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Kapitel 12

Erlösung

1.

Ich erwachte in einer Welle aus Schmerzen die meinen ganzen Körper malträtierten. Doch weit schmerzhafter als dieses körperliche Martyrium waren die Erinnerungen an Myras kalte Augen als sie mir den finalen Stoß versetzen wollte. Sie war zu einer Bestie geworden, nichts zeugte mehr von der einstigen Güte die einmal von ihr ausging. Ich glaubte noch nie an Gerechtigkeit, doch diese Qual war einfach zuviel für mich. Ich drohte endgültig zusammenzubrechen. Sollte sich dieses verfluchte Orakel jemand anderen für seine Zwecke suchen. Sollte das verhasste Schicksal das mich mein Leben lang nur gedemütigt und gequält hatte einen anderen Narren wählen mit dem es spielen konnte. Das Schicksal der Welt kümmerte mich nicht länger.

Doch etwas tief in mir regte sich noch. Mein Feuer mochte fast erloschen sein, doch noch glomm irgendwo in mir verborgen die Glut, bereit ein letztes Mal entfacht zu werden. Ich durfte es so nicht enden lassen. Ich musste Myra rächen für das was ihr angetan wurde und sei es das ich dieses Ding das sie nun befehligte vernichten würde um ihre Seele zu erlösen. Und ich musste Craven vor dem selbem Schicksal bewahren. Und schließlich gab es immer noch meinen Schwur der mich die Jahrzehnte überdauern ließ. Viele Male war ich kurz davor ihn zu brechen und doch hatte er mich all die Zeit über begleitet und mir die Kraft gegeben weiterzumachen, egal was auch geschehen war.

Ich öffnete die Augen und sah mich um. Ich fand mich in einer dreckigen dunklen Zelle wieder. Mein geschundener Körper lag auf einer hölzernen Pritsche. Ansonsten war die Zelle leer. Rostige Gitterstäbe gaben den Blick auf einen alten feuchten Tunnel frei. Einige brennende Fackeln beleuchteten eine steinerne Treppe die nach oben führte. Ich konnte leise das tropfen von Wasser hören. Ich musste mich in einem Verlies tief unter der Erde befinden. Schmerzlich stellte ich fest dass die schwarzen Zwillinge fort waren, doch ich hatte nichts anderes erwartet. Ich wusste nicht wie lange ich bewusstlos war, doch das nagende Gefühl in meinen Eingeweiden sagte mir das es zu lange war. Ich betrachtete meinen Körper. Die Wunde sollten längst verheilt sein, doch der Schmerz durch den Verlust der Klingen lähmte mich und verlangsamte den Prozess der Heilung. Ächzend rollte ich mich von der Pritsche und kam langsam auf die Beine. Wieder durchfuhren mich Schmerzen und mit einem erstickten Aufschrei brach ich in die Knie. Meinen einst so starken Körper in dieser hilflosen Lage zu sehen erfüllte mich mit Wut. Sie mochten meinen Körper brechen, doch noch hatte ich meinen Willen. Zitternd kam ich auf die Beine und schaffte es diesmal stehen zu bleiben, als ich hörte wie sich über mir eine Tür öffnete. Jemand kam die Treppe herab, ich hörte schwere herrische Schritte. Es gelang mir nicht meine Überraschung zu verbergen als ich Tarim o Kiel erblickte der die Treppe hinab schritt und einen rostigen Eimer in der rechten Hand trug. Also hatte ich mir das doch nicht eingebildet. Aber wie konnte das sein, was hatte Myra mit diesem verfluchten Parasiten zu schaffen?

Tarim o Kiel blieb vor den Gitterstäben stehen und stellte den Eimer auf dem Boden ab. Er war keine zwei Meter von mir entfernt. Zufrieden verschränkte er die Arme vor der Brust und betrachtete mich durch die Gitterstäbe. "Meine Anwesenheit scheint dich zu überraschen Jäger."

"Ich hatte beinahe vergessen wie sehr euere Anwesenheit die Luft verpestet." erwiderte ich.

"Deine freche Reden werden dir noch vergehen Kane. Zum zweiten Mal befindest du dich in meiner Gewalt."

"Und erneut werde ich euere Überheblichkeit Lügen strafen wenn ich euch entkomme."

Der Erzvampir begann zu lachen. "Oh nein, dieses mal nicht. Ich werde kein zweites Mal den Fehler begehen dich zu unterschätzen. Es ist mir ein Rätsel wie du damals überleben konntest, doch das spielt nun keine Rolle mehr. Nun gehörst du mir. Und ebenso deine Dämonenschwerter die Asteroth sosehr begehrte."

"Sie werden dir nichts nützen. Sie existieren einzig und allein um Vampire zu vernichten."

"Möglich. In diesem Fall werden sie mir als Trophäe dienen. Als Zeichen für den Untergang von Drake du Kane, dem letzten der C´ael Rohen."

Ich schritt langsam auf den Erzvampir zu und ballte wütend meine Fäuste um die Gitterstäbe. "Diesen Tag werdet ihr nicht mehr erleben." flüsterte ich ihm ins Gesicht.

"Deine Zeit ist abgelaufen Jäger. Dein Tod wird die Rettung der Gilde sein. Mit deiner Vernichtung werde ich der Welt zeigen dass ich ihr Herrscher bin. Du wirst brennen Kane und ein Leuchtfeuer für alle Vampire sein, dass ihnen zeigt wer am Ende über diese Welt herrschen wird. Asteroth wird vergehen wie der Schnee im ersten Sonnenlicht des Frühlings. Und das habe ich alles dir zu verdanken. Ich hoffe dieses Wissen wird dich in deinem Grab trösten."

"Ihr seit dem Wahn verfallen O Kiel. Euere Macht ist schon lange versiegt."

"Deine alte Gefährtin scheint das anders zu sehen."

"WAS HAT SIE MIT EUCH ZU SCHAFFEN? WAS HABT IHR GETAN?" brüllte ich ihn an und zerrte mit aller Kraft an den Gitterstäben. Ich spürte wie mich dass letzte bisschen Kraft verließ und meine Beine nachgaben. Hilflos sank ich an den Gitterstäben zu Boden. O Kiel sah voller Hohn und Verachtung auf mich herab. "Sie kam aus freien Stücken zu mir. Die Geschichte wird von den Siegern geschrieben und dass wusste sie."

"Ihr lügt." keuchte ich und spürte wie mir erneut die Sinne schwanden.

"Du kannst dich der Wahrheit nicht verschließen Kane. Früher oder später hat sie dich. Dein Schwur war sinnlos. Die Vampire sind die rechtmäßigen Herrscher über diese Welt. Sen Lar wusste das. Er hat dich belogen."

"Niemals." Meine Stimme war kaum noch ein Flüstern.

"Du wirst die Wahrheit erkennen. Doch dann wird es zu spät sein." Mit diesen Worten entfernte sich der Erzvampir von meiner Zelle. Ich hörte seine Schritte auf der Treppe, dann sank ich erneut in die Bewusstlosigkeit.

Als ich wieder zu mir kam lag ich noch immer auf dem stinkenden modrigen Boden meiner Zelle. Der rostige Eimer den O Kiel bei sich hatte stand vor den Gitterstäben auf dem Boden. Erst jetzt bemerkte ich den Geruch der von ihm ausging und mich überkam meine uralte Gier. Ein flüchtiger Blick offenbarte mir was ich bereits vermutete. In dem Eimer befanden sich blutige Fleischfetzen und Innereien, vermutlich von Tieren. Ich traute O Kiel jedoch ohne weiteres auch zu, dass es die Überreste von Menschen waren. Wie lange war es her dass ich das letzte Mal getrunken hatte? Ich wusste es nicht, aber ich konnte mich vor Schwäche nicht einmal mehr aufrichten. Angewidert betrachtete ich den Inhalt des Eimers und die Gier in mir wurde unerträglich. Ich hatte keine Wahl. Ich musste zu Kräften kommen wenn ich überstehen wollte was mich noch erwarten würde.

Voller Selbstekel streckte ich meinen Arm durch die Gitterstäbe und griff in den Eimer. Das Blut war kalt und abgestanden und doch löste es ein Gefühl der Extasse in mir aus und mein Hunger wurde nur noch gewaltiger. Wie ein hungriges Tier stürzte ich mich über die blutigen Fleischklumpen her und spürte wie meine Kräfte langsam zurückkehrten. Das nagende Gefühl des Verlustes dass ich wegen der schwarzen Zwillinge empfand war nun etwas leichter zu ertragen und auch meine Wunden schmerzten nicht mehr so stark wie vorher.

Erst jetzt, da meine Sinne wieder schärfer wurden bemerkte ich die kleine bucklige Gestalt die just in diesem Moment aus dem Schatten trat und mich belustigt anstarrte.

"Welch ein Anblick. Der einst mächtige Drake du Kane wie er über einen Eimer verfaulter Fleischbrocken herfällt wie ausgehungertes Vieh." lachte Sagul.

"Ich werde deinen Humor teilen wenn ich dein stinkendes Herz in meinen Händen halte." antwortete ich ihm und erhob mich. Ich überragte diese kümmerliche Kreatur um mehr als einen Kopf, doch ich wusste dass sein harmloses Aussehen schon so manchen hinters Licht geführt hatte. Sagul war in der Tat einer der mächtigsten unter den Hohen Vampiren und er hatte mich schon einmal übertölpelt. Doch so wie ich ihn unterschätzte als er mir den vermeintlich tödlichen Streich zufügte, so hatte auch er mich unterschätzt als er erkennen musste dass ich mitnichten durch seine Hand gefallen war. Welch Schmach musste es für ihn gewesen sein, zu erfahren dass ich seine Tat überlebt hatte? Sein Hass auf mich war grenzenlos und umso mehr schien er nun diesen Moment zu genießen.

"Ich wusste dass wir dich eines Tages kriegen würden. Welch Ironie es doch ist, dass ausgerechnet deine frühere Liebschaft dich uns servierte."

Wieder konnte ich mich nur schwer beherrschen, doch dieses Mal würde ich nicht die Nerven verlieren. Diesen Triumph würde ich ihm nicht eingestehen.

"Welch Ironie das du dich mit deinem Henker unterhältst, Sagul. Wenn du brennend vor mir liegst werde ich dich daran erinnern." sagte ich stattdessen zu ihm.

"Dein Optimismus ist wirklich bewundernswert Jäger. Nun, man gesteht dem Delinquenten einen letzten Wunsch zu, nicht wahr? Ich werde dich in deinem lächerlichen Glauben lassen wenn dich das beruhigt." Mit diesen Worten schickte sich Sagul an den Kerker zu verlassen. Doch ich packte ihn durch die Gitter an der Schulter und hielt ihn zurück. "Ich werde euch vernichten. DAS ist ein Versprechen."

Wütend packte er meine Hand und löste sie von seiner Schulter. Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen verließ er den Raum. Doch ich glaubte in seinen Augen ein nervöses Funkeln zu sehen. Die Art wie ich ihm mein Versprechen gab verunsicherte ihn. Sagul war der einzige Beteiligte dieses Spiels der möglicherweise sein Schicksal erahnte.

2.

"Es war meine Schuld. Ich hätte einfach schneller sein müssen." Craven saß niedergeschlagen auf einem Stein und starrte zum Horizont. Es war fast Mittag. Er hatte die ganze restliche Nacht und den Morgen nach Drake gesucht, ihn aber natürlich nicht finden können. Wie auch, er wusste ja nicht einmal ansatzweise wo er sich befinden könnte. Schuldgefühle plagten ihn. Er hatte gewusst dass es ein Fehler war ihn alleine gehen zu lassen.

"Es war seine eigene Wahl, dich trifft keine Schuld."

Craven sah zweifelnd zu der großen steinernen Gestalt die ein Stück neben ihm im Schein der aufgehenden Sonne stand und ihn eindringlich ansah.

"Ich dachte Gargoyles vertragen kein Sonnenlicht." sagte Craven.

"Nur in den Legenden Junge." antwortete Cas´thor.

"Was tut ihr immer noch hier? Ihr habt eueren Auftrag ausgeführt. Drake war bei diesem Orakel."

"Ich mag im Dienste des Orakels stehen, doch ich habe dennoch einen freien Willen. Ich habe nicht vor Drake du Kane seinen Häschern zu überlassen."

Craven betrachtete den Gargoyle überrascht. "Weshalb tut ihr das?"

"Weshalb willst du ihn retten?" stellte der Gargoyle die Gegenfrage.

"Wie könnt ihr das fragen. Er ist mein Mentor, mein Kampfgefährte und Clansbruder."

Craven verstummte einen Moment und fügte dann hinzu: "Vor allem aber ist er mein Freund. Ich werde ihn nicht im Stich lassen. Er war immer für mich da in all den Jahren. Nun werde ich einmal für ihn da sein. Das bin ich ihm schuldig."

Cas´thor nickte bedächtig. "Gut gesprochen für einen Menschen. Ehrgefühl und wahre Freundschaft ist selten geworden bei euerer Rasse. Du beeindruckst mich Ritter. Deshalb werde ich dir helfen. Und Drake beeindruckt mich schon seit ich ihn das erste Mal getroffen hatte. Mir liegt nichts daran ihn in den Händen dieser Blut saugenden Parasiten zu sehen."

Craven schüttelte den Kopf. "Offensichtlich habe ich euch falsch eingeschätzt. Ich muss mich wohl für meine harten Worte vorhin bei euch entschuldigen."

"Es gibt nichts zu entschuldigen. Wir müssen handeln. Die Frage ist wo sie ihn hingebracht haben."

Craven dachte intensiv nach. Er musste etwas übersehen haben. "Ich vermute dass er von Myra…von diesem Ding getäuscht wurde. So wie ich Drake kenne brachte er es nicht übers Herz sie anzugreifen. Verflucht, mir wäre es wohl nicht anders ergangen." Wütend ballte Craven seine Hand zur Faust und schlug sich damit auf den Oberschenkel um seine Worte zu bekräftigen.

"Vermutlich. Ich habe gehört was aus euerer Gefährtin wurde. Es muss hart sein sie nun als Feind zu haben."

"Es hilft Drake nicht wenn wir hier herum sitzen und darüber nachdenken. Ich bin mir nicht sicher wer der andere Kerl war, aber ich könnte schwören das die Beschreibung exakt auf Tarim o Kiel passte."

"Das Oberhaupt der Vampirgilde? Ich hab von ihm gehört. Ein sehr unangenehmer Zeitgenosse."

Craven rieb sich die Schläfen. "Was könnte er vorhaben? Warum hat er ihn nicht auf der Stelle vernichtet? Die Gilde ist auf ihrem Tiefpunkt und wir haben erfahren das Asteroth den Krieg gegen sie erklärt hat. O Kiel hat aber bisher nichts deswegen unternommen."

