch immer mit ihren Blicken. Ich seufzte ergeben. "Na schön, wir brauchen Hilfe, die Vampire werden von Tag zu Tag stärker." Ich reichte ihm die Hand. "Kämpft für unsere Sache und ich werde euch lehren was ihr wissen müsst!"

Craven zögerte keine Sekunde und schlug mit starrer Mine ein. "So soll es sein!"

Myra lächelte erleichtert.

Von jener Nacht an waren wir zu dritt!

4.

Die Nacht war fortgeschritten, im Osten war bereits die Morgenröte auszumachen und die ersten Vögel stimmten ihren Gesang an. Ich saß auf einem alten wackeligen Holzstuhl und studierte die Dokumente die ich bei dem Kampf sicherstellen konnte. Mein Blick glitt des Öfteren ins Nebenzimmer. Myra lag auf einem alten verstaubten Bett. Craven stand an einem alten verschmutzten Fenster und blickte hinaus. Die beiden unterhielten sich leise miteinander. Trotz meines guten Gehörs konnte ich nur vereinzelte Gesprächsfetzen aufschnappen, aber das störte mich nicht. Ich gehörte nicht zu jener Charaktersorte die andere belauschten sofern ich keinen triftigen Grund dazu hatte. Und obwohl ich Myra mehr liebte als alles andere auf der Welt, war ich zu alt um solch ein kindisches Gefühl wie Eifersucht zu verspüren. Im Gegenteil, ich war froh dass sie mit ihm redete und versuchte ihm Trost zu spenden, in den schweren Zeiten die er nun durchmachen musste. Man erfuhr nicht jeden Tag dass man von nun an sein Leben lang gejagt wurde. Und ich war nun wirklich nicht der Richtige um jemanden aufzubauen. Außerdem musste ich wichtigeren Dingen nachgehen. Die Dokumente waren sehr aufschlussreich. Ich las den Brief - darum handelte es sich nämlich - zweimal und verbrannte ihn anschließend.

Danach ging ich zu den beiden und lehnte mich gegen den Türrahmen. Myra hob fragend den Kopf und auch Craven drehte sich zu mir. Seine Miene war ausdruckslos, er hatte wohl über eine Menge Dinge nachzudenken.

"Und?" fragte mich Myra erwartungsvoll. Ich ließ meinen Blick einen Moment durch die Runde schweifen, bevor ich antwortete: "Es sieht so aus als hätten wir diesmal einen Volltreffer gelandet. Sardgasson war der Baron eines mittelständigen Reiches in der näheren Umgebung und ganz zufällig auch Mitglied des Gildenrates. Ebenso wie Melwin, der andere Kerl, Graf und scheinbar ein Gesandter aus einem Reich im Norden. Diesmal haben wir die Schweinebande erwischt." Ich grinste triumphierend und auch Myras Gesicht wirkte entspannter. Lediglich Craven wirkte verwirrt.

"Also, nur damit ich das richtig verstehe. Dieser Rat ist so eine Art Zusammenkunft aller hohen Vampire die..."

"Nein", verbesserte ich ihn, "nicht aller hohen Vampire, das wären viel zu viele. Der Rat besteht aus etwa 20 Mitgliedern, die alle eine hohe Stellung in der Welt der Sterblichen besitzen wie z.B. Barone, Grafen oder sogar Könige, aber auch Diebe und Attentäter die sich einen Ruf gemacht haben und über wertvolle Verbindungen zur Unterwelt verfügen. Oder mächtige Kämpfer oder Magier. Die Gilde ist über die ganze Welt verteilt und gliedert sich in einzelne Clans in den jeweiligen Ländern. Diese Clans wählen dann ihren Vertreter der dann in den Rat aufgenommen wird und an den Treffen teilnehmen darf. Es muß nicht zwangsläufig ein hoher Vampir sein, er muß nur Macht besitzen."

"Und dieser Rat wiederum wählt ihr Oberhaupt und Anführer der Gilde?"

Ich grinste. "Man muß zugeben, dass die Vampire über ein ausgeklügeltes Regierungssystem verfügen. Soviel zum verstaubten Schreckgespenst das in einem verlassenen Spuckschloss geistert."

Craven schüttelte ungläubig den Kopf. "Ich kann das einfach nicht glauben. Sie sind überall. Und keiner erkennt sie. Sie bewegen sich mitten unter uns und keiner weiß etwas davon."

Ich räusperte mich. "Fast keiner, mein Freund. Die Wahrheit ist nie leicht zu akzeptieren, aber genau deshalb werden wir sie bekämpfen, egal wie aussichtslos die Lage auch sein mag." Craven sah mich an, suchte in meinem Gesicht nach einer Lüge, doch er fand keine. Es war mein voller Ernst, und er wusste das, das konnte ich in seinen Augen lesen. Er nickte stumm.

"Also", fuhr ich fort, "die Dokumente die ich bei den Vampiren gefunden haben weisen auf einen Stützpunkt der Rebellen hin."

Myra schreckte hoch. "Du meinst welche von Asteroths Untertanen?"

"Genau das meine ich. Scheinbar konnte die Gilde diesen Unterschlupf ausfindig machen. Es handelt sich um ein mittelgroßes Lager, knapp ein Dutzend niedere und ein hoher Vampir als Anführer. Dazu noch etwa 20 menschliche Untertanen. Es ist wohl so etwas wie ein Außenposten. Sie überwachen die Grenzen. Scheinbar glaubt Asteroth an einen Übergriff der Gilde in diesem Gebiet."

"Und damit schien er ja auch Recht zu haben, oder was glaubst du was die Gilde auf den Ball vorhatte?" fragte mich Myra.

"Ich weiß nicht so recht. Es ist kein Geheimnis dass das Bündnis zwischen Asteroth und Tarim o Kiel mehr als dünn ist und dass ständig gegenseitige Sabotageakte erfolgen. Aber ein direkter Angriff auf ein Land das Asteroth untersteht wäre eine erneute Kriegserklärung. Ich glaube nicht das Tarim o Kiel das beabsichtigt - noch nicht. Ich denke sie wollten lediglich Informationen."

"Glaubst du etwa sie wollten gar nicht angreifen?"

"Einen Krieg können sich die beiden im Moment nicht leisten, beide Parteien sind noch zu angeschlagen. Sie spielen auf Zeit, spionieren sich gegenseitig aus und warten auf den richtigen Moment um zuzuschlagen."

"Wann?"

"Ich weiß es nicht. Ein paar Jahre, Zeit ist für Vampire bedeutungslos. Aber ich denke nicht, dass o Kiel zu lange warten wird. Asteroths Armee wächst. Doch im Moment glaube ich ist O Kiel noch zu viel mit uns beschäftigt."

Myra legte den Kopf schief und musterte mich grübelnd. "Also gut, was schlägst du vor Drake?"

Ich grinste. "Ich finde wir haben uns lange genug um O Kiel und die Gilde gekümmert. Es ist an der Zeit Asteroth und seiner kleinen Rebellion ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Wir sind Vampirjäger, tun wir was wir am besten können!" Myra grinste nun ebenfalls während Craven, der die ganze Zeit stumm gelauscht hatte, mich zweifelnd ansah. "Du willst dieses Lager stürmen? Hast du nicht eben gesagt da sind ein Dutzend Vampire und noch mal 20 Gegner?"

"Und ihr Anführer, der ist der Gefährlichste." verbesserte ich ihn nickend.

"Das ist doch Wahnsinn! Ich bin Kämpfer von ganzem Herzen, aber ich erkenne eine Übermacht, und gegen die kommen wir nicht an."

"Craven, du musst einfach glauben. Das sollte doch für dich als überzeugter Ritter kein Problem sein."

"Und wie wollt ihr das anstellen? Ihnen einfach gegenübertreten?"

"Wir sind hier nicht auf einem Kreuzzug mein Freund. Es mag sich nicht mit deinem Ehrenkodex vertragen, aber wir werden sie überrumpeln. Wenn sie merken dass wir hier sind, dann wird es bereits zu spät sein." Ich sah ihn ernst an. "Das ist deine Feuerprobe Craven, bist du dabei?" Er schien einen Moment überlegen. Einen Krieger fiel es nicht leicht den offenen Kampf gegen stilles meucheln einzutauschen, aber er war jetzt kein Krieger mehr. Er war jetzt einer von uns - ein Jäger. Schließlich nickte er. "Ich werde euch helfen. Ohne mich schafft ihr das nie!" Myra lächelte und auch ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Der Mann hatte etwas das mir gefiel. Er würde nicht aufgeben. Vielleicht brauchten wir ihn wirklich.

"Also schön Freunde, sehen wir uns das Lager mal an."

Wir saßen noch stundenlang in der kleinen Hütte und sprachen unsere Taktik durch. Auf einem wackeligen alten Holztisch lag eine ausgebreitete Karte, die die nähere Umgebung zeigte. Mit Hilfe der Informationen die ich aus dem Brief entnommen hatte zeichnete ich das Lager in die Karte ein. Es handelte sich um eine Zeltstadt. Ein großes rundes Hauptzelt und noch mal ein Dutzend kleinerer Zelte drum herum. Das Lager war auf einem Hügel errichtet worden von dem aus man das ganze Umland gut überblicken konnte, es würde also schwierig werden sich einfach heranzuschleichen.

