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Weihnachten


© 2003 by Werner

Tolle Kinder, eine wunderbare Frau und ein erfolgreicher Job. Thomas war wunschlos glücklich. Er war nun knapp über vierzig Jahre alt und hatte in seinem Leben bis jetzt alles erreicht, was er sich vorgenommen oder sich gewünscht hatte. Negative Kapitel gab es in seinem Leben kaum. Seine Existenz bestand aus Licht, das er seiner Familie weitergab.

Er war nun seit zwanzig Jahren verheiratet, seine Tochter Barbara war sechzehn Jahre alt und hatte gerade ihren ersten Freund. Richard, sein Sohn, der um ein Jahr älter war als Barbara, bereitete sich auf die Matura vor, wo seine Freizeit ziemlich eingeschränkt wurde. Lisa, seine Frau, arbeitete als Sekretärin und war wie ihr Mann zufrieden mit ihrer Arbeit.

Thomas war ein ziemlich erfolgreicher Anwalt, was sich auch auf sein Bankkonto auswirkte. Er arbeitete manchmal bis in die Nacht, doch es zahlte sich immer aus. Wie schon erwähnt, Thomas hatte fast keine negativen Kapitel in seinem Leben und es sah nicht so aus, als würde sich irgendetwas daran ändern.

Es war der zwanzigste Dezember, kurz vor Weihnachten. Der Weihnachtsstress hatte auch Thomas wie seine Familie nicht verschont, doch Thomas hatte es ziemlich in dieser Zeit schwer erwischt.

Am zweiundzwanzigsten Dezember hatte er noch eine Verhandlung und arbeitete wie so oft bis tief in die Nacht, irgendwann musste er auch Geschenke für seine Familie kaufen, wo er nicht genau wusste, was genau er eigentlich schenken sollte.

Doch der zwanzigste Dezember (eigentlich einundzwanzigste), der würde Thomas für immer im Gedächtnis bleiben. Es fing alles damit an, dass er erst um drei in der Früh nach Hause kam, da er für die Verhandlung sich noch im Büro für die Verhandlung vorbereitet hatte. Seine Frau war noch wach; sie hatte auf Thomas gewartet. Die Kinder schliefen schon, da sie noch einen Tag Schule hatten, bis sie endlich ihre Ferien

genießen konnten.

Thomas versuchte leise zu sein als er nach Hause kam. Als er

die Wohnung betrat und ins Wohnzimmer ging, sah er seine Frau, die auf der Bank saß. Thomas war etwas verwundert, da sie noch wach war, obwohl sie am nächsten Tag eigentlich arbeiten musste.

"Du bist noch wach?", fragte er leise.

Er stellte den Aktenkoffer auf den Boden und zog seinen Mantel aus. Lisa nickte und legte die Zeitschrift neben sich hin.

"Ich wollte mit dir über etwas reden", sagte sie etwas betrübt.

Thomas ging zu ihr, gab ihr seinen sanften Kuss und setzte sich neben sie.

"Um was geht es denn?", fragte er.

Eigentlich wollte er lieber ins Schlafzimmer und sich ins Bett legen, damit er fit für den nächsten Tag war, doch er spürte, dass das folgende Gespräch wichtig für Lisa war.

"Ich weiß nicht, wie und wo ich anfangen soll".

Thomas merkte, dass sie am Boden starrte um jeglichen Augenkontakt zu vermeiden.

Nach zwanzig Jahren Ehe konnte man seinem Partner nicht mehr viel verheimlichen und Thomas wusste, dass es etwas ernsteres sein musste, da Lisa nie einem Augenkontakt aus dem Weg ging.

"Sag wie du es dir denkst", sagte er.

Thomas legte den Arm um ihre Schulter und streichelte sie sanft. Sie schloss ihre Augen und seufzte leise.

"Was ist denn los?", fragte Thomas.

"Ich lass mich scheiden", sagte sie leise.

Thomas war sich nicht sicher, ob er gerade einen bösen Traum hatte, aber sollte es ein Traum sein, wollte er sofort aufwachen. Der Satz traf ihn mitten in sein Herz und er wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Welche Gründe hatte sie, um sich von ihm scheiden zu lassen? Er war ein treuer Ehemann all die Jahre gewesen, sie hatten nie wirklich Streit gehabt und

es war alles perfekt gewesen für Thomas.

