»Was würdest du ohne deinen Mann tun?« flüsterte Bill leise, während er nach draußen schaute. Es war drei Minuten nach fünf. Die Straße war in ein orange-rotes Licht gehüllt. In Birnham schien die Sonne um diese Jahreszeit immer aus einem tiefen Winkel. Es vermittelte Bill immer eine düstere Atmosphäre. Aus dem Schornstein der Millers quoll Dampf heraus. Wahrscheinlich hatte sie wieder Klopse zubereitet - wie jeden Mittwoch. »Was würdest du arme Frau ohne deinen Mann tun?« fragte er nochmals und schwenkte das mobile Telefon von einer Hand in die andere. »Du mußt ihn wirklich sehr lieben.« Er nahm das Telefon in die rechte Hand und tippte einige Ziffern. Auf dem Display erschienen die gleichen Nummern. Er hielt das Telefon an sein Ohr und wartete auf das Signal. Es ertönte ein Mal... ein zweites Mal. Durch das Fenster sah er Mrs. Miller von der Veranda weggehen und im Haus verschwinden. Ein dritter Ton, dann wurde der Hörer von der Gabel genommen. Eine zitternde Stimme meldete sich zu Wort. Soweit Bill sich erinnern konnte, wurde sie noch nie bei ihrer Wartezeremonie unterbrochen.
»Hallo?«
»Guten Tag, Mrs. Miller«, sagte Bill in einem ruhigen, ernsten Ton. »Ich habe ihnen eine traurige Mitteilung zu machen. Es fällt mir schwer ihnen diese Nachricht überbringen zu müssen.«
»Was ist passiert?« fragte die Frau aufgeregt und mehrmals luftholend. »Ist etwas mit meinem Mann? Ist etwas mit James?«
»Es tut mir entsetzlich Leid. Er ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Es ist fronta - « Doch weiter kam er nicht. Er wurde unterbrochen von einem lang anhaltenden Schrei. Er konnte hören, wie der Hörer auf dem Boden aufschlug. Ein Pfeifton folgte direkt danach. Wieder ein Schrei. So laut, daß Bill den Hörer von seinem Ohr nehmen mußte. Das Schreien wurde zu einem Krächzen, später zu einem Hecheln. Bill blieb lange am Telefon. Es folgte ein fast siebzehn minutiges Schluchzen und Bill hätte es beinahe aufgegeben. Doch dann hörte er ein Poltern. Es hörte sich an, als ob eine Schublade geöffnet wurde. Wieder ein Poltern. Bills Gesichtszüge veränderten sich. Er schien zu strahlen. Ein unscheinbares metallenes Klicken ertönte. Gefolgt von einem kurzen Seufzer. Dann ein Knall den man nicht nur durch Telefon hören konnte, als die zweite Dienstwaffe ihres Mannes das 38er Kalieber abfeuerte. Es gab ein dumpfes Rumpeln, als Mrs Millers toter Körper auf dem Teppichboden aufschlug.
Die Uhr zeigte halb sechs. Der Duft von angebrannten Klößen lag in der Straße. Ein blauer Chevy fuhr die Einfahrt nach oben und hielt an. Die Tür öffnete sich.
Bill lächelte. »Was würdest du nur ohne deine Frau tun?...«
...