© 2003 Stark, alias Stephan Fuchs
Nachdem Paul das Haus am nächsten Morgen Verlassen hat, entdeckt Hildegard den beschriebenen Bogen Papier vom Vorabend. "mir ist es hier zu kalt", flüsterte sie, "ich gehe nach Südamerika.". Meinte er das ernst? War es ihm hier wirklich zu kalt. Sie ging ins Bad und ein sorgenvolles Gesicht zeigte sich ihr im Spiegelbild. Strähnige, ungewaschene Haare hingen ihr tief ins Gesicht und liessen sie noch trostloser aussehen. Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht. "Das glaube ich ihm nicht", flüsterte sie wieder zu sich selbst, "das meint er bestimmt nicht ernst". Sie liess den Wasserhahn laufen und trank einen Schluck des köstlichen Nass. Danach ging sie nach oben; Sie wollte sehen ob noch alle Hemden von Paul waren, wo sie sein sollten. Sie waren alle noch da. "beruhigend, aber andererseits bedeutet das gar nichts."
Paul war auf dem Weg zur Arbeit als Hildegard den nächsten Schritt zur Überprüfung von Pauls Plänen war: Dem Löwen. Der Löwen war die Stammkneipe von Paul und vielleicht hat er ja da etwas erzählt, was er ihr nicht erzählt hatte. Sie wählte die Nummer des Restaurants. Nach fünf lang gezogenen Piepstönen drang die junge dynamische Stimme der Serviertochter ans Ohr von Hildegard: "Guten Tag, hier Restaurant Löwen, Ms. Hilton am Apparat, was kann ich für sie tun?" "Ähm, guten Abend Ms. Hilton, es tönt jetzt vielleicht etwas komisch aber…, mein Mann, Paul…, er ist doch Stammgast bei ihnen und, ähm, hmm, ich wollte wissen ob er vielleicht, ähm, etwas von Ferien in Südamerika oder so was erzählt hat?".
"Nun, sie müssen wissen, ich bin ziemlich neu hier und ich kenne die Leute nicht so gut, aber wenn sie wünschen kann ich die anwesenden Gäste danach fragen, wäre ihnen das recht?", wurde Hildegard gefragt. "Ja, bitte tun sie das.". Die Bedienung verliess das Telefon und Hildegard lauschte dem Lärm des Gasthauses. Nach einigen Minuten kam die aufheiternde und auch irgendwie enttäuschende Nachricht: "Tut mir leid, niemand scheint etwas in dieser Richtung gehört zu haben.". "Ich danke ihnen", wurde geantwortet. "Auf wieder sehen Madame und ich…", kam es erstickt aus dem Telefon als Hildegard den Hörer des Telefons in Gedanken versunken zurück auf die Gabel legte. Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht. Also, wie beweise ich nun, das er nach Südamerika will?, dachte sie sich. Wie kann ich beweisen, dass er mich verlassen will? Und wenn ich es beweisen kann, was spielt es dann noch für eine Rolle? Ohne Paul ist mein Leben Sinnlos, er gibt mir die kraft die ich brauche. Verzweiflung machte sich in ihrem Gesicht breit. Was sollte sie nun tun? Es akzeptieren? Sie wusste es nicht. Ich weiss es nicht. Paul will mich nicht mehr, soviel steht fest. Niemand will mich. Die Welt ist viel besser dran ohne mich. Ich glaube, ich weiss welche Lösung es gibt, auch wenn das, dass Ende für mich bedeutet. Ich habe meinen Entschluss gefasst. Die Verzweiflung wurde nun von ersten überzeugten Zügen überdeckt, verschwunden war sie jedoch noch nicht. Selbstsicher versuchte sie ins Bad zu gehen, doch das gelang ihr nicht so ganz, fast wäre sie hingefallen. Als die weissen Kacheln sie umgaben, sank ihre Lebenslust noch mehr; soviel positives weiss machte sie auch wütend. Sie liess ein warmes bad ein und ging zwischendurch ins Schlafzimmer um das einmal benutzte Hochzeitskleid hervorzuholen. Nun würde sie es noch mal benutzen, als Erinnerung an ihren schönsten Tag. Sie liebte Paul, und das er den Kontinent verlassen will, nur um nicht in ihrer nähe sein zu müssen betrübte sie sehr, doch es war die Wahrheit. Die Wahrheit. Ein tiefer, bedauernswerter Seufzer zwängte sich durch ihre sanften lieben, als sie das Rasiermesser ihres Ehegatten aus dem Schränkchen holte und sich in die geräumige Badewanne legte. Man sagt, es sei als würde man einfach einschlafen wenn man sich in warmen Wasser die Pulsadern aufschnitt. Sie Schnitt. Sie Schlief.
Einige Stunden Später kam ihr Mann nach Hause. Als er sie entdeckte begann er tief zu schluchzen, in Trauer um den Wertvollsten Menschen seines Lebens. Er Strich Ihr Haar aus ihrem Gesicht.