"Warum? Wenn er keine Truppen aufstellt wird ihn der andere Erzvampir, dieser Asteroth, einfach überrennen." stellte Cas´thor fest.

Cravens Augen funkelten aufgeregt als er begann die Hintergründe zu verstehen. "Weil Tarim o Kiel nie vorhatte gegen Asteroth zu kämpfen. Offensichtlich hat sich Myra", wieder stockte Craven kurz als er ihren Namen aussprach, "der Gilde aus welchen Gründen auch immer angeschlossen und O Kiel sah darin einen Weg an Drake ran zu kommen."

"Aber wozu?"

"Um seine Macht zu demonstrieren. Wenn sich herumspricht das es ihm gelungen war den Jäger zu fangen werden sich die Vampire von Asteroth abwenden und sich wieder der Gilde anschließen. Das ist ihr Wesen. Sich dem stärkeren zuzuwenden. In diesem Fall würde Asteroth bald allein dastehen und ein Krieg wäre überflüssig."

"Aber wie will er beweisen dass er Drake hat?"

Craven schluckte. "Er wird ihn öffentlich hinrichten lassen."

Cas´thor brummte wütend. "Feiglinge. Das müssen wir verhindern. Aber wo tun sie das?"

Plötzlich sprang Craven hektisch auf und sah den Gargoyle aufgeregt an. "Ich weiß wo er ist."

"Wo?"

"Wenn es stimmt was mir Drake von O Kiel und seiner Denkweise erzählt hat gibt es nur einen Ort der dafür in Frage kommt. Er wird es dort beenden wo der Krieg seinen Ursprung hatte. Auf dem Drake-Stone-Mountain."

Gedankenversunken strich Asteroth über den weichen Einband des Necronomicons. Trotz all der Jahrtausende war die Menschenhaut, in die das Buch gebunden war, noch immer ganz zart und geschmeidig. Er verbrachte neuerdings viel Zeit mit der Betrachtung des Buches. Er hatte einen hohen Preis dafür bezahlt. Zu hoch. Asteroth gestand es sich ungern ein, aber er hatte seine Feinde unterschätzt. Er hatte den Willen von Kane unterschätzt als er es in seiner Abwesenheit wagte in sein Schloss einzudringen. Nun besaß er den Blutstein den er die ganzen Jahre über sicher hier in seiner Obhut wusste. Doch das war nicht weiter schlimm. Asteroth wusste das es irgendwo in der Ferne ein Eiland gab wo es diese Steine zu Duzenden gab. Eines Tages würde er das Rätsel um diese mysteriöse Insel lösen und dann würde nichts mehr zwischen ihm und der Macht der Steine stehen. Doch der Diebstahl des Steines hinterließ einen bitteren Beigeschmack. Straker war vernichtet und Barlow war nach diesem Vorfall dem Wahnsinn verfallen und zu kaum einer intelligenten Tat mehr fähig. Seine zwei besten Soldaten waren wegen dieses verfluchten Steines außer Gefecht.

Und dann Lukryscha. Er hatte ihre Dreistigkeit unterschätzt. Er wusste dass sie sich ihm nicht so leicht beugen würde. Aber er hätte nicht gedacht dass sie es wagen würde sich O Kiel und dieser verhassten Gilde anzuschließen. Und nun hatten sie dank ihrer Hilfe auch noch Kane gefangen genommen.

Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit hatte Asteroth das Gefühl das er die Kontrolle über die Ereignisse verlor. Wie sich die Dinge doch innerhalb einer einzigen Nacht verändern konnten. Doch er hatte früher schon schlimmere Rückschläge überwunden. Möglicherweise würde sein Sieg noch etwas länger dauern als er dachte, doch noch war nichts verloren.

Sanft streichelte der das Buch. "Du denkst wirklich dass du mich besiegen könntest." flüsterte er leise zu sich selbst. "Du armseliger Narr." Asteroth wusste was O Kiel vorhatte, er kannte ihn besser als jeder andere. Endlich konnte er den verhassten Jäger hinrichten. Er wollte ihn mit dieser Tat bloßstellen, Asteroths Unfähigkeit beweisen. Und natürlich gab es nur einen Ort dafür, den Drake-Stone-Mountain. Tarim o Kiel würde es sich nicht nehmen lassen dorthin zurückzukehren wo ihm Asteroth einst die größte Schmach beigefügt hatte indem er seinen Glauben verleugnet hatte. O Kiel war so einfach zu durchschauen das Asteroth innerlich lächeln musste.

Asteroth wandte sich von dem Necronomicon ab und schritt durch sein Allerheiligstes. Sein alter Rivale würde sich noch wundern. Asteroth hatte nicht vor sich aus dieser Hinrichtung ausladen zu lassen, immerhin war es seine Schöpfung die der Sonne übergeben werden sollte. Und noch hatte er ein paar Trümpfe im Ärmel. Er würde seine Vergeltung bekommen.

3.

Die Zeit schien in meiner engen Zelle stillzustehen. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, dass ich mich in O Kiels erlauchter Gesellschaft befand. Ich schritt in meinem Domizil auf und ab wie ein hungriger Wolf. Seit meiner Gefangenschaft bei dem Schwarzmagier Sorlag ertrug ich keine Gitter mehr die meinen Weg versperrten. Dieser Zustand war für mich schlimmer als sämtliche Qualen die mich noch erwarten sollten.

Ich musste mich nun schon fast zwei Tage hier befinden, ich spürte wie die Schmerzen schlimmer wurden die mir meine Schwerter durch ihre Abwesenheit bereiteten. Wenn nicht bald etwas passieren würde, konnte sich O Kiel seine Hinrichtung sparen. Ich würde einfach in seiner Zelle zusammenbrechen. Der Gedanke dass meine Zeit so enden würde war mir unerträglich.

Das vertraute Geräusch einer sich öffnenden Tür verdrängte diese Gedanken. Jemand kam und ich hatte das unbestimmbare Gefühl das etwas Großes bevorstand. Wie auch immer diese Geschichte ausgehen sollte, nun hatte es begonnen. Schritte hallten auf den Stufen, kein Schatten im Fackelschein. Ich wusste wer zu mir kam, die Erkenntnis traf mich noch bevor ich sehen konnte wer es war. Ich spürte sie ganz deutlich und meine Hände verkrampften sich schmerzhaft um die Gitterstäbe meiner Zelle.

Als Lukryscha ins Licht der Fackeln trat umspiegelte wieder dieses listige Schmunzeln ihr Gesicht. Sie betrachtete mich zufrieden und voller Stolz, wie eine Trophäe.

"Du siehst nicht gut aus Drake." sagte sie nachdem sie mich gründlich betrachtet hatte.

Ich versuchte mich unter Kontrolle zu halten und war selbst überrascht wie gefestigt meine Stimme klang: "Was willst du hier?"

Lukryscha tat als wäre sie beleidigt. "Ist das die Art wie man alte Bekannte begrüßt?"

"Hör auf mit den Spielchen. Kommst du um mich zu holen?"

Lukryschas Miene wurde ernst. "Tarim o Kiel hat deine Hinrichtung für heute Nacht veranlasst. Jedes verbliebene Ratsmitglied der Gilde ist bereits eingetroffen um Zeuge deines Ablebens zu werden. Diese Nacht ist etwas ganz besonderes."

"Du machst dich gut als O Kiels Lakai. Offensichtlich behandelt er dich besser als Asteroth."

Lukryscha grinste. "Ich diene ihm so lange er mir von Nutzen ist. Sollen er und Asteroth sich nur gegenseitig auslöschen. Wenn keiner mehr von ihnen da ist werde ich die Herrschaft über die Vampire übernehmen."

Ich schüttelte den Kopf. "Du hast den Verstand verloren. Du leidest an Größenwahn."

Sie schien wütend zu werden. "Ich glaube an eine Vision. Und an meine Stärke. Ich dachte gerade du solltest das verstehen."

Ich hielt überrascht inne. Dieser ungestüme Ausbruch von Gefühlen und die Art wie sie ihre Worte aussprach erinnerten mich an die alte Myra, als sie mich damals überzeugen wollte, dass sie mich begleiten sollte. Diese Nacht schien ein Äon her zu sein und doch entsann ich mich daran wie sie voller Leidenschaft zu mir sprach. Sie kannte mich damals erst wenige Stunden und doch wurde sie von einem Moment zum anderen von flammender Leidenschaft ergriffen wie ich sie nie zuvor bei einem Menschen gesehen hatte. Ohne zu zögern hatte sie gegen meine Entscheidung aufbegehrt und von ihrer Vision erzählt, dass wir zu zweit durch die Welt ziehen und Unrecht verhindern würden. Schon damals sah ich dieses Glitzern in ihren Augen. Genau dasselbe Glitzern sah ich nun auch in ihren toten Augen. Vampir oder nicht, dieselbe Leidenschaft hatte von ihr Besitz ergriffen. Möglicherweise war diese innere Kraft die sie zu Lebzeiten besaß einfach zu groß um durch den Fluch des Vampirismus vollständig vernichtet zu werden. Vielleicht gab es doch noch Hoffnung.

Ich lächelte und sah sie erstaunt an.

"Was ist so lustig?" fragte sie mich wütend.

"Du erinnerst mich nur gerade an jemanden den ich sehr gut kannte."

"Und wer soll das sein?"

"Ihr Name war Myra. Sie war ein junges Mädchen die ich vor langer Zeit kennen gelernt hatte. Unerfahren und töricht war sie, aber sie besaß damals schon eine innere Kraft wie ich sie noch nie bei einem Menschen gesehen hatte. Sie hatte eine Vision genau wie du…"

"Was soll das?" unterbrach sie mich zornig. "Spiel keine Spielchen mit mir Jäger, ich bin dir bei weitem überlegen. Ohne deine verfluchten Dämonenschwerter bist du nichts als ein verblendeter Narr." Doch ihre Stimme schien zu zittern, ich konnte ein Zögern in ihren Augen sehen. Ich fuhr fort: "Ich habe sie ausgebildet. Sie hatte das Zeug zum C´ael Rohen und nie sah ich jemanden der seine Aufgabe mit mehr Hingabe und Überzeugung erfüllt hatte als sie."

"Hör auf damit!" zischte sie mich an.

"Die Vampire hatten ihre ganze Familie ausgelöscht. Vater, Mutter, ihren Bruder, sogar ihre kleine Schwester. Sie hasste die Vampire von ganzem Herzen für das was sie ihr angetan hatten…"

"DU SOLLST DAMIT AUFHÖREN!" schrie sie mich an. Ich sah die Pein in ihren Augen. Es war die ersten echten Emotionen die ich in diesen Augen sah seit man sie verwandelt hatte.

"Diese Frau war etwas Besonderes. Und ich liebte sie. Liebte sie von ganzem Herzen. Und sie liebte mich…."

"SCHWEIG!!!" kreischte sie und ich spürte wie eine unsichtbare Kraft mich hochhob und quer durch die Zelle warf. Schmerzhaft prallte ich mit dem Rücken gegen die Steinmauer und ging zu Boden. Stöhnend drehte ich mich zu ihr um. Lukryscha stand bebend vor meiner Zelle und starrte mich aus verwirrten und erschrockenen Augen an. Von ihrer Gelassenheit war nichts verblieben.

"Myra." flüsterte ich ihr zu. "Ich weiß dass du mich hörst."

"Genug!" sagte sie laut und indem gewohnt fordernden Tonfall. Sie schloss einen Moment die Augen und als sie sie wieder öffnete waren es wieder die kalten toten Augen die mich ansahen. "Deine Tricks wirken bei mir nicht Kane. Deine Zeit ist abgelaufen." Ohne einen weiteren Blick auf mich zu werfen verließ sie mich. Doch ich hatte hinter die Fassade geschaut. Asteroth hatte nicht alles von Myra vernichtet, das wusste ich jetzt. Noch gab es Hoffnung, und dieser Gedanke gab mir Kraft. Ich klammerte mich an diese Hoffnung als wenige Minuten später O Kiels Häscher kamen um mich zur Oberfläche zu bringen. Ich wusste dass es nun kein zurück mehr gab. Ich fühlte dass eine große Schlacht bevorstand.

Craven war alles andere als wohl, als ihm Cas´thor erläuterte wie er ihn zum Drake-Stone-Mountain bringen wollte. Sie konnten unmöglich zu Fuß aufbrechen, soviel Zeit hatten sie nicht, dafür war das Gebirge viel zu weit entfernt. Doch als der Gargoyle ihn grob packte und sich mit ihm in die Lüfte schwang wünschte sich der Ritter er hätte sich das ganze noch mal überlegt. Der Gargoyle flog durch die Nacht, Craven fest umklammert. Die Landschaft unter ihnen glitt vorüber und Craven verlor bald jede Orientierung.

"Und du bist dir sicher dass du den Weg kennst?" brüllte er dem Gargoyle zu um den pfeifenden Wind zu übertönen.

"Hab Vertrauen, ich kenne den Weg."

"Wie lange wird es dauern bis wir da sind?" fragte Craven der keine Minute länger als nötig in dieser misslichen Position bleiben wollte. Hätte Drake ihn so gesehen hätte er sich ein Lachen wohl nicht verkneifen können. Genau dasselbe war ihm damals auch durch den Kopf gegangen als Cas´thor ihn zum Orakel flog.

"Eine Stunde, höchstens zwei. Ich hoffe nur wir kommen nicht zu spät." antworte der Gargoyle besorgt.

Cravens Antwort war einfach. "Wir dürfen nicht zu spät kommen!"

Lukryscha stand nachdenklich in einem der Zimmer von O Kiels Unterschlupf. Der Erzvampir besaß Häuser über den ganzen Kontinent verteilt. Dieses Anwesen war für seine Verhältnisse nur einfacher Durchschnitt, aber es stand direkt am Fuße des Drake-Stone-Mountain. Früher gehörte es einem Fürsten Namens Menzhold III der einst über dieses Gebiet geherrscht hatte und der bei der Schlacht auf dem Berg ermordet wurde, verraten von Tarim o Kiel. Nun bewohnte sein Henker das Haus und herrschte über dessen Gebiet.

Rastlos wanderte Lukryscha in dem prachtvollen Herrenhaus umher. Ihr gingen die Worte von dem Jäger nicht mehr aus dem Kopf. Erinnerungen schossen durch ihren Kopf, von denen sie nicht wusste ob sie Wahrheit oder Trugbild waren. Bilder von einer möglichen Kindheit, längst vergangene Gesichter ihrer Eltern und Geschwister. Grausige Bilder eines Massakers indem ihre Familie umkam. Und Bilder von Drake du Kane wie er an ihrer Seite gegen die Mörder ihrer Familie kämpfte. Wütend verdrängte sie diese Bilder aus ihrem Kopf. Er hatte sie verzaubert. Irgendwie. Er versuchte sie mit Illusionen zu verwirren. Sie hatte die Kontrolle über sich verloren und das machte sie rasend. Sie war nicht mehr Herrin über sich selbst.