"Na schön, wie wollen wir vorgehen?" fragte Craven in die Runde. "Ich bin Krieger, kein Stratege, aber ich würde sagen wenn wir uns heran schleichen wollen werden wir es nicht leicht haben. Ein Kilometer um das Lager ist nur offenes Territorium. Keinerlei Deckung, und die Tatsache dass sich das Lager auf einer Anhöhe befindet erleichtert das ganze auch nicht. Wir müssen also nachts angreifen, im Schutze der Dunkelheit."

"Falsch." antwortete ich knapp. Craven sah mich fragend an.

"Für einen einfachen Kämpfer hast du gut kombiniert und dein Plan würde auch Sinn machen", erklärte Myra ihm, "wenn es sich bei unseren Feinden um einfache Menschen handeln würde. Aber vergiß nicht wogegen wir kämpfen." Craven verdrehte sie Augen und ließ einen Stoßseufzer erklingen. Ein leises götterverdammt entrann seiner Kehle.

"Ich weiß, wir verlangen viel, aber du musst aufhören wie ein einfacher Ritter zu denken. DU bist jetzt ein Jäger und wir jagen Kreaturen die anderen Naturgesetzen folgen." erklärte ich ihm. "Nein, wir müssen sie am Tage überrumpeln wenn sie schlafen und uns nur ihre Handlanger im Wege sind. Mit ihnen werden wir fertig. Und den verfluchten Blutsaugern rammen wir im Schlaf einfach einen Pflock durchs Herz!" Craven warf mir einen missbilligenden Blick zu und wollte zu einem Widerspruch ansetzen doch ich kam ihm zuvor: "Und komm mir jetzt nicht mit einem verfluchten Ehrenkodex. Diese Bestien haben keinen ehrenhaften Kampf verdient. Sie sind das pure Böse und das hinterhältigste was es gibt. Ein Vampir würde dir schwören dein bester Freund zu sein während sein Kumpan dir einen Dolch in den Rücken rammt. Hab kein Mitleid mit ihnen, hege keinerlei Gefühle für sie, und vor allem...traue ihnen nie!"

Ich hämmerte ihm diese Worte ein, er musste sich daran halten. Davon würde sein Überleben abhängen, denn ich und Myra konnten ihn nicht ständig beschützen. Ich konnte ihn lehren, was ich sie gelehrt hatte, und das würde ich auch tun, aber er war zu neu und unerfahren. Ich und Myra hatten schon unsere Erlebnisse mit den Vampiren bevor wir Jäger waren. Wir wussten wozu sie fähig waren. Craven unterschätzte sie möglicherweise. Er durfte keinen Fehler diesbezüglich begehen, er war zu wertvoll. Die C'ael Rohen waren beinahe ausgestorben, nun gab es immerhin wieder drei. Craven sah mich an und murmelte dann etwas Unverständliches. Ich glaubte es war an seine Göttin gerichtet und warum sie ihm solch eine schwere Prüfung auferlegt hatte. Er blickte wütend zu Boden. Myra ging zu ihm und redete leise auf ihn ein, schien ihn zu beruhigen. Ich wollte ihn nicht so hart anfahren, aber es musste sein. Ich trug die Verantwortung für ihn, auch wenn ich ihm dass nicht sagen würde. Es würde ihn in seiner Ehre verletzen. Ich hielt das für schwachsinnig. Wir waren Jäger in einem vermutlich aussichtslosen Kampf. Ehre hatte da keinen Platz, es ging ums nackte Überleben. Andererseits war er stark im Herzen. Ich durfte ihm diese innere Kraft nicht nehmen indem ich seinen Glauben verleugnete. Ich würde nicht an seine Göttin glauben, aber ich konnte ihm das nicht verbieten. Ich und Myra hatten unsere Liebe die uns Kraft gab das alles durchzustehen. Craven brauchte auch etwas das ihm Kraft gab, und das war die Liebe zu seiner Göttin Torscha. Ich würde das respektieren.

"Na schön Drake." Cravens Stimme riss mich aus meinen Gedanken. "Du kennst sie am besten, machen wir es auf deine Art. Wie ist dein Plan?" Craven sah mich erwartungsvoll an. Ich atmete erleichtert durch. Nun konnten wir uns wieder unserer Arbeit widmen. Ich wandte mich wieder der Karte zu, Myra und Craven betrachteten sie aufmerksam.

"In Ordnung, lasst uns an die Arbeit gehen." erklärte ich und erläuterte meinen Plan.

5.

Gard fühlte sich nicht sonderlich wohl in seiner Haut. Nervös ließ er seinen Blick über die Zelte schweifen während er durch das Lager marschierte. Er hätte sich niemals auf diesen Handel einlassen sollen. Er war ein Narr zu glauben dass es so leicht sein würde. Wie konnte er nur diesen Kreaturen vertrauen? Er verwünschte sich während er seinen Rundgang fortsetzte und nachsah ob alles in Ordnung sei. Seine leicht zitternde Hand lag griffbereit am Heft seines Schwertes. Das alles würde böse enden, da war er sich sicher

"Nervös?" Borats Stimme schreckte den Söldner aus seinen Gedanken und er zuckte erschrocken zusammen. "Verflucht Borat, ich hätte dich fast abgestochen. Tu so was nie wieder!" fuhr er den lächelnden groß gewachsenen Mann an.

"Tut mir leid. Was ist los, du streunst herum wie ein hungriger Wolf?"

"Ich will hier raus, das ist los! Verdammt Borat, wir hätten uns niemals auf dieses Geschäft einlassen dürfen. Wir stecken bis zum Hals in der Scheiße!"

Borat zuckte unbekümmert die Schultern. "Sie zahlen gut. Und abgesehen davon kannst du gegen ihre Argumente nicht viel ausrichten. Entweder du gehorchst oder du bist tot. Die machen keine Gefangenen."

"Verflucht. Vor einem halben Jahr glaubte ich noch dass Vampire verdammte Legenden wären. Gruselgeschichten um kleine Kinder zu erschrecken. Und nun sitze ich in einem Lager wo es von ihnen wimmelt. Wie konnte es nur so weit kommen?"

"Du wusstest worauf du dich einlässt. Wir alle wussten es. Was ist los mit dir, warum machst du dir jetzt fast in die Hosen? Sie schlafen alle." Borat deutete auf die Sonne die hoch am Himmel stand und herunter brannte. "Du weißt ja dass sie nicht besonders gut auf sie zu sprechen sind."

"Vielleicht sollten wir sie einfach alle erledigen während sie schlafen." überlegte Gard laut und seine Finger schlossen sich um den Schwertgriff.

"Denk nicht mal im Traum daran. Du weißt was Straker mit Verrätern macht. Vielleicht hast du sogar das Pech es mit Barlow zu tun zu bekommen, oder gar mit..."

"Schluss damit!" rief Gard hastig. "Ich hab schon kapiert. War nur ein Gedanke. Aber hier wird es mir zu heiß. Du hast doch die Botschaft gelesen. Du weißt doch was mit o Kiels Ratsmitgliedern geschehen ist."

"Ein Häufchen Asche, kann uns doch nur Recht sein. Ich bezweifle das sie uns gefährlich geworden wären aber es ist immer gut wenn die Gilde schrumpft."

"VERFLUCHT NOCH MAL, DU WEIßT GENAU WAS ICH MEINE!" brüllte Grad Borat an. "Der Jäger ist hier. Er hat sie zur Strecke gebracht. Und wenn sie wussten wo wir uns aufhalten dann weiß ER es jetzt auch!"

"Hast du etwa Angst vor diesem Drake du Kane?" fragte Borat belustigt. "Vielleicht existiert er gar nicht. Nur eine Geschichte mit der die Vampire vertuschen wollen dass in Wahrheit ihr stiller heimlich geführter Krieg die Opfer fordert."

"Er existiert!" antwortete Gard düster. "Und er wird hierher kommen. Wenn du noch ein bisschen Hirn hast, siehst du zu, dass du von hier verschwindest bevor es soweit ist!" Mit diesen Worten ließ Gard seinen Kollegen stehen und verschwand in einem der Zelte. Borat sah ihm nach und verzog angewidert das Gesicht. "Wir werden sehen." flüsterte er.

"NEIN!" Ich sagte es laut und mit soviel Nachdruck wie ich es in meiner Gemütsverfassung zustande brachte, und das war eine ganze Menge. "Auf keinen Fall. Das ist lächerlich!" Das konnte nicht ihr Ernst sein. Ich musste mich verhört haben. Es war Scherz, es musste einer sein. Aber Myra scherzte nie in solch ernsten Situationen. Ich schritt aufgebracht durch den Raum. Craven saß auf einem wackligen Holzschemel und sah mich mit einem Stirnrunzeln an. Myra lehnte gelassen und mit diesem typischen Funkeln in ihren Augen am Türrahmen und sah mich eindringlich an.

"Ich werde gehen. So ist der Plan. Ich werde auf keinen Fall zulassen dass du dich diesen Monstern in die Fänge begibst. Sie wollen mich!" fuhr ich sie an.

