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Es ist tiefe Nacht. Der fast volle Mond scheint durch die dunklen Wolken. Der Mann, dessen schwarze, wuselige Haare ihm in wilden Strähnen um den Kopf wehen, stapft langsam die öde und moorige Steigung der Belly Hills hinauf. Sein Name ist Brian.
Langsam wird die Ebene dichter. Rings um ihn herum tauchen große, finstere Bäume auf. Die aufziehenden Wolken verfinstern den Wald. Von links hört man eine Eule schreien. Brian geht, den Kopf zum Boden gesenkt und kein Gedanke an irgendwas verschwendend, immer weiter und weiter, ohne den Dingen in diesem totwirkenden Wald Beachtung zu schenken. Es sind fünf Stunden vergangen, seit seine Frau dem garstigen Dämonen Krebs erlag. Er wartete die ganze Nacht an ihrem Bett, sie schrie nicht und hatte auch keine Kraft mehr um zu kämpfen, sich der Krankheit entgegenzustellen.
Sie machte die Augen auf und schien unbeteiligt durch ihn durch zu blicken. Er umklammerte ihre eiskalte Hand. Nach einer Weile sagte sie
>>Ich werde auf dich warten, auch wenn es eine Ewigkeit dauert<<.
Sie senkte ihren Blick und starb mit einem kaum vernehmbaren keuchen.
Die Erinnerung an dieses noch viel zu junge Erlebnis entlockte ihm eine Träne. Ohne etwas zu sagen schreitet er weiter. Die Steigung verebbt allmählich und der Wald öffnet seine dunklen Pforten für ihn. Ein heiserer Schrei der Eule dringt lauter als zuvor aus dem dunklen Wald hervor. Je tiefer er in den Wald hineinkommt, desto entstellter sind die Bäume. Totenmasken, das ist wohl die passendste Beschreibung. Leichter Bodennebel steigt empor und die Schreie der Eule hallen gespenstisch wider. Ohne sich seiner Umgebung wirklich bewusst zu sein, zieht es Brian immer weiter voran. Seine Erscheinung wirkt wie eine umherwandernde, verlorene Seele. So vergehen Stunden.
Leichter Regen in der kargen Dunkelheit führt Brian sanft aus seinem Trancezustand. Der kühle Regen, die frische, klare Luft, all das wird hinter Brian liegen, noch ehe es Tag wird.
In seiner Benommenheit, stolpert er über eine Baumwurzel und fällt auf den aufgeweichten Erdboden. Insekten winden sich zwischen seinen Fingern. Er findet kaum noch die Kraft seine müden Knochen aufzurichten. Nach kurzer Zeit gelingt es ihm schließlich doch sich aufzurichten und den Weg trotz seiner quälenden Schmerzen vortzusetzen. Seine Hose ist dreckverschmiert, sein Gesicht vom Wetter gegerbt.
Langsam stoßen die ersten Sonnestrahlen aus den Wolken hervor. Der Regen hört auf und Brian geht gekrümmt einen kleinen Hügel hinauf. Auf dem Hügel, steht ein einzelner Baum. Dieser Baum erscheint Brian wie ein weiser, grauer Magier. Der Magier, der ihm helfen wird seinen Schmerz zu lindern. Von der Pracht des Augenblicks ergriffen hält Brian seinen Marsch an und blickt den Weisen an. Es könnte eine Eiche sein, aber das ist ihm egal, er genießt den Anblick und ist zum ersten Mal seit langem von einem Gefühl der Geborgenheit umgeben.
Er zieht ein Seil, dass er als Gürtel benutzt hat, aus dem Bund seiner Hose, wirft es um einen Ast des Baumes und klettert mit letzter Kraft diesen hinauf. Er rutscht fast ab, kann aber mit den Händen den Ast ergreifen und zieht sich an ihm hoch. Weitere Schürfwunden zieren seine Hände, doch das ist jetzt belanglos für ihn.
Der Blick ins Tal und auf die Stadt in der er die letzten sieben Jahre seines Lebens verbracht hat, lässt ihn glücklich werden und er weiß, dass seine Entscheidung richtig ist. Die Welt wird sich weiterdrehen.
Er knotet das eine Ende des Seils fest zusammen und formt aus dem anderen eine Schlaufe.
Die Sonne ist jetzt aufgegangen und erhellt den Horizont. Das Zwitschern einiger Vögel erreicht Brians Ohr. Im nächsten Moment schwingt Brians lebloser Körper vom Wind getragen am Ast des alten Baumes. Sonnenstrahlen fallen auf sein Gesicht auf dem ein zufriedenes Lächeln zu sehen ist. Und die Vögel singen ein klangendes Lied.