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Sing mir das Lied vom Tod

© 2003 Torsten Kühnel

Gott, wie sie diesen Weg haßte. Jeden Dienstag abend das selbe. Eigentlich hatte Ally vor nichts mehr Angst, doch dieses kurze Stückchen Weg bereitete ihr immer wieder Unbehagen und Furcht.

Ally ist elf Jahre alt und lebt bei ihrer alten und schon etwas senilen Großmutter. Vor drei Jahren sind ihre Eltern ums leben gekommen. Das Jugendamt hatte sie zu einer für sie fremden Frau, die angeblich ihre Großmutter sein sollte, geschickt. Schon als sie die Alte das erste mal sah, wusste sie, das mit der etwas nicht ganz in Ordnung war. Das sie dann auch noch alleine in einem fast verfallenem Herrenhaus wohnte, mitten im Wald, verstärkte Allys Verdacht. Die alte Frau war abweisend zu ihr. Man sah das es ihr nicht so recht gefiel, ein kleines elfjähriges Mädchen bei sich aufzunehmen.

Es waren nur wenige Schritte von der Hauptstraße, wo der Bus hielt, bis zum Haus.

Doch dieses kurze Stück war grauenvoll für Ally. Sie konnte nicht erklären warum.

Lag es an den Erinnerungen die sie heimsuchten? Letzten Dienstag wäre sie fast zusammen gebrochen, da ihr der Autounfall wieder so nahe war.

Sie kamen vom Einkaufen, Ally und ihre Mum alberten herum, als plötzlich ein roter Ford von rechts schoß, gegen sie prallte und sie gegen eine Hauswand schlug. Ally hatte erst gar nicht so recht geschnallt was passiert war. Als sie die Augen öffnete, lag sie in den Armen eines Sanitäters, der sie vorsichtig untersuchte. Ihr fehlte nichts. Ihre Eltern waren auf der Stelle tot und Ally trug nur ein paar Beulen und einen ungeheuerlichen Schrecken davon. Der Sanitäter hatte den Kopf geschüttelt und leise geflüstert: "Ein Wunder, die Kleine hätte das eigentlich nicht überleben können! Dank deinem Schutzengel!"

Ally war seit dem Unfall apathisch. Erst in den letzten Monaten hatte es sich gebessert und sie sprach wieder, wenn auch nur sehr wenig. Ihr Inneres war leer und sie fühlte sich von der Welt allein gelassen.

Ihr Herz begann zu rasen. Es ist nicht weit, aber warum ausgerechnet durch einen Wald? Langsam setzte sie den ersten Schritt auf den steinigen Weg. Die kleinen Kiesel knirschten unter ihren Halbschuhen. Der Kalender schrieb Mitte Mai und eine laue Luft durchströmte den Wald. Sie biß sich auf die Unterlippe und ging weiter. Da fiel ihr etwas ein. Ally begann leise zu summen. Ein Lied das ihre Mum ihr immer vorgesungen hatte. Sie hatte es immer gesungen wenn Ally traurig war, es sollte sie trösten. Meistens hatte es ihr geholfen. Wie hatte sie es nur vergessen können?

Schwer schluckte sie die Trockenheit in ihrem Gaumen hinunter und summte die nächste Zeile des Liedes. Jetzt ging es ihr etwas besser, auch wenn ihre Angst noch immer da war. Während sie weiter ging, flüsterte sie den Text mit.

"...Mother comes to you, comes to you..."

Langsam verlängerten sich die Schatten und die Sonne verabschiedete sich hinter den letzten Baumzipfeln. Sie sendete noch ein Paar letzt Strahlen. Ally hatte das Gefühl als wollte sie ihr damit Mut machen.

"...dream with a last kiss..."

Plötzlich blieb sie abrupt stehen. Was war das? Sie atmete laut. Ally wollte rennen, einfach nur rennen, doch es ging nicht. Ihr Verstand sagte lauf, aber ihr Körper gehorchte nicht. Wie gelähmt blieb sie auf ihrer Stelle stehen, ohne sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen. Was jetzt? Sie drohte wieder einen Rückfall zu bekommen und apathisch zu werden. Ungewollt biß sie sich auf die Zunge und das half ihr sich etwas zu konzentrieren. Sie lauschte in die Dämmerung. Es war alles ruhig. Vögel zwitscherten irgendwo und der Wind wehte durch die Äste der Bäume. Ally atmete noch immer laut, doch beruhigte sich ein wenig. Sie begann wieder zu summen.

"...dont cry, cry, cry..."

Obwohl sie innerlich gerade zu darauf brannte zu rennen, ging sie nur vorsichtig und langsam weiter. Etwas in ihr hatte Angst zu laufen. Vielleicht würde sie dadurch etwas aufschrecken, etwas schlafendes vielleicht. Denk an etwas anderes. Sagte sie zu sich. Ernsthaft dachte sie an den bloß eine halbe Stunde zurückliegenden Flötenunterricht bei Miss Mcknow. Ally liebte es auf der hölzernen Flöte zu spielen. Es lenkte sie ab und half ihr sich zu entspannen. Heute hatte sie sich besonders gut angestrengt, denn in wenigen Wochen würde sie ihren ersten Auftritt haben und der sollte perfekt sein. In letzter Zeit versuchte sie krampfhaft ihre Stücke auswendig zu lernen.

