Dunkle Wolken am Himmel
1.
Tolur rannte durch die düsteren Hallen des alten Schlosses. Furcht konnte man in seinen Augen lesen, er zitterte am ganzen Leib. Ihm wäre der Schweiß auf der Stirn gestanden wenn sein Organismus in der Lage gewesen wäre zu schwitzen. Doch er war ein Geschöpf der Nacht, wie alle die diese Burg bewohnten. Für die einfachen Menschen war es nichts weiter als ein Schloss unter vielen, doch für die Eingeweihten war es der Hauptsitz von Tarim o Kiel, dem Vorstand des Gildenrates, dem höchsten Vertreter der Vampirgilde und oberster Führer der Untoten. Doch O Kiels Macht schwand zunehmend. Immer mehr Mitglieder der Gilde liefen zum Feind, dem Verräter Asteroth, über oder wurden von Drake du Kane, dem verdammten Vampirjäger, gestellt und zur Strecke gebracht. Es stand nicht gut um die Gilde, sie zerbrach Stück für Stück. Der Krieg forderte viele Opfer und der Waffenstillstand würde wohl nicht mehr lange währen, das ohnehin schon brüchige Band drohte nun vollends zu zerreißen.
Tolur hatte sein Ziel erreicht. Ohne anzuklopfen stieß er die gewaltige Eichenholztür auf und stürmte in den Thronsaal. Im Inneren konnte der Vampir 4 Personen ausmachen. Zarteg und Yorchon hatten eine hohe Position im Rat inne, doch waren sie letztendlich auch nichts weiter als Scharlatane die ihre Position ihren Titeln und nicht ihren Taten zu verdanken hatten. Die kleine gedrungene Gestalt mit den langen Zotteln daneben war Sagul. Obwohl er den Eindruck eines Bettlers machte, kannte Tolur seine wahre Gestalt. Er galt als einer der mächtigsten hohen Vampire innerhalb der gesamten Gilde, vielleicht gar der mächtigste hohe Vampir der existierte. Man durfte ihn aufgrund seines Aussehens nicht unterschätzen. Er verstand es sich geschickt zu tarnen.
In der Mitte auf einem goldenen Thron schließlich saß Tarim o Kiel persönlich, das Oberhaupt aller Vampire die noch dem alten Weg folgten wie man es innerhalb der Gilde nannte. Der Erzvampir wirkte sehr alt, obwohl man ihm natürlich kein Alter ansehen konnte. Bei keinem Vampir war es möglich dessen Alter zu schätzen da ihre Züge zeitlos und unwirklich zugleich wirkten. Aber die Verluste und Niederlagen standen dem Oberhaupt deutlich ins Gesicht geschrieben, Tarim o Kiels Blütezeit war längst vorbei. Tolur schluckte. Ein schlechter Zeitpunkt für seine Kunde, doch es konnte nicht warten.
Tarim o Kiel hatte erschrocken aufgeschaut als Tolur in den Saal stürmte. Wütend verzog er das Gesicht.
"Was soll das? Warum platzt du hier einfach herein ohne dass man nach dir hat schicken lassen? Wie kannst du es wagen einfach in meine Gemächer einzudringen..."
"Verzeiht mir, aber ich habe schlechte Nachrichten die keinen Aufschub dulden euer Hoheit." stammelte Tolur und verneigte sich so tief, das sein Gesicht fast den Boden berührte.
"Los raus damit, was ist passiert?" fuhr Tarim den Knienden an.
"Das...das Buch wurde gestohlen..."
"WAS???" Schneller als es ein menschliches Auge hätte erfassen können war der alte Erzvampir aufgesprungen und stürmte durch den Saal auf den unglücklichen Boten zu. Tolur merkte nur noch wie er gepackt und von den Füßen gerissen wurde. Im nächsten Moment sah er in das Antlitz von Tarim o Kiel. Seine Augen glühten, sein Gesicht war eine Maske des Zornes.
"Was sagst du da? Spiel keine Spielchen mit mir, Wurm."
"Es...es ist wahr, er hat das Buch gestohlen." keuchte Tolur.
"NEIN! DAS DARF NICHT WAHR SEIN!" brüllte Tarim und schleuderte Tolur durch den Saal. Auch die anderen Anwesenden waren erschrocken aufgesprungen als sie Zeuge von Tarim o Kiels Wutausbruch wurden. Tolur stöhnte und rang nach Atem während der Erzvampir durch den Raum schritt.
"Das kann er nicht tun." brüllte er die Wände an. Einrichtungsgegenstände flogen durch das Zimmer ohne dass sie jemand geworfen hätte. Klirrend zersprang eine Fensterscheibe nach der anderen und die Glassplitter regneten auf die teuren Teppiche die den Boden des Thronsaals schmückten. Die Schränke und Tische des Zimmers explodierten und Holzsplitter flogen tödlichen Geschoßen gleich durch den Raum. Tarim o Kiels unbeherrschte Gedanken hinterließen Chaos.
Endlich, als sämtliches Mobiliar in Trümmern lag kühlte sich das Temperament des Erzvampirs soweit ab, das er wieder zur Ruhe kam. Er schloss die Augen und atmete tief durch. Dann wandte er sich an Tolur, der immer noch zusammen gekauert in der Ecke lag.
"Wie konnte das passieren?"
"Es muß jemand aus unseren eigenen Reihen gewesen sein." antwortete Zarteg an Tolurs Stelle.
"Überläufer, Verräter die sich Asteroth angeschlossen haben. Ihre Anzahl wächst."
"Und sie wird weiter wachsen wenn sich die Nachricht von dem Diebstahl erst verbreitet hat." fügte Yorchon leise hinzu.
"Diesmal ist er zu weit gegangen." platzte es auf Tarim o Kiel heraus. "Seine Sabotageakte die von Jahr zu Jahr dreister wurden sind eine Sache, aber das ist zuviel! Seit dieses fadenscheinige Bündnis geschlossen wurde hat er keine Gelegenheit ausgelassen mich und die Gilde zu schwächen. Doch nun ist das Maß voll. Erst lehnt er den Glauben an das Necronomicon ab, was verwerflich genug wäre, und nun wagt er auch noch es zu stehlen. Seit über 300 Jahren, seit wir es von den C'ael Rohen zurückerobern konnten, befindet sich das heilige Buch in unserem Besitz."
"Er will euch bloßstellen. Euch und die ganze Gilde." sagte Zarteg.
"Euer Ansehen schwindet O Kiel", übernahm Yorchon das Wort, "das Volk der Vampire beginnt an euerer Berufung zu zweifeln. Die Gilde ist längst nicht mehr das was sie einmal war. Asteroth hat sie gespalten als er sich vor über einem halben Jahrhundert von ihr losgesagte. Jeder dritte Unsterbliche ist mittlerweile zu ihm übergelaufen und seine Macht wächst von Jahr zu Jahr. Die Gilde zerbricht O Kiel."
"SCHWEIGT!" fuhr der Erzvampir die Sprecher zornig an.
"Das Problem ist der Jäger." erhob Sagul das Wort. Es war das erste Mal das er sich äußerte. "Sein Einfluss wächst immer weiter. Er ist längst nicht mehr der einfache Schüler. Er schart Kämpfer um sich, versucht die C'ael Rohen wieder neu zu gründen. Sie sind nun schon zu dritt und er vernichtet alles was ihren Weg kreuzt."
"Ja", stimmte Zarteg zu, " die Gilde stirbt durch Asteroths Aktivitäten. Und Drake du Kane nutzt diese Schwäche. Noch nie in der Geschichte der C'ael Rohen gab es einen Jäger wie ihn. Die Vampire flüstern seinen Namen mit Furcht, sein Name bedeutete den Untergang für jeden. Ihn fürchten sie, nicht euch o Kiel. Und Asteroth nutzt dies um es gegen euch zu verwenden."
"ER GEHÖRT MIR!" brüllte Tarim o Kiel durch den Saal und warf mit den Überresten der zersplitterten Kommode um sich.
"Ihr müsst ihn finden." erklärte Sagul seinem Meister. "Er muß brennen. Er muß verurteilt und hingerichtet werden wie es unser Gesetz verlangt. Ihr müsst ein Exempel an ihm statuieren, der Gilde zeigen dass sich Tarim o Kiel nicht von einem C'ael Rohen beherrschen lässt. Dann werden sie wieder vertrauen zu euch haben und zu euch zurückkehren."
Tarim o Kiel betrachtete seinen kleinen buckligen Diener lange und nachdenklich. "Wir müssen den Rat einberufen, uns steht ein Kampf bevor. Asteroth hat das Buch nicht grundlos gestohlen. Er wird angreifen. Dieser Frevel war die Kriegserklärung, das Bündnis ist hiermit gebrochen. Kein Waffenstillstand mehr, wir werden kämpfen! Ich lasse mich von Asteroth nicht zum Narren halten!" Mit diesen Worten stapfte Tarim o Kiel wütend aus dem Saal.
2.
Ich rannte durch die Finsternis. Meine Lungen brannten, meine Beine schmerzten, aber ich hatte mein Ziel fast erreicht. Wenn ich doch nur wüsste was es war dass ich suchte. Eine Stimme rief mich. Eine vertraute Stimme, ich kannte sie irgendwoher. Wenn ich nur wüsste woher? Ich stand in einer Tropfsteinhöhle, bläuliches Zwielicht erhellte die Grotte. Ich kannte diesen Ort, obwohl ich noch nie dort gewesen war. Etwas Vertrautes umgab mich, durchströmte mich, ließ mich erschaudern. Was war dies nur für ein Ort und warum musste ich ihn finden? Etwas Wichtiges lag hier verborgen. Uraltes Wissen. Wessen Wissen?
'Unser Wissen Norin. Das wissen um ihre Schwächen.' vernahm ich eine Stimme hinter mir die ich seit einer Ewigkeit nicht mehr vernommen hatte. Langsam drehte ich mich um. Ich traute meinen Augen nicht, obwohl ich tief im Innersten schon wusste wer hinter mir stand. Mein Meister hatte sich nicht verändert, er sah genau so aus wie an dem Tag als er auf dem Drake-Stone-Mountain sein Leben gelassen hatte.
'Meister?' Meine Stimme hallte durch die Höhle und wurde als Echo zurückgeworfen.
'Geh und suche das Wissen deiner Ahnen. Der Weg ist nicht mehr weit. Sei stark und bleibe standhaft. Nur so kannst du sie besiegen.' Die Gestalt von Sen Lar begann zu verschwimmen.
'Meister, wartet? Was soll ich suchen? Und wo? Wartet, ich habe so viele Fragen an euch?'
'Die Antworten darauf musst du selbst finden.' hörte ich seine Stimme sagen als er bereits verschwunden war und ich wieder alleine war. Die Finsternis hatte mich wieder verschluckt und mir wurde kalt. Unendlich kalt. Etwas dunkles, eine Gefahr. Ich spürte sie. Etwas würde geschehen, ich konnte es fühlen.
Eine Bewegung ließ mich herumfahren. Etwas in der Dunkelheit. Gehetzt sah ich mich um. Überall. Überall um mich herum. Ich war umstellt. Kein Ausweg. Sie griffen an...
Schwer atmend schlug ich die Augen auf. Es war Nacht. Eine wunderschöne sternenklare Nacht. Ich lag auf meinem Lager aus Decken. Über mir erstrahlten die Sterne in ihrer vollen Pracht. Mein Blick schweifte nach links wo ich unser Lagerfeuer ausmachen konnte. Es brannte noch. Ich konnte zwei menschliche Silhouetten ausmachen die davor saßen und sich unterhielten. Langsam stand ich auf, zog mir eine Decke über die nackten Schultern und schritt auf das Feuer zu. Die beiden Sitzenden sahen auf als sie mich bemerkten.
Myra lächelte mich an. "Schlecht geschlafen?"
Ich nickte stumm und ließ mich neben ihnen nieder.
