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Stephen King
Der Sturm des Jahrhunderts

Rezension von Michael Drewniok für buchwurm.info

Das Leben ist entbehrungsreich und hart auf der kleinen Insel Little Tall Island vor der Küste von Maine. Seit jeher bildet der Fischfang die Lebensader der 200-Seelen-Gemeinde, doch reich ist noch niemand dadurch geworden. Man kennt seine Nachbarn und kommt miteinander aus - mal mehr, mal weniger -, und es gibt wenige Geheimnisse, die lange geheim bleiben könnten.

Ausgerechnet dieses kleine Dorf am Ende der Welt wird vom Teufel heimgesucht; nun, vielleicht nicht vom Gottseibeiuns persönlich, aber doch von einem seiner Dämonen. Wie man es aus diversen Märchen kennt, ist dieser Dämon - er trägt hier den Namen Andre Linoge und tritt in der Gestalt eines Fischers auf - darauf aus, Unheil und Unfrieden unter den Menschen zu säen, sie ins Verderben zu locken und sich ihrer Seelen zu bemächtigen. Ein Blick auf seinen Stock mit dem Wolfskopf-Knauf weckt das Böse in seinen Opfern. Dann genügt eine sachte Anregung Linoges (der außerdem Gedanken lesen kann), und schon fallen die verblendeten, aufgehetzten Einwohner von Little Tall Island übereinander her. Sollten Linoges Anregungen einmal nicht auf fruchtbaren Boden fallen, scheut er durchaus nicht davor zurück, seinem Gegenüber mit dem Stock den Schädel zu spalten.

Böse Geister treten häufig unter Blitz und Donner auf. Linoge bedient sich wenig einfallreich, aber effektvoll der typischen Winterwitterung dieses Teils der Küste von Maine: Während er sein tödliches Netz um Little Tall Island spinnt, braut sich der heftigste Schneesturm des Jahrhunderts zusammen, der die Insel auf Wochen von ihrer Umwelt abschneiden wird - Zeit genug für Linoge, die kleine Gemeinde buchstäblich in die Hölle auf Erden zu verwandeln. Systematisch treibt er die Menschen ihrem Untergang entgegen. Schließlich lässt der Dämon die Maske fallen und stellt den Menschen von Little Tall Island ein Ultimatum: Er fordert ein Opfer, das mit ihm gehen soll, und es muss ein Kind sein ...


Böser Dämon sucht idyllische Kleinstadt heim, bringt die heile Welt zum Einsturz und mästet sich an dem Unheil, das er über die Menschen bringt; kommt einem diese Geschichte nicht sehr bekannt vor? Kein Wunder, denn schließlich hat Stephen King, der "König des Horrors", sie vor gar nicht so langer Zeit (1991) schon einmal erzählt: "In einer kleinen Stadt"/"Needful Things" hieß sie damals. Die Parallelen zwischen den beiden Geschichten sind mehr als auffällig. Man könnte meinen, der Teufel in Menschengestalt, der 1989 Little Tall Island unter dem Namen Andre Linoge terrorisierte, sei zwei Jahre später auf die Erde zurückgekehrt, um 'King´s Own Town' Castle Rock als Leland Gaunt heimzusuchen. Zwar bedient sich King schon seit einigen Jahren verstärkt bei eigenen, früheren (besseren ...) Werken, aber dies ist dennoch ein starkes Stück.

Ist dies King selbst aufgefallen, wählte er deshalb den Weg, den "Sturm des Jahrhunderts" nicht als 'normalen' Roman, sondern als Drehbuch niederzuschreiben? Wortgewaltig beschwört der gewandte Autor in seinem Vorwort zum vorliegenden Buch den Moment herauf, als ihn der Blitz der Erkenntnis durchzuckte: Der "Sturm" ist eine Geschichte, die nur auf diese ungewöhnliche Weise erzählt werden kann! Das muss man ihm glauben - oder lässt es bleiben. Unter dem Strich überwiegen wohl die Argumente für die zweite Entscheidung ...

Der "Sturm" beruht auf einer bereits bekannten und durchgespielten Idee. Auch die 'Tarnung' als Drehbuch kann die Ähnlichkeiten nicht verschleiern. Wohlweislich hat King es vermieden, seine Geschichte in Romanform zu gießen. Man kann ihn durchaus bewundern für seinen Einfallsreichtum, mit dem er sich unermüdlich bemüht, neue Wege bei der Vermarktung seiner Werke zu finden. Man kann ihn aber mit derselben Berechtigung einfach dreist nennen und ihm unterstellen, einen alten Hut zu recyceln, oder um es anders auszudrücken: King hat eine Idee für einen (Fernseh-)Film gehabt, ein Original-Drehbuch dafür geschrieben und dieses anschließend einfach und ohne zusätzliche Arbeit als Buch in den Handel gebracht. Er kommt damit durch, denn er ist Stephen King; er rühmte sich einmal selbst, auch eine von ihm verfasste Liste von Telefonnummern in einen Bestseller verwandeln zu können. Erfolg korrumpiert also wirklich, denn eine dürftige Ansammlung von Regieanweisungen und Dialogen ist definitiv kein Werk, das eine Veröffentlichung verdient hätte!