"Sei kein Narr Drake und denke endlich einmal nach. Sie werden mir nichts tun, denn sie brauchen mich um an dich zu kommen. Wenn du gehst vernichten sie dich vielleicht auf der Stelle. Mich können sie als Druckmittel gegen dich verwenden. Sie wissen dass du alles daran setzen würdest um mich zu befreien."

"Worauf du dich verlassen kannst!" entgegnete ich energisch. Sie muß verrückt geworden sein. "Das ist viel zu gefährlich für dich, ich werde dich nicht diesen Blutsaugern übergeben..."

"Die alle schlafen. Schon alleine deshalb werden sie mir nichts tun. Ihre Herren wären bestimmt erzürnt wenn sie ohne ihr Einverständnis handeln würden."

"Vielleicht haben sie ja den Befehl jeden Eindringling sofort zu töten." wandte ich ein.

"Die Geliebte des Jägers? Du kennst diese Wesen doch jetzt so lange, du solltest es besser wissen. Ich bin viel zu wertvoll als einfach getötet zu werden."

Ich schüttelte energisch den Kopf doch Myra ließ mir keine Zeit etwas zu entgegnen sondern begann wütend auf mich einzureden. "Verdammt Drake, benimm dich nicht wie ein kompletter Vollidiot. Drei Leute können sich unter Tags auf keinen Fall an das Lager schleichen. Wir brauchen ein Ablenkungsmanöver. Du bist der Jäger Drake. Du weißt am besten was zu tun ist. Ich könnte dich nicht retten, aber du kannst es. Es muß sein, sieh es endlich ein!" Sie hatte mich an den Schultern gepackt und sah mir tief in die Augen. Ich konnte ihrem Blick kaum standhalten. Zornig biss ich mir auf die Unterlippe bis sie blutete und ballte die Hände zu Fäusten. Das schlimmste war, das sie Recht hatte. Aber ich konnte das unmöglich zulassen. Mir war schon ein lieb gewonnener Mensch im Leben von ihnen entrissen worden. Ich konnte doch nicht das wichtigste in meinem Leben meinem größten Feind übergeben. Mein Blick glitt zu Craven der mich wachsam musterte, das Kinn auf seiner Faust abgestützt. Er nickte langsam mit dem Kopf. Hatte sich den hier jeder gegen mich verschworen? Wütend hämmerte ich meine Faust gegen die Wand. Es musste doch noch einen anderen Weg geben. Ich musste eben alles noch einmal durchgehen. Es würde ein wenig Zeit in Anspruch nehmen, aber es ging eben nicht anders. Ich fuhr instinktiv zusammen als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte.

"Ich bitte dich Drake", flüsterte Myra sanft, "du musst mir vertrauen. Wenn du mich wirklich liebst dann vertrau mir!" Ich schloss verzweifelt die Augen und biss die Zähne aufeinander. Ich fühlte mich völlig hilflos. Was sollte ich nur tun? Schließlich drehte ich mich um und nahm Myra fest in den Arm. "Ich werde dich sofort da raus holen. Das schwöre ich bei allem was mir heilig ist. Ich werde nicht zulassen dass sie dir etwas antun!" flüsterte ich stockend während ich sie an mich drückte.

"Ich weiß", flüsterte sie, "und ich liebe dich!"

"Ich liebe dich auch!" sagte ich jetzt mit festerer Stimme aber immer noch wackeligen Beinen und küßte sie als wäre es das letzte Mal das ich sie sehen würde. Der Schmerz in meinem Inneren blieb, doch jetzt war es zu spät es rückgängig zu machen. Die Würfel waren gefallen.

Craven schüttelte den Kopf und seufzte. Er konnte nicht glauben was er hier tat. Warum ausgerechnet er? In was war er hier nur hinein geraten? Torschas Wege waren unergründlich, aber das sie nun so etwas von ihm forderte. Er handelte gegen seinen Kodex, gegen seine Ehre, gegen alles was seinem Wesen entsprach. Das konnte doch nicht im Sinne seiner Göttin sein. Nachdenklich betrachtete er Rutex, seine mächtige, der Torscha geweihten Streitaxt. Aber es war zu spät um jetzt noch umzukehren.

"Was ist los?" fragte ihn Myra.

"Ich frage mich nur warum ich diesem Wahnsinn zugestimmt habe." entgegnete er hilflos. Myra konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Craven sah sie fragend an. "Was ist denn daran so lustig?" fragte er wütend.

"Entschuldige, aber du klangst gerade eben genau wie Drake."

"Ach ja, kann ich mir nicht vorstellen." antwortete Craven während sie weiter marschierten. Weit und breit war niemand zu sehen. Es war kurz vor Mittag, die Sonne stand im Zenit und es war ein schwüler Tag. Myra und Craven folgten einem schmalen Waldpfad, sie würden ungefähr noch eine Stunde zu dem Vampirlager benötigen.

"Wieso nicht?" fragte Myra den Krieger. "Ihr beide habt eine Menge gemeinsam."

"Wer? Ich und Drake? Das glaube ich kaum."

"Oh doch, vertrau mir, eine Frau spürt so etwas. Ihr zwei seid euch sehr ähnlich. Rastlos, immer unterwegs, auf der Suche nach irgendetwas. Euch beide treibt eine innere Kraft an, ihr sucht nach etwas. Etwas um den Schmerz zu lindern der in euch wütet. Und ihr wärt bereit dafür zu sterben. Bei Drake weiß ich was es ist, seine Rache und sein Versprechen an seinen alten Lehrmeister. Ich frage mich was es wohl bei dir sein könnte."

Craven sah die Jägerin überrascht an. "Ich bin beeindruckt. Aber du würdest es wohl nicht verstehen. Es sind meine Probleme. Ich werde mit ihnen schon fertig."

Myra ergriff Cravens Hand, kein leichtes Unterfangen da ihre Hände mit festen Hanfstricken zusammen gebunden waren. Sie drückte die große schon fast Pranken gleiche Hand und sah dem fast zwei Meter großen Kämpfer in die blauen Augen. "Deine Probleme sind auch meine Probleme. Und die von Drake. Du bist jetzt einer von uns, ein C'ael Rohen. Wir sind eine Gemeinschaft."

"Das sieht dein Freund wohl anders." antwortete Craven knapp. Myra lächelte. "Drake mag dich. Er kann es nur nicht zeigen. Du musst ihn verstehen, er hat mehr ertragen müssen als die meisten anderen und er hat eine sehr lange Zeit alleine verbracht. Es fällt ihm schwer sich anderen Menschen zu öffnen. Gib ihm Zeit."

"Du liebst ihn wirklich, oder?"

"Natürlich, wieso fragst du?"

"Ich liebe meine Göttin auch über alles. In meinem ganzen Leben hatte ich keinen sehnlicheren Wunsch als ihr zu dienen. Mit meiner Axt wollte ich unrecht wieder gut machen. Ich lebte für den Kampf und für den feurigen Atem Torschas."

"Aber?"

Craven seufzte. Ihm schien es schwer zu fallen über seine Vergangenheit zu sprechen. "Sie erwiderte meine Liebe nicht. Ich wollte ein Priester werden, ein Paladin um genau zu sein. Doch ich bestand die Prüfung nicht. Ich verfüge über keine göttliche Kraft. Sie hat mich nicht erwählt, ich bin unwürdig."

"Unsinn. Gib dich nicht selbst auf. Du bist ein guter ehrenhafter Mann, da bin ich mir sicher. Und deine Göttin liebt dich ganz bestimmt. Du wirst sehen, eines Tages wird sie deinen Ruf vernehmen."

Craven schien ihr nicht zu glauben, aber Myra hatte den Eindruck ganz kurz ein Glänzen in seinen Augen erkannt zu haben. Sie konnte schon immer gut mit Menschen umgehen, wohl eine Gabe die ihr die Götter in die Wiege gelegt hatten. Sie kannte nun Cravens Schmerz doch in zu heilen vermochte sie nicht. Das konnte wohl nur Torscha selbst.

Craven blickte auf Myra und ihre gefesselten Hände. "Ich glaube nicht dass das was wir hier tun ihrem Willen entspricht."

"Wir vernichten das Böse. Torscha wird es verstehen."

"Trotzdem wäre mir ein ehrenhafter Zweikampf oder wenigstens eine ordentliche Schlacht tausendmal lieber als diese List. Falls sie überhaupt funktioniert. Ich kann Drake verstehen, das hier ist blanker Selbstmord."

"Es gibt aber keinen anderen Weg Craven. Sie kennen dich noch nicht. Du musst es tun, ich weiß dass du es kannst. Wir zählen auf dich." Craven holte tief Luft. "Also schön, versuchen wir es."

Ich spähte auf das Lager. Ich hatte mir den höchsten Baum gesucht der sich am Waldrand finden ließ. Das Lager war größer als ich dachte, ich konnte nur hoffen dass die Angaben aus dem Brief stimmten, sonst würden wir wohl eine böse Überraschung erleben. Ich konnte noch immer nicht fassen dass ich nachgegeben und Myra zugestimmt hatte. Das war einfach zu gefährlich. Ich sollte nun an ihrer Stelle sein. Und Craven? Ich kannte diesen Mann doch kaum. Was wenn er nicht der war für den er sich ausgab? Die Vampire würden alles versuchen um uns zu kriegen also warum nicht jemanden bei uns einschleusen. Aber ich wusste dass diese Gedanken Unsinn waren. Craven war kein Verräter, das spürte ich. Aber auch wenn nicht, er war unerfahren, er hatte vor nicht einmal 24 Stunden Dinge erfahren die sein ganzen Leben verändert hatten. Er musste alle Ideale aufgeben und ganz von vorne anfangen. Ich konnte nur hoffen dass er darunter nicht zusammenbrechen würde. Aber dieser Auftrag war eindeutig eine Nummer zu hoch für ihn. Wir konnten uns keinen Fehler leisten.

