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Ruf aus der Ferne

© 2008 Tim Riewe

1. Nackt

Der Wind wirbelte die Blätter durch die Luft und ich spürte die warme Brise, die mich nun umgab. Ich lag einfach dort auf einer Wiese und fühlte mich, also ob ich alle Probleme dieser Welt los war.
Sonne wo bist du ? Die Sonne war kurzzeitig hinter einer Wolke verschwunden, aber trotzdem war es immer noch mollig warm. Ich sah mich um und sah wie 2 Kinder mit einem Ball spielten, der aber so leicht durch die Luft schleuderte, wie es eigentlich nicht sein konnte oder etwa doch. Mein eigener Spieltrieb überkam mich und so stellte ich mich zusammen mit den Kinder in einen Kreis und wir spielten mit dem Ball, der durch die Luft wirbelte und dabei wie ein Prismaglas in allen Farben des Regenbogens leuchtete.
Dann aber passierte etwas unerwartetes denn, nun hielten die beiden Kinder inne und sahen mich ganz entsetzt an, schleuderten den Ball von sich und riefen laut: Mama, Mama, der Mann ist ja ganz nackt.....Mama, Mama, ein Kinderschänder, ein Kinderschänder.....
Nun überkam mich ganz plötzlich ein eiskalter Schauer, der mir kalt über den Rücken lief. Was war passiert, was meinten die Kinder nur mit nackt ? Mir war doch warm zu Mute. Ich sah dann auf meine Arme und meinen Körper und tatsächlich ich hatte gar nichts an, rein gar nichts. Nun lief mir nicht nur ein Schauer über den Rücken, sondern mich überkam ein großer Schmerz, der meinen ganzen Körper erfasste, ein Schmerz, wie ich ihn nicht kannte..... woher kam er bloß, wieso kam er. Es fing an zu stürmen und nun sah ich wie rings um mich herum die Blätter von den Bäumen vielen....es musste wohl Herbst sein, den ein paar Blätter hatten sich schon verfärbt.... manche in schillernde Farben...doch je mehr mich der Schmerz im Griff hatte, desto farbloser und brauner erschienen die Blätter für mich.
Was war bloß los, was war los ? Ich legte mich ins Gras und schrie, schrie mir förmlich den Schmerz aus der Kehle, aber niemand schien mich zu hören die Kinder waren längst davon gelaufen....doch dann kam plötzlich sie !
Sie wirkte fast wie eine Lichtgestalt und schien aus dem Nichts aufzutauchen der Schmerz verschwand schnell. Es war eine junge Frau mit langen schwarzen Haaren, sie hatte ein festliches Kleid an, welches auch in schwarz ihr den Hauch von Eleganz gab. Ihre Haut wirkte blass und doch voller Leben und um sie herum bemerkte ich ein Leuchten, ja ihr Körper leuchtete auf eine komische Art und Weise, wie halt bei einer Lichtgestalt. Ihr Gesicht war markant und von idealer Schönheit mit einer fein geschwungenen Nase.
Das war ein komisches Erlebnis und ich kannte sie irgendwoher, konnte aber keine Verbindung herstellen, wo ich sie schon mal gesehen hatte, aber sie schien mir schon mal in der Vergangenheit sehr nahe gewesen zu sein.
Sie sah mich an und küsste mich sanft auf den Mund, einfach so ohne irgendwelche Aufforderung.
Wenn uns nun jemand sehen würde, ich würde vor Scham in den Boden versinken, denn ich war schließlich nackt, ja nackt war ich und sie war in einem eleganten und angekleideten Zustand. Vor lauter Schüchternheit konnte ich kaum die Worte rausbekommen und fing vor Aufregung an zu stottern: Ich, ich, ich bbbbbin nagggt !
Dann sah sie mich an, als wäre es das Normalste von der Welt und erwiderte: Das sehe ich und deswegen bin ich ja auch hier, um dir ein paar Kleider zu bringen....
Ich wollte sie eigentlich noch fragen, wo ich jetzt überhaupt bin, aber ich hielt es für besser erst einmal den Mund zu halten. Sie forderte mich auf und rief mir zu: Kommst du mit zu meinem Auto ? Dort habe ich ein paar Kleider, die ich dir geben kann. Sie gehörten einem früheren Bekannten, der sie jetzt allerdings nicht mehr braucht.
Ich folgte ihr ganz unbemerkt und wir mussten nicht weit gehen, da stand dann auch schon ihr Auto. Der Wagen schien nicht der neueste zu sein und hatte einige Lackschäden. Ich weiß nicht einmal was für ein Fabrikat es war, aber es war halt ein Wagen, der vor kurzer Zeit wohl noch einen Unfall gebaut hatte....die Frontseite schien von einer Werkstatt notdürftig ausgebeult worden zu sein.
Hier, rief sie mir zu... Fang !
Nun bekam ich also ein Hemd, eine Hose, ein paar Socken, sogar eine Unterhose, die noch sauber schien und ein paar Schuhe. Und das Komische an der Sache war, das sie mir wie angegossen zu passen schienen. Es war so, als hätte ich sie schon immer getragen.
Ich stieg bei ihr in den Wagen ein und irgendwie überkam mich ein mulmiges Gefühl, denn mir kam diese ganze Situation so bekannt vor, aber ich konnte nach den Gedanken nicht greifen, aus der diese Situation hervorgegangen war.

