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Ich will auch
Teil 3: Sommerwind

© 2011 by Hans von Wirth

Sommerwind

Fortsetzung von „Wolkenbruch“

 

für Agnes

Dafür, dass es sie gibt.

 

Was mir schon immer an ihr gefiel war Nicky's Haar gewesen. Das hatte sie eine Zeitlang wachsen lassen, sich aber dann dazu entschlossen, etwas mehr zu verändern.

So hatte sie sich bei einem Besuch beim Frisör dazu entschlossen, ihr Haar ein wenig zu tönen, so dass es nun nicht mehr ganz so leuchtete. Dem trauerte ich ein wenig nach, aber Nicky's Wohlbefinden war wichtiger.

Natürlich machte sie sich Gedanken ob es mir gefiele, dass sie sich verändere, aber ich beruhigte sie und sagte ihr als sie die Wohnung betrat:

„Oh wow! Entschuldigen Sie, sind sie nicht Schauspielerin? Ich meine mich erinnern zu können dass ich Sie in diesem Film neulich gesehen habe. Sie sollten wohl besser nicht lange bleiben denn meine Freundin könnte ein wenig eifersüchtig werden bei so hübschem Besuch.“ Nicky lachte mich an.

„Gefällt's dir?“

„Nein“.Pause. „Ich liebe es, und ich kann mir nicht vorstellen dass es irgendeine Frau gibt, der diese Frisur besser stehen könnte als dir.“

Das meinte ich wirklich so. Und als ich sie mit einem Mal Lächeln sah, war das Leuchten da, was ich eigentlich schon befürchtet hatte nie wieder zu sehen.Es war in ihren Augen zu sehen, in ihrem Blick. Sie war gerührt, das spürte ich. Ich nahm sie in den Arm und gab ihr einen Kuss. „Hallo schöne Frau.“

Uns ging es gut soweit. Nicky konnte das, was damals in ihrer (mittlerweile ehemaligen) Wohnung passiert war zum Glück verarbeiten. Die erste Zeit hatte sie noch einige Nächte, in denen sie plötzlich aufwachte und orientierungslos war, aber da Doro und Nicky die alte Wohnung aufgegeben hatten, ging es ihr doch besser. Was mir immer noch ein wenig Sorgen machte waren die andauernden Alpträume. Sie war bei mir eingezogen und wachte immer noch nachts auf. Sie sagte jedoch es sei nicht so schlimm, solange sie sich auf mich verlassen könne, würde sie es überstehen.

Das brachte mich dazu, einen gemeinsamen Urlaub zu planen.

Es sollte irgendwo am Meer sein, denn davon hatte Nicky in letzter Zeit häufiger gesprochen. Nach längerem Zögern entschied ich mich für Großbritannien. Im ersten Augenblick muss es seltsam erscheinen, aber da ich ohnehin Probleme mit meinem Teint bei hoher Sonnenstrahlung bekam, und es ohnehin ein Sommer war der höchstwahrscheinlich wieder einer der wärmsten Sommer seit Aufzeichnung der Wetterdaten sein würde, machte es letztlich nichts, wohin dir Reise ging. Die Buchung des Cottages am Meer und des Zuges für die Fahrt ging relativ problemlos, da man mir versicherte, dass alles auf unsere Bedürfnisse – vor allem auch die meinigen aus naheliegenden Gründen – zugeschnitten wäre. Die Dame am Telefon versicherte mir sie hätten schon häufiger Rollstuhlfahrer beherbergt.

Ich ließ es mich bewusst etwas kosten. Es sollte Nicky ja schließlich gefallen.

Zu meiner Enttäuschung musste ich sie fast dazu zwingen mitzukommen, Sie ließ sich letztlich von Doro überreden mit zu fahren, nachdem ich vergeblich versucht hatte Überzeugungsarbeit zu leisten.

Am frühen Morgen gegen halb sechs ging es los, unserer Abreise mit dem Zug stand an.

Jedoch war Nicky wenig gesprächig. Als wir schon in Frankreich waren, murmelte sie etwas, und kam nach ein paar Minuten zurück. Ihr folgte eine Dame mit einem Tablett. Sie hatte Kaffee und ein paar Brötchen gebracht.

„Gute Idee, ich habe Hunger für vier!“ Jetzt endlich schien Nicky ein wenig aufzutauen. Sie grinste mich an. „Wenn es anders wäre, würde ich wohl mit deinem Doppelgänger in Urlaub fahren.“

Ich zuckte nur mit den Schultern und biss von meinem Brötchen ab.

Der Zug durchquerte recht schnell den Eurotunnel, und wir kamen an einer Stadt namens Folkestone aus, unweit von Dover. Dort holten wir den bereitgestellten Mietwagen und machten uns auf den Weg nach Southend-on-Sea, unseren Wohnort für die nächsten sieben Tage.

Der Linksverkehr war nicht so seltsam wie ich es gedacht hatte. Ja gut, ich war nur der Beifahrer, aber trotzdem ging es relativ gut voran.

Es war leicht bewölkt als wir nach etwa zwei Stunden Fahrt in Southend ankamen. Die Besitzerin lebte zum Glück im Ort. Als wir an der angegebenen Adresse ankamen staunte ich ziemlich, denn erstens war es ein ziemlich imposantes dreistöckiges Haus und zweitens war die Frau die uns die Tür öffnete und sich uns als Mary White vorstellte doch tatsächlich die Besitzerin des Cottages. Ich persönlich hatte eher eine Frau mittleren Alters erwartet, sie war doch maximal siebenundzwanzig. Sie sprach zum Glück recht gut deutsch mit einem leichten Akzent. Sie lud uns auf einen Tee ein und erzählte, dass sie die Cottages – Sie besaß insgesamt drei, unweit vom Pier entfernt, von denen wir das größte gemietet hatten. Alle drei hatten ihr Vater ihr vermacht. Ihre Mutter Julie lebte in einem hinteren Teil des Hauses.

Sie war nun die Geschäftsführerin der Baufirma ihres Mannes, und Mary war die Juniorchefin, und halt eben auch zuständig für die Vermietung und Instandhaltung der Cottages. Sie sei handwerklich unbegabt erzählte sie, aber kenne jemanden den sie im Notfall immer anrufen könnte.

