Silikonimplantate
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Die Polizisten ermittelten. Die Leute von der
Spurensicherung fotografierten die Leiche
und suchten nach Hinweisen für dieses Verbrechen. Der Polizeiinspektor
traf am Ort des Verbrechens ein und war schockiert
über diese ´Sauerei´, die sich ihm darbot.
Er hatte schon viele Greueltaten gesehen, aber das hier
war der Höhepunkt seiner beruflichen Laufbahn. Die
Leiche der Frau oder vielmehr, was von ihr übrig war, lag auf dem Bett
und sie war nackt, soweit man das unter diesen Umständen sagen konnte.
Ihr ganzer Körper war irgendwie ´zerstört´
worden. Nein, zerstört war nicht das
richtige Wort - aufgerissen würde es wohl besser treffen. In der Vorderseite
ihres Oberkörper klaffte ein riesiges
Loch, das sich vom Halsansatz bis zur Schamregion
ausstreckte. Ausserdem war es sehr tief, sämtliche Organe lagen
frei und waren zum Teil zerstört. Unzählige kleine Haut-, Fleisch-
und Organfetzen waren im gesamten Schlafzimmer
verteilt, auf dem Boden, an der Decke, an
den Wänden, dem Fenster, der Tür, Schränken und an Bilder. Eine
Brustwarze verdeckte teilweise Mona Lisa´s Gesicht, die eingerahmt über
dem Bett der Toten hing. Und Blut, überall, wo er in diesem Zimmer auch
hinschaute, blickte George Formann, Polizeiinspektor der Mordkommission, auf
feine Blutspritzer.
"Irgendwelche Hinweise auf ein Gewaltverbrechen,
Al?" Blöde Frage, dachte er im selben
Moment, da er sie aussprach, natürlich war es ein Gewaltverbrechen!
So etwas passiert doch nicht durch einen
Unfall.
Albert, der die Spurensicherung leitete, antwortete:
"Nein Inspektor, wir haben bisher nichts
gefunden, das auf ein gewaltsames Eindringen in die
Wohnung schliessen lässt. Aber wir sind auch noch nicht fertig."
George runzelte die Stirn und drehte sich wieder
zu der Leiche um. So etwas hatte er wirklich
noch nie gesehen. Und er machte diesen Job mittlerweile schon
28 Jahre, aber so etwas war ihm noch nie untergekommen. In Chicago passieren
viele grauenvolle Morde, aber das hier übertraf alles. Wie kann ein
Mensch zu so einer Schandtat nur im Stande sein? Sein Blick glitt über
das ´Loch´, das einmal der Oberkörper
eines Menschen war und dann über die blutverschmierten
Wände. Ist ein Mensch dazu überhaupt fähig? Rein technisch, meine
ich. Vielleicht war es ja auch ein Tier? Muss aber ein verdammt großes
und wildes gewesen sein...
Städtische Leichenhalle, Chicago, gerichtsmedizinische
Abteilung:
"Sieh dir das an Frank." Die Gerichtsmedizinerin,
Barbara Ebbing, winkte den Assistenzarzt
zu sich. Sie nahmen gerade die Autopsie an Kelly Edwardson vor,
das junge Mädchen, das heute morgen tot in ihrem Schlafzimmer gefunden
wurde.
"Hast du etwas gefunden?" Frank, der seine Zeit
als Assistenzarzt erst vor ein paar Wochen
hier begonnen hatte und demnach noch keine große Liste an
autopsierten Leichen vorweisen kann, entsetzte der Anblick der Toten.
"Ja, siehst du das hier? Dieses kleine weiße
Gewebe?", sie holte mit einer Pinzette eine
kleine Faser dieser Substanz aus der Region, an der sich
eigentlich ihre rechte Brust befinden sollte, "Das ist nichts Organisches."
Barbara, eine große, schlanke Frau mittleren
Alters und rötlich gefärbten Haaren,
legte das Gewebe in eine Schale mit Äthanol, um es von dem Blut zu
reinigen, welches daran klebte.
Sie sah es sich unter dem Mikroskop an, aber sie
ahnte schon, was es war. Hätte sie ein
größeres Stück gehabt, hätte ein Blick genügt, um
zu wissen, worum es sich bei dieser Substanz
handelt. Das Mikroskop bestätigte ihre
Vermutung: das fremde Gewebe aus Kelly Edwardson´s Brust war Silikon. Solches,
wie man es für Implantate zur Brustvergrößerung verwendete.
Sie hatte sich also die Brüste vergrößern
lassen, dachte Barbara und verständigte
Inspektor George Formann darüber.
Der Inspektor begann sogleich mit den Ermittlungen
über den Chirurgen, der Miss Edwardson
operiert hatte. Schließlich hatten sie noch keine einzige Spur,
die zur Aufklärung dieses mysteriösen Todesfalles führen könnte.
Daher mussten sie jeden befragen, der mit
ihr Kontakt hatte.
Aus den Unterlagen der Toten ging hervor, dass sie
sich vor etwa zwei Monaten im Westwood-Hospital
einer Brustvergrößerung unterzog. Der operierende Chirurg
hieß Dr. med. chir. F. Sambrino.