Entschlossen ging sie zu einem der Fenster und sah in die Dunkelheit hinaus. Sie konnte den Fackelzug erkennen der den Jäger den Bergpass hinaufführte, 10 von O Kiels besten Kriegern. Angeführt wurde die Prozession von Sagul selbst, der rechten Hand des Erzvampirs

In dieser Nacht würde es enden. Drake du Kane würde nichts weiter als eine Legende bleiben, und selbst die würde man bald vergessen haben. Doch warum spürte sie bei diesem Gedanken einen Stich in ihrer Brust? Was hatte er mit ihr angestellt? Als Lukryscha sich anschickte der Gruppe zum Plateau zu folgen, spürte sie eine völlig neue Empfindung. Sie hatte Angst.

4.

Der Mond stand in seiner vollen Pracht am nächtlichen Firmament und tauchte das Hochplateau des Drake-Stone-Mountain in sein mystisches Licht. Der Himmel war wolkenlos und die Sterne strahlten über das Land. Alte Erinnerungen erwachten zum Leben als mein Blick über das Plateau schweifte. Es waren jetzt 60 Jahre vergangen seit ich das letzte Mal auf diesem Berg stand. 60 Jahre seit jener schicksalsträchtigen Nacht in der mein Meister starb und aus dem Schüler Norin Read der Jäger Drake du Kane wurde. Mir kamen diese Ereignisse wie ein böser Traum vor, ein dunkler Schleier lag stets über dieser Nacht. Doch als mich O Kiels Schergen nun über jenes Schlachtfeld führten. war mir, als wäre diese Nacht erst gestern gewesen. Ironie des Schicksals das ich mich nun wieder hier befand. Mir fielen die Worte von Sen Lar ein. Dieser Berg war von jeher ein Ort an dem große Veränderungen im Leben derer eingeläutet wurden, die vom Schicksal erwählt worden waren. Einmal hatte sich dies in meinem Fall bereits erfüllt. Und ich wusste dass mich in dieser Nacht ein ähnliches Schicksal erwarten würde. Ich verwettete die schwarzen Zwillinge darauf dass auch die Sternenkonstellation dieselbe war wie vor 60 Jahren.

Die Söldner von O Kiel verteilten sich über das Bergplateau und begannen Fackeln zu entzünden die kreisförmig um das Plateau aufgestellt wurden. O Kiels Soldaten waren allesamt niedere Vampire, doch machten sie auf mich den Eindruck von gut ausgebildeten Kämpfern. Sie verstanden sich zu bewegen und mit der Dunkelheit zu verschmelzen. Keine leichten Gegner. Nachdem alle Fackeln brannten und mich so in einen brennenden Ring einschlossen, konnte ich den Regenten selbst ausmachen. Tarim o Kiel stand im Zentrum, gekleidet in edelste Gewänder die ihm einmal mehr das Aussehen eines Königs verliehen. Zu seiner rechten stand Sagul, wie einst sein treuer Diener. Links sah ich Lukryscha stehen, sie wirkte unbeteiligt und kalt. Ihr Anblick schmerzte, ich konnte den Blick nicht länger auf sie richten. Ich hatte gehofft meine Worte hätten sie bekehrt, doch nun schien jeder Zweifel aus ihren Zügen verschwunden.

Hinter den dreien stand eine weitere Gruppe von Vampiren. Einige Gesichter kannte ich, andere waren mir fremd. Es gab jedoch keinen Zweifel dass es sich bei diesen 8 Gestalten um die verbliebenen Ratsmitglieder der Gilde handelte. Sie sollten Zeuge der Ereignisse werden. Tarim o Kiel war sich seines Sieges offenbar so sicher das der komplette Rat der Gilde diesen Geschehnissen beiwohnen sollte. Hatte er in seiner Verblendung nicht bedacht wie riskant es war die ganze Stärke der ohnehin angeschlagenen Gilde an einem Ort zu versammeln?

Ich hatte keine Zeit darüber nachzudenken, den im selben Moment wurde ich von den Söldnern grob bepackt und nach vorne gedrängt. Nun konnte ich erkennen dass sich neben O Kiel ein großes hölzernes Kreuz befand. Die klassische Methode unter den Vampiren mit denen man Verräter und Kriegsgefangene bestrafte. Der Delinquent wurde gekreuzigt und der Sonne übergeben. So verlangte es der Brauch seit jeher und Tarim o Kiel schien daran festzuhalten. Ich fügte mich meinem Schicksal, es wäre zwecklos Widerstand zu leisten.

Ich wurde an das kalte Holzkreuz gedrückt, kräftige Stricke fixierten meine Handgelenke an den Querbalken, meine Beine ließ man achtlos einen halben Meter über dem Erdboden nach unten hängen. Sofort spürte ich wie sich die Stricke schmerzhaft in meine Handgelenke schnitten und mein ganzes Gewicht auf meinen ausgestreckten Armen lastete. Wie lange würde ich diese Tortur ertragen können? Ich brauchte Hilfe, alleine würde ich es diesmal nicht schaffen. Ich blickte zu Lukryscha die mich zufrieden anstarrte. Das Lächeln war aus ihrem Blick verschwunden, ihre Mine war ernst. Zumindest schien sie die Situation nicht länger zu amüsieren, meine Worte hatten sie vielleicht doch mehr beeinflusst als ich befürchtet hatte. Aber ich sah kein Mitleid oder ein anderes Gefühl in ihrem Blick. Würde sie mir helfen? Konnte sie mir überhaupt gegen diese Übermacht helfen? Und wo war Craven? Diese Frage hatte ich mir in den letzten Stunden häufig gestellt. Doch was konnte er gegen diese Übermacht ausrichten? Und wie sollte er mich finden? Seufzend legte ich meinen Kopf gegen das Holz des Längsbalkens und schloss die Augen. Was wenn das Orakel sich irrte? Zum ersten Mal begann ich zu zweifeln. Würde dies meine letzte Nacht sein? Sollte meine Reise so enden?

Die Stimme des Erzvampirs rief mich in die Realität zurück: "Drake du Kane. Letzter Vertreter des Clans der C´ael Rohen. Das letzte Bindeglied zu einer vergessenen Kultur die mit ihm endgültig aussterben wird." Tarim o Kiel riss dramatisch die Arme in die Höhe und wandte sich an die Ratsmitglieder hinter ihm. "Ich habe euch hier versammelt um Zeuge zu werden wie dem Recht der Vampirgilde genüge getan wird. Werdet Zeuge der Macht unserer Gemeinschaft und unseres unerschütterlichen Glaubens der nicht durch Verräter wie Asteroth und seine Bande aus Heiden gebrochen werden kann. Seht mit eigenen Augen wie ich, Tarim o Kiel, Regent und Führer der Gilde, den einst mächtigen und gefürchteten Jäger der Sonne übergeben werde."

Unter dem Rat herrschte gespannte Neugier. Leise tuschelten die mächtigen Blutsauger miteinander und sahen mich teils voller Hass, Abscheu, Triumph und Schadenfreude an. Sie wollten mich brennen sehen.

Der Erzvampir wandte sich nun wieder mir zu. Mit einem zufriedenen Lächeln begann er zu sprechen. "Du weißt weshalb wir hier sind C´ael Rohen. Du bist angeklagt der Verfolgung und des Mordes unzähliger Vampire über einem Zeitraum von mehr als einem halben Jahrhundert. Doch noch weitaus schlimmer ist die Tatsache dass das Blut unserer Ahnen in deinen Adern fließt und dir so Kräfte verlieh die kein Sterblicher besitzt. Diese Gabe, unser Geschenk, hast du missbraucht um uns zu vernichten. Deshalb klagen wir dich zusätzlich des Hochverrates an unserer Rasse an. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass die Tatsache, dass du von unserem Erzfeind abstammst deine Lage nicht gerade begünstigt. Hast du zu diesen Vorwürfen etwas zu sagen?"

Ich hob langsam den Kopf und sah Tarim o Kiel an. Trotz der Schmerzen brachte ich ein Lachen zustande. Als ich o Kiels wütendes Gesicht bemerkte musste ich nur noch mehr lachen. Ich lachte von ganzem Herzen, den mehr viel mir zu seinen Worten nicht ein.

"Was ist so lustig Jäger?" fuhr mich der Regent wütend an.

"Euere selbstgefällige Rechtfertigung amüsiert mich. Ihr klagt mich der Verfolgung und des Mordes an? Ich frage mich welche Rasse es ist, die verfolgt und mordet. Ihr verurteilt mich euer so genanntes Geschenk zu missbrauchen, um welches ich nie gebeten habe. Es ist ein Fluch der auf mir lastet, ein Dasein ohne Hoffnung oder Erlösung zu dem ihr mich verdammt habt. Und meine Rache an euch ist das einzige was meine Pein zu lindern vermag. Ihr glaubt über mich richten zu können? Dann tut es gefälligst und verschwendet nicht meine Zeit mit euren heulerischen Reden."

Schweigen breitete sich auf dem Berg aus. Tarim o Kiels Gesicht verzog sich grimmig und seine Hände ballten sich zu Fäusten. Doch der erwartete Ausbruch kam nicht, O Kiel entsann sich seiner Rolle und beruhigte sich.

"Schön. Wenn du nichts zu deiner Verteidigung zu sagen hast, verkünde ich hiermit das Urteil. Kraft meines Amtes als höchster Vertreter der Vampire in dieser Welt, das mir von meinen treuen Untertanen und der göttlichen Almacht unserer Ahnen verliehen wurde, verurteile ich hiermit den C´ael Rohen Drake du Kane der Verfolgung und Ermordung von unzähligen Vampiren deren genaue Anzahl unbekannt ist, sowie des Hochverrates. Deshalb wird er, so wie es unser Gesetz verlangt ans Kreuz gebunden und dem Sonnenaufgang übergeben."

Langsam kam der Erzvampir auf mich zu. Der sadistische Ausdruck in seinem Blick war nicht zu übersehen, er genoss sichtlich seine Macht über mich. "Dieses Mal wirst du mir nicht entwischen. Dieses Mal wird dein Tod endgültig sein und keine Macht der Welt wird dich zurückbringen. Dein Ende wird mein größter Triumph werden. Ich muss dir danken."

"Spart euch eure Worte. Ich rede nicht mit verblendeten machthungrigen Irren wie Ihr einer seid. Euer erbärmliches Dasein wird sich schneller dem Ende zuneigen als ihr in euerer beschränkten Sichtweite erkennen könnt."

Ich spürte wie mich der Schlag von O Kiel hart im Gesicht traf und mein Kopf gegen das kalte Holz des Kreuzes geschleudert wurde. Blut lief meine Wange hinab und füllte meinen Mund. Einen Moment schwanden mir die Sinne. Ich war einfach zu schwach ihnen etwas entgegenzusetzen. Ich brauchte meine Schwerter.

"Deine unverschämten Reden werden dir vergehen wenn das Feuer des Tages die Frechheit aus dir heraus brennt. Weißt du, eigentlich gilt unsere Hinrichtungsmethode als äußerst barmherzig. Der Verurteilte hängt ein paar Stunden am Kreuz und verbrennt im ersten Licht des anbrechenden Tages. Doch da du zum Teil noch menschlich bist wird dich die Sonne nicht sofort töten. Nein, du wirst langsam und qualvoll unter ihr dahinsiechen. Wie lange glaubst du kannst du ihr widerstehen? Ein paar Stunden. Einen Tag? Zwei Tage? Wie viel Menschlichkeit steckt noch in dir? Wird dich die Sonne vernichten oder wirst du vom Blutdurst in den Wahnsinn getrieben? Leider werde ich nicht selbst Zeuge der Antwort werden können, du weißt ja dass mir die Sonne nicht bekommt. Aber ich bin wirklich gespannt was am Ende dein Tod sein wird. Du wirst unvorstellbare Qualen erleiden, das ist der Preis das du unsere Gabe verweigert hast. Wie du siehst ist unser Gott ein gerechter Gott."

"Wie ich sehe seid ihr sogar noch tiefer gesunken als ich erwartet hatte. Ich dachte immer Asteroth und seine Kreaturen wären das größte Übel dieser Welt. Aber ihr übertrumpft ihn sogar noch um Längen."

Wieder sah ich die Wut in seinen Augen, doch wieder schaffte er sie niederzukämpfen.

"Du versuchst also mich zu provozieren." sagte er. "Nicht einmal im Angesicht des Todes zeigst du Reue. Nun gut, offenbar sehnst du dich nach den Qualen vor dem Tod. Ich habe noch etwas für dich."

Tarim o Kiels Grinsen verhieß nichts Gutes als er Sagul befahl ihm etwas zu bringen. Ich hatte keine Ahnung was er mir präsentieren wollte, doch der Regent hatte meine Hinrichtung offenkundig genauestens geplant. Meine Erniedrigung sollte perfekt sein. Und so überraschte es mich nicht wirklich auf dem roten Samtkissen das Sagul seinem Meister brachte Fortigan und Korosan zu erblicken. Voll sadistischer Zufriedenheit legte der Erzvampir das Kissen mit meinen Schwertern vor mir auf den Boden, jedoch peinlichst bemüht die Klingen nicht zu berühren. Ich konnte Respekt und Furcht in seinen Augen lesen. Er wagte nicht sie anzufassen. Sicherlich hatte er es versucht und aus dem Ergebnis seine Konsequenzen gezogen. Doch die Absicht die hinter dieser Geste steckte war klar. Eine weitere Methode mich zu quälen indem der meine Schwerter direkt vor mich legte, so nah und doch unerreichbar für mich. Und das schlimmste war, dass er damit Erfolg hatte. Es gelang mir kaum den Blick von ihnen zu nehmen, ich konnte sie in meinem Kopf hören. Sie kreischten und fluchten. Sie wollten töten, sie wollten alle töten. Ihr Hass und ihre Bosheit stießen mich ab und dennoch verspürte ich eine grausame Sehnsucht nach ihnen. Ich wusste wenn ich sie nur berühren könnte wären die Schmerzen verschwunden. Meine Gedanken wären wieder klar und ich hätte wieder meine alte Kraft.

"Ihr seit ein mieser Parasit O Kiel. Der Tag wird kommen an dem ihr euere gerechte Strafe erhalten werdet. Und wenn ich es nicht bin, wird es ein anderer tun. Mein Tod wird nichts ändern."

"Oh, du spielst vermutlich auf deinen Freund an. Keine Sorge um ihn werden wir uns zu gegebenen Zeit kümmern. Er stellt keine Bedrohung dar. Gesteh es dir ein Kane, dein Mentor hat sich geirrt. Du warst niemals bestimmt die C´ael Rohen neu zu gründen. Und das weißt du. Deine vergeblichen Versuche uns zu stürzen haben das Schicksal des Clans nur hinausgezögert."

