©2003 by Birger Berbüsse
Ich sehe dich. Ich begehre dich.
Es ist Mitte Juli. Die Sonne scheint. Der Himmel strahlt in seinem herrlichsten Blau über uns. Keine Wolke wagt es, sich vor ihn zu drängen. Vögel zwitschern. Irgendwo bellt ein Hund. Zwei Bienen schwirren vorbei. Ein altes Ehepaar füttert die Enten am Teich.
Du bist so wunderschön.
Das Gras in diesem Park ist von einem satten, kräftigen Grün. In seiner Mitte liegt der malerische Teich, die Ufer mit Schilf bewachsen. Du bist auf dem Spielplatz, sitzt auf der Schaukel. Lachst.
Ich sehe dir zu, wie du vor und wieder zurück schwingst. Immer und immer wieder. Dein langes blondes Haar weht im Wind, deine roten Bäckchen leuchten. Du lachst abermals als du ganz hoch steigst; es ist das wunderbarste Geräusch, das ich jemals vernommen habe. So müssen Engel klingen.
Schon seit über einer Stunde schaue ich dir zu. Habe auf dich gewartet. Sehnsüchtig. Denn ich weiß, dass du im Sommer fast täglich her kommst, um mit deinen Freundinnen zu spielen. Auch heute ward ihr wieder zusammen. Ihr habt die Enten gefüttert. Dann ward ihr auf der Wippe, bevor ihr ein paar Mal gerutscht seid. Jetzt bist du wieder alleine. Doch du hast immer noch Spaß, und ich liebe es, dir zuzuschauen und dabei dein süßes Lachen zu hören. Dein rotes Kleid ist ein wenig hochgerutscht und enthüllt einen Blick auf deine makellosen, weißen Beine. Ich lächle verschämt.
Seit Anfang Mai komme ich jeden Nachmittag in den Park, nur um dich zu sehen. Ich hatte bloß einen kleinen Spaziergang machen wollen als ich dich sah, wie du mit wehendem Haar gerutscht bist. Niemals werde ich diesen Anblick vergessen. Ich träume seitdem oft von dir. Es sind schöne Träume. Wir gehen in ihnen zusammen spazieren. Heute sollen sie Wirklichkeit werden. Zu lange schon habe ich gewartet. Es verzehrt mich nach dir. Ich werde dich ansprechen.
Das alte Ehepaar ist verschwunden, von dem Hund nichts mehr zu hören. Nur noch wir beide sind im Park. Nur du und ich. Du schaukelst immer noch, eine kleine Locke klebt an deiner verschwitzten Stirn. Und dein Kleid ist ein wenig höher gerutscht.
Ich fahre mir mit der Hand durchs Gesicht. Dann stehe ich auf, schaue mich ein letztes Mal um. Es wäre mir peinlich, wenn uns jemand sehen würde. Es kostet mich schon unglaublich viel Kraft, dich überhaupt anzusprechen.
Aber schließlich schaffe ich es doch. Du springst von der Schaukel und redest mit mir. Den Schokoriegel, den ich dir schenke, isst du ganz genüsslich. Ein kleiner Krümel bleibt in deinem Mundwinkel hängen. Zärtlich streiche ich ihn weg, dann biete ich dir meine Hand an. Du zögerst kurz, schaust in mein Gesicht. Ich lächle dir aufmunternd zu. Du nimmst sie, und ich führe dich in das kleine Waldstück hinter dem Teich, zu einer Lichtung. Wir sitzen im Gras und unterhalten uns. Langsam beginne ich, dich zu streicheln. Ich weiß, dass es dir gefällt, auch wenn du dich windest und versuchst mich wegzudrücken. Verliebt schaue ich dich an. Doch dann kratzt du mich. Ich werde wütend. Dein Blick fällt auf mein Gesicht. Das Lächeln ist von ihm verschwunden.
Du schreist.