"Der selbe Traum?" fragte Craven während er mit einem Stück Holz in der Glut stocherte.
"Ja", antwortete ich, "er hat etwas zu bedeuten. Etwas mit mir, etwas mit uns. Mit dem Clan."
"Du meinst den C'ael Rohen?" fragte mich Myra.
"Etwas ist dort draußen. Und wir kommen ihm näher. Der Traum wird immer intensiver."
"Vielleicht bildest du dir das auch nur ein." entgegnete Craven skeptisch.
"Craven, das ist kein reiner Zufall. Gerade du solltest doch wohl am ehesten an Prophezeiungen und Visionen glauben." widersprach ich ihm aufgebracht.
"Du träumst diesen Traum jetzt seit fast drei Monaten, Drake. Was soll er denn bedeuten?"
"Ich weiß es nicht." gestand ich. Meine Gedanken rotierten in meinem Kopf. Ich war verwirrt, wie jedes Mal wenn ich diesen Traum hatte. Ich konnte mir einfach keinen Reim darauf machen. Sollte ich am Ende tatsächlich den Verstand verlieren? Waren dies die ersten Zeichen für Wahnvorstellungen? Jetzt, wo ich endlich das Gefühl hatte meine dunkle Seite ein für allemal besiegt zu haben.
Nein, es steckte mehr dahinter. Es gab diese Höhlen, und etwas war darin verborgen das wichtig war und das gefunden werden wollte. Von mir gefunden werden. Ich spürte Myras zarten Finger wie sei meinen Rücken streichelten. "Du siehst müde aus Drake. Du schläfst zu wenig. Vampir hin oder her, auch du brauchst Ruhe."
Sie hatte Recht, ich fühlte mich erschöpft und ausgelaugt. In den letzten Wochen hatte ich kaum ein Auge zugetan.
Die Jagd hatte sich in diesen Gefilden als wenig spektakulär erwiesen. Seit Monaten waren wir in diesen Landen auf keinen Untoten gestoßen. Sowohl von der Gilde wie auch von Asteroths Rebellion fehlte jede Spur. Die Neuigkeiten jedoch die einer von uns bisweilen aufschnappte verhießen nichts Gutes. Demnach wuchs Asteroths Armee weiter. Immer mehr desertierten und schlossen sich dem Bringer der neuen Ordnung an. Wir mussten ihn aufhalten, bald würde er auch für uns zu mächtig sein. Es waren nun fast sechs Jahre vergangen seit Craven zum C'ael Rohen wurde und ich hatte mich persönlich um seine Ausbildung gekümmert. Er war viel stärker als ich gedacht hätte. Er hatte viel innere Kraft und war willig zu lernen. Auch wenn die Jagd seinen alten Prinzipien widersprach, so hatte er sich mit der Zeit damit abgefunden und war nun ein vollwertiges Mitglied der C'ael Rohen. Es war verrückt. Nach der langen Zeit in der ich alleine unterwegs war und die Jagd als meine alleinige Bürde betrachtet hatte, die ich ganz alleine tragen musste, war es sonderbar andere Jäger um mich zu haben. Nun war meine Arbeit getan, ich konnte ihnen nichts mehr beibringen. Sie waren nun ebenso Jäger wie ich. Ich begann langsam an die Worte Sen Lars zu glauben als er mir damals sagte dass ich den Clan wieder neu erblühen lassen würde. Ich frage mich was der alte Mann noch alles gewusst hatte.
"Was ist los Drake? Du wirkst so abwesend?" riss mich Cravens Stimme aus meinen Gedanken.
"Oh, es ist nichts. Was ist mit euch, warum schlaft ihr nicht?"
"Wir konnten nicht schlafen." antwortete Myra.
"Also haben wir geredet. Du hast erschöpft gewirkt deshalb wollten wir dich nicht wecken." erklärte Craven und warf einen Holzscheit in das Feuer.
"Und worüber habt ihr geredet?" fragte ich sie.
"Über ihn." antwortete Myra leise. "Die Sache spitzt sich zu Drake. Die Gerüchte von einer Streitmacht häufen sich. Du hast selbst gesagt, Asteroth plant einen neuen Krieg. Die Zeit scheint gekommen, er hat mehr Macht als jemals zuvor und die Gilde ist geschwächt wie nie. Dieses Abkommen war ja von Anfang an ein fauler Kompromiss um gemeinsam gegen uns vorzugehen. Doch nun braucht er sich nicht mehr verstecken. Wenn es stimmt was du mir über ihn erzählt hast wird er nicht warten bis wir zu ihm kommen. Er wird zuschlagen."
"Sie hat Recht", nickte Craven, " ich mag zwar wie ein Barbar wirken aber die Priester haben mich auch in Politik unterrichtet. Wenn dieser Asteroth so schlau ist wie du behauptest und es bereits einen Krieg zwischen ihm und der Gilde gegeben hat, den er beinahe schon gewonnen hätte, dann wird er die Initiative ergreifen."
"Er ist mehr als nur gerissen. Er ist ein Stratege wie ich keinen zweiten kenne. Er denkt in ganz anderen Dimensionen, plant Jahrzehnte voraus. Und vor allem, er kann warten. Ich wurde vor 60 Jahren Zeuge wie er drei Parteien gleichzeitig gegen einander ausgespielt hatte und am Ende als Sieger hervorging. Und seit dieser Zeit hat er sich nicht mehr sehen lassen. Fast ein ganzes Menschenalter ist es her das ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, doch für ihn ist dies nur ein Augenblick. Er existiert schon seit Jahrtausenden und festigt seine Macht. Oh ja, er wird angreifen. Sein Hass auf o Kiel ist grenzenlos, ebenso wie auf mich. Aber egal wie sich die Situation zwischen den beiden auch entwickeln mag, zunächst muß ich herausfinden was es mit diesen Träumen auf sich hat die mich Nacht für Nacht quälen. Und ich weiß das der Schlüssel dazu hier ganz in der Nähe liegt."
Craven und Myra warfen sich gegenseitig skeptische Blicke zu, doch sie sagten nichts. Craven zuckte die Schultern und begann wieder das Feuer zu schüren während Myra nachdenklich in die Flammen starrte. Schließlich erhob ich mich und streifte durch das Lager das wir einige Stunden vorher im letzten Tageslicht errichtet hatten. Hing meinen eigenen Gedanken nach.
"Warum sagst du mir nicht endlich was dich wirklich bedrückt?"
Erschrocken zuckte ich zusammen. Myra stand hinter mir und fixierte mich mit diesem fragenden Blick, den ich nicht ausstehen konnte. Ich hatte sie nicht gehört. Das war mir schon seit Jahren nicht mehr passiert, dass sich jemand an mich anschleichen konnte ohne dass ich es gemerkt hätte. Ich schüttelte hilflos den Kopf. Ich musste mit dieser Tagträumerei aufhören, es könnte mich den Kopf kosten. Und den von Myra und Craven. Ich war für die beiden verantwortlich. Ob ich es nun wollte oder nicht, ich war ihr Anführer und als solcher hatte ich Verpflichtungen ihnen gegenüber. Ich seufzte ergeben und drehte mich zu ihr um.
"Du solltest die drohende Gefahr eigentlich selbst spüren, sofern mein jahrelanges Training nicht völlig umsonst gewesen war." antwortete ich gereizt. Meine barsche Antwort hatte jedoch nicht den Erfolg den ich mir versprochen hatte. Statt es dabei bewenden zu lassen verschränkte Myra stur die Arme vor der Brust und betrachtete mich wütend. Manchmal konnte diese Frau sturer sein als ein Drache den man aus seiner Höhle verweisen wollte.
"Nur weil du schlechte Laune hast musst du nicht gleich ungehalten werden Drake. Wir alle spüren diese Gefahr, nicht nur du. Aber ich und Craven lassen uns davon nicht aufzehren so wie du. Also, was ist los? In letzter Zeit scheinst du dich in einer anderen Welt zu befinden. Du bekommst kaum noch etwas von deiner Umwelt mit. Craven macht sich Sorgen. Und ich mir auch."
"Ich weiß es ja selbst nicht. Ich bin nicht mehr Herr meiner Lage. Ich weiß nur dass ein drohender Schatten über uns liegt. Über der Gemeinschaft. Etwas droht sie zu zerreisen."
"Und du glaubst dass ER es ist?"
"Wer sollte es denn sonst sein? Seine Präsenz ist für mich immer fühlbar, es ist sein Blut das durch meine Adern fließt. Er will mich! Und er bekommt was er will." Zornig wollte ich mich von ihr abwenden, doch sie hielt mich am Arm fest.
"Jetzt hör mir mal zu. Es ist mir egal was ER will. ICH will dich nämlich auch. Und ich brauche dich. Und er braucht dich auch!" Sie deutete auf Craven der noch immer vor dem Feuer saß und mit leerem Blick in die Finsternis starrte. "Wir haben ihn in diese Sache hinein gezogen, nun müssen wir uns um ihn kümmern. Er gehört zu uns, und er ist ein verdammt guter Jäger."
"Er ist nicht schlecht." antwortete ich ruhig.
"Er ist viel mehr als das. Du bist stolz auf ihn, gib es endlich zu."
Ich verzog das Gesicht. Ich betrachtete Craven wie er da am Feuer saß. Sie hatte Recht, ich war stolz auf ihn. Er war ungestüm, ungeduldig, voreilig und unüberlegt. Aber er dürstete nach Wissen wie ein verdurstender nach Wasser. Und er war stark und stolz. Er erinnerte mich an einen Jungen Namens Norin Read der damals auf dem Drake-Stone-Mountain gestorben war. Craven war fast zu etwas wie einem Sohn für mich geworden.
"Deine Blicke verraten dich Drake du Kane. Ich weiß was du für ihn empfindest. Warum zeigst du es ihm nicht?"
"Ich kann nicht. Noch nicht. Die Zeit wird kommen, aber noch ist es zu früh. Aber ihn bedrückt auch etwas, das sieht man ihm an. Und das ist nicht das drohende Unglück." Myra nickte traurig. "Ja, er fühlt sich einsam. Torschas Präsenz wäre in letzter Zeit immer schwächer geworden und nun sei sie ganz verschwunden. Craven zweifelt an seinem Glauben."
Ich schwieg und sah meine Geliebte an. Ich hielt nichts von Torscha oder irgendwelchen anderen Göttern, aber Craven brauchte seinen Glauben. Er war das einzige das ihm außer uns halt gab. Ich hatte mein Versprechen, Myra ihre Liebe zu mir und dem Leben gegen dessen Auslöschung sie kämpfte, doch was blieb ihm?
"Du solltest mit ihm reden Drake. Er braucht dich. Er ist mein Freund und Kampfgefährte, aber du bist sein Mentor."
Ich nickte. "Ich werde mit ihm reden, aber nicht jetzt. Ich muß herausfinden was diese Träume zu bedeuten haben. Wenn wir das überstanden haben ist hoffentlich auch dieses Gefühl der drohenden Gefahr gebannt. Dann werde ich mir die Zeit nehmen. Versprochen."
Sie sah mich misstrauisch an. "Wirklich?"
Ich lächelte sie an und legte meinen Arm um ihre Schultern. "Wirklich."
3.
In mystischem bläulichem Licht lag es stumm da auf dem hölzernen Podest, umgeben von einem gläsernen Kasten. Das Buch der Ahnen, der Urquell allen Wissens und verantwortlich für Tod und Leid auf der Welt. Das Necronomicon, das Buch der Toten. Die Legenden berichtet von diesem Machwerk der Dämonen, welches mit Menschenblut geschrieben und in Menschenhaut gebunden wurde. In ihm steckt der Schlüssel zu den Toren der Unterwelt. Die größten Nekromanten der Welt hatten vergeblich versucht in seinen Besitz zu gelangen, enthielt dieses Buch doch die größte Sammlung von schwarzer Magie die es gab. Dämonen, ihre Namen, Stärken und Schwächen und wie man sie beschwören konnte um sie sich Untertan zu machen. Rituale, magische Artefakte und unheilige Waffen. Verbotene Plätze, Sternenkonstellationen, Gesänge, Formeln und verbotene Zauberformeln. Ein Kompendium des Bösen wie es kein zweites gab oder geben wird. Und die einzige korrekte Niederschrift über die Wesen der Nacht. Alles über SIE, über ihre Aussehen, ihre Stärken und Schwächen, ihre Art, ihren Charakter und ihr Auftreten.