Nicky wurde langsam ungeduldig, dass sah ich in den Blicken die sie mir zuwarf. Mary gab uns die Schlüssel und die Nummer von ihr, falls wir noch etwas benötigen würden, sollten wir nicht zögern anzurufen. Nachdem, wie sie uns den Weg zum Cottage beschrieb sollte es einfach zu finden sein. Ein Telefon sei vorhanden, da der Mobilempfang meist etwas schwach war, ebenso hatte man einen Fernseher und Kabelanschluss. Mary ließ es sich nicht nehmen uns noch zur Tür zu begleiten und uns einen schönen Aufenthalt zu wünschen.

Wir bedankten uns, und stiegen ins Auto. Als Nicky den Rollstuhl verstaute, sah ich im Rückspiegel ihren Blick. Sie schien wütend, aber sagte kein Wort. Als sie in den Wagen stieg fragte ich sie, sie sagte jedoch nur dass sie jetzt ins Cottage wollte um sich auszuruhen.

Wir kamen an, und ich war doch sehr angenehm überrascht. Das Cottage war ein langgezogener Bau aus grauen Natursteinen mit einem Anbau an der linken Seite. Ein schmaler Weg aus grob behauenen Steinen führte von einem Gartentor hinauf zur Eingangstür. Das Zimmer war gemütlich eingerichtet, und die hellbraunen Dachbalken bildeten einen schönen Kontrast zum Dunkel der Steinwände. Ein Blickfang war der in der Wand eingelassene Kamin an der Nordseite des Raumes, rechts daneben stand ein Fernseher, davor eine Couch aus dunklem Stoff. Die sonstigen Möbel waren modern und schienen mir funktionell ausgewählt worden zu sein. Die Kochecke rundete das Bild ab.

Das an den Wohnbereich anschließende Schlafzimmer war ebenso gestaltet, die Holzverkleidung machte den Raum ebenso gemütlich. Das Bett nahm den meisten Platz ein, und sah außerordentlich bequem aus. Die Zweite Türe im Wohnbereich führte ins Bad, welches eine große, ebenerdige Dusche hatte, inklusive einem Sitz, den man Herunterklappen konnte.

Das Telefon, dass auf dem Beistelltisch neben der Eingangstür stand, klingelte. Ich nahm ab, da Nicky gerade dabei war unsere Kleidung in die Schränke zu räumen. Wie ich mir schon dachte war Mary am Apparat. Sie fragte nach, ob wir mit unserer Unterkunft zufrieden seien, und ob es sonst noch was gäbe was sie tun könnte. Ich versicherte ihr dass alles in Ordnung sei. Sie erklärte nochmals dass sie es uns so angenehm wie möglich machen wolle, denn wir wären ja schließlich ihre Gäste. Ich lachte, und sagte ihr dass es durchaus kein Problem gäbe und falls doch würden wir uns melden.

Nicky kam aus dem Schlafzimmer und fragte ob ich ihr mal kurz helfen könne. Ich verabschiedete mich von Mary und legte auf. Dann half ich Nicky die restlichen Dinge zu verstauen. Als wir fertig waren waren wir mehr als nur fertig, denn sowohl Nicky als auch ich waren seit nun schon sieben Stunden unterwegs gewesen. So fielen wir beide ziemlich platt aufs Bett.

Ein paar Minuten lagen wir so, und ich dachte sie wäre schon eingeschlafen, da fragte Nicky plötzlich: „Wie findest du Mary?“

Im ersten Moment wusste ich nicht was sie meinte darum sagte ich: „Sie ist nett. Warum?“

„Ich weiß nicht, sie scheint dich zu mögen.“

Ich lächelte. „Klar. Ich bezahle ja schließlich Geld!“

„Meinst du es ist nur das?“

Da drehte ich meinen Kopf und sah Nicky ins Gesicht. Sie hatte die Stirn in Falten gelegt. „Ach Schatz! Das glaub ich nun wirklich nicht. Erstens mal Mary kennt mich gar nicht richtig und zweitens glaube ich kaum das die was von mir wollen würde, wenn sie sieht das ich glücklich mit meiner Freundin bin.“

„Ich glaub schon, so wie die dich angeschaut hat hätte man meinen können, sie ist ein Löwe auf der Suche nach Beute.“

„Das ist doch Blödsinn.“

Stille.

Nicky sagte zwar nichts, aber ihr Gesicht sprach Bände. Ich wagte gar nicht zu fragen woran sie dachte. Stattdessen fragte ich:

„Hättest du Lust mit zum Meer zu kommen?“

Statt etwas zu sagen stand sie vom Bett auf, schob (was eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre) meinen Rollstuhl ans Bett und ich hievte mich wieder hinein.

Wir ließen das Cottage hinter uns, keiner sagte etwas. So hatte ich mir den Urlaub nicht vorgestellt. Ich hatte gehofft, Nicky würde sich ablenken, aber nicht indem sie jetzt eifersüchtig wurde nur weil mich angeblich eine andere Frau angesehen hatte. Das gibt es nicht.

Ich weiß nicht wie lange es dauerte, aber plötzlich standen wir am Meer. Ein mit einem Geländer eingefasster Pier führte etwa achtzig bis einhundert Meter weit ins Meer, er war also nicht ganz so lang wie der, für den Southend so bekannt war.

Die Sonne war nicht zu sehen, die Wolkendecke ließ kein bisschen Sonnenlicht durch. Ganz langsam betraten wir den Pier. Die Lücken zwischen den Bohlen war klein genug dass ich mühelos drüberfahren konnte, trotzdem war es relativ holprig.

Am Ende des Piers blieb ich stehen und drehte mich zu Nicky um. Die Wolken brachen ein wenig auf, und die Sonnenstrahlen leuchteten nun durch die Wolkenlöcher, dies war eine Gelegenheit die ich nicht ungenutzt verstreichen lassen wollte, deshalb stand ich mit einer Mühe aus dem Rollstuhl auf, beachtete nicht Nicky's erstauntes Gesicht und drückte sie fest an mich.

„Denkst du allen ernstes ich würde dich für eine Frau eintauschen wollen? Du weißt das du nach allem was geschehen ist, was wir gemeinsam durchgestanden haben die einzige Frau dieser Welt bist, die mich so sehr verwirrt, verzaubert und berührt hat, und dass ich überglücklich bin mit dir gemeinsam hier zu sein.“

„Ehm.. das... also..“

Sie war sprachlos. Die Überraschung in ihren wunderschönen blauen Augen sprach Bände. Anstatt ich sie weiter nach den passenden Worten suchen ließ, drückte ich sie näher an mich heran, sie umfasste ein wenig erschrocken um meine Taille, ich nahm ihr strahlendes Gesicht in beide Hände und küsste sie. Sofort stellte sich wieder die wohlbekannte Wärme ein. Dieses Gefühl das es richtig war, das sie die Frau war, die ich um alles in der Welt nie wieder hergeben wollte.