Für mich, dachte er. Für Thomas war alles immer perfekt

gewesen in dieser Ehe, doch war es so auch für Lisa? Es stimmte etwas nicht, sonst würde sie nicht sagen, dass sie sich scheiden lassen wollte.

"Ich fahre morgen zu meinen Eltern mit den Kindern, ich habe mich schon nach einer neuen Wohnung umgesehen, gar nicht so teuer und sie ist auch schön groß für uns drei", sagte Lisa leise.

Thomas erhob sich von der Couch und fuhr sich durch sein Haar.

"Scheidungsgrund?", fragte er.

"Verstehe mich nicht falsch, aber seit zwei Jahren bist du der Arbeit verfallen. Du kommst irgendwann in der Nacht nach Hause, hast selten frei und bist fast nie für uns da. Ich kann nicht länger so weiterleben. Es tut mir leid. Die Kinder vermissen ihren Vater, ich den Mann, den ich kennen gelernt habe".

Lisa begann zu weinen. Dicke Tränen kullerten über ihre Wangen und Thomas wusste nicht, ob er sie nun trösten sollte oder nicht. Dass sie sich scheiden lassen wollte war für ihn wie ein Stromschlag und es fiel ihm schwer einen ruhigen Kopf zu bewahren, geschweige sich zu bewegen oder etwas zu sagen.

"Frohe Weihnachten", sagte Thomas leise und ging in das Bad.

Er wollte Lisa nun nicht sehen, sondern einfach Abstand von ihr gewinnen.

Als Lisa mit den Kindern die Wohnung verließ, war Thomas in seinem Büro. Er wollte zwar an diesem Tag daheim bleiben und sich nochmals vorbereiten für die Verhandlung, doch er zog es vor nicht anwesend zu sein, wenn seine Frau ihn mit den Kindern verließ.

Seine Gedanken waren die ganze Zeit bei ihr. Er dachte darüber nach, was sie gesagt hatte, dass er zuviel gearbeitet hatte und seine Familie vernachlässigt hatte. Thomas kam auf den Entschluss, dass es vielleicht stimmen konnte. Aber nur durch seine Arbeit konnte er seiner Familie so ein schönes

Leben bereiten. Aber langsam wurde ihm klar, dass sein Wille seiner Familie alles bieten zu können, der Grund war, warum seine Familie ihn verlassen hatte. Was war der ganze Luxus der Welt wert, wenn der Vater beziehungsweise der Ehemann nie daheim war und fast keine Zeit hatte?

Thomas saß in seinem Büro bei dem Schreibtisch und versuchte sich auf die Verhandlung morgen zu konzentrieren, doch er schaffte es nicht. Er spürte, wie eine Träne über seine Wange lief, wischte sie schnell weg und atmete dann tief durch. Es sollte niemand mitbekommen, dass irgendetwas nicht stimmte. Er würde es ganz alleine schaffen. Vielleicht brauchte Lisa nur eine kleine Pause und würde nach den Feiertagen wieder zurückkommen. Thomas würde dann auch weniger arbeiten, sollte sie wieder zu ihm kommen, was er glaubte. Man verlässt jemanden nach zwanzig Jahren nicht von heute auf morgen.

Es war der zweiundzwanzigste Dezember; der Tag der Verhandlung. Kurz nach siebzehn Uhr war die Verhandlung abgeschlossen und als Thomas aus dem Saal rauskam, überkam ihn ein Anfall von Traurigkeit. Nicht nur, dass er seine Familie verlor, verlor er auch diesen Fall. Er hatte sich auf alles so genau vorbereitet und war so Siegessicher, doch irgendetwas vernebelte seine Gedanken und war schuld daran, dass er eine Niederlage in seiner Karriere hinnehmen musste.