Asteroth überfiel heute noch ein Schauer wenn er daran dachte was das Buch alles über sie wusste. Es war kein heiliges Buch das von irgendeinem Gott geschrieben wurde, da keine Götter existierten. Zumindest keine Vampirgötter. Asteroth verweigerte die Vorstellung das es Wesen gab die über ihm standen. Er war der Mächtigste. Wenn es jemals einen Gott geben würde, dann würde er das sein! Dennoch war das Buch mächtig. Das Wissen das es enthielt war mächtig. Mächtig und Gefährlich. Verträumt streichelten seine Finger über den Glaskasten unter dem das Buch der Bücher schlummerte. Endlich befand es sich in seinem Besitz. Er wünschte er hätte O Kiels Gesicht gesehen als man ihm die Kunde überbracht hatte. Er hatte ihn an seiner verwundbarsten Stelle getroffen, seinem Glauben. Es hatte begonnen, alle Karten lagen auf dem Tisch. So wie er Tarim o Kiel und seinen idiotischen Stolz kannte würde er diese Demütigung nicht auf sich sitzen lassen. Er wusste so gut wie Asteroth, das ein erneuter Krieg das Ende für die Gilde bedeuten konnte. Aber würde er nicht handeln wäre das Vertrauen in ihn vollkommen erloschen. Seine Untertanen würde Wiedergutmachung für die Schmach fordern die ihnen zuteil wurde. Wie man es auch drehen und wenden mochte, Asteroth war der Sieger.
Lächelnd wandte er sich von seinem neuen Schatz ab und betrachtete wieder diesen seltsamen roten Stein der seine Trophäensammlung nun schon so lange beherbergte. Er wusste dass ein mächtiges Wesen in diesen Stein gebunden war. Ein altes Wesen das, als seine Existenz auf dieser Welt sich dem Ende näherte, einen Packt für ewiges Leben einging. Seine unsterbliche Seele war nun in diesem Kleinod gebunden und es würde dem, der es zu neuem Leben erweckte, seine Kraft schenken. Obgleich die Macht nicht so groß war wie Asteroth gehofft hatte, so wollte er sie dennoch besitzen. Vor allem wollte er aber wissen wie man sie entfesseln konnte. Wie konnte man die Kreatur wecken? Es war nicht der einzige Stein, es gab noch mehr davon, dessen war er sich mittlerweile sicher. Wenn er alle besitzen würde hätte er eine schier unschlagbare Armee. Doch wo waren diese Steine und wie konnte man sie benutzen? Er würde es herausfinden. Asteroth war nicht in Eile, er hatte Zeit und konnte warten.
Meine Augen konnten den alten Tempel schon von weitem sehen. Er war heruntergekommen, verfallen und verlassen. Ich wusste nicht was ein Tempel hier so weit draußen verloren hatte, wo es weit und breit keine Stadt oder irgendwelche Dörfer gab.
"Hast du etwas entdeckt?" fragte mich Myra als sie meinen fragenden Blick bemerkte.
"Da vorne ist ein Gebäude." antwortete ich.
"Ein Gebäude? Hier Draußen?" Myra schüttelte den Kopf. "Was könnte das sein?"
"Es sieht aus wie ein alter verlassener Tempel." erklärte ich.
"Ein Tempel?" Cravens Kopf ruckte nach vorne und er versuchte vergeblich etwas in der Ferne zu erkennen, doch für menschliche Augen, wie gut sie auch sein mochten, war er noch zu weit entfernt.
"Was für ein Tempel?" fragte er aufgeregt.
"Kann ich nicht sagen, ich kenne ihn nicht. Aber ich glaube das er schon lange verlassen ist."
"Wir sollten ihn uns trotzdem einmal ansehen. Vielleicht finden wir dort etwas was auf deine Träume hinweist." schlug Myra vor. Craven nickte. "Ja, der Meinung bin ich auch. Ein Götterhaus so tief in der Wildnis muß etwas zu bedeuten haben."
Ich zuckte mit den Schultern. "Wenn ihr meint." Ich konnte mir zwar nicht vorstellen was mein Schicksal mit einem alten verfallenen Tempel zu tun haben sollte aber schaden konnte es nicht.
Als wir schließlich nahe genug an das Gebäude heran waren das jeder deutlich erkennen konnte um was es sich handelte riss Craven entsetzt die Augen auf. "Es ist ein Haus der Torscha!" hörte ich ihn rufen und im nächsten Moment hatte er sämtliche Vorsicht vergessen die ich ihm über die Jahre beigebracht hatte. Ungestüm wie ein kleines Kind rannte er auf den alten verfallenen Tempel zu. Myra wollte ihm folgen doch ich hielt sie zurück.
"Lass ihn, das betrifft nur ihn alleine."
"Es könnte eine Falle sein." entgegnete sie bestimmt. Ich schüttelte den Kopf. "Hier ist niemand. Hier ist schon seit Jahrzehnten niemand mehr." Zu meiner Überraschung ließ sie es dabei bewenden und sah Craven nach der den Tempel mittlerweile erreicht hatte und im Inneren verschwand.
Kurze Zeit später hatten auch wir den alten Torschatempel erreicht. Er musste früher einmal sehr prachtvoll gewesen sein, auch wenn er nicht sonderlich groß war. Die Wände bestanden aus weißem Marmor der im Laufe der Zeit schmutzig und rissig geworden war. Die Reste einer Statue waren zu erkennen die vor den Toren wachte. Eine Frau mit einem mächtigen Zweihänder in den Fäusten. Von dem Eingangstor selbst war nur noch ein Haufen verschimmelter Holzbretter. Vorsichtig setzte ich meinen Fuß auf die Schwelle. Nichts.
Ich konnte ungehindert eintreten, kein Gott wachte mehr über dieses Gebäude. Nichts Heiliges war mehr zu spüren. Im Gegenteil, fast glaubte ich eine befleckte Präsenz zu erhaschen. Ganz schwach, aber vorhanden. Ich beschloss Fortigan und Korosan vorsichtshalber griffbereit in den Händen zu halten. Myra tat es mir gleich als sie hinter mir in den Tempel schritt.
Kaum hatte ich das Gebäude betreten, drang mir der widerliche Gestank der Verwesung in die Nase. Schwach und schon sehr alt. Ich sah mich um. Das Gebäude schien nur aus drei Räumen zu bestehen. Einer großen Halle die wohl den eigentlichen Tempel darstellte und zwei kleine Räume links und rechts davon.. Der Raum besaß 4 Fenster dessen Scheiben jedoch in Scherben auf dem Boden verstreut lagen. An den Wänden hingen Ölgemälde die Schlachtszenen darstellten. Alle ausgebleicht und verwaschen durch den Zahn der Zeit. Auch einige Wandteppiche schmückten wohl mal den Tempel doch waren diese vergilbt und grau. Man konnte nicht mehr erkennen was sie einmal darstellen sollten. Von den Bänken zeugte nur noch der Haufen verschimmelten Holzes, der den halben Raum einnahm.
Am Ende der Halle konnte ich einen goldenen Altar erkennen, darüber ein Bild das eine wunderschöne temperamentvolle Frau darstellte. Ihre Haare waren Flammenzungen und ihre Augen schienen zu brennen. Das Bild war das einzige das scheinbar vom Verfall völlig verschont geblieben war.
Myra hatte sich dem rechten Raum zugewandt, ich beschloss mir den linken vorzunehmen. Auf halben Weg stürmte plötzlich Craven aus eben jenem Raum. Sein Gesicht war von Entsetzen verzerrt. Er hatte Rutex, seine mächtige Axt in den Händen und stürmte aus dem Gebäude. Ich sah ihm beunruhigt nach, beschloss aber dass es wohl das Beste wäre in vorläufig erst einmal nicht zu folgen. Stattdessen wollte ich herausfinden was Craven in dem Raum gefunden hatte das ihn so wütend gemacht hatte.
Langsam betrat ich den kleinen dunklen Raum. Der Verwesungsgeruch wurde stärker. Ein einziges Fenster spendete ein wenig Licht das durch die verdreckte Scheibe in das Zimmer fiel. Es handelte sich um ein Schlafquartier. Ich erkannte fünf Stockbetten in die jeweils zwei Personen Platz hatten. Ich trat an die ersten Betten heran und schlug die Decke zurück. Ein Totenschädel grinste mich an. Als ich Decke vollends vom Bett zog entdeckte ich auch den Rest des Gerippes. Er musste schon seit Ewigkeiten tot sein. Sein Brustkorb war gesplittert als hätte ihn jemand im Schlaf erschlagen, ich konnte am Boden bräunliche Flecken erkennen und roch schwach getrocknetes Blut. Sehr alt, aber vorhanden.
Ich durchsuchte nach und nach die zehn Betten und fand insgesamt sechs tote Körper vor, alle im Schlaf ermordet. Ansonsten konnte ich nichts entdecken. Ich verließ diesen Ort des Todes und kehrte zurück in die Halle. Craven stand dort. Er hatte mittlerweile seine Axt wieder weggesteckt und betrachtete nachdenklich das Abbild seiner Göttin. Ich ging zu ihm.
"Craven?"
"Warum hast du das zugelassen? Sie waren wehrlos. Keiner verdient es so zu sterben. Vor allem keiner der deinen." klagte er das Gemälde an.
"Craven!" Ich schüttelte ihn an der Schulter. Erschrocken fuhr er herum. Eine Sekunde starrte er mich an, als hätte er mich zum ersten Mal gesehen, dann entspannte er sich endlich. "Sie wurden nachts angegriffen. Im Schlaf feige ermordet. Wer würde so einen Frevel wagen?"
"Ich weiß es nicht. Aber es ist lange her."
"Das spielt keine Rolle. Es waren meine Brüder, ich muß sie rächen." Entschlossen ballte er die Hände zu Fäusten.
"Craven, hör zu, es..." setzte ich dann, doch wurde ich jäh unterbrochen als Myra aus dem anderen Raum kam. Sie war kreidebleich. "Eine Sakristei. Zwei Skelette liegen im inneren. Wohl im Kampf gestorben." erklärte sie sachlich. Ich nickte. Also fehlten zwei Priester. "Gut", setzte ich an, "ich schlage vor wir..."
"Drake!" unterbrach mich Myra ernst.
"Was?" fragte ich sie. Als ich ihren Blick bemerkte zuckte ich innerlich zusammen. Sie sah aus als hätte sie einen Geist gesehen.
"Du solltest dir das ansehen!"
4.
Ich wusste nicht was mich erwarten würde wenn ich die kleine Sakristei betrat, doch normalerweise konnte Myra nichts mehr so leicht erschüttern. Es handelte sich um ein normale Sakristei, nichts ungewöhnliches. Ein Schrank, ein Tisch und eine Kommode mit einer Menge Schubladen. Auf dem Tisch türmten sich Pergamente die wahrscheinlich bei der kleinsten Berührung zu Staub zerfallen würden. Amulette, verschiedene Kräuter und Kerzen lagen wild verstreut, eben alles was man für einen Göttinendienst benötigte. Hinter mir hatte Craven die kleine Kammer betreten und sah sich um.
"Hier." sagte Myra und deutete auf ein Stück Stoff das auf dem Tisch lag. Vorsichtig nahm ich es in die Hand und betrachtete es. Ich riss die Augen vor Erstaunen und Schrecken zugleich auf und hätte das Stück Stoff beinahe fallen lassen. Wie kam das hierher? Wie konnte das sein? Was...