2. Bekannte Strassen

Wir fuhren wie durch die Straßen einer großen Stadt, die mir bekannt vor kam, aber ich konnte diese Stadt mit keinem Namen assoziieren, es war als fehlten mir viele Namen, als würde mein Gehirn die Informationen nicht alle richtig verarbeiten.
Wir fuhren über einen großen Fluss, fuhren an einer Uferpromenade vorbei, an Regierungsgebäuden und Bürotürmen, vorbei an 4 oder 5stöckigen Gebäuden um immer weiter, immer weiter....dann fuhren wir in eine kleine Gasse und mir war als würde die Zeit rückwärts laufen, es war als würden die Jahre rückwärts laufen, denn erst standen hier und dort Autos und es schien unmöglich für uns einen Parkplatz bekommen dann sah ich aber nur noch sehr wenige Autos bis letztendlich keine Autos mehr da waren. Wir stellten unser Auto an einen Strassenrand und mir war nun als hätte ich gar nicht mehr im gleichen Auto gesessen, sondern es war ein ganz anderes Auto, ein viel älteres Auto, ein Auto, was aber doch so neu war.
Ich schaute nun die Frau an, die mich hierher gefahren hatte....sie wirkte nun viel jünger, sehr sehr viel jünger und ihr Gesicht hatte kindliche Züge angenommen.
Ich und ich, ja ich hatte plötzlich ganz andere Kleidung an. Da kamen plötzlich Kinder auf mich zu....nun erkannte ich sie wieder. Es waren doch die Kinder, mit denen ich noch vorhin gespielt hatte, als ich ganz nackt war, ganz nackt. Jetzt aber hatte ich etwas an....ja ich hatte einen komischen Pullover an, der der ziemlich kratzte um ehrlich zu sein. Es war immer noch Herbst und die Blätter wurden von den Bäumen in alle Himmelsrichtungen getragen.
Wir jagden mit einem Ball durch die Strassen, diesmal allerdings erschien es nicht, als ob es dieser durchsichtige Ball zu sein schien, der wie ein Prismenglas in allen Regenbogenfarben leuchtete.
Wir hatten Spaß und diese ganze Situation kam mir wie ein Dejavu Erlebnis vor, was ich erlebte aber dessen Ausgang ich nicht kannte, auch kannte ich keine Namen, es war als liefe ich automatisch wie ein Uhrwerk ohne etwas dazu zutun. Wir spielten und spielten bis einer von uns in eine Reihe von Autos schoss, die am Strassenrand parkten. Es war eine Nebenstraße, eine Spielstraße wo es fast keine Autos gab, die am Rand parkten, aber in jener Reihe parkten gleich ein ganzes dutzend PKW´s hintereinander.
Da machte es einmal klirr und ein Junge aus unserer Gruppe schoss den Ball in die Frontscheibe eines Autos und das mit voller Wucht, so das das Glas diesen Angriff nicht stand hielt und in tausend Stücke zerbarstete.
Die Frau bzw. das Mädchen, welches mich gefahren hatte, das nahm meine Hand und rief mir zu: Lauf, lauf, renn um dein Leben. Dabei war doch ich gar nicht der Übeltäter gewesen, aber sie schien schon zu wissen, wovon sie sprach. Da kam ein
Mann mit einer Schürze aus einem nahestehenden Metzgerladen und hielt ein Messer in der Hand.... Ich kriege Euch, ihr Schweine...Das war das letzte Mal, das ihr mir eine Scheibe kaputt geschossen habt. Letzte Woche das Schaufenster, jetzt mein Wagen. Ich lief und lief, konnte fast kaum mit den Schritten des Mädchens an meiner Seite Schritt halten. Ein Junge rief dem Metzger zu.... Letzte Woche, das waren wir nicht, das waren die Kinder der Enid Blyton Schule, die machen sowas extra. Wir nicht, wir haben das nicht gewollt.
Dann liefen wir um eine Ecke und es schien, als würden wir uns plötzlich in einer ganz anderen Umgebung befinden. Das Mädchen hielt immer noch meine Hand, aber sie schien älter geworden zu sein. Ich sah, wie wir an einem Fluss lang stritten und es war als ob wir diesen großen Fluss im Nu überquert hatten. Wir liefen fast wie mit sieben Meilen Stiefeln über den Fluss auf die andere Seite des Flusses, ließen die Fußgänger, die auch die Brücke mit uns überquerten zurück. Auf der anderen Uferseite gingen wir auf ein großes Gebäude zu, welches neben anderen Häuser in einer Allee am Fluss stand, d.h. die Uferpromenade befand sich auf der gegenüberliegenden Seite der Allee.
Wir gingen in eines dieser Häuser und plötzlich ließ mich das Mädchen alleine in einer großen Wohnung zurück. Da hörte ich, wie sich 2 mir bekannte Stimmen heftig miteinander stritten und es schepperte Porzellan. Ich verkroch mich in ein Zimmer, wo ich eine Stereoanlage stehen sah, welche auf einem Schreibtisch aufgebaut war.