Die Wahrheit jedoch war das wir keine andere Wahl hatten. Im Lager wusste man bestimmt schon was auf dem Ball vorgefallen war und auch wer die Vampire vernichtet hatte. Ein Angriff war nun unmöglich, wir mussten sie überlisten. Und dazu brauchten wir Craven. Es kostete mich viel Überwindung aber schließlich musste ich mir eingestehen dass unser Erfolg von ihm abhängen würde.

6.

"Da kommt jemand" verkündete Borat und spähte durch das Fernrohr. Er stand zusammen mit Gard auf einem hölzernen Wehrgang. Der Palisadenwall der das Lager umgab war provisorisch und nicht sonderlich stabil konzipiert, doch es musste vorerst reichen.

"Wer? Wie viele?" fragte Gard schnell. Borat konnte die Angst in seiner Stimme deutlich hören. Gards zitternde Finger schlossen sich um das Heft seines Schwertes das er an seinem Gürtel trug.

"Es sind zwei. Ein Mann und eine Frau..."

"DIE JÄGER!" stöhnte Gard auf und war schon auf halbem Wege zur Leiter die den Wehrgang mit dem Boden verband. Borat verdrehte genervt die Augen und packte Gard an der Schulter. "Bleib gefälligst hier du Feigling. Es ist nicht Drake du Kane. Die Gestalt ist viel größer und breiter." Gard schien das nicht wirklich zu beruhigen. "Was wollen sie dann hier? Es gibt weit und breit keine Zivilisation."

Borat zuckte mit den Schultern. "Woher soll ich das wissen? Aber wir werden es ja bald herausfinden, die beiden kommen direkt auf uns zu." Borat blickte erneut durch das Fernrohr. Die beiden Fremden waren näher gekommen.

"Die Frau scheint gefesselt zu sein. Der Bursche sieht für mich nach einem Kopfgeldjäger oder einem Söldner aus."

"Und die Frau?"

"Ich bin mir nicht sicher, sie scheint ziemlich zugerichtet zu sein. Warte..." Borats Stimme hatte sich verändert. Er riss ungläubig die Augen auf und sah sofort noch einmal durch das Fernrohr ob er sich auch nicht täuschte.

"Was? Was ist denn los?" fragte Gard aufgeregt. Borat ließ das Fernrohr sinken und sah Gard an. "Es ist die Jägerin!"

"Du musst grimmig drein schauen. Verwegen, wie ein übler Söldner eben." sagte Myra leise zu Craven. Dieser verzog daraufhin tatsächlich das Gesicht, aber aus einem anderen Grund. Er wollte das hier nicht tun. Es widersprach seiner Natur. Aber sie hatten das Lager nun beinahe erreicht. Ein Ausguck auf dem Palisadenwall hatte sie bereits gesehen, Craven hatte sein Fernrohr in der Sonne aufblitzen sehen. Das Spiel hatte begonnen, nun mussten sie es auch durchziehen.

"Du weißt was du zu tun hast?" fragte ihn Myra.

"Ja." knurrte Craven und zog wie zur Bestätigung fester an Myras Arm, dass diese fast gestürzt wäre. "Gut so." flüsterte sie. Die beiden gingen weiter. Craven voran, Myra hinter sich herziehend. Dann hatten sie das Lager erreicht. Keine Wachen, nur ein normales Holztor. Sie mussten sich ziemlich sicher fühlen. Craven holte tief Luft. "Ich hoffe das funktioniert." sprach er mehr zu sich selbst. Dann hob er den freien Arm und pochte gegen das Tor.

Einen Moment herrschte beklemmende Stille. Nichts geschah. Craven und Myra sahen sich gegenseitig an. Der Krieger wollte schon erneut klopfen als von der anderen Seite Geräusche zu vernehmen waren. Jemand schien dass Tor zu öffnen, es klang als würde ein Riegel beiseite gehoben.

Dann wurde das Tor mit einem Ruck aufgerissen und den beiden standen ein Dutzend bewaffneter Wachen gegenüber. Allesamt Männer, ungewaschen und dreckig aber mit guten Waffen und Rüstungen ausgestattet.

'Soviel zu der schlechten Bewachung' dachte Craven und setzte sein verwegenstes Gesicht auf. Die Wachen betrachteten sie mit einer Mischung aus Vorsicht und Neugier, vor allem Myra die zusammen gekauert hinter Craven stand. Dann trat einer der Söldner nach vorne, offenkundig der Hauptmann.

"Wer seit ihr?" fragte er Craven scharf.

"Mein Name ist Tarox und ich habe etwas für euch." antwortete Craven mit tiefer Stimme und zog kräftig an den Hanfstricken um Myras Händen. Die Jägerin stolperte nach vorne und ließ sich in den Staub fallen, genau vor die Füße des Hauptmannes. Sie stieß einen gestellten Schmerzenslaut aus.

"Die Jägerin Myra!" verkündete Craven stolz. Die Reaktion war ein Raunen und die Wachen traten alle ein paar Schritte zurück. Nur der Hauptmann blieb unbeeindruckt stehen und betrachtete die Frau die vor ihm im Dreck lag. Sie sah schrecklich zugerichtet aus. Es hatte zwei Stunden gedauert bis Drake die Schminke aufgetragen hatte, doch nun sah es so aus als hätte Craven ihr ein blaues Auge, eine aufgeplatzte Lippe, eine Schnittwunde an der Stirn und eine Menge blauer Flecken verpasst. Der Anführer schüttelte völlig fassungslos den Kopf. "In der Tat, es ist die Jägerin. Wie ist euch das gelungen? Und wo ist Drake du Kane?"

Craven schüttelte den Kopf. "Das weiß ich nicht. Ich fand sie alleine vor und konnte sie im Schlaf überraschen. Doch die kleine Schlampe hat sich gewehrt wie der Leibhaftige!" Um seine Worte zu bekräftigen trat er mit dem Fuß gegen Myra die noch immer am Boden lag. Die Jägerin schrie auf und krümmte sich vor Schmerzen.

Craven fühlte sich schlecht. Natürlich war der Tritt nur angetäuscht, aber er machte dass trotzdem nicht gerne. Es war einfach nicht richtig.

"He, wartet." rief der Hauptmann. "Hört auf damit, wir brauchen sie vielleicht noch. Wenn Kane herausfindet das ihr seine Geliebte gefangen genommen habt wird er sicher hierher kommen um sie zu retten."

Craven verschränkte die Arme vor der Brust. "Das soll meine Sorge nicht sein. Ich bin Kopfgeldjäger und ich weiß dass ihr diese Frau sucht. Ich weiß nicht was sie oder dieser andere Typ in der schwarzen Kutte euch getan haben, aber ich weiß dass ihr die beiden sucht. Nun, hier ist sie, ich will nun meinen Lohn!"

"Ganz ruhig, eines nach dem anderen. Woher kennt ihr die Namen von den beiden und woher wisst ihr das wir sie suchen?" fragte der Anführer nach.

"Meine Quellen gehen euch nichts an. Ich will jetzt mein Geld!"

Das Gesicht des Hauptmannes verfinsterte sich. "Wie wagt ihr es mit mir zu sprechen? Ihr antwortete mir jetzt gefälligst oder ich..."

"Oder was?" fragte Craven im schärfsten Tonfall den er zustande brachte. Er musste den Unmut gegen diese Gestalten nicht spielen, er konnte dieses Pack wirklich nicht ausstehen. "Ich spreche mit euch wie es mir gefällt. Ich unterstehe weder euch noch sonst jemanden. Ich habe die Jägerin die ihr so fürchtet überwunden, also wenn jemand ein Problem mit mir hat, dann kommt doch her!" Mit diesen Worten griff Craven nach Rutex und zog die gewaltige Axt aus seinem Rückengehänge. 'Bitte lass es funktionieren' bettete er zu seiner Göttin. Gegen 12 Gegner hatte er keine Chance. Er konnte nur hoffen dass sie ihm das nicht anmerken würden. Er war nicht gut im Bluffen, aber er musste es einfach versuchen. Er hatte alles auf eine Karte gesetzt. Jetzt fiel die Entscheidung.

Keine der Wachen rührte sich. Der Anführer sah ihn einen Moment lang einfach nur an. Er schien zu überlegen. Dann begann er zu lachen und hob abwehrend die Arme. "In Ordnung, ihr habt Recht. Ich wollte euch nicht beleidigen. Aber wir müssen warten bis die Sonne untergeht, dann kann ich mit meinem Vorgesetzten sprechen. Bis dahin möchte ich euch bitten mein Gast zu sein. Wir könnten Leute wie euch gebrauchen. Bitte nehmt mein Angebot an."