Ich gab ihm keine Antwort. Ich hatte mir diese Frage in der Tat schon gestellt. War ich wirklich dazu bestimmt den Clan neu zu gründen. Sen Lar war davon überzeugt, doch ich wollte nie so Recht daran glauben. Warum hatte mir das Orakel nie etwas darüber gesagt? Mein Schicksal schien in eine andere Richtung zu gehen. Myra und Craven? Waren sie der Beginn des neuen Clans oder war ihre Bestimmung eine andere? Ich kannte die Antwort nicht, doch ich begann zu zweifeln.

Tarim o Kiel blickte zufrieden zum Horizont. Ich glaubte das erste schwache Licht der Morgenröte zu erkennen.

"Es dauert nun nicht mehr lange. Noch eine halbe Stunde und die Sonne wird aufgehen. Ich werde tagsüber ein paar meiner menschlichen Diener auf dem Plateau postieren, damit du nicht so alleine bist. Wer weiß, vielleicht lebst du nächste Nacht ja noch. Ich bin wirklich gespannt wie du…"

Tarim o Kiels Worte verstummten mit einemmal. Sein Blick wandte sich nach Westen zum Himmel und im selben Moment spürte ich was ihn aufgeschreckt hatte. Etwas kam auf uns zu. Ich konnte eine starke Präsenz fühlen und nur die Schwäche durch den Verlust der Klingen hatte verhindert dass ich seine Nähe nicht schon eher gefühlt hatte. Am westlichen Firmament war ein gewaltiger Schatten zu erkennen der sich rasch näherte. O Kiel fletschte die Zähne, seine Augen sprühten. "Verdammt, was will der verfluchte Bastard hier?" zischte er. Schnell wandte er sich an Sagul und seine Soldaten, sie sollten sich für eine Konfrontation bereitmachen.

Währenddessen kam der Schatten immer näher und wurde zu der Silhouette eines gewaltigen Drachens. Ich wusste dass er kommen würde. Es war unvermeidlich ihn hier an diesem verrückten Ort zu begegnen. Asteroth würde sich seinen Auftritt nicht nehmen lassen.

5.

Es war, als würde ein riesiger Schatten die Welt verschlingen. Einen Moment wurde der Mond und die Sterne vollständig verdeckt und erdrückende Dunkelheit überzog das Hochplateau. Das dröhnende Geräusch von riesigen Flügeln erfüllte die Luft und einen Moment später erzitterte die Erde, als die gewaltige Kreatur landete. Beim Anblick dieser dämonischen Kampfmaschine aus Knochen und verfaulten Drachenschuppen die früher einmal Valotica waren zuckten die Ratsmitglieder erschrocken zusammen. Viel hatte man in der Gilde über diesen untoten Drachen gehört, doch die wenigsten hatten ihn bisher selbst gesehen. Auch die Wachtposten wirkten unruhig beim Anblick dieses Kolosses. Lediglich Lukryscha, Sagul und natürlich Tarim o Kiel blieben unbeeindruckt. Ihr blick galt ganz der Gestalt die auf ihrem Rücken saß.

Asteroth, gekleidet in schwarze eng anliegende Lederkleidung saß voller Selbstzufriedenheit auf seiner Schöpfung. Amüsiert ließ er seine Blicke über das Plateau schweifen, die Verachtung in seinen Blicken war kaum zu übersehen. Mit einem Ruck sprang er von Valotica und landete elegant auf dem Boden. Erst jetzt erkannte ich eine zweite Gestalt auf dem Rücken des Drachens die nun ebenfalls herunter sprang. Es war Barlow, der mir bei der Konfrontation in Asteroths Schloss erneut entkommen war. Doch er hatte sich auf schreckliche Weise verändert. Was früher ein edles, vielleicht sogar schönes Gesicht war, hatte sich nun in eine von Wahnsinn verzerrte Fratze verwandelt. Es sah aus als würde eine Krankheit an ihm nagen die ihn langsam von innen heraus zerfraß. Sein Gesicht bestand nur noch aus eiternden Fetzen, seine einst stolze Haltung war einer verkrümmten buckligen Gestalt gewichen die kaum noch menschliche Proportionen besaß. Sagul sah im Vergleich dazu wie ein Adonis aus. War dies die Folge von Strakers Tod? War es ein Blutsband zwischen den beiden, ein Pakt? Welche Kraft konnte dies verursachen? Voller Grauen sah ich zu den beiden Schwertern vor meinen Füßen. Würde ich genau so enden wenn ich sie nicht bald wieder in meinen Händen hielt? Ich wagte nicht darüber nachzudenken.

Meine Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf die eigentliche Bedrohung dieser Welt. Asteroth schien leise mit dem Drachen zu sprechen, was erneut für erschrockene Gesichter unter den Vampiren sorgte. Schließlich breitete der Drache die Flügel (oder was davon übrig war) aus und erhob sich wieder in die Lüfte um etwas abseits der Prozession wieder zu landen, nahe genug um jederzeit eingreifen zu können. Offenbar wollte Asteroth kein Risiko eingehen, möglicherweise hatte ihn mein Diebstahl vorsichtig werden lassen.

Schließlich schritt er gemächlich auf seinen Erzfeind zu, Barlow trottete ihm wie ein treuer Hund hinterher. Tarim o Kiel schien sich nur mühsam unter Kontrolle halten zu können.

"Wie ich sehe vollziehst du deine Hinrichtungen immer noch im großen Stil." sagte Asteroth und sah sich prüfend um.

"Was willst du hier Asteroth?"

"Du hast doch nicht ernsthaft geglaubt ich würde mir dieses Spektakel entgehen lassen? Immerhin geht es hier um meine Schöpfung die ihr brennen lassen wollt."

Bei diesen Worten wurde mir übel. Als Asteroths Schöpfung tituliert zu werden war schlimmer als die Aussicht auf das Martyrum das mich erwartete.

"Du hast hier nichts verloren Abtrünniger. Du entweihst die heilige Prozession der Gilde und unser althergebrachtes Ritual."

Asteroth lachte. "Du klingst immer noch so wie vor hundert Jahren. Es hat sich nichts geändert. Du folgst weiter deinen heiligen Schriften und Kodexen. Wann wirst du endlich begreifen das uns dieser Weg vernichten wird?"

Tarim o Kiel bebte vor Zorn. "Wie kannst du es wagen hier in unserer Mitte, unter den Augen der höchsten Gildenvertreter, deine lästerlichen Reden kundzutun? Bist du schon so verzweifelt das dies dein letzter Ausweg ist?"

Asteroth wirkte verständnislos und sah o Kiel fragend an. "Verzweifelt? Du scheinst zu vergessen wer das Necronomicon besitzt. Und wer eine Armee ausgestellt hat die unsere Rasse noch nicht gesehen hat. Und wer über die ultimative Kampfmaschine verfügt!" Bei den letzten Worten richtete sich Asteroths rechter Arm triumphierend in Valoticas Richtung der lauernd am Rande des Plateaus saß und alles aus seinen leeren Augenhöhlen beobachtete.

"Nein Asteroth, du bist nicht so allmächtig wie du es deinen Jüngern stets vorgabst. Deine Macht beginnt zu schwinden. Berichte verbreiten sich das der Jäger dich erneut übertölpelt hat, dieses Mal in deiner eigenen Festung. Er hat dir etwas Wertvolles gestohlen. Wichtiger noch, er hat deinen zweitbesten Krieger vernichtet und deinen besten in den Wahn getrieben!" Tarim o Kiel deutete auf die kauernde Gestalt hinter Asteroth. "Und nun sehe ich mit eigenen Augen die Wahrheit. Euer erster Ritter ist nur noch eine sabbernde ekelhafte Kreatur."

Barlow knurrte wütend griff nach dem gewaltigen Zweihänder den er auf dem Rücken trug. Er schien die Worte O Kiels durchaus noch verstanden zu haben. Doch Asteroth gebot ihm Einhalt. Tarim ließ seinem Gegner keine Zeit zu antworten sondern fuhr fort: "Euere Geliebte hat sich von euch abgewandt und kämpft nun auf meiner Seite. Sie hat erkannt wem die Zukunft dieser Welt gehört. Sie wird meine Königin sein!"

Asteroth starrte bei diesen Worten Lukryscha an, die ein Stück hinter ihrem neuen Meister stand. Ich konnte seinen Blick nicht deuten, tatsächlich schien der Blick völlig emotionslos zu sein. Ihre stummen Blicke trafen sich, doch Lukryscha widerstand Asteroth. Ich glaubte einen kurzen Anflug von Ärger in seinen Zügen zu erkennen. Und Überraschung. Asteroth war es nicht gewohnt das ihm jemand widerstand.

"Du magst das heilige Buch durch deinen frevlerischen Diebstahl entweiht haben", setzte Tarim o Kiel seine Rede fort, "doch dies kann vergolten werden. Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte dass das Necronomicon von Ungläubigen entwendet wurde. Die C´ael Rohen haben dafür einst mit ihrem Blut bezahlt. Und heute Nacht werden wir den letzten von ihnen richten. Und dies wird mein größter Triumph werden. Ich werde tun was du nie vollbracht hast. Der große Drake du Kane wird brennen und endlich werden wieder die Vampire die alleinigen Beherrscher dieser Welt sein."

Asteroths bohrende Blicke fixierten nun mich. Er schien O Kiel überhaupt nicht mehr zu beachten, seine Aufmerksamkeit galt ganz alleine mir.

"Du hättest mein Angebot annehmen sollen." sagte er seufzend zu mir. "Gemeinsam hätte die Welt uns gehören können."

"Allein der Gedanke dir damit zu schaden lässt mich meine Qualen vergessen. Der Tod wird eine Befreiung für mich sein, wenn es den das Schicksal so will."

Dieses Mal schien Asteroth tatsächlich wütend zu werden. "Du verfluchter Narr. Ich hätte dich niemals erschaffen sollen. Ich hätte wissen müssen das ihr Menschen einfach zu schwach und einfältig seid um unser Geschenk zu begreifen und zu würdigen."

"Deine Einsicht kommt recht spät Asteroth." höhnte O Kiel. Er genoss es sichtlich endlich mal derjenige zu sein der die Oberhand hatte. Doch Asteroth ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. "Du solltest dir deinem Triumph nicht so sicher sein." wandte er sich nun an den Erzvampir. "Du weißt doch dass dieser Berg für seine Überraschungen bekannt ist. Glaubst du unser Zusammentreffen hier wäre Zufall?"

"Nein." antwortete Tarim. "Der Berg war Zeuge deines Bruches mit der Gilde vor 60 Jahren und nun wird an eben jenem Ort der Gerechtigkeit genüge getan, indem genau hier die alte Ordnung wieder hergestellt wird. Dieses Mal werde ich siegen Asteroth. Kane wird brennen und die Gilde damit neu begründen. Schon bald wirst du und deine lächerliche neue Ordnung nur noch ein Mythos sein."

"Oder der Berg bekundet heute Nacht die endgültige Vernichtung der Gilde. Du weißt genau dass du mir nicht gewachsen bist. Ich war schon immer mächtiger als du. Und von deinem Gildenrat wird keiner dieses Plateau verlassen, dafür wird Valotica sorgen."

Unter den Ratsmitgliedern wurde es unruhig. Einige sahen ängstlich zu dem gewaltigen Drachen, andere suchten in Asteroths Zügen ein Zeichen des Bluffs. Doch sie fanden es nicht.

Tarim o Kiel brachte sie barsch zum Schweigen und wandte sich wieder an Asteroth um ihr Gespräch fortzusetzen. Doch meine Aufmerksamkeit galt jemand anderem. Während des Disputes der beiden Erzvampire hatte sich Lukryscha immer weiter von ihnen entfernt und kam nun auf mich zu.

"Es ist ein komisches Gefühl die beiden nach so langer Zeit wieder zusammen zu sehen. Beim ersten Mal war ich nur ein einfacher Schüler und wäre allein an der Präsenz der beiden fast gescheitert. Ohne Sen Lar hätte ich diese Nacht nicht überlebt. Und nun Jahrzehnte später stehe ich an jener Stelle an der mein Meister starb und sehe das gleiche Schauspiel noch einmal. Wie ein endloser Alptraum aus dem ich nicht zu erwachen vermag." Ich sprach leise aber bestimmt. Meine Augen waren in die Ferne gerichtet.

"Warum erzählst du mir dass Jäger? Erwartest du von mir Mitleid?" Lukryschas Stimme war so kalt wie immer, doch als ich sie ansah, erblickte ich etwas Neues. Sie schien sich unsicher zu sein. Etwas hatte sich seit meinem Gespräch mit ihr im Kerker verändert. Ich konnte Myra in ihren Augen sehen. Tief im Inneren dieser Kreatur war sie noch am Leben.

"Nein." antwortete ich auf ihre Frage. "Aber ich möchte dass du verstehst was hier heute Nacht geschehen wird. Mein Tod wird nichts ändern. O Kiel und Asteroth werden weiter ihren endlosen Krieg führen. Vielleicht gewinnt einer von ihnen eines Tages die Oberhand, doch dann wird es neue Gegner geben. Der Krieg wird niemals enden, den die Vampire kennen nichts anderes."

"Du redest unsinniges Zeug. Die Vampire sind die Könige unter den Rassen. Und es wird nicht mehr lange dauern bis ihr Sterblichen nur noch dass seid wozu ihr schon immer bestimmt wart. Ihr werdet unsere Nahrung sein und sonst nichts. Wir werden diesen Planeten regieren."

"Und zu welchem Preis?" fragte ich sie.

"Zu jedem Preis der dafür notwendig ist."

Ich lächelte schwach und ließ meinen Kopf gegen das Holzkreuz sinken. Bald würde mein Körper aufgeben. "Siehst du, ihr kennt nur den Krieg und das Leid. Euer ganzes Bestreben ist das Töten."

"Für Moral ist in dieser Welt kein Platz. Der Stärkere überlebt, das ist die natürliche Ordnung."

"Ja, wahrscheinlich hast du Recht. Das dachten sich vermutlich auch die Vampire die deine Familie getötet haben. Warum die Schwachen am Leben lassen, sie haben es schließlich nicht verdient auf dieser Welt zu sein."

Lukryschas Kopf ruckte erschrocken zu mir herum und ihre Blicke schienen mich förmlich zu verschlingen. "Was redest du da?" fauchte sie mich an. "Ich habe keine Familie. Versuche nicht mich zum Narren zu halten." Doch ihre Augen sagten mir etwas anderes. Die dämonische Kälte wich aus ihnen und gab etwas anderes Preis.

"Warum bist du dann jahrelang durch das Land gezogen und hast das kämpfen erlernt?"

"Hör auf deine Lügen zu verbreiten."