Ich bemerkte irgendwann, dass ihre Wangen feucht waren.

Da löste ich mich langsam von ihr.

„Weinst du?“ fragte ich. Kaum war die Frage ausgesprochen, sah ich auch schon ihr nasses Haar und bemerkte, dass es regnete. „Ich glaube wir gehen besser wieder.“

Ich nahm in meinem Stuhl Platz, und zog sie diesmal mit auf meinen Schoß. Ganz langsam fuhr ich den Weg zum Cottage zurück.

„Soll ich aufstehen? Dann bist du schneller.“

„Nein lass nur, erstens würde ich dir dann davonrasen, und zweitens könnte ich es mir nie verzeihen wenn du während ich an der Hütte warte irgendwo in Manchester landest.“

„Ach, so schlimm soll meine Orientierung sein? Wer hat denn letztes mal gemeint, er könne sich nicht mehr an die Stufen vor seiner Wohnung erinnern?“

„Errrrr.... Ich war betrunken. Außerdem hättest du mir früher sagen können da das die Stufen zum Keller sind.“ Nicky lachte ihr dreckigstes Lachen. Sie wusste wie sehr ich das mochte, auch wenn es mich auch immer ein wenig verärgerte, da es meistens irgendwie auf meine Kosten war. Nein, böse sein konnte ich ihr nie deswegen. Wenn ich so tat als wäre ich noch sauer, setzte sie ihren traurigen Blick auf, und dabei konnte ich mich nie lange zusammenreißen und irgendwann bricht dann das Lachen aus mir heraus.

Nicky saß nun ein wenig unruhig da. Im Schutz der Eiche unter der wir nun standen stellte ich die Bremsen des Stuhls fest und berührte Nickys Hand. Ihr war kalt.

„Streck deine Arme mal nach hinten.“

„Warum?“

„Tu's mal bitte, wirst schon sehen.“

Sie tat es, und ich hatte ihr Ruck-zuck meine Jacke angezogen. Dann setzte ich den weg fort, denn so wie sie da saß hatte sie keine Chance die Jacke wieder auszuziehen ohne mir einen Kinnhaken zu verpassen oder auf dem Gehweg zu landen. Nicky japste als würde ich sie gerade umbringen wollen. Ich fuhr so, dass ich jeweils immer im Wechsel den Rollstuhl in Bewegung setzte und Nicky mit der untätigen Hand auf dem Schoß hielt, um dann im Anschluss zu wechseln. Ich musste mich arg konzentrieren, um auf der regennassen Fläche nicht in die Schlaglöcher zu fahren die überall lauerten, da der Regen den Dreck aufgeweicht hatte. So glich der Weg mehr einem Hindernisparcours.

Kaum waren wir an der Gartentüre hielt ich an, und Nicky sprang von meinem Schoß.

„Das war wie Achterbahn!“

„Ja das kann man so sagen. Lass uns schnell reingehen.“ Mein dünner Pullover klebte wie ein Neoprenanzug an meiner Haut.

Nicky beeilte sich die Türe aufzuschließen und ich beeilte mich ins Trockene zu kommen.

„Geh schon mal ins Bad, ich mach derweil den Kamin an.“

Mit quietschenden Reifen war ich in wenigen Sekunden verschwunden.

Ich entkleidete mich und nahm dann in der Dusche Platz. Das Wasser verbrühte meine Haut, so heiß schien es mir zu sein.

Ein kalter, holzig riechender Luftzug strömte herein, schon stand Nicky im Raum, lediglich ihren Bademantel tragend, und hatte ein paar trockene Sachen für uns und Handtücher mit hereingebracht.

„Hey du denkst mit, das mag ich.“

„Tja, so wie du ins Bad gerast bist hättest du sicher noch nicht mal bemerkt wenn schon jemand unter der Dusche gestanden hätte, geschweige denn dass du vielleicht noch Handtücher gebrauchen könntest.“

„Und du brauchst dringend eine heiße Dusche oder? Komm her, ich rücke ein wenig rüber.“ Dann lag der Bademantel im Nu auf den Sachen und sie saß sie neben mir. Das Wasser rann langsam über ihre Haut, sie seufzte zufrieden.

„Dreh dich mal.“

Sie wandte mir nun den Rücken zu und ich massierte leicht ihre Schultern. Ihre Haut war wie samt unter meinen Fingern. Ganz als würde ihre Haut sich an meine Finger schmiegen, so fühlte es sich an. Ich machte Minutenlang weiter, ohne das Nicky sich bewegte. Dann drehte sie ihr Gesicht zu mir.

„Das war total schön.“

Ich lehnte mich nach vorn und küsste ganz sacht ihren Hals.

„Schön das es dir so sehr gefällt.“ flüsterte ich in ihr Ohr.

„Was sollen wir machen?“

Wie aufs Stichwort ertönte plötzlich ein Donnern.

„Fernsehn?“ fragte Nicky mit hochgezogenen Schultern.

„Fernsehn!“ stimmte ich zu.

Ich saß auf der Couch, Nicky hatte den Kopf an meiner Schulter gelehnt, ich hatte einen Arm um sie gelegt. Weil sie sagte, dass ihr immer noch kalt war, hatte ich ihr dazu noch eine Decke um die Beine gewickelt. Der Fernseher lief zwar, aber ich wusste überhaupt nicht so recht worum es ging. Nicht das ich nicht verstanden hätte worum es bei der Fernsehsendung ging, jedoch hatte ich als einziges verstanden, dass es wohl irgendwie um Roboter ging, die irgendetwas „exterminieren“ wollten. Ich konnte meine Augen nicht von Nicky abwenden. Andauernd musste ich zu ihr hinüber sehen. Irgendwann hatte sie mich dann gefragt, ob ich etwas dagegen hätte, wenn sie sich ein wenig breit machen würde.

„Natürlich nicht, mach nur.“

Dann legte sie sich komplett auf die Couch, mit dem Kopf auf meinem Schoß, den Blick immer noch Richtung Fernseher gewandt. Jetzt war mir das Fernsehen vollkommen egal. Ich schaute auf Nickys Gesicht. Ich fragte mich in diesem Moment, wie ich so ein Glück haben konnte. Für mich gab es keine andere Frau auf der Welt die schöner, ja ich würde sogar sagen vollkommener war.