In meinem Kopf begann sich alles zu drehen, meine Gedanken wirbelten umher und ich versuchte zu verstehen was ich da in der Hand hielt. Craven sah mir neugierig über die Schulter und betrachtete das seltsame schon völlig verblasste Emblem das den Stoff zierte.
"Was ist dass?" fragte er irritiert und betrachtete zuerst mich und dann Myra. Sie sah mich fordernd an. Ich schluckte und legte den Stofffetzen beiseite.
"Ein altes Zeichen der C'ael Rohen." erklärte ich stockend.
"Was?" fragte Craven verständnislos. Langsam dämmerte eine Erkenntnis in mir, doch die war so verrückt dass sie unmöglich wahr sein konnte. Myra hatte sich mittlerweile an den Schubladen der Kommode zu schaffen gemacht und förderte ein Stoffbündel daraus hervor. "Jetzt seht euch das an." Sie schlug den Stoff zurück und eine Reihe von Holzpflöcken und zwei Phiolen mit einer wässrigen Flüssigkeit kam darunter hervor. Ich verwettete die schwarzen Zwillinge dass sich Weihwasser in den Phiolen befand. Die Ausrüstung eines Vampirjägers.
"Was hat das zu bedeuten?" fragte mich Craven während ich mich erst einmal auf dem Tisch niederließ und dabei den größten Teil des Gerümpels zu Boden warf der ihn schmückte. Ich musste meine Gedanken ordnen, das eben gesehene verarbeiten. Ich dachte mich würde nichts mehr überraschen. Seit der Begegnung mit dem Orakel hatte ich immer wieder erfahren wie ausgeklügelt doch mein Dasein erschien. Ich wusste nicht welche Kräfte meine Bahnen lenkten doch an Phantasie schien es ihnen nicht zu mangeln. Aber langsam wurde mir das ganze Unheimlich. Wieder einmal fragte ich mich wo ich nun wieder hinein geraten war. Es war ohnehin längst zu spät umzukehren. Dafür war es seit 60 Jahren zu spät.
"Soll das heißen die Priester waren Jäger, so wie wir?" Cravens Frage blieb unbeantwortet, Myra und ich kannten die Antwort darauf bereits.
"Kann das tatsächlich möglich sein?" flüsterte ich zu mir selbst.
"Hast du mir nicht erzählt das sich unter den Reihen der C'ael Rohen nicht nur Kämpfer und Magier, sondern auch Priester und Geweihte befanden?" fragte mich Myra. "Welchen Göttern dienten sie?"
Ich versuchte mich verzweifelt daran zu erinnern was mir Sen Lar damals erzählt hatte, doch wollte es mir nicht einfallen. Ich schüttelte den Kopf. "Ich weiß es nicht. Ich glaube Sen Lar hat es mir niemals erzählt und ich habe es selbst nie herausgefunden."
"Was wenn Torschas Jünger zu den C'ael Rohen gehörten?"
Craven sah Myra an, die diese Frage ausgesprochen hatte. "Wenn es so ist, dann war unser Treffen kein Zufall. Ebenso wenig wie unsere Queste. Die Jagd ist etwas Heiliges, ich sehe sie nun mit ganz anderen Augen." Cravens Augen schienen zu strahlen. Bisher hatte er die Jagd als seine Pflicht angesehen. Etwas das er tun musste da er keine Wahl hatte. Eine Pflicht die ihn dazu zwang gegen seine Kodex zu verstoßen und das er vor Torscha nur damit rechtfertigen konnte, dass er damit das Böse bekämpfte. Er fürchtete das Torscha ihn wegen seines unehrenhaften Handels verstoßen haben könnte und er deshalb ihre Präsenz nicht mehr spüren konnte. Doch nun sollte sich herausstellen das es von Anfang an sein Schicksal gewesen war. Zum ersten Mal seit langer Zeit sah ich wie der dunkle Schleier sich löste der sein Gemüt so lange gefangen gehalten hatte. Ich wusste nun was es war das ihn so lange bedrückt hatte. Doch dieses kleine Stück Stoff hatte alles verändert und Craven wusste nun endlich das unsere Berufung auch sein Schicksal sein sollte.
"Du hast mir erzählt, das du bei deinem Unterricht von mir gehört hast", wandte ich mich an Craven, "wovon genau handelte der Unterricht?"
"Es ging um Mythen und Legenden. Von Fabelwesen. Uns wurde gesagt dass Vampire nicht existieren, dass sie der Phantasie des Menschen entsprungen wären. Aber auch wenn ich es mir einredete, konnte ich es nie ganz glauben." antwortete der Hüne zögernd.
"Warum nicht?" fragte ich ihn.
"Die Art wie mein Lehrer über sie sprach. Und wie genau er sie beschreiben konnte. Ganz so wie du es mich gelehrt hast. Und wie man sie angeblich bekämpfen könnte. Warum sollte er uns sagen wie man Fabelwesen bekämpft? Ich glaubte er wusste mehr als er uns gesagt hat."
"Er hat es gewusst, nicht wahr?" fragte Myra.
"Nein", antwortete ich, "aber vielleicht geahnt. Ich bezweifle das die Priester von der tatsächlichen Existenz des Clans wussten, aber als die C'ael Rohen ausstarben haben sie wohl auf diesem Weg versucht ihr Wissen weiterzugeben. In Form von Sagen und Legenden."
"Warum diese Heimlichtuerei?" fragte Craven.
"Damit die Gilde davon nichts mitbekam. Sie hielten die C'ael Rohen für ausgelöscht, doch ihr Wissen lebte in den Geschichten weiter." erklärte Myra.
"Ich wusste das sich der Clan nicht so leicht besiegen lassen würde." sagte ich und erhob mich.
"Aber wenn diese Menschen Jäger waren, was ist dann hier passiert? Und warum haben sie einen Außenposten soweit hier draußen in der Einöde?" fragte Myra.
"Es ist ein Wachtposten." erklärte ich.
"Wachtposten wofür?" fragte Craven.
"Genau das habe ich vor herauszufinden." antwortete ich und verließ den Tempel.
Die Spuren waren alt du verwittert, aber sie waren vorhanden. Meine über Jahrzehnte geschulten Sinne fanden immer wieder einen Hinweis. Ich vermochte nicht zu sagen wie alt diese Spuren schon waren, doch selbst ich hätte ihnen beinahe nicht folgen können. Myra und Craven folgten mir und sahen sich verwirrt um.
"Wohin gehen wir Drake?" fragte mich Myra.
"Diese Priester haben etwas bewacht. Das ist die einzige vernünftige Erklärung für einen Außenposten der soweit in der Wildnis liegt. Und irgendwo hier muß der Ort liegen denn sie bewacht haben."
"Der Ort aus deinen Träumen." mutmaßte Myra.
"Er muß es sein." pflichtete ich ihr bei und folgte weiter meiner Spur.
"Aber wie willst du diesen Ort finden?" Craven hatte seine Axt wieder griffbereit in den Händen und sah sich nach allen Seiten deckend um.
"Es befanden sich zehn Geweihte in dem Tempel, aber wir haben nur acht Leichen gefunden. Ich folge ihren Spuren."
"Woher willst du wissen dass sie ausgerechnet zu diesem Ort gelaufen sind? Vielleicht wollten sie in die nächste Stadt. Oder es waren nur acht Priester und die anderen Betten standen leer."
"Hier." Ich deutete auf eine Stelle im Gras. Meine zwei Begleiter beugten sich über besagte Stelle. Beide schüttelten den Kopf. "Was soll denn da sein?" fragte Craven.
"Altes Blut. Ich kann es riechen. Einer von den Priestern war verwundet. Und er schlug diesen Weg ein. Die beiden haben mit Sicherheit versucht die anderen zu warnen als der Angriff erfolgte. Als man sie ausfindig gemacht hatte."
"Drake, du redest dir da etwas ein. Diese Träume machen dich verrückt, du versuchst einfach nur um jeden Preis eine Antwort darauf zu finden." Myra schien schon fast verzweifelt.
"Nein. Ich glaube nicht mehr an Zufälle. Schon lange nicht mehr. Nicht nach allem was passiert ist. Ich weiß dass diese Höhle irgendwo da vorne liegt. Und ich weiß das ich dort Antworten finden werde."
Myra wollte etwas erwidern, sagte dann aber doch nichts. Sie hatte wohl eingesehen dass man mit mir in dieser Situation nicht diskutieren konnte. Ich hatte meinen Entschluss gefasst und würde mich nun auch nicht mehr umstimmen lassen.
Wir folgten der Spur über einer Stunde durch einen dichten Mischwald, bevor ich endlich fündig wurde. Es handelte sich tatsächlich um eine alte Grotte. Sie war mittlerweile so von Pflanzen zugewuchert das ich fast an ihr vorbei gelaufen wäre. Mit Fortigan und Korosan schlug ich eine Bresche in das Pflanzengeflecht und legte einen etwa mannshohen Eingang frei. Ich nickte zufrieden. "Hier ist es."
"Hältst du es wirklich für eine gute Idee dort hineinzugehen?" fragte mich Craven der sich erneut umsah. "Es gefällt mir hier nicht. Torscha ist fern an diesem Ort, auch wenn er einmal heilig gewesen war."
"Er hat Recht Drake. Etwas stimmt hier nicht. Lass uns bitte umkehren, dieser Ort ist unheimlich." Myras Stimme war nun tatsächlich ein Flehen, doch ich hörte es gar nicht. Ich hatte endlich mein Ziel erreicht.
"Drake bitte."
"Ich bin nicht so weit gekommen um nun umzukehren. Aber ihr könnt hier warten bis ich zurück bin."
"Das hättest du wohl gerne." erwiderte Craven barsch. "So leicht wirst du mich nicht los."
Myra seufzte. "Na schön, bringen wir es hinter uns."
Ich grinste. "Das sind meine Schüler." Mit diesen Worten betraten wir die Höhle. In diesem Moment hätte ich schwören können hinter mir eine Bewegung ausgemacht zu haben. Etwas das im Unterholz verschwunden wäre. Ich konnte aber nichts erkennen.
"Ist irgendetwas?" fragte Myra und sah sich um. Ein letztes Mal spähte ich in den Wald von wo ich glaubte die Bewegung gesehen zu haben. Doch dort war nichts. Ich vertrieb die Gedanken aus meinem Kopf und schüttelte den Kopf. "Nein, lasst uns gehen."
"Euere Hoheit?"
Asteroth zuckte leicht zusammen. Das war ihm schon seit zweihundert Jahren nicht mehr passiert. Er hatte bei der Betrachtung des Buches alles um sich herum vergessen. Wütend drehte er sich zu dem Sprecher um, einer kleinen gedrungenen Gestalt. Ein einfacher Diener, Asteroth kannte nicht mal seinen Namen.
"Wie zur Hölle bis du hier hereingekommen?" fauchte er den Diener an. Schliefen seine Wachen denn? Ließen diesen Wurm einfach in diese heiligen Hallen.
"Bitte hört mich an, ich bringe sehr wichtige Kunde." stotterte der Untergebene.
"Wie kannst du es wagen diese Hallen zu betreten und dir anmaßen meine Zeit zu verschwenden?"
"Es geht um den Jäger!" platzte es aus dem Diener heraus. "Er wurde gesichtet!"
Asteroth sah ihn interessiert an. "Was sagst du da? Los, sprich!"
"Einer euerer Späher hat ihn bei dem alten Heiligtum der C'ael Rohen gesehen."
Asteroth lächelte. "Hat er es also endlich gefunden. Ich fragte mich schon wie lange es wohl dauern würde bis er es endlich entdeckt. Nun, er wird dort nichts finden was ihm weiter helfen könnte. Was sonst noch?"
"Die Jägerin und dieser Barbar waren ebenfalls bei ihm." Asteroths Augen funkelten. "Tatsächlich? Nun dieser Barbar stellt keine Gefahr dar, aber er ist verantwortlich für die Zerstörung eines meiner Versorgungslager. Kein großer Verlust, aber ich lasse mich nicht gerne zum Narren verkaufen. Ich will seinen Kopf! Aber die Jägerin...sie ist etwas Besonderes."