"Warum hast du mich gesucht? Was wolltest du von mir wenn nicht die Möglichkeit auf Rache und Gerechtigkeit."

"DU LÜGST!" schrie sie mich an. Einige der Wachen sahen überrascht zu uns, doch ansonsten schien uns niemand zur Kenntnis zu nehmen. Die Ratsmitglieder beobachten immer noch voller Furcht Valotica und die Erzvampire und ihre Begleiter waren so sehr in ihr Gespräch vertieft das sie alles um sich herum zu vergessen schienen.

Ich wandte mich wieder an Lukryscha und konnte nun deutlich den Schmerz in ihren Augen lesen. Ich hatte es fast geschafft. Da wo Schmerz war, war auch Menschlichkeit, denn ein Vampir kannte kein Leid.

"Sollen Kreaturen über diese Welt herrschen die nicht wissen was Liebe, Freundschaft und Mut bedeutet? Gefühle die uns beide und Craven verbunden haben?"

"NEIN!" keuchte sei und sank in die Knie, die Hände gegen die Ohren gepresst.

"Willst du zu jenen gehören die deine Eltern umgebracht haben. Deinen Bruder Thalon und deine Schwester Sara?"

"Hör auf!" Ihre Stimme klang wie ein Wimmern.

"Du sagtest du würdest kämpfen bis zu deinem Tod. Bedeutet dir das nichts?"

"Ich….ich kann….nicht…." Sie zitterte am ganzen Körper. In meiner Euphorie vergaß ich alles um mich herum. Ich konnte nur hoffen dass dies niemand bemerken würde. Vielleicht gab es noch Hoffnung.

"Was ist mit dem Clan? Was ist mit Craven? Was ist mit mir?"

"Ich……."

"Myra ich liebe dich! Ich liebe dich mehr als alles andere. Komm zurück zu mir. Bekämpfe es!"

"Nein…."

"Doch, du kannst es! Wehre dich dagegen und komm zurück. Myra Bitte!!"

In diesem Moment spürte ich die Veränderung. Ihr Körper lag still vor mir und ich wusste dass ich gewonnen hatte. Asteroths Fluch war verschwunden. Ich wusste nicht wie das möglich war, doch irgendwie war es mir gelungen – oder Myra selbst. Vielleicht war sie ihre Menschlichkeit von jeher zu stark für den Fluch.

Langsam regte sich die Gestalt vor mir und als sie zu mir aufsah konnte ich Myras Augen sehen, so unendlich schön wie sie einst waren.

6.

"Sieh nur, das muss es sein!" brüllte Craven aufgeregt und deutete auf den brennenden Kreis aus Fackeln. Wie ein Leuchtfeuer markierte er ein kleines Hochplateau in diesem riesigen Gebirge auf das der Gargoyl zuflog.

Cas´thor nickte und ging in den Sinkflug. Der legte die steinernen Schwingen an den Leib und flog noch schneller durch die Nacht. Craven hielt erschrocken die Luft an und sandte ein Stoßgebet an Torscha. Nun gab es für sie kein zurück mehr.

Die Ereignisse auf dem Drake-Stone-Mountain ab diesem Augenblick sind schwer zu beschreiben. Die Dinge überschlugen sich quasi zeitgleich und tatsächlich dauerte alles wohl nur wenige Minuten. Dennoch erinnere ich mich an jede Einzelheit, für mich schien das ganze Geschehen in Zeitlupe abzulaufen.

Myra erhob sich vom Boden und sah mich einen Moment lang einfach nur an. Dann umspielte ein Lächeln ihre Züge und sie strich mir sanft über meine blutende Wange. In diesem Moment erst stellte ich fest wie sehr ich ihre sanften Berührungen vermisst hatte und war unfähig zu sprechen. Träumte ich? Es war mir einerlei, solange dieses Gefühl nur nicht enden würde. Doch es schwand als Myra ihre Hand zurück zog und stattdessen spürte ich nackte Panik in mir aufsteigen. Erneut spürte ich wie sie mir entglitt als sie hinter mich trat und sich an meinen Stricken zu schaffen machte. Ich verdrängte meine Gefühle und bereitete mich auf den bevorstehenden Kampf vor. Gleich würde ich frei sein, ich spürte bereits wie die Fesseln lockerer wurden. Doch dann hielt Myra plötzlich inne und trat wieder vor mich. Die Stricke waren gelockert, ich würde mich befreien können, aber es würde es wohl etwas dauern. Warum hatte Myra mich nicht ganz losgebunden? Sie lächelte wehmütig und ich konnte Trauer in ihren Augen sehen. Etwas Endgültiges lag darin. Was immer sie vorhatte, sie hatte ihre Entscheidung getroffen und es schien sie zu bekümmern. Sie war den Tränen nahe. Ich versuchte zu sprechen doch ich bekam keinen Ton heraus.

Sie sah mich gefasst an und flüsterte: "Ich danke dir Drake das du meine Seele gerettet hast. Deine Liebe war stärker als der Fluch. Du trägst noch immer die Kraft des Jägers in dir. Du wirst deine Mission zu Ende bringen." Ihr Blick schweifte zu den beiden Erzvampiren die noch immer miteinander stritten, umringt von den gefesselten Blicken der anderen Anwesenden. Niemand beachtete uns. Einen Moment betrachtete Myra die beiden Fürsten der Dunkelheit bevor ihr Blick zu den Zwillingsschwertern schweifte die vor ihr auf dem Samtkissen lagen und sie nickte entschlossen.

"Doch selbst du kannst nicht gegen zwei von ihnen bestehen." flüsterte sie und griff ohne zu zögern nach Fortigan. Ich zog entsetzt die Luft ein als sich ihre Finger um den Griff der verfluchten Waffe schlossen. Einen Moment lang zuckte ihr Körper als sich die Klinge gegen den neuen Benutzer wehrte. Ein schmerzhaftes Seufzen entrann ihrer Kehle und sie begann zu zittern. Doch sie widerstand dem Schmerz und erhob sich mit dem Schwert in ihrer Hand. Was hatte sie vor, Fortigan würde sie töten. Ich schüttelte hilflos den Kopf und begann an meinen Stricken zu zerren. Myra wandte sich noch einmal mir zu und sah mich sehnsüchtig an. "Ich kenne nun mein Schicksal. Nun liegt es an dir deines zu erfüllen. Ich liebe dich Drake. Ich habe dich immer geliebt." Mit diesen Worten drehte sich sie um und schritt langsam auf die beiden Erzvampire zu. In diesem Moment wusste ich was sie vorhatte und diese Erkenntnis ließ mich entsetzt aufbegehren. Ich wollte schreien, sie anflehen es nicht zu tun, doch ich wusste dass es sinnlos war. Ich zerrte an den Stricken und spürte dass sie langsam nachgaben. Aber ich würde nicht schnell genug sein. Erneut war ich dazu verdammt hilflos zuzusehen. Ich zerrte mit aller Kraft an meinen Fesseln. Doch der Drake-Stone-Mountain wollte Blut sehen. Myra hatte die beiden Erzvampire erreicht.

Tarim o Kiel und Asteroth standen sich wie die Kontrahenten in einem Faustkampf gegenüber und starrten sich hasserfüllt an. Ihre Augen sprühten Feuer und Blitze. Atemlos starrten die restlichen Anwesenden diese beiden Wesen an die die mächtigsten Vampire des Planeten verkörperten. Ein Knistern lag in der Luft, etwas braute sich zusammen. Niemand vermochte zu sagen ob dies von den Vampiren oder von dem Berg selbst ausging, doch ein jeder spürte diese unsichtbare Energie.

"Es ist vorbei Asteroth. Lass und diesen Konflikt endlich beenden." O Kiels Stimme hallte Ehrfurcht gebietend über den Berg.

"Du irrst, es fängt gerade erst an. Ich habe noch viel zu tun. Doch deine Zeit scheint in der Tat zu Ende zu sein. Ich fühle es in der Luft. Spürst du es nicht? Der Berg erwartet deine Essenz. Es ist sein hungriger Atem der in der Luft liegt."

"Du wirst mich nicht vernichten."

Asteroth hielt nach diesen Worten inne und lauschte einem Moment. Ein fragender Ausdruck erschien in seinem Gesicht. "Vielleicht hast du sogar Recht." antwortete er zögernd und in diesem Moment konnte er eine Gestalt hinter dem Erzvampir ausmachen. Eine Hand legte sich sanft auf Tarim o Kiels Schulter und der Erzvampir fuhr barsch herum. Lukryscha stand hinter ihm, doch etwas stimmte nicht mir ihr. Etwas war anders. Tarim o Kiel sah sie wütend an. "Was soll das? Wie kannst du es wagen mich jetzt zu stören…" Der Erzvampir verstummte als er den Ausdruck auf dem Gesicht seiner zukünftigen Königin sah. Erschrocken sah er in ihre Augen.

"WAS ZUM…?" entfuhr es ihm, doch es war zu spät. Ein stechender Schmerz explodierte in seiner Brust als sich Fortigan durch sein Herz bohrte. Tarim o Kiel riss fassungslos die Augen auf. In seinem Gesicht lagen Überraschung und Entsetzen gleichermaßen als er keuchend in die Knie brach. Mit einem Ruck zog Myra das Schwert aus O Kiels Leib und drehte sich zu mir herum. Ich brüllte ihr etwas zu, doch mein Ruf ging in dem Getümmel unter, dass in diesem Moment über dem Berg hereinbrach. Ein zwei Sekunden standen die Gardisten der Gilde einfach nur regungslos da und starrten auf ihren Gefallenen Herren bevor Sagul etwas brüllte und sie mit gezogenen Schwertern auf Myra zustürmten. Myra sah mich an und sammelte das bisschen Kraft das ihr das Dämonenschwert noch gelassen hatte um Fortigan von sich zu schleudern. Ich sah die Klinge wie sie sich mit der Klinge in den Erboden grub und dort zittern stecken blieb, nur wenige Schritte von Korosan entfernt das noch immer auf dem Samtkissen zu meinen Füssen ruhte. Sofort schnellte mein Blick wieder zu Myra die sich mit letzter Kraft auf den Beinen hielt und mich anlächelte. Wie in Trance hob sie die Arme gen Himmel und schloss die Augen. Dann erreichten sie die Soldaten und ein Teil von mir starb bei dem Anblick, als ein Duzend Schwerter auf sie einstachen, bevor ihr Körper von denen der Soldaten verdeckt wurde. Ich stieß einen Schrei der blanken Verzweiflung aus und riss mich endgültig von den Stricken los die mich hielten.

Mit einem Satz war ich bei den Zwillingen und hob sie auf. Als ich sie in meinen Fäusten spürte wich sofort meine Erschöpfung und ich spürte wie sich augenblicklich meine Wunden begannen zu schließen. Mein Geist war zerrüttet und betäubt von Myras Opfer, doch mein Körper hatte seine alte Stärke wieder. Und ich kannte nun nur noch ein Ziel. Diesen Berg würde niemand mehr verlassen, dafür würde ich sorgen.

Aus den Augenwinkeln sah ich eine Gestalt auf mich zukommen und ich hob die Zwillinge. Es war Sagul und ich erkannte das er fest entschlossen war zu Ende zu bringen was ihm einst nicht gelang.

Im selben Moment registrierte ich eine Bewegung über mir und erkannte eine steinerne Kreatur die im Sturzflug auf die Söldner zuhielt die Myra nieder gestreckt hatten. Es war der Gargoyl und in seinen Klauen konnte ich Craven mit seiner Axt in seinen Händen erkennen.

Es war soweit. Die letzte Schlacht hatte begonnen.

7.

Mit der Urgewalt eines echten Gargoyles brach Cas´thor in die Reihen der Soldaten ein. Craven fand sich auf dem Boden wieder und stellte fest das der Kampf um ihn herum begonnen hatte. Die Söldner der Gilde hatten ihre Überraschung schnell überwunden und griffen ohne zu zögern den Gargoyl an. Craven raffte sich auf und wollte dem Kampfgefährten zu Hilfe eilen, als er ein wahnsinniges und durch und durch unmenschliches Kreischen vernahm. Sofort wandte er sich dem Geräusch zu und erkannte eine furchtbare Kreatur die voller Wahn und blindem Hass auf ihn zugestürmt kam.

"DU!! MÖRDER! RACHEEEE!!!" kreischte die Kreatur und hielt einen mächtigen Zweihänder hoch erhoben. Nun erkannte Craven das es sich bei der entsetzlichen Kreatur um die Überreste von Barlow handelte. Offenbar hatte er nicht vergessen wer seinen Bruder getötet hatte und verantwortlich für sein schreckliches Schicksal war. Craven packte seine Axt fester. Barlow kannte nun keine Rücksicht mehr. Sein einziges Bestreben galt Cravens Tod.

Cas´thor spürte wie mehrere Schwerter auf ich niederfuhren und ihm Steinbrocken aus dem Leib hieben. Zwar war er gut gepanzert doch diese Soldaten verstanden ihr Handwerk und konnten ihm durchaus gefährlich werden. Mit einem wütenden Brüllen befreite er sich aus ihrer Umklammerung und schleuderte zwei weit von sich. Einer schlug hart auf dem Boden auf und blieb reglos dort liegen, der andere stürzte vom Plateau und wurde von der Finsternis verschluckt. Die anderen Söldner hielten kurz inne und sahen einander an, doch Cas´thor stürmte bereist seinerseits auf sie zu, entschlossen keinen von ihnen entkommen zu lassen.

Verstört sahen sich die Ratsmitglieder auf dem Schlachtfeld um. Sie spürten dass die Dinge schief gelaufen waren. Sie mussten schnellstens von hier verschwinden. Doch noch bevor sie die nötigen Zauber sprechen konnten erblickten sie einen gewaltigen Schatten über sich. Valotica hatte seinen Platz am Rande des Geschehens verlassen und starrte nun die Ratsmitglieder an. Als das erste Ratsmitglied fliehen wollte schnellte sein Hals blitzschnell vor und verschlang den hohen Vampir mit einer Geschwindigkeit die die der Vampire bei weitem überstieg. Unter dem Rat breitete sich die Gewissheit aus dass der Drache sie nicht entkommen lassen würde und sie spürten am eigenen Leib dass ein Vampir durchaus in der Lage war Angst zu empfinden – sogar Todesangst!

Asteroth betrachtete überrascht und voller Selbstzufriedenheit die gefallene Gestalt von Tarim o Kiel die vor ihm in die Knie gebrochen war und sich stöhnend die Brust hielt. Er konnte in den Augen von O Kiel lesen dass dieser so gut wie Asteroth wusste dass diese Wunde selbst für einen Erzvampir tödlich war. Die geballte Macht des Dämonenschwertes hatte sein Herz zerfetzt. Nun erst wurde Asteroth die Ironie bewusst das sein ärgster Rivale den er seit Jahrtausenden kannte sterbend vor ihm lag und dass es nicht durch seine Hand dazu kam. Asteroth war die ganzen Jahre über davon überzeugt gewesen das er eines Tages der Existenz seines Bruders ein Ende setzen würde. Mit diesem Ausgang hatte er nicht gerechnet, doch die Tatsache das es die Tat von Lukryscha war, der Frau die ihn für O Kiel verraten hatte, machte seinen Triumph nur noch viel köstlicher. Er begann zu lachen während er Tarim o Kiel bei seinem Untergang zusah.

