Oma geht
© 2004 Von Sláinte
Der Juni hat angefangen, und es naht der Geburtstag von Oma Ella.
Ginas Vater Alfred, der immer noch zu Hause wohnt, nimmt sich für das Wochenende frei. Tante Rosi, ist mit ihrer Familie angereist und putzt die ganze Wohnung. Tante Gerda kommt auch täglich vorbei und hilft Rosi dabei. Gina hat wie immer wenn Rosi ihre Eltern besucht, im Garten zuarbeiten. Tante Rosi ist wie ein Feldwebel und will immer alles unter Kontrolle haben, sie ist eben wie ihr Vater. Während ihre Tanten alles in der Wohnung machen und sich bei ihrem Vater, Ginas Opa, einschleimen, macht sie sich so unsichtbar wie möglich. Wenn Gina ihre Aufgaben erledigt hat geht sie oft in die Bibliothek und holt sich ein Buch. Manchmal geht sie auch nur zum Kirchplatz und sitz dort rum.
Es ist schon spät und sie sitzt im Sessel, mit einem guten Buch. Gina ist erst 15 Jahre und liest gerne Bücher vor allem Nora Roberts und Stephen King, und heute hat sie ein Buch von Nora Roberts in den Händen wo sich gerade wieder ein Pärchen findet, aber sie hat Schwierigkeiten sich auf das Buch zu konzentrieren.
Ihre Oma liegt seit Wochen im Krankenhaus und sie war schon eine Woche lang nicht mehr bei ihr, wie auch wenn Rosi und Gerda immer allein hinfahren. In Gedanken an ihre Oma schläft sie ein und träumt von ihr.
Gina redet mit ihrer Oma über alte Geschichten und schöne Zeiten, wie sie gemeinsam im Garten gearbeitet haben, oder auch Opa austricksten. Sie fühlt sich im Traum wohl und geniest die Zeit mit ihrer Oma, plötzlich ändert sich alles, Oma liegt wieder im Krankenhaus und spricht direkt zu ihr. "Ich muss jetzt gehen Gina pass gut auf dich auf." Und plötzlich sieht Gina´s Oma gar nicht mehr gut aus, die Augen sind leer und leblos und die Haut sieht blass aus.
Als Gina wach wird ist sie voller Trauer, was war das eben, kann es sein das Oma jetzt tot ist, fragt sie sich ängstlich und geht zu Bett. Am morgen denkt sie gar nicht mehr an ihrem Traum. Die Familie trudelt langsam ein, denn Oma hat Geburtstag und alle wollen auch ohne Oma gemütlich beisammen sein. Abends sitzen dann alle beisammen und reden von und über Oma und Gina wundert sich, das fast alle von Oma reden ob sie noch unter uns ist, denn der Traum von letzte Nacht fällt ihr wieder ein. Lange hört sie es sich mit an und versucht sich ruhig zu verhalten, aber der Gedanke an der toten Oma bedrückt sie so sehr das es ihr schwer fällt. Gina versucht sich vorzustellen was passiert wenn sie es erzählt und hat dabei ein ungutes Gefühl.
Gina merkt das sie es nicht mehr aushält und sagt schließlich: "Wie könnt ihr hier sitzen und Feiern während Oma um ihr Leben kämpft und sich quält. Wisst ihr denn nicht das sie morgen früh von uns geht! Dann ist sie Tod, könnt ihr sie nicht wenigsten heute noch Kraft und Ruhe geben? Müsst ihr wirklich alles aufzählen was sie jemals falsch gemacht hat? Sie hat auch vieles richtig und gut gemacht!"
Alle starren sie entsetzt an und trauen dem gehörten kaum und Tante Rosi sagt, eigentlich brüllt sie eher, dann schließlich: "Gina! halt deinen Mund! Wie kannst du so was sagen, Mutter wird wieder gesund, und nun geh in dein Zimmer denke darüber nach was du gesagt hast, so was sagt man nicht! Das kannst du doch gar nicht wissen!"
Gina versteht nicht warum ihr keiner glauben will und geht weinend in ihr Zimmer, nimmt sich ein Buch und versucht noch zulesen, sie kann nicht verstehen warum sie schweigen sollte, es ist doch wahr, zweifelnd geht sie ins Bett.
Am Morgen kommt Gina alles so bekannt und normal vor, der Frühstückstisch ist gedeckt, der Kaffee duftet und für Oma steht ein Strauss Rosen bereit, den Opa mit ins Krankenhaus nehmen will. Tante Rosi samt Familie sitzen am Tisch, Opa und ihr Vater sind auch in der Küche. Gina nimmt sich einen Kaffee und wartet bis alle fertig sind. Sie macht wie jeden Morgen den Abwasch und geht dann eine rauchen.
Als um 9.00 Uhr Besuch kommt und Opa sprechen will, weiß
Gina plötzlich mit Sicherheit, dass Oma Ella gestorben ist. Der Mann sagt
zu Opa, dass er ins Krankenhaus kommen soll, weil etwas mit seiner Frau passiert
ist. Opa schaut Gina böse an und geht mit dem Mann mit. Tante Rosi sagt
dann nur zu ihr: "Du bist Schuld daran, du hast Oma den Tot gewünscht,
geh und lass uns in Ruhe!" Auch sie schaut Gina böse an. Tante Gerda
kommt gerade darauf zu wie Rosi Gina raus jagt.
Gina versteht die Welt nicht mehr. Sie fragt sich, habe ich Omas Tod verursacht
nur weil ich es geträumt habe oder weil ich erzählt habe? Sie zweifelt
an sich und zieht sich in ihr Zimmer zurück und trauert alleine um ihre
Oma.
Als Opa vom Krankenhaus zurück kommt, ist er sehr still und sagt nur "Sie ist eingeschlafen!" Im laufe des Tages sind alle in Trauer und sehen verheult aus. Nur Gina nicht, den sie kann nicht mehr weinen, sie gibt sich die Schuld. Sie bekommt von keinem Hilfe oder auch nur etwas Trost, alle meiden sie sogar ihr Vater.
Epilog
Die Schuld gibt sie sich selbst genug, aber auch die Familie denkt Gina habe den Tod von Oma beschworen und meidet Gina seit dem Tag. Es wird 18 Jahre dauern bis sich Gina traut an Omas Grab zu treten und sich von ihr zu verabschieden. Zur der Zeit hat sie auch keinen Kontakt mehr zur Familie weder zu einer ihrer Tanten noch zum Opa, denn der ist auch schon verstorben.
Ende