"Was sollen wir tun Hoheit?"
Statt zu antworten schritt der Erzvampir auf eine schwere Stahltür die sich in der Westwand des Trophäenraumes befand. Schnell vollführte er eine Handbewegung und die Tür leuchtete in einem grellen Rot auf. Asteroth wandte sich an den Diener.
"Es ist lange her dass ich meinen Sohn gesehen habe. 60 Jahre sind eine lange Zeit um von seinem eigen Fleisch und Blut getrennt zu sein, selbst für einen Unsterblichen. Ich glaube es ist an der Zeit das ich wieder einmal in Aktion trete. Los, suche Barlow und Straker, sie sollen unverzüglich hierher kommen."
Der Diener verneigte sich und eilte davon. Asteroth zog die Stahltür auf und trat ins Innere. Eine Halle erstreckte sich vor dem Vampir. Schwärze hüllte ihn ein. Nur einige Kerzen spendeten ein wenig Licht, so das man indem Raum die Schemen einer riesigen Kreatur sehen konnte. Der Brustkorb des Wesens hob und senkte sich langsam. Ein monotones Rasseln erfüllte den Raum. Asteroth grinste als er seine Schöpfung betrachtete. Das Blutritual hatte fast zehn Jahre gedauert und ihn viel von seiner Kraft gekostet, doch nun war es endlich vollbracht. Vor ihm lag die ultimative Kampfmaschine. Zärtlich strich der Erzvampir dem Wesen über die schuppige Schnauze. Das Rasseln verstummte während sich ein großes geschlitztes Auge öffnete und Asteroth fragend ansah.
"Es ist soweit. Deine Zeit ist gekommen."
5.
Staunend betrachtete ich das Innere der Grotte. Denn es handelte sich dabei gar nicht um eine Höhle, wie es von außen den Anschein hatte. Ich befand mich mehr in einer Art heiligen Grabesstätte oder Gruft. Die Wände bestanden aus Sandstein in die Reliefs der C'ael Rohen und Bilder von Personen geschnitzt waren. Vermutlich erfolgreiche Jäger, ich kannte jedoch keines der Gesichter. Mächtige Säulen stützten die Decke und seltsame Leuchtsteine waren überall in die Wände eingelassen die auch nach den Jahrhunderten ihre Leuchtkraft nicht eingebüßt hatten. Jeder unsere Schritte hallte an den Wänden wieder und wir wurden von einem gespenstigen Echo begleitet. Ein innerer Frieden erfüllte mich, das Gefühl der Heimkehr und der Geborgenheit ergriff mich. Aber unter all diesen Gefühlen spürte ich auch die Dunkelheit. Eine Gefahr. Noch weit entfernt, schwer zu erfassen. Aber sie ließ mir keine Ruhe. Doch ich weigerte mich diesen Moment mit düsteren Gedanken zu zerstören. Ungläubig strich ich über die glatten Wände und ließ mich von der Schönheit und Ruhe dieses Ortes bezaubern. Nach all der langen Zeit fühlte ich mich hier zugehörig, ich glaubte fast meinen alten Mentor Sen Lar hier zu spüren.
"Das ist unglaublich." staunte Craven der von dem Ort ebenso gefesselt schien wie ich. "Es muß Jahre gedauert haben dies zu erschaffen." Schließlich konnte ich mich endlich von dem Anblick loseisen und entdeckte einen schmalen Weg der tiefer ins Innere führte.
"Mir gefällt dieser Ort hier nicht. Etwas stimmt nicht. Ich spüre es." Myras Stimme war nur ein Flüstern. Ich drehte mich zu ihr um. "Es wird dir nichts geschehen, das verspreche ich dir." Sie versuchte zu Lächeln, doch in ihren Augen konnte ich die Furcht sehen die sie gefangen hielt. Doch war ich zu Blind es zu merken, geblendet von diesem Ort. Ich sollte es bitter bereuen, mehr als alles andere in meinem verfluchten Dasein.
Wir gingen weiter. Ich betrat eine gigantische Grabkammer, mindestens 30 Meter lang und halb so breit. In die Wände waren Vertiefungen eingelassen, in denen insgesamt gut 50 Särge lagen. Vorsichtig näherte ich mich einem davon und legte meine zitternden Hände auf den Sargdeckel. Ich wusste nicht was mich erwarten würde wenn ich den Deckel öffnen würde. Ich holte tief Luft und schob dann den Deckel langsam zurück. Der Staub der Jahrhunderte nahm mir die Sicht. Als er sich langsam verzogen hatten konnte ich ein Skelett im Inneren ausmachen, einen alten Holzstab in den Händen, der jedoch vom Verfall völlig verschont geblieben war. Am Kopfende des Stabes war ein Rubin eingelassen. Ein Magierstab. Auf der Innenseite des Deckels entdeckte ich eine Inschrift: Targon von Cyrot, Jäger des dritten Kreises. Möge er hier den ewigen Frieden finden.
Also hatte ich Recht, es war eine Grabstätte der C'ael Rohen. Sen Lar hatte mir einmal erzählt das die Jäger in verschiedene Kreise unterteilt waren, ähnlich einer Rangordnung. Je höher der Kreis von denn es soviel ich noch wusste sieben gab, desto mächtiger war der Jäger. Ich wandte mich von dem Grab ab und während Myra und Craven den Toten betrachteten öffnete ich den nächsten Sarg. Ein ehr klein gewachsenes Skelett mit einem Florett in den Händen. Cyelina Farinera, Jägerin des zweiten Kreises und dieselbe Widmung.
Ich hatte nicht alle Särge geöffnet, doch in jedem den ich untersuchte befand sich der Leichnam eines ehemaligen Jägers. Krieger, Magier, Diebe, Priester, sogar ein Skelett mit der Krone eines Königs fand ich. Hier wurden sie also beigesetzt. So fand ich meine Brüder und Schwestern, auch wenn sie alle schon seit Jahrhunderten tot waren. Welches Wissen sollte hier auf mich warten? Außer den Gebeinen meiner Ahnen war die Kammer leer. Doch führte ein Durchgang noch tiefer ins Innere.
"Das ist unglaublich Drake." Auch Myra schien die Faszination mittlerweile mitgerissen zu haben, ihre Augen leuchteten und sie schien ihre Furcht vergessen zu haben. "All diese Toten, sie waren alle C'ael Rohen."
"Ein wahrhaft mächtiger Clan, eine Schande dass er ausgestorben ist." seufzte Craven.
"Vielleicht wird sich das ändern." antwortete ich.
"Was meinst du damit?" fragte er mich. Ich sah ihn an, beschloss es aber dabei bewenden zu lassen. "Gar nichts. Kommt, wir müssen weiter."
Ich folgte dem Durchgang. Auf halben Weg blieb ich stehen. Ein Skelett lehnte an der Wand, in der Gewandung eines Torschapriesters, das Schwert noch immer in den skelettierten Fingern. Das musste der blutende Geweihte aus dem Tempel sein dessen Spur ich gefolgt war. Scheinbar hatte er es noch hierher geschafft und war dann verblutet. Es sah fast so aus als hätte er etwas bewachen wollen. Ich wollte dem Weg weiter folgen doch stellte ich fest dass der Weg hinter der nächsten Biegung abrupt endete. Verwirrt sah ich mich um. Ein Weg der in eine Sackgasse führte? Es musste doch hier noch irgendetwas geben. Das konnte doch nicht alles gewesen sein. Ich tastete die Wände ab. Kalter Stein.
Nein, das konnte nicht sein, es musste noch etwas geben.
Craven hatte sich vor seinen toten Ordensbruder niedergelassen und betrachtete das Skelett. "Als würde er Wacht halten."
"Wacht über was?" fragte Myra. Craven kniff die Augen zusammen und betrachtete die Wand hinter dem Toten. "Hier ist etwas!" rief er aus. Ich riss die Augen auf und rannte zu ihm. "Wo?"
"Hier, ein lockerer Stein." Craven streckte die Hand aus und machte sich an der Wand hinter dem Skelett zu schaffen. Plötzlich war ein Klacken zu vernehmen und ich konnte gerade noch beiseite springen bevor die Wand neben mir sich auftat und eine kleine versteckte Kammer frei gab. Ich sah den Hünen überrascht an. Er lächelte mich entschuldigend an. "Du hättest ihn bestimmt auch gefunden." schmunzelte er. Ich sparte mir die Antwort und betrat stattdessen die kleine Kammer.
Der Raum war vielleicht fünf Quadratmeter groß und seine Wände bestanden aus edlem Alabaster. Weitere Leuchtsteine erhellten ihn und in der Mitte stand ein einzelner großer Sarg. Erfurcht ergriff von mir Besitz als ich ihn dort stehen sah. Konnte er das sein? Ich hielt gespannt den Atem an. Es gab nur einen Weg das heraus zu finden. Mit weichen Knien näherte ich mich dem Sarg. Langsam und mit zitternden Fingern öffnete ich den Deckel. Im Inneren lag ein groß gewachsenes Skelett, es musste einem starken Kämpfer gehören. Ein mächtiges Schwert lag auf seiner Brust, der Sarg war voller Grabbeigaben in Form von heiligen Amuletten und anderen Talismanen, aber auch Silberpflöcken, Weihwasserphiolen und einigen Edelsteinen. Eine goldene Inschrift befand sich im inneren des Deckels:
Hier ruht Selfter Kane, Gründer der C'ael Rohen, Anführer des Ordens und Jäger im siebten Kreis. Wir werden dich nie vergessen. Deine Taten, dein Wissen und dein Stolz wird in unseren Herzen weiterleben.
Ich konnte es nicht fassen, vor mir lag der größte Vampirjäger der Geschichte. Auch wenn in der Welt dort draußen kaum jemand diesen Namen kannte, unter den Jägern war er Legende, manche glaubten sogar dass er nie existiert habe. Und nun stand ich vor ihm, der der sein Wissen geerbt hatte. Ich hatte meine beiden Begleiter völlig vergessen. Myra stand neben mir mit offenem Mund und starrte den Leichnam an während sich Craven hinter uns an der Wand zu schaffen machte.
"Craven was tust du da?" fragte ich ihn scharf.
"Ich glaube ich habe hier etwas entdeckt..." er hatte keine Zeit mehr den Satz zu vollenden. Ich weiß nicht was er ausgelöst hatte, doch offenbar handelte es sich um einen weiteren Geheimgang, den die Wand hinter Craven gab plötzlich nach und der Hüne verschwand von einem Augenblick zu nächsten in der Finsternis.
"CRAVEN!" rief ich und rannte zu ihm, doch die Wand hatte sich bereits geschlossen. Verzweifelt suchte ich nach dem Mechanismus, doch ich fand keinen.
"Was ist passiert?" Myra stand plötzlich hinter mir.
"Ich weiß es nicht, er war auf einmal verschwunden." Hilflos schlug ich die Arme über den Kopf. Myra sah sich die Wand an, doch auch sie konnte den Mechanismus nicht finden. Erst jetzt bemerkte ich dass sie eine Schriftrolle in der linken Faust hielt.
"Was ist dass?"
"Ich weiß nicht, es lag in seinem Sarg, eine der Grabbeigaben. Ich weiß, es ist ein Frevel es zu entwenden, aber ich glaube es ist wichtig. Und ich glaube es ist für uns bestimmt - für dich!" Sie gab mir das Schriftstück. Ich sah es einen Moment unsicher an. Für mich...wieder ein Wink des Schicksals? Ich überlegte ob ich es an Ort und Stelle öffnen sollte, entschied aber dass dies nicht der richtige Zeitpunkt war und verstaute es sicher in meinem Mantel. Wir mussten Craven finden.
"Ich denke wir..." Ich brach mitten im Satz, ab als mich eine Welle des Entsetzens übermannte. Etwas passierte!