Sagul war so schnell und tödlich wie einst. Doch dieses Mal kannte ich seine Kräfte. Und dieses Mal besaß ich Waffen denen auch er nichts entgegensetzen konnte. Ich dachte an die Bilder von Myra wie sie unter den Söldner begraben wurde und sagte mich damit endgültig von jeglichen Gefühlen und meiner verbliebenen Menschlichkeit los. Dieses Mal würde es enden. Ich ließ die Bestie in mir frei und spürte sofort wie das Tier in mir die Kontrolle über mein Handeln übernahm. Sagul zuckte einen Moment zurück als er die Verwandlung in mir bemerkte. Seine Augen zeigten deutlich dass er sich seines Sieges nun nicht mehr so sicher war, auch wenn er vermutlich der mächtigste Hohe Vampir war den es jetzt noch gab.

Entschlossen schritt ich auf ihn zu und führte die schwarzen Zwillinge in den Kampf. Die Klingen kreischten voller hungriger Erwartung und die Aussicht auf solch eine mächtige Beute trieb sie in blutige Extasse. Ich versuchte nicht sie zurückzuhalten. Sollten sie tun was immer sie wollten, es war einerlei. Ich war dazu geschaffen zu töten.

Immer schneller und unerbittlicher fuhren die Schwerter auf Sagul hernieder. Der Vampir war schneller und geschickter als jeder andere Vampir gegen den ich je gekämpft hatte, dennoch wurde er unter meinen Hieben deutlich zurückgedrängt und kam seinerseits kaum zum Schlag.

Sagul führte einen fein geschliffenen Krummsäbel in den Kampf mit dem er vortrefflich umzugehen verstand. Es war derselbe Säbel der mich einst das Leben kostete. Offensichtlich glaubte Sagul damit seinen Sieg wiederholen zu können. Immer wieder versuchte er mich mit Ausfällen und Finten zu täuschen doch kaum holte er aus war eine meiner Klingen im Weg und blockte seinen Angriff. Weder das Tier in mir noch die Dämonen in den Schwertern würden sich ihre Beute nun noch nehmen lassen.

Schnell vollführte Sagul einige hastige Bewegungen und verschwand vor meinen Augen um hinter mir wieder aufzutauchen. Ich vollführte eine halbe Drehung und parierte seinen feigen Angriff bevor dieser sein Ziel fand. Sagul starrte mich ungläubig an und stieß einen Fluch aus. Der Vampir wich ein Stück zurück und murmelte etwas vor sich hin. Grünliche Nebelschleier zogen um ihn herum auf und sein Körper schien mit ihnen zu verschmelzen. Es schien als würde ich gegen einen Schemen kämpfen, ein unsichtbares Phantom am Rande meines Sichtfeldes. Doch die Schwerter ließen sich nicht täuschen. Zielsicher hieben sie in den Nebel und ich hörte einen überraschten Schmerzenslaut. Seine Illusionen konnten ihn nun auch nicht mehr retten. Der Nebel begann sich zu lichten und dort stand der Vampir und funkelte mich zornig an. Eine lange Schnittwunde zog sich über seine Brust.

"Verflucht sollst du sein!" fauchte er mich zwischen zusammen gebissenen Zähnen an und begann erneut die magischen Energien um sich zu sammeln. Ein Dröhnen unter mir erklang und ich merkte wie der Boden zu schwanken begann. Unter meinen Füssen klafften Risse im Felsen auf und zogen sich durch das Plateau während das Beben mich um mein Gleichgewicht ringen ließ. Sagul, der von dem Erdbeben unberührt blieb, nutze diese Gelegenheit und sprang mit einem Satz auf mich zu. Ich spürte wie sein Säbel durch meinen Leib schnitt und mein Blut durch die Luft spritzte. Doch ich spürte keine Schmerzen. Solange das Tier in mir wütete war ich unempfänglich für Schmerzen. Ohne auch nur zu zucken holte ich aus und stieß den Vampir weit von mir. Sagul schlug hart auf den Boden. Das Beben verstummte. Langsam ohne jede Hast schritt ich auf ihn zu während sich meine Wunden bereits wieder zu schließen begannen. Eisige Kälte umwehte mich als ich vor dem Vampir stehen blieb. Ich spürte wie der Vampir neuerlich nach der Kraft griff und Blitze begannen um uns herum zu zucken. Etwas Gewaltiges braute auf, Sagul schien seine ganze Kraft anzusammeln für einen letzten entscheidenden Angriff. Etwas zerrte an meinem Körper, wollte ihn von innen heraus zerreisen. Ich spürte ein kaltes Feuer in meinem Inneren das meinen Leib verbrennen wollte. Pure Energie strömte durch meinen Körper und lähmte ihn. Ohne die animalischen Kräfte der vampirische Bestie in mir wäre ich unter diesem Angriff längst zu Boden gegangen. Doch der Vampir in mir würde jetzt nicht aufgeben. Mit einem wilden tierischen Brüllen riss ich die Arme in die Höhe und befreite mich von der eisigen Umklammerung. Ein greller Lichtblitz explodierte in meinem Geist und ließ mich taumeln. Ich blutete aus unzähligen Wunden am ganzen Körper, doch ich war frei. Taumelnd schritt ich einen weiteren schritt auf Sagul zu der am Ende seiner Kräfte vor mir lag und mich voller Entsetzen anstarrte.

"Was bist du?" flüsterte der Hohe Vampir voller Ehrfurcht. Ich gab ihm keine Antwort als ich Korosan tief in sein untotes Herz stieß. Ohne einen Laut des Schmerzes, nur mit diesem von Schrecken und Wahn verzerrten Gesichtsausdruck ging Sagul in Flammen auf und verbrannte in der langsam aufziehenden Morgenröte.

Craven spürte den Hauch seines eigenen Todes als die wuchtige Klinge des Zweihänders nur wenige Zentimeter vor seinem Gesicht durch die Luft schnitt. Funken sprühten durch die Luft als das Schwert mit voller Wucht gegen den felsigen Boden schlug. Barlow, der seine ganze Kraft in diesen von blankem Hass getriebenen Schlag gesetzt hatte, taumelte und wäre beinahe gestürzt. Craven nutzte diese Gelegenheit und ging seinerseits in den Angriff. Er versuchte seinen Gegner einzuschätzen, musste sich jedoch eingestehen dass ihm dies nicht möglich war. Er empfand nur lähmenden Schrecken für das was aus dem einst so kühnen Vampir geworden war. Zwar hatte er mit ihm nie die Klingen gekreuzt, dennoch hatte er den Kampf zwischen ihm und Drake in Asteroths Heim so gut verfolgt wie ihm das in seiner Situation möglich gewesen war. Doch von diesen Eindrücken war nun nichts mehr da. Der damalige Barlow hatte vorsichtig und äußerst gerissen agiert, er war verschlagen und listig. Die Kreatur die nun vor ihm stand hatte seinen Verstand endgültig aufgegeben und sich ganz dem Hass verschrieben. Die diabolischen Augen die bei anderen Vampire stets unergründlich, mystisch und von finsterer Weisheit erfüllt aussahen glänzten bei Barlow voller Wahn. Speichel lief ihm aus dem Mund als er seine spitzen Zähne bleckte während er Cravens Attacke abwehrte. Die Kraft die in dieser Bestie steckten war unglaublich. Craven spürte wie seine Arme taub wurden und er von Barlow nach hinten geschleudert wurde. Das Gewicht von Rutex riss Craven schließlich endgültig zu Boden. Der kantige Fels bohrte sich schmerzhaft in seinen Rücken und Craven blieb für einen Moment die Luft weg. Im nächsten Moment sah er Barlow bereits über sich. Er sah die Spitze des Zweihänders und rollte sich in letzter Sekunde zur Seite. Wieder sprühte Barlows Schwert Funken als es den Felsen traf. Doch schon vollführte der Vampir die nächste Attacke und wieder gelang es Craven nur knapp dem Schlag zu entgehen. Für einen Moment hatte Barlow ihm den Rücken zugewandt und ohne nachzudenken holte Craven mit dem rechten Fuß aus und trat dem Vampir mit aller Kraft in die Kniekehlen. Barlow stieß ein überraschtes Kreischen aus und ging ebenfalls zu Boden. Craven nutze das bisschen Zeit das er dadurch gewonnen hatte um wieder auf die Beine zu kommen. Doch auch Barlow erhob sich mit unglaublicher Geschwindigkeit und ging bereits zum nächsten Angriff über. Craven kam nicht zur Ruhe und spürte bald wie seine Kräfte nachließen. Das hohe Tempo das Barlow vorgab erschöpfte den Krieger, seine Axt wurde immer schwerer. Wieder schlug Barlow mit wütendem Gebrüll zu, Metal traf auf Metal und die Kraft des verrückten Vampirs zwang den muskulösen Ritter beinahe in die Knie. Mit einem Ruck riss sich Craven los, doch schon wieder schnellte Barlow vor und attackierte ihn. Der Vampir zeigte keine Anzeichen von Ermüdung und setzte seinen erbarmungslosen Kampf fort. Lange würde Craven dem nicht mehr standhalten können. Ein Seitenblick offenbarte ihm das Drake im Kampf mit Sagul lag. Etwas ging in Drake vor, er schien von einer geradezu dämonischen Kraft beflügelt zu sein. Der Hohe Vampir schien deutlich unterlegen. Doch würde ihm das helfen? Craven bezweifelte es als neue Hiebe seine Axt trafen und ihn aufstöhnen ließen. Seine Beine wurden weich und er taumelte nach hinten. Plötzlich stellte er fest dass hinter ihm der Boden aufhörte. Craven hatte den Rand des Plateaus erreicht. Barlow stürmte auf ihn zu, mit der festen Absicht seinen verhassten Gegner vom Berg zu werfen.

Wie Strohpuppen flogen die verbliebenen Söldner durch den nächtlichen Himmel als die gewaltige Gestalt des Gargoyles zum Schlag ausholte. Lange war es her das Cas´thor das letzte Mal das Fieber des Gefechtes in seinem Herzen aus Stein gefühlt hatte und nun brach es sich mit unglaublicher Intensität Bahn und fegte seine Widersacher vom Schlachtfeld. Nur noch drei Kämpfer blieben übrig die sich mit dem Mut der Verzweiflung auf den steinernen Koloss stürzten. Sie wussten dass sie keine Chance hatten, doch sie würden diesen Ort ohnehin nicht mehr verlassen. Diese bittere Erkenntnis stand ihnen deutlich ins Gesicht geschrieben nachdem sie den Fall ihres Meisters gesehen hatten. Und so griffen sie ein letztes Mal an und tatsächlich schafften sie es dem Gargoyl einige weitere Wunden zu schlagen. Stein splitterte, Cas´thor brüllte auf vor Schmerz und geriet ins Wanken. Die Vampire sahen ihre letzte Chance und stürzten sich auf ihn. Doch Cas´thor bäumte sich auf, packte den ersten der heran stürmenden und zerriss ihn einfach in zwei Teile, die augenblicklich in Flammen aufgingen. Bevor die beiden letzten Söldner etwas unternehmen konnten griff der Gargoyl an. Er überrannte die Soldaten förmlich, packte sich den ersten und schlug ihm mit seiner steinernen Faust den Kopf von den Schultern. Während sich der Körper des Enthauptenten in Asche verwandelte wandte sich der Gargoyl dem letzten der Gildenkrieger zu, der bewegungslos auf den brennenden Körper seines Kameraden starrte. Cas´thor setzte dem Geschehen ein Ende indem er seine Faust tief in die Brust des Vampirs bohrte so das diese mit dem noch schlagenden Herzen wieder aus dem Rücken austrat. So fand auch der letzte Kämpfer sein Ende.

Cas´thor entwich ein erschöpftes Schnauben während er sich auf dem Schlachtfeld umsah. Der Jäger hatte seinen Feind, einen offenbar sehr mächtigen Vampir der Gilde, in diesem Moment bezwungen. Doch der Ritter stand in arger Bedrängnis. Die Kreatur, die mehr Tier den Vampir zu sein schien, hatte ihn an denn Rande des Hochplateaus gedrängt. Er musste ihm zu Hilfe eilen. Der Gargoyl setzte sich in Bewegung.

Doch schon nach wenigen Schritten wurde ihm der Weg versperrt. Ein gewaltiger Schatten überragte ihn und er sah sich dem einzigen Teilnehmer dieser Schlacht gegenüber der größer war als er selbst. Valotica grinste ihn böse an.

"Wohin willst du Wasserspeier?" fragte ihn der Drache verächtlich. Es war kein Geheimnis das sich Drachen und Gargoyles seit Jahrtausenden befehdeten, auch wenn niemand mehr den genauen Grund dafür kannte. Vermutlich war es der Neid der Drachen nicht mehr die einzigen intelligenten Lebewesen zu sein die den Himmel beanspruchten. Und auch wenn Valotica sich längst von seiner ehemaligen drachischen Existenz losgesagt hatte um eine untote Vernichtungswaffe zu werden, so loderte tief in seinem Inneren noch immer die alte Rivalität.

Cas´thor breitete entschlossen die steinernen Flügel aus. "Geh mir aus dem Weg Kreatur. Ich fürchte mich nicht vor deiner verderbten Erscheinung und ich beuge mich keinem Heuchler der seine eigene Rasse verleugnet um einem verdammten Blutsauger zu dienen!"

Aus Valoticas Kehle drang ein wütendes Knurren und mit einem urgewaltigen Brüllen stürmte der Vampirdrachen auf den Gargoyl zu.

Zufrieden stellte Asteroth fest dass keiner des Gildenrates mehr am Leben war. Seine Schöpfung hatte sie alle vernichtet. Dies war das endgültige Aus der Vampirgilde. Betont langsam sank Asteroth vor der zusammen gekrümmten Gestalt von Tarim o Kiel in die Knie und hob dessen Kopf so dass er ihm direkt in die Augen sehen konnte. Die fahle Haut des Gildenanführers begann sich bereits aufzulösen und seine Augen waren bereits von der kommenden Schwärze umwölkt. Er versuchte noch einmal zu sprechen, doch ihm fehlte die Kraft. Asteroth sah ihm tief in die Augen und lächelte. "Dies ist dein Ende Bruder. Und ebenso das Ende der Gilde. Nun wird die Welt mir gehören. Sieh mich gut an, das Gesicht des Herrschers über die Vampire. Denn es ist das letzte was du sehen wirst. Und nun geh, deine Zeit ist abgelaufen." flüsterte Asteroth schon fast zärtlich seinem sterbenden Bruder zu, in dessen Augen sich eine letzte Emotion zeigte. Das Verstehen seiner Niederlage. Und mit diesem Ausdruck verwandelte sich Tarim o Kiel in einen Haufen Staub der vom Wind fort getragen und über den gesamten Drake-Stone-Mountain verstreut wurde.