Craven sah die 12 Menschen grimmig an, dann steckte er langsam seine Axt weg. "Einverstanden, ich nehme euere Einladung an." Durch die Reihe der Wachen schien ein erleichtertes Seufzen zu gehen. Ihren Respekt hatte sich Craven gerade erarbeitet. Zum ersten Mal hatte der Krieger wieder die Hoffnung dass dieser Plan vielleicht doch funktionieren könnte.

"Sehr schön, " grinste der Hauptmann, "folgt mir. Mein Name ist übrigens Borat."

Krachend fiel die schwere Gittertür ins Schloss. Der Wächter, der Myra in ihre neue Residenz geführt hatte drehte den Schlüssel im Schloss und grinste die Jägerin mit seinem zahnlosen Gebiss an. Er stank furchtbar nach Schweiß und billigem Schnaps. "Wünsch dir ne schöne Zeit, Süße." lachte er in fast unverständlichem Kauderwelsch. Dann entfernte er sich mit langsamen schleppenden Schritten.

Myra lehnte sich mit dem Rücken an die kalte Mauer ihres Gefängnisses und schloss die Augen. Langsam begann sie sich zu fragen was nur in sie gefahren war als sie diesen tollkühnen Plan erdachte. Vielleicht hatte Drake recht gehabt, er grenzte wirklich mehr an Wahnsinn. Aber jetzt war es zu spät, sie konnte nur hoffen das Craven durchhalten würde.

Craven sah sich vorsichtig um. Er war alleine. Endlich hatten ihn die Wachen alleine gelassen. Die ganze Zeit war er von Ihnen umringt gewesen. Obwohl sie sich eindeutig vor ihm fürchteten ließen sie ihn dennoch nie aus den Augen. Vor allem dieser Borat nicht. Er war die ganze Zeit neben ihm her getrottet und hatte ihm seine halbe Lebensgeschichte erzählt. Man traute ihm hier nicht, das war offensichtlich.

Dann, als Craven schon beinahe seine Beherrschung verloren hätte, verschwand der Hauptmann einfach kommentarlos. Nun war die Zeit gekommen für den nächsten Schritt. So unauffällig es ihm möglich war schlenderte er durch das feindliche Lager und tat so als würde er sich umsehen. Nickte ab und zu anerkennend, runzelte hier und da die Stirn. Er hatte früher, als er in seinem Tempel ausgebildet worden war Kriegskunde gelernt, von da her viel es ihm nicht schwer den Kritiker zu spielen. Doch die Stärken oder Schwächen des Lagers interessierten ihn gar nicht, die kannten sie sowieso schon. Er suchte etwas anderes. Und es dauerte nicht lange bis er fündig wurde. Vor ihm stand ein Stall in dem die Gardisten ihre Pferde unterbrachten. Vorsichtig blickte sich Craven noch einmal um. Niemand zu sehen. Die Wachen hatten nach einiger Zeit das Interesse an ihm verloren. Ihm war sehr schnell bewusst geworden das die Moral und die Motivation unter ihnen auf dem Tiefpunkt lag. Die Hälfte war betrunken, die andere in einer tiefen Resignation gefangen. Vermutlich wurden sie von den wahren Herren dieses Lagers zu der Arbeit gezwungen, kein Wunder also das sie diese vernachlässigten. So fiel es ihm auch nicht schwer unbemerkt in den Stall zu gelangen. Dort tastete er in seinen Taschen nach dem kleinen Stein dem ihm Drake gegeben hatte. Fasziniert betrachtete ihn Craven. Woher hatte Drake bloß immer diese Spielsachen? Kopfschüttelnd rieb Craven den Schwefelstein über eine der Mauern und sofort entflammte er. Schnell warf der Krieger den Stein auf einen Heuhaufen und verschwand aus dem Stall. Dicke schwarze Rauchschwaden folgten ihm hinaus und es würde nicht lange dauern, dann würde der ganze Stall in Flammen stehen. Er konnte nur hoffen dass diese Ablenkung ausreichte.

7.

Der schwarze Rauch über dem Lager war mein Zeichen. Erleichtert sah ich von meinem Versteck in den Bäumen wie er sich rasch über den Zelten ausbreitete. Craven hatte es tatsächlich geschafft. Nun musste ich mich beeilen. Elegant sprang ich zurück auf den Erdboden und rannte auf das Lager zu. Nun konnte ich nur hoffen, dass die Wachen so sehr mit dem Feuer beschäftigt waren, das keiner einen Blick nach draußen riskieren würde, sonst wäre alles verloren. Doch es hatte den Anschein als würde der Plan funktionieren. Keine Pfeile wurden auf mich abgeschossen und mir stürmte auch keine Armee von Gardisten entgegen. Ich konnte nur hoffen, dass sie mir keine Falle stellten. Für Zweifel war nun keine Zeit mehr, ich musste handeln.

Mittlerweile war ich nah genug um Rufe und Schreie im Inneren der Palisade zu hören. Ich glaubte auch Waffengeklirr herauszuhören. Craven! Hoffentlich kam ich nicht zu spät. Endlich hatte ich die Palisade erreicht. Ich klammerte mich an das Holz der Palisadenstämme und zog mich mit schnellen kraftvollen Bewegungen nach oben. Auf dem Wehrgang der Palisade hielt ich inne und sah nach unten auf das Lager. Der schwarze Rauch hatte sich in der ganzen Zeltstadt ausgebreitet und nahm mir die Sicht, doch ich konnte mehrere Gestalten ausmachen die offenbar planlos zwischen den Zelten herum rannten. Craven oder Myra konnte ich nicht sehen, doch ich konnte deutlich Kampfeslärm hören. Ich zog Fortigan und Korosan und sprang hinab in das Inferno.

Gard sah sich entsetzt um. Nackte Panik hatte von ihm Besitz ergriffen. Eine Falle, schoss es ihm immer wieder durch den Kopf. Das war eine Falle! Irgendwo im Lager brannte es, vermutlich in den Stallungen. Der beißende Qualm nahm ihm gleichermaßen den Atem und die Sicht. Mehrere Gestalten rannten an ihm vorbei, das Klirren von aufeinander schlagenden Waffen stahl sich aus einer anderen Richtung in sein Gehör. Zitternd umklammerte Gard sein Schwert. Er war hier, der Jäger war gekommen um sie alle zu holen. Das war die Strafe dass sie sich mit den Mächten der Hölle eingelassen hatten. Aber vielleicht war es noch nicht zu spät. Noch konnte er fliehen. Entschlossen drehte sich Gard herum und versuchte in dem schwarzen Rauch den Ausgang auszumachen. Plötzlich glaubte er hinter sich eine Bewegung wahrzunehmen. Blitzschnell schnellte er herum und das letzte was Gard in seinem Leben sah war das düstere Antlitz des Jägers.

Craven betrachtete den Gardisten kaum der vor ihm in die Knie brach und sich seinen blutenden Leib hielt. Von Rutex, die schwer und vertraut in Cravens Händen lag, tropfte Blut. Endlich hatte das Versteckspiel ein Ende. Zwei weitere Schemen kamen aus dem Qualm auf ihn zu ohne ihn zu erkennen. Als sie ihn und die blutige Axt sahen zögerten sie keine Sekunde und griffen ihn an. Keine Gegner für Craven. Er rammte dem ersten den Axtgriff ins Gesicht und zog Rutex quer über die Brust des zweiten. Er mochte nicht die heilige Gabe Torschas besitzen, aber im Umgang mit der Streitaxt war er ein vollendeter Kämpfer. Keiner der beiden Kontrahenten stand wieder auf. Craven schritt weiter durch das Lager, auf der Suche nach dem Ort wo sie Myra gefangen hielten. Er hielt in der Bewegung inne als er Gefahr spürte. Seine Intuition hatte ihn in Kämpfen schon oft vor dem sicheren Ende gerettet. Craven packte Rutex fester und wirbelte herum, gerade noch rechtzeitig um Borats Schwert abzublocken das sich gerade in Cravens Rücken bohren wollte.

Boart schien überrascht zu sein. "Ihr seit ein besserer Kämpfer als ich erwartet hätte."

Craven schritt auf Borat zu. "Ihr werdet euch noch wünschen, euch niemals mit den Mächten des Bösen eingelassen zu haben."

Borat grinste. "Schon möglich, aber wenn ich heute diese Welt verlasse, werde ich euch mitnehmen!" Mit diesen Worten griff der Hauptmann an.

Myra schritt aufgeregt in ihrer Zelle auf und ab und starrte durch die Gitterstäbe in das Chaos hinaus das um sie tobte. Sie betete das Craven nichts geschehen war. Sie musste hier raus.

" Wo bist du nur Drake?" flüsterte sie leise und klammerte sich an die Gitterstäbe. Dann nahm sie eine Bewegung aus den Augenwinkeln war. Ihr Kopf zuckte zu der Stelle und sie konnte gerade noch einen Körper zu Boden gehen sehen. Etwas bewegte sich in dem Rauch und kam auf sie zu. Im nächsten Moment hörte sie einen Schlüssel im Schloss der Zelle. Die Tür wurde geöffnet und im nächsten Moment konnte sie Drakes vertraute Gestalt aus dem Qualm treten sehen.

"DRAKE!" schrie sie vor Erleichterung und rannte ihm in die Arme.