Dann war dort noch ein Bett, ein Schrank und 2 Fenster gewährten Sicht auf den Fluss, die allerdings ein wenig unterbrochen wurde von 2 Kastanienbäumen, die vor dem Fenster standen und sich im Wind wogen.
Aus irgend einem Grund warf ich mich nun aufs Bett und begann zu heulen. Dann kam ein Mann ins Zimmer gestürzt und packte mich am Haar....Er schrie: Raus, Du auch..... Deine Mutter diese Schlampe hat uns verlassen, soll sie dich doch mitnehmen.....Ich halte das nicht mehr aus..... Nun verließ der Mann den Raum und ich hörte ihn schluchzen.....
Da lag ich also auf dem Bett und ehe ich mich versah, war ich plötzlich wieder ganz woanders.
Da war sie wieder: meine geheimnisvolle Begleiterin, welche sich zum schmucken Teenager gemausert hatte...so wirkte nun schon fast erwachsen und ich hätte sie auf 16 getippt. Sie stand da so vor mir, war ein wenig picklig, aber sehr attraktiv und ich hörte plötzlich mein Herz wummern, ja ich hörte mein Herz wummern, wie noch nie sonst in dieser seltsamen Welt.....
Da lag sie auf einem großen Bett, welches mit einer roten Decke überzogen war und ich lag neben ihr. Dann zog sie vorsichtig an meiner Hose um umfaßte ein pulsierendes Glied. Plötzlich aber schien wieder etwas nicht zu stimmen, denn einen kurzen Augenblick währte ich mich doch ein anderes Gesicht zu sehen und nicht das Ihrige.
Ich sah in ein Gesicht, das mir bekannt vorkam, aber mit dem ich nichts verbinden konnte es war nur für einen kurzen Augenblick dort, ehe ich wieder in ihr Gesicht sah und leider leider waren die erotischen Übungen nun auch schon passe. Dabei hätte ich mir so sehr richtig guten Sex gewünscht. Ich weis's gar nicht wie lange es schon her ist, das ich richtig guten Sex hatte ? Hatte ich überhaupt dieses Gefühl jemals zuvor verspürt. Ich, der ich war, war jemand ohne Identität ?!
Diese Gedanken schossen schnell durch meinen Kopf und trotzdem ging das Leben in dieser Welt weiter, eine Welt die sich wie ein Lebensfilm aneinander reite ohne jeglichen Zusammenhang. Was aber ich mir sicher sein konnte, war sie. Sie war es, die mich durch dieses heillose Labyrinth führt, wie ein Fremdenführer und doch schien sie mir nicht erklären zu können, wo ich war und wer ich bin und wieso ich dieses alles erlebe.
Nun waren wir plötzlich wieder auf einer Art Hochzeit, ja wir waren auf einer Hochzeit und viele Leute waren um uns herum, viele Leute und dieses alles geschah in einer schmucken Kirche, deren Fenster mit ihrem wunderbar bunten und nicht kitschigen Glas die Sonne in all ihren Farben durchscheinen ließen.
Es kam mir vor wie ein Prisma oder mehr wie ein Regenbogen, dessen Farben nun durch die Sonne zum Vorschein kamen.
Dann aber fing mein Herz an wild zu pochen und es wurde mir schwer, ja es wurde mir so schwer, dann da sie ich sie, meine geheimnisvolle Begleiterin, welche mich doch nicht los ließ und Teil dieser Welt war. Sie stand in der Kirche vor einem Altar, diesmal war sie ganz in Weiß gekleidet. Ja sie sah aus wie eine Braut, die vor hatte eine Ehe einzugehen. Und dann war da aber noch jemand neben ihr, dessen Gesicht konnte ich nicht genau erkennen, aber es war nicht das Meinige. Langsam aber wurden die Konturen dieses Gesichtes deutlicher und deutlicher, ja sie wurden so deutlich und scharf, das sie wesentlich schärfer erschienen als die Dinge um sie herum.
Ich fühlte nun einen großen Schmerz in meiner Brust und ein Gefühl des Einsamseins, denn meine geheimnisvolle Begleiterin war nun vor dem Traualtar gelandet und ich war stiller Beobachter des ganzen Spektakels, wollte innerlich zusammen schrumpfen, am liebsten im Boden versinken, so klein fühlte ich mich nun. Ich taumelte nur noch und ehe ich mich versah, da stand ich ganz woanders, nämlich vor einem Autogeschäft und da standen einige Gebrauchtwagen und einer davon war doch tatsächlich der Wagen, in dem mich meine geheimnisvolle Begleiterin gefahren hatte. Diesmal allerdings schien er unversehrt gewesen zu sein, ohne Lackschäden und auch jünger, als wie ich ihn zuvor gesehen hatte. Was war passiert ? Das alles verwirrte mich so sehr, das ich nicht wusste, was weiter mit mir geschah.