Ich lief starr über das Schlachtfeld. Mir war mein Triumph über Sagul gar nicht bewusst, er interessierte mich auch nicht. Ebenso wenig wie die Dinge die sich um mich herum abspielten. Ich hatte nur ein Ziel. Vor mir sah ich Myras leblosen Körper liegen. Die Soldaten die ihr das angetan hatten waren verschwunden, der Gargoyl des Orakels hatte sie offenbar getötet, doch dies kam mir in diesem Moment nicht in den Sinn. Mein ganzes Denken galt nur Myra. Als ich sie erreichte fiel ich vor ihrem Körper auf die Knie und nahm sie in die Arme. Ich bettete ihren Kopf in meinem Schoß und strich ihr das blutige Haar aus der Stirn. Stumm betrachtete ich ihr Antlitz, als sie langsam die Augen aufschlug.

Craven spürte die Erschöpfung an ihm nagen. Barlow stürmte noch immer auf ihn zu und mit jedem seiner Hiebe schwand die Kraft des Ritters. Rutex schien Tonnen zu wiegen und er stolperte einen weiteren Schritt auf den Abgrund zu. Barlow grinste irre und griff wieder an. Craven spürte wie Barlows Körper gegen den seinen prallte und versuchte ihn in den Abgrund zu schubsen der nun nur noch zwei Meter hinter ihm war. Craven sammelte all seine Kraftreserven und rammte Barlow die flache Seite des Axtblattes gegen die Stirn. Überrascht taumelte der Vampir ein Stück nach hinten, doch Craven spürte wie diese Aktion das letzte bisschen Kraft aus ihm zog. Rutex entglitt seinen tauben Fingern und er spürte wie etwas Hartes gegen seinen Kopf schlug. Warmes Blut rann sein Gesicht hinab, während er in die Knie brach und mit der drohenden Ohnmacht kämpfte. Er sah Barlow über sich der zum finalen Schlag ausholte. Craven schloss die Augen. ´Bitte Herrin, hilf mir nur dieses eine mal` bettete er zu Torscha.

Und dann geschah das unglaubliche. Er spürte wie sein Gebet erhört wurde. Er fühlte eine Präsenz in seinem Inneren. Etwas erfüllte ihn, etwas Mächtiges. Sofort spürte er neue Kraft in sich. In diesem Moment fuhr Barlows Schwert herab. Blitzschnell wich ihm Craven aus und ließ den Vampir von der Wucht des Zweihänders mitgerissen ins Leere laufen. Craven griff seine Axt und sprang auf die Beine. Als sich Barlow verdutzt umdrehte vollführte Craven eine schnelle Bewegung aus dem Handgelenk und rammte dem überraschten Vampir seinen Axtgriff ins Gesicht. Die Wucht des Schlages schleuderte Barlow nach hinten, der Zweihänder fiel ihm aus der Hand. Sofort setzte Craven dem Vampir nach der nun nur noch einen Schritt vom Abgrund entfernt stand. Mit einem wilden Schrei vollführte er mit Rutex einen waagerechten Schlag und trennte damit Barlows Kopf von seinem Rumpf, der nach hinten umkippte und vom Plateau stürzte. Craven sah wie Barlows Körper im Fall Feuer fing und vollständig zu Asche verbrannte bevor er unten aufschlagen konnte.

In diesem Moment wich die göttliche Kraft Torschas von ihm und er sank völlig erschöpft zu Boden. Schwer atmend schloss er die Augen. Doch es war noch nicht vorbei, etwas tief in seinem Inneren versuchte ihn zu warnen. Aber es war zu spät, Craven vernahm hinter sich eine Stimme: "Ich gratuliere, du hast soeben meinen besten Krieger vernichtet."

Ich war wie versteinert als mich Myras vertraute grüne Augen ansahen. Ich wusste dass ich sie nicht mehr retten konnte. Ihre Wunden waren zu zahlreich. Wäre sie kein Vampir gewesen so wäre sie schon längst tot. Doch auch so würde es wohl nicht mehr lange dauern. Sie begann zu lächeln und ihre blutige Hand hob sich langsam um mein Gesicht zu berühren.

"Ich wusste dass du kommen würdest." flüsterte sie kraftlos.

"Sei still, du darfst dich nicht anstrengen." antwortete ich stockend. Ich spürte wie ich die Kontrolle über mich zurück gewann und das Tier wieder dorthin verbannte wo es hingehörte.

"Es spielt keine Rolle mehr, meine Zeit ist gekommen." flüsterte Myra. Ich schüttelte verzweifelt den Kopf. "Nein. Nein, sag das nicht. Du wirst wieder gesund."

Myra lächelte und zog ihre Hand zurück. Langsam griff sie unter ihr Gewand und holte etwas hervor. Es war das silberne Medaillon dass sie um den Hals trug seit ich sie kennen gelernt hatte. Es war immer ihr größter Schatz gewesen, das einzige was sie noch von ihrer Familie besaß. Selbst als Vampir hatte sie es offenbar nicht über sich gebracht es abzulegen, obwohl das Silber ihr starke Schmerzen zugefügt haben musste. Sie sah es einen Moment lang an, bevor sie wieder zu mir aufsah. "Du musst mir eines versprechen Drake." flüsterte sie, ihre Stimme wurde jetzt immer leiser.

"Alles was du willst." antwortete ich.

"Versprich mir Gut zu sein. Setzte deine Berufung fort und erfühle deinen Schwur den du an Sen Lar geleistet hast, aber lass dich nicht von dem Tier in dir beherrschen und verzehren. Führe ein gutes Leben. Hilf den Schwachen und lass dich nicht vom Bösen verführen."

Ich sah sie einen Moment lang schweigend an bevor ich antwortete: "Ich schwöre dir das ich alles in meiner Macht stehende tun werde um diese Bitte zu erfüllen. Du hast mich gelehrt was es heißt Gut zu sein. Solange ich auf dieser Welt bin werde ich mich an deine Worte erinnern."

Myra lächelte und drückte mir das Medaillon in die Hand. "Hier. Nimm es. Trage es immer bei dir und lege es nie ab. Es soll dich an dein Versprechen erinnern."

Mit gefühllosen Fingern ergriff ich das Kleinod und hing es mir um den Hals. Das kalte Silber schmiegte sich an meine Haut ohne mich zu verletzen und ich spürte sofort das erdrückende Gewicht das auf ihm lastete. Myras Vermächtnis war eine schwere Bürde, die ich von nun an um meinem Hals hängen hatte.

"Myra ich…" setzte ich an, ohne genau zu wissen was ich sagen sollte, doch sie schüttelte nur lächelnd den Kopf. Ihre Bewegungen wurden immer langsamer. "Ich weiß." flüsterte sie. Ihre Stimme war nun kaum mehr zu verstehen. "Ich liebe dich Drake." war das letzte was sie sagte bevor sie ihre Augen für immer schloss und in meinem Schoss starb. In diesem Moment spürte ich etwas Neues in mir, eine Trauer die tiefer war als alles Bisherige. Ich fühlte Feuchtigkeit in meinen Augen und eine Sekunde später tropfte eine Träne auf Myras Gesicht.

Konnten Vampire weinen? Ich hätte es bis zu diesem Augenblick nicht für möglich gehalten. Vielleicht war einfach noch zu viel Menschliches in mir, vielleicht war die Trauer auch einfach nur zu groß. Doch ich spürte heiße Tränen über meine Wangen laufen und sah wie sie Myras bleiches Gesicht bedeckten während ich sie in meinem Schoß wiegte und mich der Trauer hingab.

8.

Das restliche Mondlicht spiegelte sich in den verbliebenen Schuppen des Drachens und der aufziehende Westwind blies durch die blank liegenden Knochen. Die leeren schwarzen Augenhöhlen starrten Cas´thor an. Diese Erscheinung war so unfassbar, so verderbt und wider aller Gesetzte der Ordnung und des Lebens, dass der Gargoyl nur einen weiteren Schritt zurückweichen konnte. Was hatte Asteroth nur mit ihm getan, welch Teufelswerk machte dies möglich?

"Bestaunst du meine Erscheinung Steinfratze?" höhnte Valotica siegessicher.

Cas´thor schüttelte den Kopf. "Was immer du nun auch sein magst, es hat dich deine Seele gekostet."

Valotica gab einen seltsames tiefes Grollen von sich, das sich für Cas´thor wie ein Lachen anhörte. "Die Unsterblichkeit ist jeden Preis wert." Im selben Moment schlug der Drache mit seiner Vordertatze zu. Nur mit Mühen gelang es dem Gargoyl den Angriff abzufangen. Der schieren Kraft dieses Monstrums hatte er kaum etwas entgegenzusetzen. Dieses Mal war er der Zwerg und sein Gegner der Titan.

Cas´thor versuchte seine Klauen in den Leib des untoten Drachen zu schlagen, doch selbst sein massiver Stein vermochte nicht die Schuppen zu durchbrechen. Und selbst wenn, was wollte er verletzten? Die Fetzen verfaulten Fleisches die noch an ihm hingen? Oder seine blanken Knochen? Valotica war schon tot und ihm würde er nicht so einfach den Kopf abtrennen können. Cas´thor begriff die Sinnlosigkeit seines Tun als ihn ein weiteren harter Schlag von Valoticas zerfetzten Schwingen traf und nach hinten schleuderte.

Als Craven begriff wer hinter ihm stand war es bereits zu spät. Asteroth packte den Hünen lässig mit der rechten Hand. Seine klauengleichen Finger bohrten sich in seinen Hals und Craven spürte wie er keine Luft mehr bekam. Er spürte wie er hochgehoben wurde und den Boden unter den Füßen verlor. Asteroth grinste ihn an. "In dir scheint Potential zu stecken. Barlow war nur noch eine sabbernde Missgeburt, ich bin froh ihn los zu sein. Aber ich hätte nicht gedacht dass ein Mensch diese Kraft besitzen würde. Stell dir nur vor wie viel größer deine Macht mit meinem Geschenk wäre. Die Ehre gebührt dem Sieger. Du könntest Barlows Platz an meiner Seite einnehmen. Du würdest Macht jenseits deiner Vorstellung von mir bekommen und zusammen würden wir das Land beherrschen. Was sagst du?"

Der Druck um seinen Hals ließ nach und Craven zog keuchend Luft ein. Als er schließlich zu Atem gekommen war sah er Asteroth in die Augen. Sofort spürte er diese hypnotische Anziehungskraft die es ihm untersagte sich ihm zu verwehren. Er spürte den Drang ihm alles zu versprechen, vor ihm auf die Knie zu fallen und ihn anzubeten. Doch etwas anderes war noch immer in ihm. Eine Präsenz die noch mächtiger war und so rein wie es die verderbte Aura des Vampirfürsten niemals sein konnte. Torschas Atem pochte in Cravens Herz und so widerstand er der Versuchung.

"Fahr zur Hölle Dämon." zischte er Asteroth entgegen und spuckte ihm ins Gesicht. Für einen kurzen Moment loderte Zorn in den ruhigen Augen des Erzvampirs auf, doch dann wich dieser Ausdruck der gewohnten Gelassenheit. "Nun gut, " entgegnete der Vampir, "ich sehe schon, du bist ein genauso hoffnungsloser Fall wie dein Mentor." Sofort wurde der Druck auf Cravens Hals wieder verstärkt während Asteroth seinen Blick über das Plateau streifen ließ. "Doch sieh dich um, es ist vorbei. Der Kampf ist zu Ende." Tatsächlich war der Berg nur noch von den Waffen und Rüstungen der Besiegten übersäht deren Asche längst vom Wind zerstreut wurde. Asteroth wandte sich Valotica zu, der in diesem Moment den Gargoyl mit voller Wucht gegen einen Felsen schleuderte. Cas´thor blieb regungslos liegen und Valotica setzte ihm nach um den Körper in einen Haufen Geröll zu verwandeln.

"STOP!" herrschte ihn Asteroth an. Valotica reagierte verständnislos und zornig auf diesen Befehl, doch Asteroth fuhr fort. "Lass ab von ihm. Die Sonne geht jeden Moment auf. Es wird Zeit zu gehen." Der Drache schien einen Moment zu zögern, Wut und Enttäuschung schien sich in den leblosen Zügen widerzuspiegeln. Doch schließlich beugte sich der Drache seinem Meister und wurde sich wieder bewusst welchen Preis seine Macht forderte.

All dies bekam Craven nur noch am Rande mit. Er spürte wie jedes Gefühl langsam aus seinem Körper wich. Am Rande der Bewusstlosigkeit die sein sicheres Ende bedeuten würde sah er Drake auf sich zukommen.

Als meine zitternden Finger Myras Augen geschlossen hatten, deren Körper immer noch vor mir lag und nicht zu Staub verbrannt war, wurde ich mir der Geschehnisse um mich herum wieder bewusst. Ich kämpfte gegen die Gleichgültigkeit an, die die Trauer in mir herauf beschwor und stand langsam auf. Die Trauer musste warten, meine Aufgabe hier war noch nicht beendet. Mein Kopf klärte sich und ich wusste dass ich weiterleben musste wenn Myras Tod nicht sinnlos sein sollte. Nun lastete ein weiterer Schwur auf mir als der Berg mir den zweiten geliebten Menschen entrissen hatte. Doch vielleicht konnte ich verhindern dass es noch mehr wurden. Ich stellte fest dass das Hochplateau annähernd verlassen war. Von Tarim o Kiels Gilde waren alle vernichtet worden, das gleiche galt für Asteroths ersten Ritter Barlow. Cas´thor lag bewegungslos am Boden, sein Bezwinger Valotica stand starr ein Stück daneben und musterte die einzigen beiden Gestalten die außer mir noch hier waren. Ich konnte Craven in den Klauen von Asteroth erkennen und sofort breitete sich wieder das Entsetzen in mir aus. Sie standen in der exakt gleichen Posse wie damals vor 60 Jahren an der exakt gleichen Stelle. Nur das Asteroth dieses Mal nicht meinen Meister Sen Lar in seinen Klauen hielt, sondern meinen Schüler Craven. Grinsend sah er mich, der Triumph in seinen Augen quälte mich.

"Kommt dir diese Szene bekannt vor Jäger? Dieser Berg scheint sich gerne zu wiederholen."