Unendliche Erleichterung ergriff von mir Besitz als ich Myra in den Armen hielt und einen Moment schien alles andere um uns herum bedeutungslos geworden zu sein. Ich hielt sie einfach nur fest umklammert und wollte sie nie wieder loslassen. Schließlich ließ ich sie doch los und sah sie an. "Ich halte meine Versprechen." versuchte ich zu lächeln. Sie begann zu lachen und küsste mich innig.

"Wo ist Craven?" fragte sie mich schließlich als wir uns von einander losgeeist hatten. Ich schüttelte den Kopf. "Ich weiß es nicht, aber ich glaube Kampflärm aus Richtung Osten gehört zu haben."

"Dann los, wir dürfen keine Zeit verlieren." drängte sie. Ich nickte und hielt ihr stumm etwas entgegen. Myra sah erstaunt auf Faliceat, ihre Klinge, die in meinen Händen lag. "Ich dachte mir dass du das vielleicht wieder haben möchtest."

Myra sah mich dankbar an. Ich lächelte entschuldigend und drückte ihr das Schwert in die Hand. "Es war nicht sehr angenehm die ganze Zeit eine heilige Klinge mit mir herumzutragen. Und die Zwillingen werden schnell eifersüchtig." Myra schloss ihre Hand um den Griff des Schwertes und fühlte sich endlich wieder wie ein ganzer Mensch. Gemeinsam verließen wir die Zelle und suchten Craven.

Borat war besser als die anderen, aber auch er stellte keine Bedrohung für Craven dar. Borat wusste dies ebenso gut wie er, und dennoch stellte er sich Craven in den Weg, eine Tat die Craven trotz der Umstände eine gewisse Anerkennung abverlangten. Borats Augen allerdings ließen den Ritter schnell die Wahrheit erkennen. Nicht Tapferkeit war der Grund für Borats Verhalten, sondern schlichte Verzweiflung. Er hatte versagt. Und wenn nur die Hälfte von dem stimmte die ihm Drake über die Blutsauger erzählt hatte, dann würden diese Kreaturen kein Versagen dulden. Die Strafe würde fürchterlicher sein als alles was Craven ihm antun könnte. Borat zog den Tod durch Rutex vor. Craven tat ihm diesen letzten Gefallen, vielleicht gab es noch Hoffnung für diese verlorene Seele.

Borats Widerstand war mit einigen wenigen schnellen Attacken gebrochen. Craven war ihm haushoch überlegen und Borat hatte den Kampf sowieso schon verloren gewusst bevor dieser überhaupt begann. Mit einer schnellen Bewegung entriss Craven ihm seine Waffe und versetzte Borat einen Schlag in die Kniekehlen. Der Söldnerhauptmann ging vor dem Ritter in die Knie. Cravens Ehrenkodex verbot es die Waffe gegen Unbewaffnete zu heben. Einen Moment überkamen ihn Zweifel.

"Hast du noch etwas zu sagen?" fragte er ihn emotionslos. Borat sah ihn kalt an. "Wir sehen uns in der Hölle wieder." stieß der Hauptmann voller Hass hervor und zog einen Dolch aus seiner Kleidung. Craven reagierte ohne zu zögern und der Ausdruck des Hasses blieb auf Borats Gesicht, als sein Kopf neben seinem Körper auf den Boden aufschlug.

Craven ließ seufzend seine Axt sinken. Er war Krieger und der Tod gehörte zu seiner Berufung, dennoch tat er es nicht gerne. E sah sich um. Langsam verzog sich der Rauch und es war ruhig im Lager geworden. Waren denn schon alle Gardisten tot oder geflohen? In diesem Moment wurde er an der Schulter gepackt!

Craven zwang sich den Schrei zu unterdrücken der ihm auf den Lippen lag. Eine vertraute Stimme ertönte hinter ihm. "Deine Instinkte sind gut, aber du bist nicht wachsam genug. Wenn ich gewollt hätte, wärst du jetzt tot!"

"Ich freue mich auch dich zu sehen Drake." antworte Craven tief ausatmend und drehte sich zu ihm und Myra herum die neben ihm stand.

Es tat gut den Hünen wohlauf vor mir zu sehen. Myra fragte ihn besorgt ob er verletzt sei, was er verneinte. Er hatte sich gut gehalten, ohne ihn hätte dieser wahnwitzige Plan niemals funktionieren können.

"Ich denke hier oben haben wir alles erledigt. Kommen wir zur eigentlichen Aufgabe." sagte ich in die Runde und schritt auf das große Hauptzelt in der Mitte der Zeltstadt zu.

"Hast du eine Vermutung wo sie sich aufhalten könnten?" fragte Myra. Craven schien dieselbe Frage auf den Lippen zu liegen.

"Ja, ich denke ich weiß wo sie sich versteckt halten. Folgt mir!"

Gemeinsam betraten wir das große Rundzelt und sahen uns um. Ein Kommandozelt, wie ich es mir gedacht hatte. Ein großer runder Eichenholztisch stand in der Mitte eine Reihe von Stühlen war darum gruppiert. Auf dem Tisch befanden sich einige Karten der Region und andere Dokumente, doch ich sah bereits auf den ersten Blick dass ich hier nichts von Bedeutung finden würde. Unwichtiger Plunder mit denen man den Soldaten wohl das Gefühl geben wollte, ein Mitspracherecht in der Planung zu haben. Ein Vampir würde seine Pläne nie mit Sterblichen teilen, dies war lediglich Ablenkung.

"Wonach suchen wir?" fragte Craven. Statt ihm zu antworten packte ich den schweren Eichentisch und warf ihn auf die Seite. Die Karten und Schriftrollen verteilten sich raschelnd auf dem Boden.

"Danach!" antworte ich und deutete auf den Boden wo gerade der Tisch gestanden hatte. Es waren deutlich die Umrisse einer Falltür zu erkennen. Ich packte den schweren Eisenring der in die Klappe eingelassen war und zog die Falltür auf. Dunkelheit herrschte hinter der Falltür, ich konnte nicht sehen was uns erwartete.

"Ich werde vorangehen. Du kommst nach mir Myra. Craven, du bildest die Nachhut." Ich bemerkte den Befehlston gar nicht in meiner Stimme als ich unser Vorgehen koordinierte, doch den anderen beiden blieb es nicht verborgen als sie sich fragende Blicke zuwarfen. Mir wurde erst später bewusst dass ich seit jenem Moment ein Anführer war. Solange wir noch zu zweit waren, betrachtete ich uns als ein gleichwertiges Team, auch wenn ich natürlich viel mehr Erfahrung hatte und letztendlich die Entscheidungen traf. Doch nun waren wir zu dritt, eine Gruppe. Und ich sollte ihr Anführer sein. Doch in diesem Moment galt meine Aufmerksamkeit ganz dem dunklen Quadrat vor mir, und den möglichen Gefahren dahinter. Mit den schwarzen Zwillingen griffbereit an meiner Seite stieg ich in die Gruft hinab.

Fahles bläuliches Licht wies uns den Weg durch einen unbehauenen Felsentunnel. Das Licht ging von einem meiner magischen Leuchtsteine aus, von denen ich immer noch einige im Gepäck hatte. Man wusste nie wann man sie mal brauchen konnte. Der Gang schien sich ins endlose zu ziehen und ich überlegte bereits ob ich mich getäuscht hatte, vielleicht war dies nicht ihre Gruft sondern ein Fluchttunnel nach Draußen. Aber weshalb gingen wir dann stetig bergab? Meine Frage beantworte sich selbst, als sich im blauen Schein des Steines ein altes gusseisernes Tor aus der Dunkelheit schälte. Es war mit dämonischen Fratzen und Totenköpfe verziert und sah alt und rostig aus. Das Tor existierte schon viel längere Zeit als das Lager unter dem es sich befand. Langsam nahm ich einen der alten schweren Eisenringe in die Hände und zog den rechten Torflügel auf. Kein Staub kam mir entgegen, dieses Tor wurde noch benutzt, immer wenn die Sonne hinter den Bergen verschwand, dessen war ich mir sicher.

Vorsichtig betrat ich den Raum der sich hinter dem Tor befand und stellte fest dass mein Leuchtstein nun überflüssig war. Der Raum wurde von einem halben Duzend brennenden Fackeln beleuchtet. Myra und Craven folgten mir und sahen sich um.

"Ich denke wir haben gefunden was wir gesucht haben." sagte ich leise zu ihnen. Wir standen mitten in einer Gruft, vor uns im Schein der Fackeln lagen acht einfache Holzsärge in Reih und Glied aufgestellt. In der Mitte thronte ein weiterer größerer und reich verzierter Sarg.

8.