Langsam strich ich mit der Hand über ihre Wange, für durch ihr samtweiches, nach Rosenblüten duftendes Haar.

Da wandte sie den Blick mir zu, und es war wieder so wie als würde ich ihr zum ersten Mal begegnen. Ihre Augen sahen mich an, aber ich hatte das Gefühl als ob sie bis in meine Seele blicken würden, um mir die Furcht vor allem was mir im Leben geschehen könnte zu nehmen. Mein Herz schien vor Freude zu zerspringen. Oh Gott ist das eine wunderbare Frau dachte ich.

Sie rückte nun höher und saß nun auf meinem Schoß. Ich strich sanft mit den Fingern über ihren Arm. Sie sog langsam Luft ein.

„Alles OK?“

„Mehr als das“ sagte sie, und ihre warmen, wundervollen Lippen trafen die meinigen. Nicky warf die Decke auf die Couch und schob mich langsam darauf. Nur zu gern überließ ich ihr die Führung. Ganz langsam entledigten wir uns gegenseitig der Kleider, wir zelebrierten es förmlich, als ob dies das erste Mal wäre. Da lediglich das Kaminfeuer Licht in den Raum warf schien ihre Haut golden, wie die Skulptur eines Engels, der sie für mich schon immer war. Jede Berührung von ihr auf meiner blanken Haut lies mich Erschaudern vor Glück. Wir waren hier. Wir liebten uns. Die ganze Welt war unwichtig, einzig und allein wir waren wichtig. Als ich in sie eintauchte, wurden nicht nur unsere Körper eins. Sie wollte mir so nahe sein weil sie mich liebte. Ich wollte ihr nahe sein weil ich sie liebte. Mit jeder sanften Bewegung spürte ich, was sie fühlte. Wie sehr sie diesen Augenblick genoss. Nicht, weil es Sex war, sondern weil ich derjenige war. Unsere Bewegungen wurden stetig schneller, bis wir gemeinsam den Höhepunkt erreichten. Es war, als ob ich fortgerissen werden würde, und im nächsten Moment wieder zurückkehrte, nur war meine über alles geliebte Nicky hier, bei mir.

Wir blieben noch einige Zeit aneinandergekuschelt liegen. Dann gingen wir zu Bett und ließen den Abend mit gegenseitigen Streicheleinheiten ausklingen, bis wir eng aneinandergekuschelt einschliefen.

Am nächsten Morgen stand ich früh auf, duschte, und dann sah ich mir an, was Mary uns bereitgestellt hatte.

Während ich in der Küche herum werkelte um Nicky etwas nettes zu essen zu zaubern (typisch englisches Frühstück: Rührei und gebratener Speck, hatte ich vorher noch nie morgens gegessen, aber war dennoch ganz lecker, und ich hoffte das es ihr ebenso schmecken würde.

„Guten Morgen!“

Erschrocken ließ ich fast die Pfanne mit gebratenen Speck fallen, hielt sie aber dann - dummerweise - mit beiden Händen am Stiel. Natürlich berührte ich dabei die Pfanne, und schaffte es dann gerade noch sie unter lautem Fluchen zurück auf den Herd zu stellen. Nicky, die ich nicht bemerkt hatte und die wohl schon geduscht hatte da sie ihren Bademantel trug, drehte den Wasserhahn auf und ich kühlte meine wunden Finger darunter.

Langsam ließ der Schmerz nach und wich einem dumpfen Pochen. Die Haut war gerötet, schien jedoch nicht zu sehr verletzt zu sein. Ich denke der Schock war schlimmer gewesen als der Schmerz.

Abgesehen von meinem Missgeschick verlief der Morgen ruhig. Ich schlug vor, einen Abstecher nach London zu machen, Nicky begrüßte die Idee. Sie meinte sie wollte sowieso „Shoppen“ gehen. (Ich hatte das Geld. Das heißt, es waren zum Glück keine exzessiven Impulskäufe möglich)

Die Strecke bis London war okay, allerdings der Verkehr selbst war mörderisch, da wir Mitten im Berufsverkehr steckten. Ebenso schwierig gestaltete sich nachfolgend die Parkplatzsuche, jedoch hatte Fortuna irgendwann ein Einsehen und wir fanden einen Parkplatz, wenn auch ein wenig Fussweg zu bewältigen war bis ins Zentrum der Stadt. Aber es war ein sonniger wenn auch kühler Tag, so dass es uns beiden wenig ausmachte.

Ich hatte eigentlich vor gehabt die typischen Touristenattraktionen, (ausgenommen einer die ich für den Abend schon im Hinterkopf hielt) zu vermeiden, aber Nicky wusste dass ein Blick von ihr so ziemlich alles in mir in Aufregung versetzen konnte, und es war ja schließlich unser erster gemeinsamer Urlaub. Deswegen gab ich nach und besorgte uns zur Sicherheit einen Stadtplan.

Also waren wir zuerst bei Madame Tussauds und schauten uns die Wachsfiguren an. Der Eintritt war mit etwa 13 Pound ganz okay, Nicky hatte als meine Begleitung freien Eintritt.

Wir wurden an einem separaten Eingang eingelassen, das war mir sehr recht, denn es war eine sehr lange Schlange vor dem Kassenbereich.

Freundlicherweise erklärte sich jemand bereit uns eine Tour durch die Räume zu geben, so lernten wir auch nationale Sporthelden kennen. Als wir an der Chamber of Horrors waren, fühlte sich Nicky sichtlich unwohl, was mich amüsierte. Das wiederum gefiel ihr nicht, wie ich später feststellen musste. Denn Nicky wollte natürlich ein Foto mit “ihrem” William, und ich dachte natürlich dann nehme ich eines mit Kate, aber was war los? Sie war noch nicht fertig. Das erfreute Nicky natürlich.

“Nimm doch stattdessen Camilla!”

“Ich bin in meiner Kindheit zwar mal geritten, aber das Pferd muss ich mir echt nicht geben. Na, schönen Dank auch!” Zum Glück konnte uns niemand verstehen, dachte ich, als ich den verärgerten Blick einer älteren Dame auffing. Das war mir doch ein wenig peinlich und ich drehte mich schnell herum. Nicky hatte alles mitbekommen und konnte sich vor Lachen kaum auf den Beinen halten bis wir am Ausgang waren.