Asteroths Stimme echote über das Plateau während ich hinter ihm die erste Röte des Morgens erkennen konnte.

"Lass ihn gehen, du willst mich und nicht ihn." entgegnete ich kalt und zog die Zwillinge. Wieder spürte ich das Tier in mir aufbegehren und hielt es mit aller Kraft zurück. Langsam schritt ich auf in zu.

Asteroth schüttelte den Kopf. "Du würdest ihn opfern? Nun wo du schon deinen Meister und deine Geliebte an den Berg verloren hast würdest du ihm auch noch deinen Waffenbruder überlassen?"

"Du warst derjenige der sie auf dem Gewissen hat, nicht der Berg. Mein ganzes Leben lang warst du die Ursache für all meinen Schmerz, meine Qual und meinen Verlust. Und ich bin es leid es zu ertragen. Ich werde es beenden." Ich spürte wie das Tier während dieser Worte hervorkam und auch die Zwillinge ihre Gier in meine Stimme legten. Ich wollte nun nur noch Asteroth, ganz gleich was es fordern würde. Asteroth zögerte, er schien die Veränderung in mir zu bemerken. Er schien den Griff um Craven zu lockern, der am Rande der Bewusstlosigkeit ein paar hektische Atemzüge nahm. Asteroths Blick glitt zu den ersten Sonnenstrahlen die über die Bergkette strahlten und sein Gesicht verzog sich. Sein Blick glitt zurück zu mir, dann zu denn Schwertern und wieder zu mir. Konnte ich da Unsicherheit in seinem Blick lesen? Die aufgehende Sonne schien ihn zu schwächen. Oder war dies wieder einer seiner Tricks?

Asteroth knurrte mich an. "Also gut Jäger, du hast dir etwas verdient." Der Vampir wandte sich an Valotica. "Flieg zurück zum Schloss!" Der Drache reagierte nicht darauf, ungläubig starrte er seinen Herrn an als ob dieser den Verstand verloren hätte. "Na los, " zischte Asteroth, "dies ist nur für mich und den Jäger bestimmt. Verschwinde endlich. Wenn ich falle bist du frei in deiner Unsterblichkeit und magst das Land unterjochen wie es dir gefällt. Aber bis dahin tust du was ich dir befehle. GEH!"

Schließlich setzte sich der Drache tatsächlich in Bewegung. Er breitete seine zerschlissenen Flügel aus und verschwand hinter den Bergen Richtung Westen. Nun blieben nur noch wir drei. Ich wusste nicht Recht was Asteroth damit bezwecken wollte.

"Ich spüre die Sonne auf meiner Haut." sagte der Erzvampir. "Noch ist sie nicht stark genug mich zu vernichten aber ich spüre ihre sengenden Strahlen und meine Kraft schwindet zusehends unter ihrer Wärme. Bald werde ich nicht stärker sein als jeder gewöhnliche Vampir."

"Was soll das? Was ist das für ein Spielchen?" fragte ich verständnislos.

Doch Asteroth lächelte weiter. "Ich hatte dir gesagt dass du dir etwas verdient hast. Tatsächlich bist du stärker als ich es jemals geahnt hätte. Trotz all der Bemühungen meiner Rasse weilst du noch immer hier. Vielleicht ist es das Schicksal oder eine andere Macht die ihre schützende Hand über dich hält, ich gebe zu, ich weiß es nicht. Du bist eines der wenigen Rätsel die ich nie ergründen konnte Drake. Du beeindruckst mich, deine Kraft und dein unbeugsamer Wille gleichermaßen. Darum nun stell ich dich vor die Wahl."

"Was für eine Wahl?" fragte ich vorsichtig. Irgendetwas war hier Faul.

"Die Wahl zwischen Leben und Tod. Zwischen Erlösung und Verdammnis." Mit diesen Worten schleuderte er Craven von sich. Ich sah den Ritter auf den Abgrund zuschlittern. Gleich würde er hinabstürzen. Doch im letzten Moment ergriff er eine Felskante und hielt sich daran fest. Er lag bäuchlings auf dem kahlen Felsplateau während seine Beine bereits den Abgrund hinab hingen. Ich sah in Cravens Gesicht wie er noch immer mit der Ohnmacht kämpfte. Er würde sich nicht mehr lange halten können, ein Sturz aus dieser Höhe würde seinen sicheren Tod bedeuten.

"Nun entscheide dich." Asteroths donnernde Stimme riss meinen Blick von Craven los. Asteroth stand in mitten des Plateaus, bar jeder Waffe. Die ersten Sonnenstrahlen bedeckten seine Körper und er sah über alle Maßen zufrieden aus. Ich wusste nicht wie er dies alles so genau planen konnte, es schien mir unmöglich das er dies alles genau so wollte. Doch in seinem Gesicht sah ich, das es genau so war.

"In meiner jetzigen Verfassung wäre es ein leichtes für dich mit zu besiegen. Also tu es. Löse deinen Schwur ein und bringe es endlich hinter dich. Vernichte mich und setzte damit dem Fluch deiner Existenz ein Ende.

Oder rette deinen Freund und vergeude die einzige Gelegenheit die du jemals erhalten wirst mich zu bekämpfen. Denn von nun an werde ich ohne die Gilde immer mächtiger werden. So mächtig das du mich niemals mehr bezwingen kannst. Du hast die Wahl."

Ratlos pendelte mein Blick zwischen Asteroth und Craven hin und her der sich mit letzter Kraft an den Felsen klammerte. Was sollte ich nur tun? Wenn ich Craven rettete würde ich mir die beste und vielleicht einzige Chance Asteroth zu vernichten verspielen. Doch täte ich es nicht würde das bedeuten mich endgültig dem Tier und der Verdammnis hinzugeben.

"Tod oder Leben. Erlösung oder Verdammnis. Treffe deine Wahl!" Asteroths Stimme hallte über den Berg und erfüllte alles um uns herum. Meine Finger schlossen sich um Myras Medaillon das um meinen Hals hing als ich die schwarzen Zwillinge in den Staub fallen ließ. Vermutlich hatte dieses Kleinod und das Versprechen welches damit besiegelt wurde meine Seele gerettet.

Craven spürte wie die Kraft aus ihm wich. Seine Finger wurden taub und er spürte wie er den Halt verlor und zu rutschen begann. Würde so das Ende sein? Seufzend dachte Craven an all die Dinge die er noch gerne getan hätte, nun da er den Ruf seiner Göttin vernommen hatte. Sein letzter Wunsch war das sein Tod nicht vergebens sein sollte, als plötzlich ein stechender Schmerz durch sein Handgelenk fuhr. Ein Ruck ging durch seinen Körper und er rutschte plötzlich nicht mehr nach unten. Verschwommen sah er eine Gestalt die seinen Arm gepackt hatte, konnte sie jedoch nicht erkennen.

Eine vertraute Stimme drang an seine Ohren. "Gib mir deine andere Hand Craven, schnell." Wie in Trance streckte er seinen anderen Arm nach oben, er schien Tonnen zu wiegen. Doch irgendwie gelang es ihm doch ihn der Gestalt über ihm zu reichen. Er spürte noch wie er gepackt und nach oben gezogen wurde, dann verlor er endgütig das Bewusstsein.

9.

Verzweifelt versuchte ich Craven aus den Fängen des Todes zu retten. Ich wusste, wenn er nicht bald aus der Ohnmacht erwachen würde wäre es zu spät. Seine Wunden waren tief und sein bleiches Gesicht zeigte keinerlei Leben mehr in ihm. War denn nun alles umsonst gewesen? Meine Blicke schweiften über den Drake-Stone-Mountain. Asteroth war mit einem zufriedenen Lächeln verschwunden als ich meine Wahl getroffen hatte. Ein letztes Mal hatte er versucht meine Menschlichkeit zu zerstören und mich dem Tier zu überlassen. Er hatte seine eigene Vernichtung riskiert um aus mir endlich das zu machen was er wollte. Und obwohl ich mich anders entschied und ihm damit erneut entsagte schien er trotzdem zufrieden zu sein. Denn er war noch da, während sein Feind, die Gilde, nun nur noch der Vergangenheit angehörte. Wieder stand Asteroth als Sieger da, es war von Anfang an egal wie meine Entscheidung ausfallen würde. Asteroth gelange es immer wieder am Ende zu triumphieren. Und nun stellte ich fest dass ich Craven doch nicht retten konnte, das auch er in meinen Armen sterben sollte, wie schon Myra vor ihm. Nein, das würde ich nicht zulassen. Mir blieb noch ein letzter Ausweg. Ich hatte dies noch nie zuvor versucht. Vor langer Zeit hatte ich meinen Mentor Sen Lar gefragt ob die natürliche Heilung die allen Vampiren angeboren war auch auf andere Wesen übertragbar wäre. Mein Meister hatte dies verneint, ihm wäre kein solcher Fall bekannt. Doch ich musste es zumindest versuchen.

Langsam legte ich meine Hand auf Cravens Brust und begann mich zu konzentrieren. Ich versank in meine Meditation, wie ich es immer tat wenn ich meine eigenen Wunden heilen musste. Doch sofort spürte ich den Widerstand. Es war nicht mein eigener Körper den ich in und auswendig kannte. Dieses Mal versuchte ich einen völlig fremden Organismus zu heilen von dem ich keine Ahnung hatte. Die Anstrengung ließ mich zittern, Schweiß rann von meiner Stirn und ich spürte wie sich meine Kehle zuschnürte. Würde ich diese Anstrengung aushalten und die Meditation aufrecht halten können? Ich musste es einfach. Ich biss die Zähne zusammen und konzentrierte mich weiter. Langsam spürte ich die Wärme in meiner Handfläche. Es funktionierte. Etwas ging in Cravens Körper vor. Ich musste durchhalten. Schmerzen drangen in meinen Kopf als würden tausend glühende Nadeln in meinem Kopf stecken, doch ich ließ nicht nach. Die Kraft wurde stärker und ich spürte wie Cravens Körper unter mir leicht zu vibrieren begann. Nur noch ein kleines Stück…

Ich spürte wie mein Körper taub wurde. Sterne tanzten vor meinen Augen und die Welt begann sich um mich herum zu drehen. Dann plötzlich stieß Craven einen keuchenden Atemzug aus und sein Körper bewegte sich. Ich hatte es geschafft. Ich ließ die Meditation fahren und verlor auf der Stelle das Bewusstsein.

Es war nun bereits das zweite Mal das ich die Reise in das Innere des Drake-Stone-Mountain antrat. Erinnerungen an längst vergangene Tage geisterten durch meinen Kopf als ich die Grabkammern der alten Helden betrat. Das spärliche Licht aus Cravens Fackel offenbarte mir, dass ich am Ziel angelangt war. Vor mir konnte ich den eingestürzten Tunnel erkennen indem ich vor einer Ewigkeit meinen Mentor begraben hatte. Einen Augenblick lang starrte ich einfach nur den Haufen Geröll an, denn ich damals selbst verursacht hatte als ich die Grabkammer für alle Zeit versiegelt hatte. Wie gerne hätte ich meinen Meister noch einmal gesehen.

"Drake?"

Cravens leise Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich nickte stumm und setzte meinen Weg fort. Ich nahm die erste Grabkammer die nach meinem Mentor kam. Sie war leer, bereit gestellt für einen weiteren gefallenen Helden. Langsam betrat ich die Kammer. Craven blieb mit der Fackel in der Hand in der Tür stehen, während ich mich der Einbuchtung in der Felswand näherte. Dort bahrte man die Toten auf um sie zu ehren und für alle Zeit zu bewahren. So hatte ich es einst mit Sen Lar getan, und so würde ich es heute wieder tun.

Langsam legte ich Myras toten Körper nieder, den ich den ganzen Weg in meinen Armen getragen hatte. Ihr Körper hatte sich nicht aufgelöst, alle Spuren des Vampirismus waren von ihr gewichen indem Moment als ihre menschliche Seite endgültig die Oberhand gewonnen hatte. Sie war nun wieder die Frau die ich einst geliebt hatte. Ich unterzog sie derselben Prozedur wie einst meinen Meister. Ich wusch ihren Körper und legte Faliceat unter ihre vor der Brust gefalteten Hände. Sie sah so friedlich aus.

Ich betrachtete das Medaillon, das letzte was ich von ihr noch hatte und dachte an mein Versprechen. Würde ich es halten können?

Ohne die Antwort zu wissen küsste ich Myra ein letztes Mal auf ihre kalten Lippen und verließ die Höhle ohne mich noch einmal umzudrehen. Craven und ich versiegelten die Höhle auf die gleiche Art und Weise und verließen die Krypta.

Als wir die Oberfläche des Berges erreichten bot sich uns eine Überraschung. Dort stand im strahlenden Licht des Morgens eine arg angeschlagene aber durchaus lebendige steinerne Gestalt.

"Cas´thor?" fragte ich ungläubig.

Der Gargoyl brummte und breitete vorsichtig seine Schwingen aus. "So leicht sind wir nicht zu töten Jäger. Ich habe noch eine Aufgabe zu erfüllen. Das Orakel erwartet mich. Und ihr habt ebenfalls noch Aufgaben zu erfüllen."

Craven und ich nickten stumm.

"Es hat mich gefreut dich noch einmal wieder zusehen. Und es war schön noch einmal den Rausch des Kampfes in meinem müden Gestein zu fühlen. Es war mir eine Ehre mit dir in die Schlacht zu ziehen Drake du Kane. Und auch mit dir, edler Ritter Craven."

"Nein, uns war es eine Ehre. Ich hoffe, du wirst noch viele Sonnenaufgänge erleben, Freund." antworte ich und reichte dem Koloss meine Hand. Cas´thor schien überrascht über diese menschliche Floskel, doch er ergriff sie mit seiner Pranke. Ich sah wie es Craven mir gleichtat.

"Lebt wohl." war das letzte was Cas´thor sagte bevor er sich in die Luft erhob und der aufgehenden Sonne entgegen flog, bis er schließlich ganz verschwunden war. Es war das letzte Mal das ich den Gargoyl gesehen hatte.

Craven und ich standen stumm auf dem Plateau und betrachteten den Sonnenaufgang. Ich konnte Tränen in Cravens Augen sehen und nahm seine Hand.

"Es wird niemals enden, oder?" fragte er mich leise.

Ich schwieg während ich die Sonne betrachtete, die mich daran erinnerte was ich war und was ich alles verloren hatte. Wie einst stand ich an dieser Stelle und sah ein völlig neues Leben vor mir. Wieder hatte mich der Drake-Stone-Mountain verändert. Was würde die Zukunft bringen? Was hatte Asteroth gesagt? Erlösung oder Verdammnis? Was davon war mir zugedacht?

Erlösung?

Verdammnis?

Meine Hand schloss sich fester um die von Craven als ich ihm schließlich die Antwort gab:

"Nein, es endet nie."

Epilog

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