Werfen wir einen Blick auf die Geschichte selbst. Das meine ich wörtlich, denn der Film zum Drehbuch existiert ja bereits ("Stephen King´s Storm of the Century", USA 1999). Vergessen wir zunächst, dass ihn ein konturloser Regie-Routinier (Craig R. Baxley, dessen bisherige 'Karriere' auch bei wohlwollender Betrachtung nur als durchschnittlich zu bewerten ist) mit ebensolchen Darstellern (Timothy Daly, Deborah Farentino, Colm Feore u. a. - US-amerikanische TV-Gesichter, die man vergessen hat, sobald sie vom Bildschirm verschwunden sind) in Szene gesetzt hat. Autor King war sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Ausdrücklich bescheinigt er dem Regisseur, seine Vorlage originalgetreu umgesetzt zu haben. Eine gefährliche Äußerung, die einen scharfen Blick auf "Storm of the Century", den TV-Film, geradezu herausfordert.

Versucht man auf diesem Weg zu einem Urteil zu kommen, fällt dieses doppelt hart aus: "Der Sturm" als TV-Movie ist eine vierstündige, lähmend langweilige Angelegenheit, deren sorgfältige, aber einfallslose Inszenierung und einige gute Tricks nicht für die gewaltigen Längen und Löcher entschädigen, welche die Geschichte aufweist - und die nun erbarmungslos offengelegt werden. Verantwortlich ist dafür in erster Linie Autor Stephen King, denn er hatte, wie er im bereits erwähnten Vorwort stolz erklärt, weitgehend die Kontrolle über die Verfilmung. Doch so herausragend er als Schriftsteller in der Regel ist: Der Drehbuchautor Stephen King kann mit dem Romancier und Novellisten nicht mithalten. Das machte u. a. die Neuverfilmung von "The Shining" deutlich. King hatte es niemals gefallen, wie Stanley Kubrick 1980 mit der Vorlage umsprang; die Mini-Serie "The Shining", bei der er endlich das Sagen hatte, legte allerdings auf recht peinliche Weise offen, wie genial Kubrick wirklich war - sein "Shining" wird ein Klassiker des phantastischen Films bleiben, wenn Kings ehrgeiziges Opus längst zu einer Fußnote geworden ist.

Die vergnüglichsten Momente bietet "Der Sturm des Jahrhunderts" in seinem schon mehrfach zitierten Vorwort, wenn Stephen King seine Erfahrungen mit den gestrengen hauseigenen Zensoren des TV-Networks ABC schildert. Die beschämend bigott-prüde Geisteshaltung, welche die nur scheinbar so weltoffenen US-Amerikaner an den Tag legen, wird selten so deutlich offenbar wie durch diese Institution, die ihre Entscheidungen auf der Grundlage von Normen aus einem vergangenen Jahrhundert zu fällen scheint und ihre oft (und zu Recht) verfluchte deutsche/n 'Schwester/n', die Freiwillige Selbstkontrolle (FSK) und ihre Ableger, wie Speerspitzen der sozialen Avantgarde aussehen lassen.

Fazit: "Der Sturm des Jahrhunderts" ist ein überflüssiges Buch (wenn man es denn als solches überhaupt bezeichnen möchte), von Interesse höchstens für einige wenige Film-Historiker, die sich indes darüber beklagen werden, dass es weitaus wichtigere Werke gibt, die auf diese Weise gewürdigt werden sollten. Andererseits tauchte der "Sturm" sogar in den deutschen Bestseller-Listen auf und hielt sich dort einige Zeit. Ein Mirakel; verkauft sich tatsächlich alles wie Schnittbrot, wenn nur der Name King darauf steht? Oder ist in den letzten Jahren eine Lesergeneration herangewachsen, die, 'geschult' durch ständige Werbepausen im TV oder das Videoclip-Gewitter der Musiksender, die Widernatürlichkeit eines 'Drehbuch-Romans' längst nicht mehr stört?

Das Copyright © liegt beim jeweiligen Autor der Kritik. Ohne seine ausdrückliche Zustimmung darf seine Rezension nicht verwendet werden.

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