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From this Moment

© 2005 by Twinner

From this Moment

Für alles was wir hätten denken sollen,

und nicht gedacht haben.

Für alles was wir hätten sagen sollen,

und nicht gesagt haben.

Für alles was wir hätten tun sollen,

und nicht getan haben ...

Für M.

Seit mittlerweile vier Jahren kam er jedes erste Wochenende im Oktober an diesen Ort. Die Stille war wie geschaffen für das Forttragen der Gedanken. Ein paar Minuten Einsamkeit, in denen er es den unzähligen Wenn’s in seinem Leben gestattete, die Macht über seine Gedanken zu ergreifen – und im Hier und Jetzt eine reale Trauer um eine fiktive Vergangenheit aus seinem Herzen fließen zu lassen.

O

Es war ein Abend voller Erinnerungen, voller Lachen, voller Eindrücke – eine Mischung, wie sie nur Klassentreffen hervorrufen können – und voller Sehnsüchte.

Zwanzig Jahre, die von zwanzig junggebliebenen Frauen und Männern aus allen Blickwinkeln der Komik und Tragik aufgearbeitet wurden.

Und unter ihnen zwei, welche die Dekaden trennte, die aber mehr verband, als manch Ehe.

Selten wird man besser gewahr, wie lohnend die Zukunft sein kann – und einem die Vergangenheit immer wieder aufs Neue einholt ...

Die Nacht war lau und freundlich. Wie Samt hüllte die Dunkelheit die beiden Spaziergänger ein. Über ihnen leuchtete ein Sternenhimmel, der in seiner alten Beständigkeit die Jahre widerspiegelte, die sich für die Beiden zu ungenutzter, unwiederbringlicher Vergangenheit mit unerfüllten Wünschen und Sehnsüchten aufsammelte.

Seine rechte Hand fand ihre Linke; und wie selbstverständlich verschränkten sich ihre Finger. Eine Berührung, die in sekundenschnelle eine Brücke schlug und die Last von Jahren bröckeln lies.

"Das habe ich mir immer gewünscht," sagte er.

Er spürte, wie sie leicht den Druck in seiner Hand verstärkte. "Ja, wie auch ich," flüsterte sie.

Sie gingen nebeneinander und schauten sich in die Augen. Ihre Gedanken waren gleich und keine Worte nötig, diesem Moment Ausdruck zu verleihen. In dem schwermütigen Lächeln um den Mundwinkeln lag die ganze Trauer um ein halbes vergebenes Leben

Es ist das Wissen, dass es dem Anderen mit diesen Gefühlen ebenso ergeht, was den Schmerz so tief sitzen lässt.

Dieser Gedanke stand zwischen ihnen und verband sie in diesem Augenblick mehr, als es jemals eine gemeinsam verbrachte Nacht hätte bewirken können.

Minuten schlenderten sie weiter schweigend durch die Nacht, ohne das die Stille zwischen ihnen unangenehm wurde. Viel zu groß war das beiderseitige Verlangen, die Magie dieser kurzen gemeinsamen Zeit in all ihren Nuancen in sich aufzunehmen. Eine kleine Zeitblase, die das Gefühl völligen Einklangs und gegenseitigen Verstehens vermittelte – eine fiktive, und dadurch vollkommene Aussicht auf ein "wenn" an dessen Anfang ein "hätte" stand.

"An was man sich alles erinnert," brach sie nach einer Weile das Schweigen und sah zu den Sternen auf.

Es war ihm nicht möglich zu sagen, ob sie die vielen erzählten Anekdoten des Abends meinte, oder eigenen, ungesagten Episoden der Vergangenheit nachhing.

"Oh ja." Die Worte waren nicht mehr als ein Murmeln aus seinem Mund. "Deine Familie ist hergezogen und du kamst zu uns in die Klasse... Von diesem Moment an..." Sein Blick wanderte zu den Sternen, deren Licht, wie auch seine Gedanken die Vergangenheit reflektierten.

"Ich sehe uns tanzen zur Schuldisko, die wir damals sogar selbst auf die Beine gestellt hatten. Du und ich in einem Hausflur beim Nachhausebringen, ein Kuss, seiner Flüchtigkeit wegen vielleicht nicht mal solcher zu nennen aber eben der erste, eine Hilfe zu einem Schulaufsatz, mit Freunden gemeinsam ins Kino gehen und einen schüchternen Abschied an diesem Abend.

Blicke, ein Augenaufschlag und Lächeln, welche Gemeinsamkeit zeigten. Doch wir hielten es nicht. Zwei Jahre nach der Schule eine Geburtstagsparty. Nie habe ich vergessen, wie Nikki plötzlich in der Tür stand; mit dir. Später ein Treffen auf Tanz, ich mit Begleitung, du mit Freund und der ausgesprochene Satz. Warum haben wir nicht...

Weitere Jahre später, Nikki war zu Besuch in der Stadt, ein Abendessen im Chinesen mit anschließendem Ausklang bei Marcys. Unsere Fingerspitzen auf dem Tisch. Blicke, die die Zeit aus den Fugen heben wollten. Einmal warst du bei uns zu Besuch..."

Erst mit dem letzten Satz wurde ihm bewusst, dass er laut sprach.

Sie waren stehen geblieben, hielten sich an beiden Händen. Im warmen gelben Licht der Straßenbeleuchtung sah er Tränen über ihre Wangen rollen. Nichts wollte er in diesem Moment mehr, als ihre leicht geöffneten Lippen mit einem Kuss zu berühren.