Wir kauften uns ein wenig weiter die Straße runter einen Imbiss, der mehr kostete als den Eintritt im Wachsfigurenkabinett. Zum Essen ließen wir uns im nahegelegenen Regents Park nieder, und Nicky und ich ruhten uns ein wenig aus. Als wir saßen begann Nicky mich wegen der Situation mit der alten Dame ein wenig zu necken. Als mir ihre Sticheleien bezüglich der Situation zu viel wurden, schlug ich Nicky vor, dass wir doch zur Carnaby Street gehen sollten. Das war ein schwerer Fehler, denn ich sah wie ihre Augen funkelten.

“Einkaufen?”

“Hm, ja”

“Das mag ich.”

Kein Wunder das ihr der Gedanke gefiel, dachte ich und musste unwillkürlich grinsen.

“Dann lass uns gehen.”

Es war viel los auf den Straßen Londons. Viel mehr, als wir von der Kleinstadt aus der wir kamen gewohnt waren. Deswegen waren wir ein wenig orientierungslos, und hielten uns strickt an den Stadtplan, um nicht vollends die Orientierung zu verlieren. Wir mussten den überwiegenden Teil ohnehin geradeaus gehen. Irgendwann sagte Nicky plötzlich dass sie mal dringend zur Toilette müsste. Sie wurde sehr unruhig, und lief immer schneller, so dass ich schon Mühe hatte mit ihr schritt zu halten. Dann sah sie in etwas weiter Entfernung irgendetwas und warf mir ihre Geldbörse auf den Schoss, dann rannte sie wie von der Tarantel gestochen los. Ich konnte gerade noch sehen wie sie im Eingang eines Gebäudes verschwand. Als ich näher fuhr bemerkte ich das es eine Filiale eines Schnellrestaurants war. Da es sehr eng und überfüllt war innen, wartete ich lieber draußen und schaute mich um.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite war ein kleiner Laden der meine Aufmerksamkeit weckte. Das Schaufenster war alles andere als Groß, aber wurde optimal genutzt. Hinter der Glasscheibe sah ich sehr schöne Schmuckstücke am Rand der Hinweis: „Unique Handmade jewellery” Da dachte ich mir, ich nutze die Zeit und schaue mich einmal drinnen um. Schnell entschlossen trat ich ein.

Der Innenraum war in einem dunklen Blau gestrichen, so dass die Schmuckstücke, die rundum in den Glaskästen verteilt waren, noch mehr zu funkeln schienen.

Am Ende des Raumes war ein brauner Tresen mit eingelassener Glasscheibe, worunter wahrscheinlich der teuerste Schmuck seinen Platz gefunden hatte. Hinter dem Tresen stand eine blonde junge Frau die lächelnd mit ihren smaragdgrünen Augen zu mir hinüber sah. Als ich näherkam sagte sie in einem freundlichen Ton:

„Guten Tag und willkommen in Barnes Jewel-case. Ich bin Alice Barnes, die Besitzerin. Kann ich ihnen irgendwie behilflich sein?“

„Ja. Guten Tag, ich bin zur Zeit mit meiner Freundin hier in Urlaub, und da sie kurz weg ist, dachte ich mir, ich mache ihr ein schönes Geschenk.“

„Hatten sie da an etwas bestimmtes gedacht?“

„Sie mag blau sehr gern, deshalb dachte ich an einen blauen Anhänger oder so etwas.“

„Ah ja, da denke ich finden wir etwas.“ sagte sie und kam um die Theke herum. Sie ging zielstrebig zu einem der Ausstellungskästen, öffnete ihn und nahm eine Ablage mit Schmuck heraus, dann schloss sie es wieder und kam zum Tresen zurück.

„Ich denke hier wird etwas dabei sein.“

Auf der Auflage langen etwa dreissig verschiedene Anhänger in den verschiedensten blautönen, von Aquamarin bis tiefblau.

Alle sahen sehr schön aus, aber nur bei dem größten von ihnen konnte ich mir vorstellen wie er an Nicky gut aussah.

Es war ein Achat, wie mir Alice erklärte. Der Stein war oval und komplett blau, bis auf der untere Teil, wo ein schwarzer v-förmiger Teil die Spitze bildete. Der Anhänger oben für die Kette war klein und silbern, er sah aus wie kleine Äste eines Baums, die den Stein festhalten wollten.

„Den nehm ich!“ sagte ich mit Bestimmtheit.

„Das wären dann mit Kette £180. Zahlen sie bar oder mit Karte?“

Ich reichte ihr meine Karte, sie buchte sie ein, ließ mich unterschreiben und übergab mir die Rechnung. Dann packte sie den Stein und die filigrane Kette in ein Etui und Band ein rotes Band mit einer Schleife daran fest.

Da kam mir in den Sinn: Was tue ich damit? Wenn Nicky die Schatulle sieht, weiß sie sofort das es für sie ist. Fragend schaute ich mich um. Ich hatte lediglich meine Jacke dabei.

„Haben sie vielleicht eine etwas kleinere Verpackung? Ich will meine Freundin überraschen und möchte ungern dass es ihr sofort auffällt.“

Alice sah mich an. Sie zog die Stirn in Falten, dann sagte sie:

„Aha! Einen Moment!“

Ein blinzeln von mir, und weg war sie.

Ich wunderte mich gerade wo sie hin sein mochte, da hörte ich das Geräusch einer sich schließenden Schiebetür und Alices Kopf tauchte wieder hinter der Theke auf.

„Wie ist das?“ fragte sie und hielt mir eine kleinere Schmuckschatulle aus dunkelrotem Samt entgegen.

„Ja klasse!!“ rief ich fast lauter als ich es beabsichtigt hatte. Sie packte es ein, gerade noch rechtzeitig, denn als ich die Schatulle in meiner Jackentasche verstaut hatte, mich verabschiedet hatte und die Tür hinter mit geschlossen war, kam Nicky über die Straße gelaufen.

„Alles erledigt?“ fragte ich.

„Ja. Da war aber auch eine Schlange sage ich dir. Ich dachte schon mir platzt gleich die Blase!“

Sie sah zu mir.

„Hoffe du hast nicht zu lange gewartet?“ Ich seufzte erleichtert. „Nein. Ich habe das Warten so gerade überstanden.“ zum Glück hatte ich sie da nicht anlügen müssen, denn das war mir zuwider.

“Was willst du jetzt tun?“ fragte ich Nicky.