Vorsichtig näherten wir uns den Särgen. Ich zog eine handvoll Pflöcke aus meinem Gürtel und reichte Myra und Craven je einen. Craven sah den Pflock missmutig an. Seinem Gesicht konnte ich deutlich ansehen dass ihm seine Axt lieber gewesen wäre. Ich selbst nahm den letzten Pflock und machte mich an die Arbeit. Vorsichtig schob ich den ersten Deckel von dem Sarg. Im Inneren lag von edlem rotem Samt umgeben ein blasser Körper, die Augen wie im Schlaf geschlossen, die Hände vor der Brust verschränkt. Auf den ersten Blick eine einfache Leiche. Nicht schön anzusehen, aber eben doch nichts Ungewöhnliches in einem Sarg. Doch ich wusste es besser. Es waren Kleinigkeiten, die Tarnung der Untoten war sehr gut. Doch als Jäger lernte man auf Kleinigkeiten zu achten. Langsam hob ich den Pflock. Auch Myra und Craven hatten je einen Sarg geöffnet und taten es mir gleich. Ich setzte den Pflock am Herzen an und sah kurz zu meinen beiden Begleitern auf. Sie nickten mir entschlossen zu. Ich atmete noch einmal tief ein, dann rammte ich den Pflock mit aller Kraft in das untote Herz. Der Vampir schlug im selben Moment die Augen auf und öffnete den Mund zu einem stummen Schrei. Ein Blutschwall spritze mir ins Gesicht und im nächsten Moment begann der Körper unter mir zu brennen und verwandelte sich in wenigen Augenblicken in ein Häufchen rauchender Asche. Aus den Augenwinkeln sah ich dass die anderen meinem Beispiel folgten. Craven rammte den Pflock mit der Kraft eines Ochsen in den untoten Leib unter ihm. Myra, der unsere Kraft fehlte, schlug mit ihrem Schwertknauf mehrmals auf den Pflock. Auch ihre beiden Körper begannen zu Asche zu zerfallen. Ich nickte ihnen anerkennend zu.

"Ich finde das immer noch nicht richtig, ich fühle mich innerlich besudelt." sagte Craven und schüttelte den Kopf. Myra legte ihm einen Arm um die Schulter während sie sich das Blut des Vampirs aus dem Gesicht wischte. "Es muss sein. Vertrau uns."

"Wir müssen uns beeilen. Etwas stimmt hier nicht." spornte ich die beiden an. Ein Gefühl überkam mich. Das ging zu einfach. Etwas war hier nicht richtig. Konnten Vampire am Tage erwachen wenn sie Gefahr witterten? Ich sah mich in der Gruft um. Hier unten währen sie vor dem tödlichen Licht geschützt. Möglicherweise warnte sie eine Art Selbsterhaltungstrieb. Wir durften kein Risiko eingehen und mussten sie so schnell möglich vernichten.

Ohne Widerrede wandten sich Myra und Craven den nächsten Särgen zu. Auch ich ging zu dem nächsten Sarg und schob den Deckel herunter. Es bot sich mir das gleiche Bild wie bei dem anderen Sarg. Eine hagere bleiche Gestalt in einem samtenen Sarg, geschlossene Augen und gefaltete Hände. Doch irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Ich verspürte so ein Kribbeln im Nacken, wie immer wenn Gefahr drohte. Ich schüttelte den Kopf und versuchte mich auf meine Aufgabe zu konzentrieren Als ich den Pflock ansetzte glaubte ich einen Moment zu sehen wie das rechte Augenlied der Kreatur zuckte. Was zum...

Ich wollte gerade Myra und Craven eine Warnung zurufen als mich etwas am Arm packte. Eine bleiche klauenartige Hand hatte mich gepackt. Der Vampir unter mir schlug die Augen auf und starrte mich ausdruckslos an. Im selben Moment sah ich wie Myra und Craven mit einem Schrei von den Särgen zurückwichen. Die Vampire waren aus ihrem Schlaf erwacht.

Die Kreatur unter mir zischte unverständliche Verwünschungen hervor und versuchte mich anzuspringen. Ich ließ ihm keine Gelegenheit dazu. Kaum rührte sich die Kreatur in ihrem Sarg, da bohrte ich ihr den Pflock mit aller Kraft ins Herz. Ich spürte wie der Körper unter mir zu zerfallen begann während der Vampir noch seine Wut in die Gruft schrie. Aus den Särgen von Myra und Craven erhoben sich im selben Moment zwei Körper um sich auf die Eindringlinge zu stürzen. Ich sah Craven mit einem Kampfschrei nach vorne springen und seine Axt horizontal über den offenen Sarg schwingen. Zwei Sekunden nachdem der Kopf des Vampirs aus dem Sarg ragte hatte ihn Rutex bereits vom Leib geschlagen. Myra hatte indessen eine kleine Flasche aus ihrem Gürtel hervorgeholt und schleuderte das Gefäß in den Sarg aus dem sich gerade ihr Vampir erhob. Bevor die Kreatur wusste wie ihr geschah war sie mit heiligem Wasser benetzt das ihr die untote Haut von den Knochen ätzte und bereits begann den Vampir zu verbrennen.

In diesem Moment flogen krachend die drei Sargdeckel der anderen Vampire von den Särgen und landeten polternd auf dem unbehauenen Steinboden. Schneller als normale Augen es hätten erfassen können sprangen die drei Vampire aus ihren Totenbetten und gingen zum Angriff über. Ich warf den Pflock beiseite und zog die schwarzen Zwillinge. Ich wollte gerade zum Angriff übergehen als ein tiefes Dröhnen durch die Gruft hallte. Der Deckel des großen Sarges in der Mitte begann auf dem Sarg zu vibrieren und schwarzer Nebel ergoss sich aus seinem Inneren in den Raum. Das Dröhnen steigerte sich zu einem tiefen dunklen Brüllen und im selben Moment flog der Deckel von dem Sarg des hohen Vampirs!

Ich rief Myra und Craven zu dass sie sich um die anderen drei kümmern sollten. Ihr Fürst sollte mein Problem sein. Er erhob sich geschmeidig aus seiner Ruhestätte, eine gewaltige Gestalt in edlen Gewändern aus Seide. Ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen, doch er schien mich sofort zu erkennen. Seine Augen weiteten sich und er zischte mich voller Hass an: "Kaaane...der Jäger in meinem Heiligtum. Tot den C'ael Rohen!!"

Ich hatte keine Zeit etwas zu erwidern, der Anführer ging sofort zum Angriff über.

Myra verpasste dem ersten Vampir der sich ihr näherte einen schwungvollen Tritt in den Magen während sie Faliceat aus der Scheide zog. Die Klinge schien zu summen als sie gezogen wurde. Myra verlor keine Zeit und versuchte sie dem Nachtwandler vor sich in die Brust zu rammen. Keiner der Vampire, dem Fürsten eingeschlossen, war bewaffnet, doch ihre langen klauenartigen Fingernägel und die tödlichen Fangzähne würden das zur genüge ausgleichen. Die Kreatur parierte die Hiebe mit den bloßen Händen, doch Myra merkte schnell dass die Kreatur immer noch überrascht von ihrem Angriff war. Verwirrt da er gewaltsam aus seinem Schlaf gerissen wurde, stellte er keine ernsthafte Gefahr dar. Myra versuchte ihn mit einigen schnellen aber ungezielten Streichen abzulenken. Der Vampir blockte ihre Angriffe und starrte sie mit seinen toten gierigen Augen an. Übermenschlich oder nicht, der Vampir war zu langsam um ihrem nächsten Manöver zu entkommen. Schnell wie der Blitz rammte sie der Kreatur zuerst den Schwertknauf ins Gesicht und während er Vampir seine Hände vor sein verletztes Gesicht schlug, rammte Myra ihm den rechten Fuß in die Schienbeine. Mit rudernden Armen ging der Vampir zu Boden. Myra sprang auf ihn zu, stellte sich breitbeinig über ihn und rammte Faliceat tief in seinen Körper.

Craven versuchte sich mit Rutex die anderen zwei vom Leib zu halten. Diese Kreaturen waren überrascht und verwirrt, das merkte er sofort. Trotzdem war es etwas anderes als gegen Menschen zu kämpfen. Diese Wesen schienen ständig mit ihrer Umgebung zu verschwimmen, eins zu werden mit der Finsternis. Mal schienen sie zu wachsen, dann wieder zu schrumpfen. Craven konnte es nicht in Worte kleiden, es war als würde man gegen ein Phantom kämpfen. Er konnte sich an keinen anderen Kampf erinnern indem er gegen solch eine mystische und unberechenbare Kraft gefochten hatte... bis auf einen. Doch das war etwas anderes, dieser Kampf spielte sich nur in seinem Geist ab und war schon viele Jahre her. Doch dies war real und ließ sich nicht mit dem Ritual von Turin vergleichen. Dennoch wusste Craven dass er diesen Kampf gewinnen würde. Untot hin oder her, dem Vampir vor ihm fehlte der Willen zu gewinnen. Craven schlug schnell und hart zu. Der Vampir mochte über unmenschliche Kraft verfügen, doch entweder konnte er davon nicht gebrauch machen solange die Sonne schien oder er war zu überrascht um sich darauf zu konzentrieren. Craven trieb ihn immer weiter in die Enge, Rutex prallte immer und immer wieder auf die immer schwächer werdende Deckung des Blutsaugers. Schließlich stieß der Vampir an die Wand der Grotte und sah sich hektisch um. Craven hatte ihn in die Ecke getrieben und der Vampir verhielt sich so wie jedes in die Ecke getriebene Tier. Er sprang Craven mit einem letzten verzweifelten Angriffsversuch an. Der Ritter wich dem Sprung problemlos aus und brachte den Vampir mit seiner Axt zu Fall. Ein kräftiger Hieb und es war vorbei.