Als Thomas nach Hause kam und die Einkaufstausche auf den Tisch stellte, überkam ihm das merkwürdige Gefühl eine Zigarette zu rauchen. Er hatte sein ganzes Leben noch nie geraucht und war strikter Nichtraucher, doch in diesem Moment hatte er einfach das Bedürfnis es auszuprobieren. Man sagte, Zigaretten beruhigten einem. Vielleicht stimmte es und er würde dann etwas ruhiger werden. Es wäre auch möglich, dass er klar denken konnte.

Thomas verließ nochmals die Wohnung, ging zu dem Zigaretten-

automat und kaufte sich eine Packung Marlboro. Marlboro rauchte eigentlich fast jeder, wieso auch nicht er?

Als er seine Wohnung nochmals betrat mit der Schachtel Zigaretten in der Hand, begann er die Einkaufstausche auszuräumen. Es waren keine Lebensmittel darin enthalten sondern Flaschen von Alkohol.

"Einmal sündigen darf jeder", sagte er leise zu sich selbst.

Er stellte zwei Flaschen Vodka vor sich hin und eine Flasche Rum. Thomas begann die Flucht in eine Sackgasse, doch in diesem Moment dachte er, es wäre nicht schlecht, wenn er etwas abgelenkt wurde, auch wenn die Ablenkung Alkohol hieß.

Thomas nahm eine Flasche Vodka und die Packung Zigaretten und setzte sich auf die Couch. Er öffnete die Flasche und danach die Packung Zigaretten. Thomas nahm einen kräftigen Schluck vom Vodka, hustete kurz und stellte sie dann wieder auf den Tisch. Danach stand er auf, ging in die Küche und entnahm aus einer Küchenlade eine Packung Streichhölzer, um sich seine erste Zigarette in diesem Leben anzuzünden.

Der erste Zug an der Zigarette brachte ihm einen Hustenanfall und er hätte den Glimmstängel am liebsten abgedämpft, doch er wollte sie unbedingt fertig rauchen um wissen, was für ein Gefühl es wäre, eine Zigarette fertig zu rauchen.

Es waren ungefähr zwei Stunden vergangen, als Thomas seine zehnte Zigarette rauchte und die erste Flasche Vodka schon fast ausgetrunken hatte. Er würde auch wahrscheinlich die zweite Flasche heute noch austrinken, oder er würde in ein Lokal gehen und dort etwas konsumieren. Aber er wusste nicht genau, ob der Kontakt mit Menschen in seinem Zustand gut wäre.

Thomas öffnete die Augen. Das Läuten seines Handys ließ ihn erwachen. Er musste irgendwann eingeschlafen sein, sah auf die Uhr und merkte, dass es acht Uhr in der Früh war. Er stand von der Couch auf, sah die zwei leeren Flaschen Vodka und die zerdrückte Packung Marlboro auf den Tisch und griff sich auf seinen Kopf, der höllisch schmerzte. Danach ging er in die Küche wo sein Handy lag und nahm es in die Hand.

"Hallo?".

"Thomas, es ist etwas passiert", sagte eine weinende Frauenstimme.

Thomas wusste sofort, dass es Lisa war, mit der er sprach.

"Was ist los?", fragte er.

"Es geht um Richard".

"Was ist mit ihm? Geht es ihm gut?".

"Er hatte gestern einen Unfall", sagte sie leise.

Thomas hörte, wie Lisa zum weinen begann.

"Was für einen Unfall?".

Die Angst um seinen Sohn wurde größer.

"Er wurde gestern von einem Auto angefahren. Er liegt im Spital und die Ärzte sagen..."

Stille.

"Lisa? Was sagen die Ärzte?"

"Sie sagen, dass es schlecht um ihn steht und es sein kann, dass er die heutige Nacht nicht überleben wird".

Danach hörte er, wie Lisa stärker zu weinen anfing und er selbst spürte auch, wie sich seine Augen mit Tränen füllten.

"Kann man ihn besuchen?"

"Nein, die Ärzte sagen, es wäre besser so. Man könnte ihn morgen besuchen, sofern er die Nacht..."

Ein Weinkrampf unterbrach Lisa. Auch Thomas hatte sich nicht mehr unter Kontrolle und weinte immer heftiger. Es war wie ein Stich in sein Herz.