Sambrino, was ist das denn für ein Name, dachte
George und runzelte seine Stirn, jedenfalls
kein amerikanischer. Aber er war froh, dass er so unkompliziert diesen
Arzt ausfindig machen konnte - zumindest seinen Namen. Er
besuchte das besagte Krankenhaus, aber dort erteilte man ihm die Auskunft, dass
Dr. Sambrino vor knapp zwei Monaten gekündigt habe. Man wisse nicht, wo
er sich derzeit aufhält oder ob er eine neue Stelle in einem anderen Hospital
angenommen hat. George bedankte sich und verließ das Gebäude. Sehr
merkwürdig, er runzelte wieder die Stirn,
er operiert und verlässt kurz darauf
das Krankenhaus? Was war mit den Nachkontrollen der Patientin? Er konnte
sich darauf keinen Reim machen. Auf dem Polizeirevier
veranlasste er seine Kollegen dazu, diesen Dr. Sam-sowieso
ausfindig zu machen.
Barbara Ebbing untersuchte die Leiche nach weiteren
Silikonüberresten und wurde fündig.
Aber sie entdeckte noch etwas, das auch nicht ursprünglich in
einen menschlichen Körper gehört. Sie konnte es im ersten Moment nicht
einordnen, aber bei genauerer Betrachtung
sah es aus wie ein kleines Elektrokabel.
Nein, es sah nicht nur so aus - es war ein
Kabel. Winzig, nur eineinhalb Millimeter
gross, mit einer blauen Plastikummandelung. Was zum Teufel hat ein
elektronisches Kabel im Körper eines Menschen zu suchen?! Kleine Drähte
oder Metallstifte waren ja öfters anzutreffen,
da man diese bei komplizierten Knochenbrüchen
oder für Gelenkprothesen verwendet. Aber Kabel? Durch die man
normalerweise Strom fließen lässt?
Und plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von
den Augen. Sie ging zu der Leiche und betrachtete
noch einmal das ´Loch´ und alles fügte sich vor ihrem inneren
Auge zusammen. Diese riesige Fleischwunde wurde ihr nicht von außen, sondern
von innen zugefügt. Die obere Hälfte des Loches war auch viel tiefer
als beispielsweise im Bereich des Bauches.
Und das würde auch die zerfetzten Organe
erklären und der grauenvolle Zustand ihres Schlafzimmers.
Frank kam herein und bemerkte Barbara´s entsetzten
Gesichtsausdruck.
"Was ist los? Hast du einen Geist gesehen?",
er lachte über seinen eigenen Witz.
Barbara deutete auf die Tote und sagte: "Ich glaube,
ich weiß, was mit ihr passiert ist.
Komm her und sieh dir dieses ´Loch´ einmal genauer an."
Frank wurde ein wenig übel, sein Magen ärgerte
ihn schon den ganzen Tag, lag wahrscheinlich
an dem vielen Wein von gestern abend. Und diese Leiche verbesserte
seinen Zustand nicht besonders.
"Schau dir mal an, wie die Ränder hier und
hier geformt sind. Es sieht so aus, als wäre
sie von innen zerissen worden - als wäre sie explodiert."
Das war zu viel für Frank, er schaffte es gerade
noch zur Toilette und leerte seinen gesamten
Mageninhalt in die Schüssel. Barbara
untersuchte währenddessen den Bereich weiter, in dem sie das Kabel
gefunden hatte. Und sie fand weitere, mit verschiedenfarbigen Ummandelungen
(rot, gelb, blau), alle nur ein bis drei
Millimeter lang. Sie fand sogar ein Stück,
das in Implantatsilikon eingebettet war.
Sie rief George Formann an.
"Wollen Sie mir damit sagen, Dr. Ebbing," sprach
George in den Telefonhörer "dass jemand
Kelly Edwardson Implantate, die eine Bombe enthalten, eingesetzt hat?"
Er hörte sich alles an, was Barbara herausgefunden hat und legte dann den
Hörer auf. Er dachte nach und runzelte dabei seine Stirn.
Diesen Dr. med. chir. F. Sambrino hatte man nicht
ausfindig machen können. Weder im Staat,
noch im ganzen Land, noch über die Landesgrenzen hinaus. Als
wäre er vom Erdboden verschluckt worden. Wahrscheinlich war er gar kein
Chirurg, sondern nur ein Irrer, der Brustimplantate
mit Zeitzündern ausstattet, sie hochgehen
lässt, wenn ihm danach ist und sich dann aus dem Staub macht.
George Formann schauderte bei diesem Gedanken.
Städtisches Klinikum, Berlin - Mitte:
Der Schönheitschirurg, Dr. med. chir. H. Schnitzke,
implantierte einer Patientin Silikonimplantate
in ihre Brüste. Keine der anwesenden OP-Schwestern und
auch der Narkosearzt bemerkten, dass sich in der Mitte der Implantate etwas
dunkles befand. Sie wussten auch nicht, dass Dr.Schnitzke heute seine Kündigung
bei der Krankenhausverwaltung bekannt gegeben hat. Es wurde sehr bedauert,
dass das Krankenhaus einen so präzise arbeitenden Chirurgen verliere, zumal
er noch nicht lang hier arbeite.
Nach Feierabend legte der Chirurg seine Männerkleidung
ab. Zum Vorschein kam aber kein nackter Mann,
sondern eine Frau...