„Versprechen muss man halten.“ entgegnete sie.

Ich seufzte.

Da setzte sich Nicky auf meinen Schoß, schlang die Arme um meinen Nacken und küsste mich.

„Na?“

Ich murrte zögerlich.

Nicky küsste mich erneut, und drückte sich dabei eng an mich. Ich genoss es ihren Körper in diesem Augenblick so nah zu spüren, aber dachte dann auch an den Anhänger. Daher ließ ich nur ganz langsam meine Arme auf ihren nieder und streichelte ihre Hände.

„Na gut, aber nicht so lange, ich hab noch was vor heute.“

Natürlich dauerte es länger. Denn es war kaum zu fassen, wir waren irgendwann so weit durch die Geschäfte gelaufen, dass wir in Whitehall, einer Straße im Regierungsbezirk Westminster landeten. Nicky meinte doch tatsächlich, wir könnten ja jetzt noch einmal zurück, aber ich sagte ihr, dass es nun Zeit war für das was ich mit ihr vorhatte.

Ich glaube sie überlegte einen Moment ob sie mich wieder herumkriegen würde, aber mein Blick muss ihr zu verstehen gegeben haben wie wichtig es mir war.

„Na gut. Was machen wir denn?“ Neugier sprach nun aus ihren Augen.

„Komm mit.“

Wir überquerten die Westminster Bridge, und standen mit einem Mal am Zielort zu dem ich sie führen wollte.

„Normalerweise hält es nie, erklärte ich Nicky,“ aber für Rollstuhlfahrer wird es kurz angehalten, damit man einfacher zusteigen kann. Deswegen musste ich uns anmelden.“

„Meine Güte, das heißt, damit fahren wir?“

„Ja, Wir fahren mit dem größten Riesenrad Europas, dem London Eye!“ ich lächelte sie an. Sie strahlte noch mehr zurück.

Die etwa 40 Minuten Fahrt genoss Nicky wirklich sehr, ich deutete auf einige Gebäude und erklärte ihr was es damit auf sich hatte, wie zum Beispiel das das langgezogene, grünliche Gebäude „die Gurke“, im englischen Gherkin genannt wurde und noch einiges mehr. Auf dem höchsten Punkt der Fahrt, das Licht der untergehenden Sonne schien Nicky an, hielt ich jedoch inne und zog sie auf meinen Schoß.

„Der Hauptgrund aber, dass ich dir das alles zeigen wollte... ist weil ich schon einmal hier war, und mir dachte, dass so etwas Schönes mit noch etwas Schönerem gewürdigt werden muss. Deswegen wollte ich mit DIR hier hin.“

Ihre Augen glänzten vor Freude über das gerade Gesagte. Ihr Gesicht kam meinem immer näher.

Für den Rest der Fahrt sprachen wir nicht mehr, sondern ließen Küsse sprechen.

Wir stiegen ganz langsam aus der Kapsel aus. Ich war glücklich, und hoffte ich hatte ihr damit gezeigt, das nur Sie der Grund war.

Wir kamen am Ausgang an einer Art Kiosk vorbei, an dem Fotos gemacht wurden.

Ich musste gar nicht lange suchen um uns beide zu entdecken „Oh Mist“ entfuhr es mir und ich lief an wie nicht nur eine, sondern gleich ein ganzer Strauch von Tomaten.

Wir waren auf einem der Monitore zu sehen. Nicky saß auf meinem Schoss, und „idealerweise“ war mein Stuhl so zur Kamera gedreht, dass man genau erkennen konnte wie Nicky's Hände meinen Kopf fest hielten, während meine Arme sie umschlungen hielt und sie fest auf meinen Schoß drückte.

Die Servicemitarbeiter die hinter der Abtrennung standen, sahen uns an. Ich habe noch nie jemanden so breit grinsen gesehen.

Ein junger Mann, der uns vorhin in die Kapsel rein gelassen hatte, richtete sich an uns, er japste vor lachen und hatte einige Mühe die Worte auf Deutsch hervorzubringen.

„Möchtet...ihr...ein...Erinnerungsfoto kaufen?“ Pause. Man konnte ihm ansehen, dass er noch etwas hinzusetzen wollte. „Damit ihr euch erinnert, wie der Moment war als ihr die Aussicht genossen habt?“

ich ging voll darauf ein.

„Ja es war wirklich atemberaubend schön.“

Er entgegnete: „Ja, man kann sehen das dir die Luft weg bleibt.“ Er lachte schallend, und Nicky und ich fielen nach einem kurzen Augenblick mit ein.

Ich zahlte für das Foto und wir kauften noch eine Postkarte auf der das London Eye und die Houses of Parliament zu sehen waren um sie an Doro und ihren Freund zu schicken. Dann machten wir uns auf den langen Weg unseren Wagen wiederzufinden.

Wir kehrten glücklich aber geschafft zurück zum Cottage. Es war schon fast Nacht. Nicky ging durch ins Schlafzimmer um ihre Neusten Errungenschaften noch einmal zu begutachten und ich hatte vor, uns einen Kaffee zu machen. Ich warf meine Jacke in den Sessel und stellte Kaffeewasser auf den Herd, da sah ich einen Zettel am Kühlschrank hängen.

Er war von Mary. Sie schrieb lediglich wir sollten sie anrufen. Nachdenklich was es wohl sein könnte hob ich den Hörer des Telefons und wählte ihre Nummer. Nach dem Zweiten klingeln nahm sie ab.

„Ja hallo?“

Ich begrüßte sie und fragte wie es ihr ging. Dann kam ich zum Grund ihres Anrufs.

„Jemand hat nach euch gefragt, eine Frau Schmitt.“

„Oh, Doro mit Vornamen?“

„Ja stimmt. Sie meinte, sie hofft das ihr euch meldet, sie freut sich schon auf euren Anruf.“

Ehrlich gesagt war mir das ein wenig unangenehm, denn erst in diesem Moment fiel mir auf, dass ich mein Mobiltelefon auf dem Wohnzimmertisch hatte liegenlassen. „Oh Danke Mary.“

„Jederzeit. Die Frau schien irgendwie aufgeregt.“

„Okay, wir werden uns mal bei ihr melden. Danke.. Oh warte mal, ich bräuchte vielleicht deine Hilfe....“ und erklärte ihr mein Vorhaben.

Nach dem Telefonat ging ich zum Wohnzimmertisch, nahm mein Handy in die Hand und sah das ich vierzehn vergebliche Anrufe erhalten hatte und das ich eine neue Nachricht auf der Mailbox hatte.