Kaum begann der Vampir zu Asche zu zerfallen schoss dem Ritter ein Gedanke durch den Kopf: 'Es waren zwei! Wo war der andere?' Doch es war zu spät. Craven nahm gerade noch eine Bewegung über sich wahr, als sich der verbliebene Vampir von der Decke über ihm fallen ließ, dann wurde Craven zu Boden geworfen. Spitze Zähne suchten seinen Hals und das gierige Hecheln der Kreatur drang an seine Ohren. Craven versuchte an seine Axt zu gelangen, doch war ihm diese aus den Händen geglitten. Als Craven schon dachte, dass seine Zeit als C'ael Rohen zu ende war bevor sie überhaupt richtig begonnen hatte, ging ein Zucken durch den Vampirleib über ihn. Die silberne Spitze eines Pflockes ragte aus der blutenden Höhle die mal das linke Auge des Vampirs war. Der Körper fiel von ihm herunter, und er konnte Myra erkennen die dem Nachtwandler den tödlichen Streich mit ihrem Schwert versetzte. Der Vampir ging wie seine Brüder kreischend in Flammen auf.

"Ich wollte mir nur bei dir revanchieren." lächelte Myra ihn an. Es gelang Craven tatsächlich zurückzulächeln.

All dies sah ich nur aus den Augenwinkeln und doch nahm mein Geist jedes Detail des Kampfes auf. Hätte je ernsthafte Gefahr für die beiden bestanden hätte ich jederzeit eingegriffen. Doch diese Vampire waren schwach und überrumpelt worden. Sie fühlten sich zu sicher in ihrem Heim. Und das war wieder ein Beweis, dass Asteroths Macht wuchs. Wir hatten in letzter Zeit fast ausschließlich Jagd auf die Gilde gemacht, wohl ein weiterer Grund weshalb sich Asteroths Diener so sicher vor uns fühlten. Vermutlich glaubten sie in ihrer Verblendung dass wir es nicht wagten Asteroth anzugreifen. Ein Gedanke bei dem sich mein Gesicht zu einem grimmigen Lächeln verzog.

"Was lachst du Verdammter?" fuhr mich der Anführer erbost an, der lauernd auf meinen Angriff wartete. Auch er hatte gesehen wie schnell seine Diener vernichtet wurden. Er wusste dass es kein Entkommen gab.

"Ich stellte gerade fest das euere kümmerliche Bande, die sich diesem selbsternannten Bringer der neuen Ordnung verschrieben hat, noch viel erbärmlicher ist als ich erwartet hatte. Nach den ganzen Gildenvampiren hoffte ich auf etwas mehr Anspruch bei der Jagd, aber ihr seit noch verweichlichter als die Gilde."

Ich konnte deutlich sehen wie sich das Gesicht des Vampirs immer mehr zu einer Fratze verzog. Mit dieser Aussage hatte ich ihn voll erwischt. Hoher Vampir und Anführer waren vergessen, ihn unter die Gilde zu stellen war eine Beleidigung die er nicht auf sich sitzen lassen konnte. Voll blindem Hass hob er seine Klauen und rannte auf mich zu. Genau dorthin wo ich ihn haben wollte.

Er war schnell, schneller als ich vermutet hätte. Aber immer noch zu langsam. Sein Angriff ging ins Leere und die schwarzen Dämonen in meinen Händen vollführten ihr blutiges Tagewerk. Der Vampir konnte den ersten Attacken noch ausweichen, doch Fortigan und Korosan fuhren weiter gnadenlos auf ihn hernieder. Sie führten ihren eigenen mystischen Tanz auf, selbst meine Augen glaubten das sie miteinander verschmolzen, so schnell wirbelten sie vor mir durch die Luft. Meine Hände und mein Verstand führten sie in den Kampf, doch stellte ich immer wieder fest dass die Klingen ihren eigenen Regeln folgten. Sie waren wie bissige Hunde. Ich konnte sie eine zeitlang an der Leine halten, doch hatten sie erst einmal ihr Opfer gefunden und Blut geleckt, konnte ich nur noch versuchen sie zu bändigen. Sie hatten sich von mir losgerissen, und ihr tiefer uralter Hass entlud sich auf alles was ihnen in den Weg kam. In den vielen Jahren lernte ich sie zu beherrschen und auf die richtigen Ziele zu lenken. Seit ich Gefährten bekommen hatte, musste ich dafür Sorge tragen dass sich die Wut der Zwillinge nicht einfach Bahn brach und möglicherweise ihnen Schaden zufügte. Sie waren sehr gefährlich und nur ich hatte gelernt sie zu beherrschen. Und sie hatten diesen besonderen Hass auf Vampire entwickelt. Ich wusste nicht ob er durch meinen eigenen Hass entstand - immerhin teilten sie meinen Verstand - oder ob er schon immer da gewesen war. Mich akzeptierten sie nur, da sie wussten dass ich alle anderen Vampire vernichten würde. In mir sahen sie ein Werkzeug ihrem eigenen Begehren zu folgen und für mich waren sie dasselbe, und doch noch viel mehr. Zwei weitere Gefährten, und zwei Stimmen in meinem Kopf. In diesem Moment als ich gegen den Vampir kämpfte, hörte ich ihre gierigen Stimmen. Sie lechzten nach seinem Blut und seinem verbrannten Fleisch. Sie sollten ihren Willen bekommen.

Die Abwehr des Vampirs wurde immer schwächer. Die Klingen schienen ihm förmlich seine Vitalität auszusaugen und er wurde von Sekunde zu Sekunde immer schwächer. Nach einigen schnellen kraftvollen Hieben hatte ich ihn in die Knie gezwungen. Der Hohe Vampir sah mich ohne Furcht an, aber die tödliche Erkenntnis stand ihm ins Gesicht geschrieben. "Ein weiterer Triumph auf eurem rastlosen Weg der Vergeltung Jäger. Doch wird er euch nichts nützen. Asteroth wird euch vernichten, wie jeden Feind der es wagte sich in seinen Weg zu stellen. Nichts kann ihn aufhalten, er ist über alles und jeden erhaben. Mein Ende wird mich nur seiner Göttlichkeit näher bringen." Der Anführer lächelte, er schien seine Worte tatsächlich zu glauben.

"Wie einfältig ihr doch seit. Ihr werdet keinen Frieden finden, nicht nachdem ihr auch das letzte bisschen Menschlichkeit das möglicherweise noch in euch war, Asteroth verschrieben habt. Den er duldet kein Versagen, und seine Strafe wird schlimmer sein als alles was ich euch antun könnte."

Das Lächeln auf dem Antlitz des Vampirs schwand als er begann meine Worte zu verstehen. Dieser Ausdruck von Überraschung und grausamer Erkenntnis brannte sich auf seinem Gesicht ein, als Fortigan seinen Kopf von den Schultern hob, bis das Feuer gnädigerweise diese schreckliche Maske des Grauens von seinen Zügen wusch.

Die Sonne versank im Westen hinter den Ausläufern des Gebirges als wir die Gruft verließen. Von dem Lager waren nur Trümmer übrig geblieben, das Feuer hatte alles vernichtet. Die Nachricht von unserem Angriff würde sich rasch herum sprechen. Vielleicht hatten wir Glück und man hielt es für O Kiels Werk, doch das bezweifelte ich. Und das war auch nicht wichtig, Asteroth wusste nun dass auch seine Mannen nicht vor den C'ael Rohen sicher waren. Er hatte vermutlich nur darauf gewartet wann wir den ersten Schritt tun würden.

Die letzten Strahlen der Sonne schienen in mein totes Gesicht, doch ich bemerkte es kaum, meine Gedanken waren woanders. Jahrzehnte waren vergangen seit ich Asteroth persönlich gegenüber stand und seit der Zeit auf dem Drake-Stone-Mountain war es beunruhigend ruhig um ihn geworden. Meine Blicke suchten Myra und Craven die neben mir standen und zufrieden in den Sonnenuntergang sahen. Wie viel wusste er über sie? Würde diese Tat nun sein Augenmerk auf uns richten?

Asteroth würde zurückschlagen und davor fürchtete ich mich mehr als vor allem anderen. Denn was, wenn der Angriff nicht mir sondern einem meiner Gefährten galt? Konnte ich sie dann vor solch einem Gegner beschützen? Kälte breitete sich in meinem Inneren aus, denn ich kannte die Antwort.

Was wird er nun tun, nun da er die schwere Bürde des Anführers zu tragen hat?

Die Stimmen waren unsicher. Er sollte ihnen gehören, noch immer verlangten sie nach seinem Blut. Doch er war stark geworden und sein Einfluss auf das Leben der Sterblichen wurde größer.

Sollte er tatsächlich der Begründer eines neuen Vampirjägerclans werden? Würden seine Taten ihn aus dem Vergessen befreien und würden wieder jene Ritter aus grauer Vorzeit sich dem Unheil, welches das Land bedrohte, stellen?

Oder würde sein Versuch letztlich scheitern und damit nicht nur ihn sondern auch seine Gefährten verdammen?

Konnte er sie vor dem Schicksal bewahren welches bereits von Mächten besiegelt wurde die sich unserer Vorstellungskraft entzogen?

Die Stimmen hatten Angst um ihn, den die Antwort würde mehr von ihm fordern als er möglicherweise geben konnte.

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