Jetzt!
Eine Bedrohung, so stark wie ich sie seit einer Ewigkeit nicht mehr gespürt hatte ergriff mich, umklammerte mein Herz. Eiseskälte durchströmte mich, ich sah mich erschrocken um.
"Was ist los Drake?" schrie Myra schon fast hysterisch. Ich spürte eine Präsenz, stark, unglaublich stark. Etwas war unterwegs. Hierher unterwegs. Und es kam näher...
Ich packte Myra am Arm. "Wir müssen hier raus. SOFORT!" Dann rannten wir los.
6.
Craven rieb sich den schmerzenden Kopf. Er hatte keine Ahnung was genau geschehen war, nur das sich auf einmal die Wand gedreht hatte und es dann abwärts ging. Er schlug hart mit dem Kopf auf. Aber wo war er hier? Langsam erhob er sich, eine Welle von Kopfschmerzen malträtierte ihn. Langsam sah er sich um. Eine Höhle, roh und unbearbeitet. Er hörte das Rauschen eines nahen Flusses. Ein Tunnel führte durch die Finsternis. Ein Fluchttunnel?
Craven sah sich um. Es war der einzige Weg, und er musste hier raus und die anderen suchen. Das schlechte Gefühl war zurückgekehrt, ein Gefühl das nichts Gutes verhieß. Er musste die anderen finden, so schnell wie möglich. Wankend lief er los und folgte dem Tunnel. Unterwegs hielt er inne als er etwas am Boden fand. Es war ein Tierkadaver, nicht älter als drei Tage. Ein Kaninchen mit zerfetztem Hals, völlig ausgeblutet. Doch er konnte nirgends irgendwelche Blutspuren finden. Craven sah sich um. Da entdeckte er ein weiteres totes Kaninchen, und einen Rotluchs. Beide blutleer. Dazwischen fand er schon ältere Kadaver von denen schon fast nichts mehr übrig war. Und dazwischen sah er Knochen, Knochen von noch älteren Tierleichen. Der ganze Boden war voll davon. Craven überkam ein ungutes Gefühl.
Er fühlte sich auf einmal beobachtet, glaubte leise Atemgeräusche zu hören. Etwas lauerte in der Dunkelheit vor ihm. Etwas lebte hier unten - und es hatte Beute gewittert...
Ich rannte als wären alle Dämonen der Hölle hinter mir her. Mit Fortigan und Korosan in den Händen fühlte ich mich etwas sicherer, aber ich wusste das die Bedrohung sogar für sie zu groß sein würde. Myra schien es nun auch zu fühlen, ihr Schwert lag griffbereit in der Hand, ihre Augen spiegelten blankes Entsetzen wieder. Mir ging es nicht besser. Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit hatte ich wirklich Angst, furchtbare Angst. Angst um sie, Angst sie zu verlieren. Obwohl sie direkt hinter mir war glaubte ich zu spüren wie sie mir entglitt. Unsere Liebe drohte unterzugehen, unsere Gemeinschaft. Ich wusste nicht warum, aber ich wusste dass ich es nicht zulassen würde. Sie war mein ein und alles, ich würde sie mir nicht nehmen lassen. Wir rannten schneller, vorbei an der gigantischen Grabkammer, den langen schmalen Korridor entlang. Ich konnte den Ausgang sehen, gleich hätten wir es geschafft. Ich stürmte vor, rannte so schnell ich konnte. Craven hatte ich völlig vergessen, ich hatte nur Myra im Kopf. Ich musste sie hier wegbringen, sie war in Gefahr!
Endlich hatten wir den Ausgang erreicht, der Himmel hatte uns wieder. Die Sonne war bereits untergegangen und ein blutroter Vollmond zierte das Firmament über uns. Es war noch nicht vorbei. Im Gegenteil, es hatte jetzt erst begonnen.
"Drake, was geschieht hier?" schluchzte Myra. Tränen liefen ihr übers Gesicht. Hilflos sah ich mich um, ich bekam keinen Ton heraus.
"Drake, ich habe Angst."
In diesem Moment verschlang ein gewaltiger Schatten den Wald indem wir standen und tauchte die Welt um uns herum in Dunkelheit. Etwas Großes war am Himmel und im selben Augenblick traf mich die Erkenntnis wie ein Schlag. Ich spürte etwas vertrautes, etwas altes, etwas durch und durch verdorbenes. Ich wusste wer angekommen war.
ER war es!
ER hatte uns gefunden!
Craven stand der Schweiß auf der Stirn, er hielt Rutex krampfhaft in den Fäusten. Es hatte ihn gefunden, er konnte es atmen hören, er spürte wie es näher kam. Er war bereit!
"Ahhh, frisches Blut." hauchte eine tiefe krächzende Stimme hinter Craven. Der Krieger fuhr herum und vor ihm stand ein ... ein Ding. Er wusste nicht wie die Kreatur sonst hätte beschreiben sollen. Sie musste einmal ein Mensch gewesen sein, doch war sie schrecklich deformiert. Der ganze Leib war mit eiternden Wunden übersäht, Knochen standen in schrecklich verdrehter Art und Weise aus dem gräulichen widerlich glänzenden Fleisch. Die Hände und Füßen waren riesige Pranken an denen sich lange Krallen befanden. Das Gesicht war ein Klumpen gräulichen Fleisches mit zwei Augen die in einem kranken Grün zu leuchten schienen und einem klaffenden Maul in dem sich lange Spitze Zähne befanden. Das Ding war mindestens drei Meter groß und doppelt so breit wie er. Alte zerrissene Stofffetzen hingen am Leib der Kreatur und Craven erschrak als er in den Fetzen die Ordenstracht der Priester wieder erkannte. Nein, das konnte doch nicht wahr sein.
Das Ding begann zu lachen, ein Geräusch das so grotesk klang das Craven sich instinktiv die Ohren zu halten wollte. "Du siehst richtig Götzendiener, vor dir steht einer deinesgleichen." kicherte die Kreatur.
Craven war entsetzt. Er hatte den zehnten Priester gefunden. Er ließ Rutex sinken. "Bei Torscha, was ist geschehen?"
"Torscha? Torscha ist fern, sie hat besseres zu tun als sich um das Schicksal der Sterblichen zu kümmern. Sie wird dir hier nicht beistehen. Mir hat sie auch nicht beigestanden, in jener Nacht vor über zweihundert Jahren als die Untoten uns überfallen und versucht haben mich zu einem der ihren zumachen. Und nun sieh was aus mir geworden ist."
"Was..."
"Ja, ganz recht. Seit zweihundert Jahren vegetiere ich nun hier unten und ernähre mich von Ratten und anderem Viehzeug. Sieh mich an, ich bin ein Monster, nicht einmal die Vampire wollten mich. Sie haben mich ausgestoßen, ebenso wie die Menschen. Darum lebe ich hier unten...im Dunkeln..." Die Kreatur kicherte irre, in ihren Augen lag der blanke Wahn.
"Aber du warst einer von uns. Komm mit mir, dein Platz ist bei mir und den anderen Dienern der Göttin." Die Kreatur brüllte auf und riss die Arme noch oben. Craven riss reflexartig seine Axt nach oben um den drohenden Wutausbruch der Kreatur abzuwehren.
"NEIN!!" brüllte das Ding durch die Grotte. "NIEMALS! Sie hat mich im Stich gelassen, mir in meiner dunkelsten Stunde nicht beigestanden. Dafür werde ich mich rächen. Jeder ihrer Diener soll des Todes sein, und mit dir werde ich anfangen!"
"Hör mir zu, es ist noch nicht zu spät. Ich kann dir helfen..."
"NIEMAND KANN MIR HELFEN! STIRB!" Mit diesen Worten rannte die Kreatur auf Craven zu. Er hatte keine Wahl. Wenn er leben wollte musste er gegen diese Höllenkreatur bestehen.
Die Erde bebte als die gewaltige Kreatur vor uns landete. Entsetzt riss ich Fortigan und Korosan in die Höhe, bereit unser Leben so teuer wie möglich zu verkaufen. Vor uns thronte ein gewaltiger Drache, zumindest war es einmal einer. Dort wo einst blaue Schuppen seinen Leib schmückten lagen nun blanke Knochen, nur stellenweise waren die Schuppen noch vorhanden, so als hätte man ganze Fleischbrocken aus seinem Leib herausgerissen. Vermodertes schwarzes Fleisch hing teilweise noch an den Knochen der Kreatur. Sein ganzer Körper wirkte als würde er gerade verwesen, als wäre dieses Wesen schon seit Jahren tot.
Ein tiefes Grollen drang aus der Kehle dieses Monstrums und es drehte den Kopf in unsere Richtung. Der Kopf des Drachen ähnelte einem gigantischen schwarzem Totenschädel, indem nur noch die Augen an ein lebendes Wesen erinnerten... seine Augen. Ich kannte diese Augen. Ich vergaß nie die Augen eines Wesens. Die Augen gaben uns Aufschluss über jede Lebensform, sie waren ein Spiegel ihrer Seele und alle Augen waren einzigartig, auch die von Drachen.
Und ich hatte diese Augen schon einmal gesehen, es war derselbe blaue Drache der mich und Myra vor 10 Jahren zu den beiden Vampiren geführt hatte. Vor mir standen die Überreste von Valotica!
Ich hatte meinen Schrecken kaum überwunden als ich auf seinem Rücken drei Gestalten ausmachen konnte. Das war unmöglich, aber es waren eben jene Zwillingsvampire auf seinem Rücken zu denen uns der Drache geführt hatte. Barlow und sein Bruder Straker saßen auf Valotica und sahen mich abschätzig und siegessicher an. Und dann war da noch eine Gestalt die sich im Hintergrund hielt, kaum zu erkennen, doch das war auch nicht nötig. Von ihr ging eine solch starke Präsenz aus, dass sie mir innerliche Schmerzen zufügte. Das Wesen aus meinen Träumen war zurückgekehrt. 60 Jahre konnte ich ihm erfolgreich entfliehen, aber ich wusste dass ich vor diesem Moment nicht ewig davonlaufen konnte. Das war es also, was ich die ganze Zeit gespürt hatte. Das war der drohende Schatten vor dem ich zu fliehen versuchte.
Auf dem Rücken des Drachen saß mein Schöpfer, mein Schmerz, mein Leid und mein Schicksal. Asteroth war zurückgekehrt.
In blinder Wut doch mit einer unmenschlichen Kraft attackierte der untote Priester Craven. Nur mit Mühe schaffte es der Krieger die Angriffe mit Rutex zu parieren. Immer wieder schlugen die riesigen Krallen auf die Axt und hätten sie Craven beinahe aus den Fäusten gerissen. Entschlossen trat Craven einen Schritt nach vorne, er war noch vor keinem Kampf geflohen. Und doch zögerte er. Sein Gegner war einst einer seiner Brüder gewesen. Er konnte doch keinen Diener Torschas töten, auch wenn er nun dem Bösen diente. Doch Zweifel waren der Tod des Kämpfers, er durfte sich nicht von ihnen beherrschen lassen. Mit einem wütenden Kopfschütteln verbannte er die Zweifel aus einem Kopf. Er musste leben, zu viel musste noch getan werden. Es gab keinen anderen Weg. Mit einem Aufschrei riss er Rutex in die Höhe und hieb nach der Kreatur. Obwohl die Waffe schwer und unhandlich war beherrschte Craven ihren Umgang mit verblüffender Schnelligkeit. Zu schnell für die Monstrosität die dem Schlag nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte. Das Axtblatt grub sich in das linke Schlüsselbein, Knochen brachen. Mit einem Schmerzensschrei drehte sich die Kreatur um die eigene Achse und schlug mit den Pranken aus. Craven spürte nur noch wie er durch die Luft flog und so hart aufschlug das es ihm die Luft aus den Lungen presste. Er keuchte, schluckte Staub. Rutex war ihm entglitten und lag neben ihm. Der Untote kam näher, bereit für den Todesstoß. Craven biss die Zähne zusammen und ignorierte die Schmerzen. Mit einem Satz war er auf den Beinen, hatte seine Axt gepackt und schlug nach der Kreatur. Diesmal hatte sie ihn jedoch nicht unterschätzt. Eine Pranke schoss vor und fing die Axt einfach im Schwung ab. Das Wesen packte die Axt fester und zog Craven zu sich bis sie sich Auge in Auge gegenüber standen.