Neugierig hörte ich das Band ab. Es war lediglich eine Nachricht darauf.

„Hallo ihr beiden! Ihr glaubt nicht was passiert ist. Ich habe heute die Zeitung aufgeschlagen, und ich dachte mir, das euch das auch interessiert: Das Urteil wurde gestern verkündet! Andy ist zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden!! Ist das nicht toll? Hoffe euch geht’s gut, freue mich wenn ihr euch meldet. Noch einen schönen Urlaub.“

Dann war die Verbindung unterbrochen.

Ich ging ins Schlafzimmer. Dort saß Nicky in Unterwäsche, gerade dabei ein paar schwarze Highheels anzuprobieren. Ein paar Kleider lagen schon auf dem Bett. Sie zog eines davon, ein knielanges schwarzes Kleid über ihren Kopf und stand dann auf und fragte mich ob sie gut aussehen würde.

Ich sagte ihr, dass sie mich so sehr faszinierte, dass ich zu keiner objektiven Aussage fähig wäre wenn ich darauf antworten sollte. Natürlich war ich ihr gegenüber immer großzügig mit Komplimenten, aber sie wusste immer, dass ich das was ich sagte aufrichtig meinte.

Sie kam herüber zu mir, Nahm auf meinem Schoß Platz. Mein Mund verschmolz mit ihrem. Wir küssten uns genauso wie im London Eye. Wieder war ich in ihren Armen so schnell dahingeschmolzen wie eine Schneeflocke in der Sahara. Meine Finger fuhren sanft ihren Rücken hinunter. Sie seufzte auf. Ich machte weiter und spürte wie sie eine Gänsehaut bekam. Ihre samtweichen Lippen küssten weiter. Sie so bei mir zu spüren war unvergleichlich schön. Genauso schön wie sie es für mich war. Natürlich war sie mit ihren Oberschenkeln nicht zufrieden, und fand ihre Nase zu lang. Aber könnte sie sich nur einmal durch meine Augen betrachten, sie würde niemals wieder ein Wort darüber verlieren.

Mir wird allmählich wirklich heiß dachte ich. Da fiel mir wieder der Kaffee ein.

„Das Wasser für den Kaffee wird jetzt langsam heiß sein.“ Als sie wortlos mit einer Hand nach der Tür angelte und sie zuwarf, war ich mir noch nie so sicher gewesen: Kaffee würde es heute keinen mehr geben. Ich kann nicht sagen das ich besonders traurig darüber war.

Nicky hatte sich an mich gekuschelt. Heute war schon unser letzter Urlaubstag in England, und ich hatte etwas besonderes geplant. Leider brauchte ich dazu ein wenig Marys Hilfe, und leider hatte Nicky mitbekommen dass ich mit Mary telefoniert hatte. Sie wusste aber nicht weshalb, weswegen sie wieder eifersüchtig geworden war. Sie sagte es zwar mit keinem Wort, aber ich kannte Nicky inzwischen besser als mich selbst. Ich versuchte sie am Mittwoch mit einer Einladung an den Pier aufzumuntern, aber es gelang mir nicht, so sehr ich es auch versuchte. Nicky und ich gingen dann eine Weile am Strand entlang, was sie zumindest ablenkte wenn ich auch ab und an einen entrücken Ausdruck in ihrem Blick sah.

Am darauffolgenden Donnerstag, gestern, lud ich Nicky ins hiesige Pub „The Nine Oaks“, neun Eichen, ein. Hier machten wir einige Bekanntschaften, und wie ich nicht ohne Stolz zugeben muss erntete Nicky ein paar anerkennende Blicke von den anscheinend sehr einsamen Herren der Stadt, die mich ab und an dazu veranlassten ein wenig näher an Nicky heranzurücken. Es wurde ein angenehmer Abend, als einer der Männer auf uns zukam und erzählte, er hätte einen Neffen, der ebenfalls im Rollstuhl sitzen würde und in einem Camp für Kinder und Jugendliche Bogenschießen und Fährtensuche unterrichten würde. Von so etwas hatte ich bisher noch nie etwas gehört, und sogar Nicky schien daran interessiert zu sein. Zumindest vergaß sie darüber endgültig ihre Eifersucht und ließ mich durchatmen. So konnte unser Urlaub doch noch gut zu ende gehen.

Am Nachmittag, einige Zeit nach dem Mittagessen welches ich (dank Nickys hilfreicher Anleitung) zubereitet hatte bereiteten wir uns bei einem schönen Glas Weißwein schon einmal darauf vor diese Cottage, was uns fast schon ein Heim geworden war, am morgigen Tag zu verlassen. Das Telefon klingelte, und Mary war dran, sie sagte das alles zum geplanten Zeitpunkt an seinem Platz sein würde und wünschte uns einen schönen letzten Tag. Dann hing sie auf.

Ab diesem Zeitpunkt war Nicky in einer seltsamen melancholischen Stimmung.

„Schatz?“ fragte ich nach einer Weile.

„Mh, ja?“ fragte sie abwesend, als hätte ich sie gerade abgelenkt von irgendetwas.

„Schatz, was ist los? Dich bedrückt doch etwas.“ Ich rutschte näher an sie und Ich legte eine Hand auf ihren Arm. Ihre Haut war kühl obwohl es schon 20 Grad im Zimmer sein mussten.

Sie atmete schwer ein.

„Ich muss dir etwas erzählen.“ begann sie.

„Vor etwas mehr als zwei Jahren hatte ich eine Beziehung. Es war gut. Wir verstanden uns blendend, hatten gemeinsame Interessen Er war Maler, weißt du.“ Sie seufzte.

„Ja?“ sagte ich sanft. Ich merkte wie sehr es sie belastete. Sie musste es loswerden. Langsam streichelte ich über ihren Arm.