"Du bist der Traum meines Lebens," sagte er stattdessen. "Ich war nur zu naiv und zu dumm..."

Sie befreite eine Hand und legte ihm einen Finger auf den Mund. Dann trat sie ganz nah an ihn heran und umarmte ihn. Er spürte die Tränen in seinem Nacken.

"Nicht nur du," hörte er ihre geflüsterten Worte.

Die Zeitkapsel war geplatzt, an die Stelle der Magie trat die unerbittliche Realität, ließ ihre Umarmung stärker werden, je mehr die verlorenen gemeinsamen Jahre ins Bewusstsein rückten.

Das Gesagte ließ sich nicht rückgängig machen, die Magie für diesen Moment nicht zurückholen. Aber eines gab es noch, jetzt und hier oder für immer ungesagt; das war ihm mehr als bewusst. Doch diese Worte würden nicht mehr nur sie allein betreffen. Zuviel war geschehen auf eine Art, die unschuldiger für die Leben, welche mittlerweile mit den Ihren verwoben waren nicht sein konnte.

"Gibt es eine gemeinsame Zukunft für uns?" Es war heraus. Ob er den Satz bewusst aussprach, konnte er später nicht mehr sagen. Es fühlte sich in diesem Augenblick einfach richtig an.

Alles um sie herum schien den Atem anzuhalten. Selbst der laue Wind ließ seine Spiele, als wolle er um keinen Preis stören.

Sie löste sacht die Umarmung und trat einen Schritt zurück, ohne seine Hände loszulassen. Ihre Augen schimmerten noch immer feucht; und in ihnen sah er sein jetziges Leben, seine Familie. Schon oft gedachte Gedanken kamen nach vorn: wie vielen Menschen darf man weh tun, nur damit der Traum, und selten gibt es eine bessere Definition, für zwei sich erfüllt? Er war nicht unglücklich. Nur war es eben jene kleine Vorsilbe, welche die alten Sehnsüchte nicht verblassen lies. Man richtet sich ein, arrangiert sich, und mit jedem Kompromiss schnipselt man weiter an seinen Wünschen herum.

All das sah er in ihren Augen, und sie in seinen.

War da ein unmerkliches Kopfschütteln? Er konnte es nicht mit Sicherheit sagen – wollte es nicht.

Sie trat einen weiteren Schritt zurück. Noch immer weinend drückte sie seine Hände und befreite ihre.

Ohne einer Regung fähig zu sein, ließ er sie los. Ließ sie gehen. Ein weiteres Mal.

Er schaute ihr nach, die Gefühle in seinem Inneren aus dem Bewusstsein verdrängend. Würde so die nächste Dekade mit weiteren wenn´s beginnen, oder würden sie Beide endlich Ruhe finden vor der Vergangenheit?

Dass er ihren Namen rief, wurde ihm erst beim zweiten Mal bewusst.

Sie blieb stehen, drehte sich um – und kam auf ihn zugerannt. Sie flogen sich förmlich in die Arme und ohne weitere Worte fanden sich ihre Lippen zu dem Kuss, den er so lange ersehnt hatte. Beide lächelten durch Tränen, als sie sich nach einer Ewigkeit voneinander lösten.

"Morgen 16 Uhr," sagte sie. "Warte zum Kaffee auf mich im Marcys." Mit diesen Worten drehte sie sich um und rannte die Straße hinunter.

Er selbst stand noch eine Weile reglos mit zwei Bergen an Gefühlen, denen er nichts entgegenzusetzen hatte. Dann ging auch er – nach Hause...

O

Er sah sie nie wieder.

Statt dessen blieb ihm seit vier Jahren dieser Ort, an dem er sich an einem Tag den Erinnerungen ergeben konnte.

Er wartete damals lange. Und zu all den vorangegangenen Sehnsüchten kam die quälende Frage, wie viel Schuld ihn traf, dass sie auf dem Weg zu ihrer Verabredung die Route des betrunkenen Autofahrers kreuzte.

Vor dem Grabstein ging er in die Hocke und stellte den Blumenstrauß in eine Vase. In Gedanken versunken fuhr er mit den Fingern ihren in Marmor gehauenen Namen nach. Dann begab er sich zurück auf den Weg zum Tor. Wie so oft hörte er in seinem Kopf den Text eines Songs, den sie beide sehr mochten.

I give my hand to you with all my heart

Can´t wait to live my life with you, can´t wait to start

You and I will never be apart

My dreams came true because of you

From this moment as long as I live. I will love you, I promise you this

There is nothing I wouldn´t give, from this moment on.

Am Tor neben dem Auto wartete seine Familie. Die beiden Töchter stritten über irgendetwas; die Mutter lachte. Erst jetzt sammelten sich Tränen in seinen Augenwinkeln, die er mit den Handballen verwischte. Allen Dreien gab er einen Kuss, dann stiegen sie ins Auto...

Auf den Feldern des Lebens reift eine Ernte manchmal

völlig außerhalb der dafür üblichen Jahreszeit heran,

wenn wir schon glaubten, die Erde wäre alt, und keinen einleuchtenden

Grund mehr sahen, warum wir im Morgengrauen aufstehen und unsere

Muskeln erproben sollten.

Bei Einbruch des Winters, wenn der Herbst vorüber ist,

scheint es am vernünftigsten, auszuruhen.

Aber unter der Erde kalter Winterfelder

liegen wartend die schlafenden Samen

kommender Jahreszeiten,

und genau so bewahrt auch das Herz die Hoffnung,

dass alle bitteren Wunden einmal heilen werden

 

The Book of Counted Sorrows

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