"Wo ist nun deine Göttin Mensch?" knurrte das Monster. Craven hielt dem Blick stand. "Tief in meinem Herzen. Sie gibt mir die Kraft über dich zu triumphieren!" Bevor das Wesen noch etwas erwidern konnte schoss Cravens Kopf nach vorne und rammte den der Kreatur. Überrascht und wütend schlug der Untote um sich, doch Craven wich den blinden Attacken mit Leichtigkeit aus. Er packte seine Axt die der Untote vor Überraschung fallen gelassen hatte und rammte sie der Kreatur in den Magen. Grünlicher Schleim quoll aus der Wunde über Cravens Axt und sein Hände. Craven zog die Axt aus dem Bauch des Monsters und schlug erneut zu, rammte das Axtblatt in die Brust des Monsters. Die Kreatur kreischte. Der Untote wusste dass er besiegt war.
"Ich erlöse dich von deinen Schmerzen. Ich hoffe das Torscha dir deine Sünden vergibt!" Mit diesen Worten holte er aus und schlug der Höllenkreatur die einst einer seiner Brüder gewesen war den Kopf vom Rumpf. Das Geschöpf der Finsternis sackte zusammen, grüner Schleim aus dem Halsstumpf ergoss sich auf den Felsboden.
Erschöpft sank Craven zu Boden und schloss die Augen. Es war vorbei. Er betrachtete den toten Körper mit Trauer. Es hätte nicht so enden müssen. Er strich über die Reste der Priesterrobe die noch an der Kreatur hingen und flüsterte: "Ich hoffe du bist jetzt bei deinen Brüdern." Dann schloss er fast schon zärtlich dem Monstrum die Augen und seufzte tief.
Sein Blick glitt wieder zu dem Tunnel. Es blieb keine Zeit, er musste die anderen finden.
Wie in einem Traum beobachtete ich wie die drei Gestalten vom Rücken des Drachens stiegen und Posten bezogen. Straker rechts, Barlow links. Asteroth thronte in der Mitte, sein Gesicht strahlte, er sah mehr den je wie der geborene Herrscher aus.
"Es ist lange her dass wir uns das letzte Mal gesehen haben mein Sohn. Du siehst gut aus. Erfahrener, Stärker."
Unsere Blicke begegneten sich. Ich versuchte ihnen standzuhalten und stellte fest dass ich es konnte. Doch ihn nun wieder zusehen lähmte meine Gedanken. Viele Jahrzehnte waren ins Land gezogen seit ich ihm das letzte Mal von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand und doch hatte er sich nicht verändert. Seine alterlosen Züge wirkten vertraut. Ich konnte das Blut in seinen Adern spüren, dasselbe Blut das auch durch mich strömte. Als ich ihm vor all den Jahren auf dem Drake-Stone-Mountain gegenüberstand war ich nur ein Schüler. Erst wenige Monate waren vergangen seit ich das dunkle Erbe trug und ich kannte meine Fähigkeiten noch nicht. Als ich Tarim o Kiel Jahre später erneut gegenüber trat war ich bereits ein erfahrener Jäger. Schon viele Vampire hatten ihr Ende durch mich erfahren und mein Name hatte sich in die Köpfe der Untoten eingebrannt. Doch auch dies lag nun in grauer Vorzeit. Nun war ich mehr als nur ein Jäger, mehr als nur ein Halbvampir. Meine Hände führten Waffen die nicht von dieser Welt waren, mein Geist hatte vieles erlebt an dem er gewachsen war und viele Gefahren und Prüfungen hatten meinen Körper gestählt. Ich war kein Schüler mehr, ich war auch kein einfacher Jäger mehr, ich war nun selbst Anführer eines Clans. Wenn auch klein so bildeten wir eine Gemeinschaft mit demselben Ziel. Und ob es mir passte oder nicht, ich war ihr Anführer, Mentor und Vorbild. Und ich trug die Verantwortung für sie.
Doch als ich nun Asteroth vor mir sah, fühlte ich mich wieder wie der junge Schüler Sen Lars. Ich war dieser Macht nicht gewachsen und doch musste ich mich ihr stellen. Ich hatte einen Eid geschworen und ich würde nichts unversucht lassen ihn zu erfüllen. Das war ich meinem Meister und dem Clan schuldig. In meinem Herzen jedoch, das Myra mit ihrer Liebe so sanft erwärmt und wieder zum Schlagen gebracht hatte, breitete sich die alte höllische Kälte aus die einst mein Sein beherrschte. Ich spürte eine Präsenz in mir, die lange geschlafen hatte und von der ich gehofft hatte, sie nie wieder zu fühlen. Mein Blut geriet in Wallung und eine mir leider nur zu vertraute Gier versuchte von mir Besitz zu ergreifen. Asteroth hatte das Tier in mir geweckt, meine dunkle Seite war erwacht.
Myra drückte Drakes Hand so fest dass es schmerzte als die drei Gestalten auf sie zukamen. Angst schnürte ihre Kehle zu als sie die beiden Zwillingsvampire betrachtete. Sie hatten sich nicht verändert. Nie würde sie Strakers grinsende Fratze vergessen, wie er sie in den Lavaschacht schubsen wollte.
Doch dann wanderte ihr Blick zu dem Wesen in ihrer Mitte und sie erstarrte augenblicklich. Sie hatte Asteroth noch nie gesehen, noch keinen der erzenen Oberhäupter der Vampire, doch Drake hatte ihr sehr viel von ihnen erzählt. Vor allem von Asteroth. Drake behauptete dass er der mächtigste von allen war und Myra zweifelte daran keine Sekunde. Seine Erscheinung war atemberaubend. Sie hatte in ihrem ganzen Leben nichts Vergleichbares gesehen. Vor ihr stand ein perfektes Wesen, jemand der geschaffen wurde um zu herrschen. Nun, da sie mit eigenen Augen ihren Feind sah, fragte sie sich wie sie sich jemals anmaßen konnten gegen ihn zu Felde zu ziehen. Konnte man solch ein Geschöpf überhaupt vernichten? Doch dass war nicht die eigentliche Frage die sich Myra stellte. Ein anderer Gedanke kam ihr und sie erschrak vor ihren eigenen Gedanken. Durfte man solch ein vollkommenes Wesen überhaupt bekämpfen? War das nicht Blasphemie? Sollte sie sich ihm nicht einfach hingeben? Ihm dienen und verehren wie es einem Wesen wie ihm gebührte?
Schockiert über ihre Gedanken schloss Myra die Augen und klammerte sich noch fester an Drake der wie stumm Asteroth anstarrte. Doch sie konnte sich ihm nicht entziehen. Immer wieder schweiften ihre Blicke zu ihm. Er war so wunderschön, ihr Götter so schön dass es wehtat. Sie liebte Drake von ganzem Herzen, aber Asteroth hatte ihr Denken hinfort gefegt wie ein Sturm die Blätter von den Bäumen. Sie musste nun stark sein. Er hatte sie bezaubert, vermutlich ohne dies überhaupt zu wollen. Es war sein ganzes Wesen das Menschen jeden Alters, Geschlechts oder Standes zu willigen Sklaven machte. Könige und Fürsten folgten ihm wie treue Hunde und selbst die mächtige Jägerin erlag seinem Zauber.
7.
"Ich bin nicht dein Sohn!" donnerte meine Stimme als ich endlich den Mut gefunden hatte mich meinem Nemesis zu stellen. Meine Stimme war fest und entschlossen, mein Blick kalt und emotionslos, doch in meinem Inneren wütete ein Sturm aus unendlichem Hass, Vergeltungsdrang und panischer Furcht. Furcht um mich und meine Queste, aber noch viel mehr um Myra, die sich zitternd an meinen Arm klammerte und deren leere Blicke starr auf den Erzvampir gerichtet waren. Sie schien nicht länger Herrin ihrer selbst zu sein und dass ängstigte mich mehr als die Vorstellung ihres Todes. Asteroth konnte ihr weitaus schlimmeres antun. Aber nicht solange ich noch Kraft hatte!
"Wie du willst Jäger. Verleugne weiterhin die Wahrheit wenn es deiner kümmerlichen Seele Frieden bringt. Es ist traurig dich so zu sehen. Da stehst du vor mir, stärker als je zuvor, mit meinem Blut zu einem der mächtigsten Geschöpfe der Welt geworden und dennoch klammerst du dich an die Menschlichkeit die du vor langer Zeit verloren hast. Du bist dazu auserkoren zu den stärksten Geschöpfen des Planeten zu gehören und du versuchst verzweifelt wieder Mensch zu sein. Statt Herrscher zu sein wählst du das Los des Beherrschten. Du enttäuscht mich Norin!"
"Dieser Name hat keine Bedeutung mehr. Sen Lars Schüler starb vor langer Zeit in der Schlacht. Er starb durch deine Hand, Asteroth. Als du Sen Lars getötet hast, starb auch der Lehrling und der Jäger wurde geboren dessen einziges Ziel es ist dich und deinesgleichen zur Strecke zu bringen. Das schwor ich bei meinem Blut am Grabe meines Mentors. Und ich halte meine Schwüre."
Asteroth begann zu lachen. "Blutschwüre? Ich liebe diese menschlichen Floskeln. Sie haben so etwas romantisches, findest du nicht auch? Ich schwöre bei meinem Leben euch ewig zu dienen und Rache für euren Tod zu nehmen und dergleichen. Nicht wahr?"
"Wage es nicht so über Sen Lar zu sprechen..."
"Oh verzeih mir, habe ich deine Gefühle verletzt? Und da heißt es immer der mächtige Jäger hat gar keine Gefühle und wäre so emotionslos wie der Tod den er bringt. Aber du warst in dieser Hinsicht schon immer schwach."
"Ich werde dir zeigen wie schwach ich bin." flüsterte ich und zog blank. Der schwarze Stahl glänzte im Schein des roten Mondes und ich konnte das Glitzern in Asteroths Augen sehen. Zum ersten Mal schien etwas wirklich sein Interesse geweckt zu haben.
"Das sind sie also, die legendären Dämonenklingen. Zu gern wüsste ich woher du sie hast, aber das wirst du mir sowieso nicht verraten, oder?"
Ich gab ihm keine Antwort sondern starrte ihn nur weiter an. Die Zwillinge brüllten in meinen Gedanken als sie das mächtige Blut der Vampire witterten. Sie wollten jagen, sie wollten töten, der Stahl lechzte nach Blut.
"Du wirst mich nicht angreifen Drake. Du weist das du verlieren würdest. Selbst deine Waffen würden dir nichts helfen. Aber ich habe nicht vor dich anzugreifen. Ich möchte dich an meiner Seite wissen. Du bist mein Fleisch und Blut und dass weißt du. Du hast die Kraft diese Welt zu beherrschen. Gemeinsam werden wir die Gilde von dieser Welt fegen und herrschen. Es ist dein Schicksal mir zu folgen." Asteroths Worte waren voller Inbrunst und Eifer gesprochen, er schien es ernst zu meinen. Einen schrecklichen Augenblick dachte ich tatsächlich darüber nach, bis ich mich wieder unter Kontrolle hatte.
"NIEMALS! Niemals werde ich dein Knecht sein und niemals wirst du diese Welt beherrschen. Noch ist es nicht vorbei."