"...mh, mhh, mh, mhh, mhhh..."

Sie krallte sich mit ihren Fingern an die Gurte ihres Rucksacks, an dem eine kleine gelbliche Stoffente hing. Verbissen setzte sie ihren Weg weiter hin fort. Weiter den schmaler werdenden Pfad hinauf. Noch nicht einmal das Herrenhau war zu erkennen. Sonst freute sie sich, wenn man das Dach sehen konnte, was von Kiefernstaub und Nadeln ganz grünlich schimmerte. Die Dunkelheit übermannte den Himmel zügiger und auch die letzten Sonnenstrahlen verließen nun Ally. Nahm der Weg heute gar kein Ende? Ally fühlte sich, als ob sie schon ewig laufen würde.

Sie atmete wieder lauter und ihre Augen suchten hektisch die Gegend ab.

"...please, give me a last chance..."

Da hörte sie es und ihr gefror das Blut in den Adern. Sie spürte ihren Herzschlag im Hals und fröstelte. Ja, sie hörte es ganz deutlich, dass konnte keine Einbildung sein.

"Ally!" hauchte der Wind durch die Bäume. Sie hörte eindeutig ihren Namen. Ally drehte sich, so gut es ihr erstarrter Körper zu lies in alle Richtungen.

"Ally!" hauchte es schon lauter. Von rechts! Dachte sie und starrte zwischen den Bäumen hindurch.

"Ally! Komm!"

Ohne nach zu denken trat sie in den Wald. Stolperte über Wurzeln und Geäst, doch sie nahm keine Notiz davon. Ihre Augen waren leer und der Schweiß rann ihr in Strömen den Rücken hinunter. Er klebte das weiße T-Shirt an ihren kleinen Körper. Sie leckte sich über die Lippen, die ganz trocken waren.

"Ally! Komm zu uns!"

Ally erkannte die Stimme und ihre Augen weiteten sich. Sie begann zu rennen, kämpfte sich immer tiefer in den Nadelwald ohne zu wissen wohin. Es wurde rabenschwarz um sie und ihr wurde kalt, ihr Schweiß lies sie erschauern. Doch war s ihr egal.

"Komm zu uns!"

Jetzt erkannte sie eindeutig die Stimme ihrer Mum. "Mommy?" keuchte sie aus der trockenen Kehle. Ihre Schritte wurden trotzdem schneller. Ally kratzte sich Arme und Beine auf.

"Ally!"

Ally sah nun von wo ihre Mum sie rief. Ein winziger Lichtpunkt war durch die Bäume zu erkennen. "Mommy ich hab Angst!" schluchzte sie und Tränen rannen in Bächen über ihre Wangen, doch sie verringerte nicht ihr Tempo. Der Lichtpunkt wurde größer. Eine leise Melodie drang an ihr Ohr und Ally fühlte sich auf einmal wohl und geborgen. Das Licht wurde immer größer und die Melodie lauter. Ally kannte das Lied, sie selbst hatte es gerade eben gesungen.

"Ally!" das war ihr Dad. Eindeutig.

"Daddy? Mommy?" sie lächelte zaghaft und stürmte weiter. Ihr ganzer Körper saugte jede einzelne Note des Liedes auf. Die zarte Stimme ihrer Mutter sang den Text und Ally wusste, jetzt würde alles gut werden.

Das Licht war grell und sie musste ihre Augen abschirmen.

"Ally! Wir sind wieder vereint. Es ist vorbei." Ally spürte wie sich eine Hand auf ihre Schulter legte und sie kniff die Augen zusammen um etwas sehen zu können. "Mum!" sagte sie unter Freudentränen. Langsam verließen die Kräfte ihren Körper und das angenehme Licht durchströmte ihn. Ihr kleiner Leib glitt zu Boden.

Ally reichte die Hand ihrer Mutter. Die umfasste sie zärtlich. Ihr Dad nahm sie an der andern und zu dritt gingen sie in eine wonnige Weißheit von Licht.

Leise verstummte die vertraute Melodie im Wald und das Leben ging weiter.

"Hier ist etwas!" rief einer der Jungs. Sheriff Thomson und seine Leute arbeiteten sich durchs Gestrüpp. Seit drei Tagen suchten sie ein vermißtes Mädchen, bis jetzt ohne Erfolg. Er erreichte als erste den Neuling. Es erschauerte ihn immer wieder bei solchen Anblicken. Er selbst hatte zwei kleine Töchter.

Mit dem Gesicht zur Seite verdreht lag die kleine Ally Parker auf dem Waldboden. Auf ihrem Gesicht lag ein Lächeln. Ihre Augen starrten ins Nirgendwo und ihr Haar, was mal goldig war, lag teils wild auf ihrem friedlichen Gesicht. Thomson hob eine kleine Stoffente auf und betrachtete sie.

Er lies die Umgebung absichern und er wusste, dass er heute abend seine beiden Mädchen ganz fest umarmen wird und ihnen sagen wird wie lieb er sie doch hatte.

Nicht viel später wurde der kleine leblose Körper abgeholt.

Fin

 

(Das Lied und die Personen sind von mir frei erfunden.)

  
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