Lisa beendete das Gespräch. Thomas hatte Verständnis dafür, dass sie sich nicht verabschiedete, da sie fast nicht mehr reden konnte, so heftig wurde ihr Weinkrampf.

Thomas verließ die Wohnung um sich Zigaretten zu kaufen. Er wollte die beruhigende Wirkung haben, die er auch gestern hatte. Er glaubte, dass es gestern beruhigend war. Irgendwie hatte er Lücken wenn es um den gestrigen Abend oder um die Nacht ging.

Es war kurz nach zwanzig Uhr. Einen Tag vor Weihnachten. Thomas, der in seinem Leben nie richtig negative Erfahrung gemacht hatte, hatte in den letzten Tagen gelernt wie es war, wenn man sein Glück verloren hatte. Er hatte sich wieder betrunken und rauchte seine zweite Schachtel Marlboro. Thomas hatte leichte Probleme seine Augen offen zu halten, versuchte aber nicht einzuschlafen. Er würde heute noch wo hinfahren, in ein Lokal, damit er nicht so einsam wäre.

Sein Handy läutete.

Thomas beugte sich zu dem Tisch und griff nach dem Handy.

"Ja?"

"Thomas..."

Es war Lisa. Sie durfte nicht mitbekommen, dass er betrunken war.

"Wie geht es ihm?", fragte er.

Er lallte leicht, hoffte aber, dass es Lisa nicht auffallen würde.

"Er hat es nicht geschafft".

Stille.

Wieder hörte er wie Lisa weinte und Thomas beendete das Gespräch und drehte das Handy ab. Er verließ mit schnellen Schritten die Wohnung, unterdrückte die Tränen und zündete sich eine Zigarette an.

Als er auf die Straße kam und wackelnd zu seinem Auto ging, bemerkte er, dass auf der Vorderseite des Wagens eine ziemliche Delle war. Er sah es sich genauer an und stellte fest, dass sich auch Blut auf seinem Wagen befand. Die Windschutzscheibe hatte einen Riss und war auch etwas mit Blut beschmiert.

"Was zum...".

Er wurde gestern von einem Auto angefahren.

Wieso hörte er plötzlich diesen Satz in seinem Kopf? Nein! Das konnte nicht sein. Es war unmöglich!

Er wurde gestern von einem Auto angefahren.

"Fick dich!", schrie Thomas.

Er begann zu weinen. Dicke Tränen liefen über seine Backen.

Er hat es nicht geschafft.

"Nein, verdammt!"

Er wurde gestern von einem Auto angefahren.

Thomas sah nochmals auf das Auto. Die große Delle, der Riss in der Windschutzscheibe, überall dieses Blut.

Kennen Sie den wahren Sinn von Weihnachten? Können Sie mir sagen, was die Bedeutung dieses Festes ist? Feiern wir den Geburtstag von Jesus Christus? Feiern wir das Zusammensein unserer Familie? Feiern wir, weil es einfach Tradition ist? Ich sage Ihnen den Sinn von Weihnachten:

An diesem Tag versuchen Menschen sich glücklich zu machen, einmal im Jahr versuchen Sie es von ganzen Herzen. An diesem Tag versuchen Menschen mit Geschenken, anderen Menschen ein Lächeln im Gesicht zu zaubern.

Das Fest der Liebe.

Mein Weihnachten war dieses Jahr unglaublich. Meine Frau hat mich verlassen, ich habe eine Niederlage in meinem Job erlitten und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich meinen Sohn getötet habe.

Glücklich. Dieses Wort, was bedeutet es? Zu Weihnachten möchte man Menschen glücklich machen. Diese Weihnachten werde ich mich selbst glücklich machen.

Thomas Bernsteiner, 24.12.2001

Danach ließ Thomas Wasser in die Badewanne ein. Er legte den Zettel auf den Tisch, ging nachher wieder ins Bad und setzte sich in die Wanne. Es würde sein letztes Bad sein, da neben ihm dieses Messer lag, was er in wenigen Sekunden verwenden würde, um wieder glücklich zu sein.

"Frohe Weihnachten", sagte er leise und schloss seine Augen.

 

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