Asteroth schüttelte traurig aber nicht überrascht den Kopf. "Was du doch für ein Narr bist. Ich töte nur ungern jemanden indem solch ein Potential steckt. Aber vielleicht ist dass auch gar nicht nötig. Weder dein Tod noch deine Treue sind für mich länger von Bedeutung. Ich habe etwas gefunden dass dich mühelos auf dem Thorn zu meiner rechten ersetzen wird." Seine gierigen Blicke glitten zu Myra die starr neben mir stand und Asteroth immer noch wie in Trance anstarrte. "Und wie schön sie zudem noch ist. Eine geborene Königin."
"NEIN!!!" In diesem Moment verlor sich all meine hart aufgebaute Beherrschung in diesem einzigen gequälten Aufschrei des Entsetzens.
Nicht sie!
Nicht Myra!
Niemals!
Von verzweifelter Wut getrieben stürmte ich mit erhobenen Schwertern auf Asteroth zu, doch weder er noch einer der Zwillinge bewegte sich. Meine Umgebung verlor sich in grauen Schleiern, ich nahm nur noch Asteroth wahr, der unverändert vor mir thronte und eine lässige Handbewegung ausführte. Ich vernahm ein donnerndes Grollen und dann war er über mir, ein gewaltiger halb geschuppter, halb skelettierter Leib ragte über mir auf und ich wurde mit erbarmungsloser Kraft zu Boden geworfen. Fortigan und Korosan entglitten mir und ich schlug mit dem Rücken hart auf dem Boden auf. Der Vollmond wurde von Valoticas gewaltigem verwesendem Schädel verdeckt als er sich über mich beugte. Eine seiner riesigen gewaltigen Pranken schnellte nach vorne und drückte mich gnadenlos in den harten Waldboden. Er tötete mich nicht, er hielt mich nur am Boden fest, während seine toten Augen mich voller Wahn anstarrten.
"Warum?" fragte ich ihn verzweifelt. Valotica gab ein wildes Knurren von sich und erhöhte den Druck. Bald würden meine Knochen brechen.
"Warum hast du das getan? Warum unterwirfst du dich ihm? Warum hast du dich in ein Monster verwandeln lassen? Ich dachte ihr Drachen seit eine edle Rasse? Es ist unter deiner Würde solch ein verwerfliches Bündnis einzugehen."
"Schweig Wurm!" grollte eine tiefe dröhnende Stimme in meinen Schädel. Er schien unter dem Druck zu bersten den die Stimme des Drachen hervorrief, doch die körperlichen Schmerzen waren nichts gegen die Pein die sich in meinem Herzen ausbreitete. Ich konnte nichts tun, Myra war ihnen schutzlos ausgeliefert. Ich spürte das Dunkle in meiner Seele, der Vampir war in mir erwacht. Doch selbst diese animalischen Kräfte würden gegen Valotica nichts ausrichten. Zum ersten Mal seit der Schlacht auf dem Drake-Stone-Mountain kam ich mir völlig hilflos vor. Und wieder war Asteroth der Grund dafür. Meine verzweifelten Blicke glitten zu Myra. Ihr leerer Blick war zu etwas noch schlimmeren geworden. Ich konnte Bewunderung, Hingabe und Freude in ihnen lesen, während sie Asteroth anstarrte. Er hatte sie bezaubert. Nein, das durfte nicht sein.
"Nein Myra. Bitte...tu es nicht." keuchte ich verzweifelt, doch ich hatte die Hoffnung bereits verloren. Nun wusste ich welch Schatten über unserer Gemeinschaft thronte, und ich wusste was geschehen würde.
Asteroth breitete lächelnd seine Arme aus. "Komm zu mir, meine Liebe."
Und Myra setzte sich in Bewegung.
Craven rannte durch den dunklen Tunnel, vorbei an weiteren verwesenden Kadavern und den Gebeinen der armen Geschöpfe die der unheiligen Bestie zum Opfer gefallen waren, die Craven gerade erschlagen hatte. Er konnte immer noch nicht fassen seine Axt gegen einen seiner Brüder erhoben zu haben. Er fühlte sich beschmutz, verdorben. Egal was aus dem Ordensbruder geworden war, er war dennoch einer der Seinen.
Doch fühlte Craven nun eine andere Furcht in seinem Herzen. Drake und Myra waren in Gefahr. Er konnte es spüren. Etwas Großes und Mächtiges war über sie gekommen. Etwas durch und durch böses. Er musste zu ihnen. Craven rannte schneller, der Tunnel wollte kein Ende nehmen. Seine Lungen brannten und er war erschöpft von dem Kampf. Er musste durchhalten! Endlich konnte er schwaches Mondlicht in der Ferne sehen. Er hatte es fast geschafft. Doch noch während er auf den Ausgang zu rannte, überkam ihn eine schreckliche Gewissheit. Tiefe Verzweiflung und Traurigkeit erfasste sein Inneres, so stark das es fast körperlich schmerzte. Craven wusste in diesem Moment, egal wie sehr er sich beeilen würde, er würde zu spät kommen!
Myra stellte entsetzt fest dass sich ihre Füße wie von selbst bewegten. Sie wollte schreien, sich wehren, doch sie schritt weiter auf den Erzvampir zu. Drake schien etwas zu ihr zu sagen, doch sie konnte ihn nicht hören, alles um sie herum schien an Bedeutung und Substanz zu verlieren, sie befand sich in einem Traum. Ein Alptraum aus dem sie nicht erwachen konnte.
Sie durfte ihn nicht ansehen. Nicht in seine Augen sehen. Nur ein Blick und sie würde sich für immer in ihnen verlieren. Doch es war bereits zu spät. Asteroth hatte von ihr Besitz ergriffen.
Am Rande ihres Blickfeldes konnte sie Straker sehen der sie voller Hass anstarrte.
"Bitte Meister, lasst sie mich töten. Dieses Miststück hat mich gedemütigt, ich fordere Wiedergutmachung."
"Schweig! Es war dein eigenes törichtes Verhalten dass dich in diese Lage gebracht hatte. Was geschah war nur recht und billig." Asteroth betrachtete ihn abschätzig und winkte ihn fort. "Verschwinde. Such seine beiden Schwerter. Ich will sie haben. Sofort!" Straker zuckte zusammen als wäre er geschlagen worden und ging von dannen um nach den schwarzen Zwillingen zu suchen. Doch das bekam Myra schon nicht mehr mit. Sie spürte nur noch wie sie grob von Barlow gepackt wurde.
"Das wird nicht nötig sein." sagte Asteroth ruhig und siegessicher. "Sie wird sich nicht wehren." Barlow lockerte den Griff, doch Myra konnte sich dennoch nicht bewegen. Ihre Augen weiteten sich als Asteroth näher kam und seine Arme um sie breitete. Er entblößte seine langen Eckzähne und seine dämonischen Augen schienen Feuer zu sprühen.
"Meine Braut." flüsterte Asteroth und beugte sich über sie. Ein letztes Mal in ihrem Leben sammelte Myra alle Kräfte die sie noch hatte und schaffte es ein letztes Wort zu flüstern: "Drake..."
Dann hörte Myra auf zu existieren.
Hilflos, dazu verdammt nicht einschreiten zu können, musste ich mit ansehen wie Asteroth seine Arme um meine Geliebte Myra ausbreitete und sich zu ihr hinab beugte. Der Anblick schien mich schier entzwei zu reißen. Meine Verzweiflung brach sich Bahn und mein ganzer Körper bäumte sich ein letztes Mal mit unmenschlicher Kraft auf. Für einen Moment schaffte ich es tatsächlich Valoticas Tatze ein Stück zu heben. Der Drache sah mich überrascht und wütend zugleich an und drückte mich so hart auf den Boden dass ich meine Knochen brechen hören konnte. Asteroth entblößte seine spitzen Zähne und näherte sich ihrem Hals.
"NEIN! MYRA! ICH LIEBE DICH! MYRA!" schrie ich in meiner endlosen Pein, doch ich konnte das unausweichliche nicht verhindern. Asteroth verbiss sich in Myras Hals die im selben Moment in seinen Armen zusammen sackte. Das war das letzte was ich noch wahrnahm bevor mir der Schmerz und die Qual mein Bewusstsein nahmen.
Asteroth blickte grinsend auf den erschlafften Leib der sich in seinen Armen befand. "Nun bist du mein." flüsterte er zärtlich und gab sie Barlow. Dann wandte er sich an Valotica, der immer noch über dem regungslosen Körper des Jägers thronte.
"Lass ab von ihm. Ihn jetzt zu töten wäre zu gnädig. Er soll leiden dafür dass er es wagte sich gegen mich aufzulehnen. Ich glaube kaum dass er jetzt noch eine nennenswerte Gefahr darstellt, sein Wille ist gebrochen." Die Blicke des Erzvampirs glitten nach Osten, wo bereits die Morgenröte zu sehen war. "Diese Nacht ist wahrlich schnell vergangen." Er grinste Barlow an, der den schlaffen Körper von Myra zu Valotica trug. "Wie schnell doch die Zeit verrinnt wenn man sich amüsiert."
Dann wandte sich er sich an Straker. "Wir müssen aufbrechen, die Sonne geht bald auf. Hast du sie gefunden."
Straker jedoch kam mit leeren Händen zurück. "Verzeiht Gebieter, aber sie sind nicht da."
"Was soll das heißen sie sind nicht da? Bist du denn zu überhaupt nichts zu gebrauchen. Ich sollte..."
"Bitte, Herr. Seht selbst, sie sind verschwunden." Strakers Stimme überschlug sich beinahe. Asteroth schubste in grob zur Seite und sah dorthin wo die Schwerter gefallen waren. Doch der Erdboden war leer. "Wie kann das sein?" entfuhr es Asteroth wütend.
"Gebieter", drängte Barlow, "wir müssen los. Sonst überrascht uns die Sonne während des Fluges. Asteroth schnaubte wütend. "Schön, wir werden gehen. Diese Klingen werden ihm ohnehin nichts mehr nützen. Ich habe ihm etwas viel wertvolleres entrissen."
Bei diesem Gedanken verbesserte sich gleich wieder seine Stimmung und den ganzen Flug auf Valotica lachte Asteroth.
Craven rannte. Er wusste er würde zu spät kommen, aber er rannte trotzdem. Er hatte den Fluchttunnel verlassen und sich in jenem Wäldchen wieder gefunden dass sie durchstreift hatten, bevor sie die Grotte fanden. Er konnte die Morgenröte im Osten sehen, die Sonne würde bald aufgehen. Wo waren sie nur? Craven rannte weiter. Ein Stück weiter vorne glaubte er eine Lichtung auszumachen und rannte auf sie zu. Was er dort fand, war schlimmer als befürchtete. Er konnte Drakes leblosen Körper in der Mitte der Lichtung liegen sehen, er war grässlich zugerichtet. Von Myra fehlte jede Spur. Schlimmer noch, Craven konnte sie nicht mehr fühlen. Auf eine intuitive Art und weise konnte jeder den anderen spüren, ein Gefühl das mehr war als nur Freundschaft. Sie waren eine Familie. Und Craven fühlte das Myra aus ihrer Mitte herausgerissen worden war.
Er beugte sich über Drake. Craven wusste nicht ob er sich erholen würde, verdammt er war ja schon tot, wie sollte er da nach Lebenszeichen suchen? Aber er glaubte nicht daran das Drake endgültig tot war. Etwas regte sich noch in ihm. Craven sah zu Bergen. Er musste ihn aus der Sonne schaffen, sofort. Vorsichtig hob er den Jäger hoch, als er etwas im aufgehenden Licht der Sonne glitzern sah. Dort lagen Drakes Schwerter. Seltsam, Craven hätte schwören können dass sie gerade noch nicht dort gelegen hatten, so als wären sie gerade erst dort aufgetaucht. Craven schüttelte den Kopf, zuerst musste er Drake in Sicherheit bringen, dann konnte r sie immer noch holen.
Und während Craven durch den Wald schritt und den leblosen Drake du Kane in seinen Armen hielt wusste er dass nichts jemals mehr so sein würde wie bisher.