„Ja. Nur bis ich ihn inflagranti mit einer Anderen erwischte. Ich war zu dem Zeitpunkt an einer Schule als Praktikantin und war früher zuhause weil der Unterricht ausfiel. Ich war geschockt, und mehr als alles andere war ich verletzt. Sie kamen beide aus unserem Bad, und sie trug meinen Bademantel. Ich rannte aus der Wohnung, aus dem Haus. Die Straße entlang, bis ich irgendwann mein Handy klingeln hörte. Ich wollte es schon wegwerfen, da sah ich aufs Display. Es war Doro, zu dem Zeitpunkt kannte ich sie noch nicht sehr lange, aber ihr Anruf kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich erzählte ihr alles, und sie bot an dass ich das freie Zimmer in ihrer WG haben könnte, bis ich etwas anderes finde. Seit diesem Tag sind wir befreundet und wohnten zusammen.“ Pause. Da kommt nochwas. „Ich bin wirklich glücklich mit dir, nur bin ich seit dieser Sache mit meinem Ex sehr.... misstrauisch anderen Frauen gegenüber, und ich bin mir nicht sicher, was ich von Mary halten soll.“

Das bisher Ungesagte war endlich ausgesprochen.

Ich räusperte mich.

So, ich hab eine Überraschung geplant. Heute Abend, weil es unser letzter Abend ist. Der Telefonanruf gerade vorhin von Mary war lediglich die Bestätigung das alles wie geplant abläuft. Sie half mir freundlicherweise, und war auch so gesehen meine einzige Chance, weil ich hier sonst niemanden kannte. Es tut mir leid, falls du den Eindruck hattest, ich und Mary...“

Nicky anwortete beschämt: „Nein, ich bin Schuld...“

„UNSINN!“ sagte ich. Etwas lauter als geplant. Ich senkte meine Stimme.

„Du hast allen Grund misstrauisch zu sein nachdem was dir mit dem Typ passiert ist. Jetzt kann ich ehrlich gesagt einige Reaktionen besser nachvollziehen. Denk nicht mehr daran.“

Tränen rannen ihr Gesicht hinunter. „Wenn ich dir jetzt die Überraschung verdorben...“Ich legte ihr einen Finger auf die Lippen.

“Shhhhh... Das stimmt nicht, ich muss es dir nur früher sagen. Komm bitte in einer halben Stunde zum Pier. Du weißt schon.wohin.“

Noch 3 Minuten Zeit, da waren Schritte zu hören. Sie war pünktlich, darüber war ich froh.

Noch einmal ein Griff in die Jackentasche. Es war noch da. Sehr gut. Ich kontrolierte noch einmal ob mein Hemd und die Hose fest saßen, dann Blickte ich zum Anfang des Piers.

Sie kam langsam den Weg herunter. Sie hatte das dunkle Kleid an welches sie sich erst Dienstag gekauft hatte, und trug ein hellblaues Tuch um die Schultern, da die Wärme das Tages doch ein wenig abnahm.

Sie setze sich zu mir auf die Decke, die Mary freundlicherweise bereitgelegt hatte.

„Das hier war es also?“ sagte Nicky mit einem Lächeln und deutete auf die Lichterkette die um das Geländer herum verlief und auf den Picknickkorb, der in meiner Nähe stand. Ich stellte die Flasche Champagner zurück. Und reichte ihr ein Glas.

„Ja genau. Wie hätte ich das sonst alles machen können ohne das es dir auffällt.“

Wir stießen an.

„Auf dich!“

„und auf dich!“ Jeder nahm einen Schluck. Ich atmete tief durch, da sagte Nicky: „Bist du mir noch böse?“

„Nein, war ich aber auch nie. Du hättest nur etwas sagen müssen. Denn... Ich habe auch etwas ähnliches durchgemacht, mein Vertrauen wurde ebenfalls erschüttert. Nur glaube ich,... Wenn man liebt ist es immer möglich das man verletzt wird, denn das ist das was Liebe ausmacht. Jemandem so weit zu vertrauen das man verletzt werden kann, aber nicht verletzt wird. Jemanden an seiner Seite zu wissen der dir selbst mit einem Blick alles verraten kann, weil du genau weißt was der andere gerade denkt. Das ist es.“

Ich rückte näher an Nicky heran. Mein Stimme wurde ein wenig heiser. Ich hatte mir jetzt ganz genau überlegt was ich sagen wollte.

„Du Schatz? Weißt du was auf englisch: Ich liebe dich heißt?“

Nicky hob die Augenbrauen hoch.

„I love you.“

„und Italienisch?“

„Ti amo“

„Und deutsch?“

„Ich liebe dich, natürlich“

„Weißt du, all diese Worte klingen für mich wie ein einziges. Willst du wissen welches?“

„Ja.“

„Ich höre bei all diesen Sätzen lediglich ein Wort, und das ist dein Name.“ Die letzten Worte waren nur noch ein Flüstern, trotzdem verstand Nicky sie. „Und um die das zu beweisen und zur Erinnerung an unseren ersten gemeinsamen Urlaub habe ich hier etwas für dich.“

Ich zog die Schatulle aus der Tasche und gab sie ihr. Ihre tränenfeuchten Augen leuchteten im Licht. Mit zitternden Händen öffnete sie die Schachtel.

„Oh toll, die ist wunderschön.“ Sie wischte sich die Tränen weg, die ihr inzwischen in Strömen übers Gesicht liefen. „Könntest du...?“ „Ja klar warte“ mit ebenso zitternden Händen legte ich ihr die Kette um und schloss sie mit Mühe.

Sie strich mit einer Hand über den Stein. „Wunderschön. Danke....Da war ich ganz schön blöd mit meiner Eifersucht, was?“

„Unsinn. Diese Eifersucht war zwar grundlos, aber das zeigt mir doch auch auf eine andere Art, dass du mich liebst. Das ist nur normal. Habe ich auch.“

„Ja?“

„Ja klar. Gerade erst gestern im Pub zum Beispiel. Manchmal da denke ich einfach womit ich dich verdient habe weil du mir so gut tust und mir mehr bedeutest als jeder andere Mensch auf dieser Welt.“

„Ach du!“ Sagte sie und umarmte mich. Auf dieselbe Weise umfasste ich auch sie.

„Ich liebe dich.“

„Ich liebe dich auch.“

Wir küssten uns. Dieser Kuss war wie eine Million Schmetterlingsflügel die mir über die Seele strichen.

Gemeinsam sanken wir zurück und betrachteten die Sterne die Inzwischen hervorgekommen waren. Diese Nacht, die wir unter dem Sternenzelt verbrachten, war für uns beide eine der schönsten Erinnerungen an den Urlaub. Ich fühlte mich, als ich mit ihr in dieser Nacht zusammen war wirklich frei.

Und ich erinnere mich immer noch, wie ihr Gesicht im Glanz der Sterne heller strahlte als irgendetwas sonst was ich bisher gekannt hatte.

 

ENDE TEIL 3  
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