Roma subridet
© 2003 by ginnyrose
Es war später Nachmittag. Die stärkste Hitze hatte sich gelegt, aber die Luft war immer noch heiß. Nach den vielen Stunden, die wir nun schon durch die Straßen Roms gelaufen waren, taten mir die Füße weh.
"Ich kann's immer noch nicht glauben", klagte meine Freundin neben mir. "Diese verfluchte Demo." Sie stöhnte. "Es kann ewig dauern, bis die Busse wieder fahren!"
Ich lehnte mich an einen Laternenpfahl und schleckte an meinem Eis.
"Wir müssen halt abwarten", gab ich zurück. Anne zog eine Grimasse, als sie zu den vielen Menschen sah, die mit Plakaten und Stofftüchern beladen den Bahnhof umwanderten und die Busse blockierten. Sie murmelte etwas, das ich nicht verstand, das sich jedoch alles andere als freundlich anhörte.
Wir waren nicht die einzigen jungen Leute, die sich hier ausruhten. Ich entdeckte einige Grüppchen, die es sich auf der Bordsteinkante bequem gemacht hatten. Vielleicht ebenfalls Schüler auf ihrer Studienfahrt. Sie waren zu weit weg, als dass ich ihre Stimmen hätte hören können.
Ein Pärchen in der Nähe trank abwechselnd aus einer Coladose.
Schräg vor uns stand ein junger Mann, Mitte, höchstens Ende Zwanzig. Seine Nationalität war schwer auszumachen. Braune Haare, Teint eher hell. Auch ein Deutscher?
Sein Blick huschte ab und zu in unsere Richtung.
"Meinst du, wir schaffen es noch bis zum Abendessen ins Hotel?", fragte Anne.
Ich zuckte die Achseln.
"Sind doch noch zwei Stunden bis dahin."
"Der blöde Bus braucht aber schon fast eine", meinte meine Freundin.
"Ich wäre schon froh, wenn wir mal wieder sitzen könnten", entgegnete ich. Der Tag war so anstrengend gewesen. Schön, aber anstrengend.
"Toll, du hast die Ruhe weg", schimpfte Anne.
Ich antwortete nichts, sondern sah zu dem jungen Mann hinüber. Für einen kurzen Moment schien er gelächelt zu haben, aber ich war mir nicht sicher.
"Glaubst du nicht, dass man irgendwo fragen kann, wann die Busse wieder fahren?", kam es mit leichter Verzweiflung von ihr. Diesmal lächelte der Mann wirklich.
"Weiß nicht", sagte ich, ohne Anne anzuschauen. Ein kalter Tropfen berührte meinen Finger und ich leckte ihn hastig ab. Als ich wieder aufsah, traf mein Blick genau in die Augen meines Gegenübers. Sie waren tiefblau. Und wunderschön. So schön wie sein Lächeln. Hinter ihm leuchtete die rötliche Sonne, ein Windhauch fuhr durch mein Haar. Er zwinkerte mir zu und ein Kribbeln überzog meine Haut.
Meine Freundin zerrte an meinem Shirt.
"Guck mal, der Bus da vorne macht die Türen auf! Ich glaube, er lässt einsteigen!"
Aus ihrer Stimme klang pure Erleichterung heraus.
"Ich komme ja schon", murmelte ich, als ich mich in Bewegung setzte. Wie in Zeitlupe drehte ich mich noch einmal um und ertappte ihn dabei, wie er mir nachsah.
Rom ist eine wundervolle Stadt und es gibt tausende Dinge dort, an die es sich zurückzudenken lohnt.
Eines davon ist sein Lächeln.