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(Arbeitszeit: 25 Minuten)
Er hatte eine halbe Stunde. Nein, weniger. 24 Minuten. Gleich 23. Und er hatte ein Ziel, würde er zu spät sein, wäre dies sein Ende. Das wusste er und deshalb versuchte Richard, alles auf einmal zu erledigen. Er durfte nicht aus dem Mund stinken und verspürte einen nicht unaufdringlichen Druck im Darm. So saß er also zähneputzend auf der Toilette und presste, so fest er nur konnte. Fertig geputzt, fertig geschissen. 19 Minuten. 19? Warum nicht 20? Aber Richard hatte keine Zeit, vor allem keine, großartig nachzudenken.
Der Waschlappen blieb trocken, die Achseln stanken weiter säuerlich. Er warf sich die Klamotten vom Vortag über, griff sich Hausschlüssel und Mappe. Wichtige Unterlagen für die heutige Besprechung darin. Ein letzter Blick in den Spiegel, die wallende Mähne elegant über die weite Wüstenlandschaft gestrichen. Schon war er weg.
Aufs Fahrrad geschwungen, und los. Grün, rot, spielte keine Rolle. Eine Sekunde zu spät und sie halten mich für inkompetent. Es ist vielleicht meine Chance, aufzusteigen. Kein Niemand mehr zu sein! Schweiß rann ihm das rote Gesicht herab. Bestimmt stinke ich noch schlimmer, wenn ich angekommen bin. Nicht wirklich förderlich. Aber es war keine Zeit für solche Spekulationen, wichtig war die Zeit. Blick auf die Digitaluhr. 4 Minuten? Drei noch? Was, aber das gibt’s doch nicht! Geschockt starrte Richard auf die Zahlen an seinem Handgelenk. In drei Minuten? Eine Minute, bis der Aufzug kommt und ich das Ende des langen Korridors erreicht habe. Eine Minute, Bis ich mein Fahrrad abgestellt, abgesperrt, den Haupteingang passiert habe. Und es sind bloß noch zwei Minuten, und ich bin immer noch unterwegs!
In diesem Moment bog ein Lastwagen nach rechts ab, Richard knallte mit dem durchgeschwitzten Schädel gegen dessen buntplakatierte Weinreklame. Flog vom Rad. Der Lkw bremste. Das schwere Gefährt holperte plötzlich über etwas. Kurz und heftig.
Richard hatte es eilig. Er blieb ein Niemand.