3. Judith

Judith war eine eher zurückhaltende Frau Ende 20, die auf den ersten Blick fast schüchtern wirkte, aber das war nur der erste Eindruck, denn hinter der Fassade, kam eine sehr facettenreiche Persönlichkeit zu Vorschein mit der jeder Mann gern Freund wär. Sie war prinzipientreu, hatte ein treues Wesen, war ein offener aber nicht verletzender Mensch, der austeilen aber auch einstecken konnte. Aber sie war auch etwas naiv, denn sie glaubte immer an das Gute im Menschen und ihr wurde bei früheren Beziehungen leider diese Gutgläubigkeit zum Verhängnis.
So lernte sie vor ein paar Jahren Jonny kennen, der smarte Playboy, der ein Casanova sondergleichen war. Aber Jonny tat so als könnte Judith sein Herz erobern. Judith war noch in der Ausbildung als sie Jonny kennenlernte. Sie hatte einen Beruf ergriffen, wie viele Mädchen ihres Alters ihn in ihrer Generation ergriffen....sie wurde zur Arzthelferin bei einem Kardiologen ausgebildet.
Jonny dagegen lernte im elterlichen Betrieb Industriekaufmann, war aber eigentlich von Beruf her Sohn, denn sein Vater peitschte ihn durch die Prüfung, die er erst im zweiten Anlauf im Viererrythmus bestand. Ja Jonny war faul wie die Sünde, denn er hatte zwar gelernt Geld auszugeben, aber nicht Geld zu verdienen, jedenfalls nicht auf die mühselige Art, denn das Arbeiten im elterlichen Betrieb bestand mehr aus Herumkommandieren, ab und zu mal die Akten zu wälzen und sich dann lange herum zu lamentieren und alles besser zu wissen.
Jonnys Vater sorgte zwar dafür, das sein Sohn eine solide Ausbildung bekam, aber auf der anderen Seite verwöhnte er ihn auch über alle Masse als Einzelsohn. Aber Jonny hatte Charme und er wusste ganz genau wo und wann er seine Charmeoffensive einzusetzen hatte, so das die Mädchenherzen dahin schmolzen. Auch Judiths Herz schmolz dahin. Dabei hatte Jonny Schwierigkeiten seine Dates richtig zu koordinieren und sich nicht zu verplappern, auch durften die Freundinnen, die er hatte nicht miteinander befreundet sein. So fuhr er dann und wann nach Köln, wo er Freunde hatte bzw. 1 oder 2 Freundinnen, dann natürlich in seiner Heimatstadt Düsseldorf, darüber hinaus hatte er auch 2 Freundinnen in den Niederlanden, wovon die Eine in Enschede an der Grenze wohnte und die andere in Amsterdam. Auch hatte er noch eine Freundin im Ruhrpott und in Münster.
Alle Freundinnen waren regional also so weit voneinander entfernt, dass sie nichts voneinander wußten. Die Freundin, die er also u.a. in Düsseldorf hatte war Judith. Judith war eigentlich gar nicht an ihm interessiert, da seine Art mit Geld umzugehen, sie im Grunde genommen verachtete nicht das sie Reichtum abgeneigt war, aber Judith suchte den gesunden Mittelweg, während Jonny mit seinem Geld angab.
Als er merkte, das er nicht bei ihr landen konnte, wenn er mit seinem getunten Wagen in ihrer Strassenmeile die Strasse hoch und runter fuhr, setzte er sich doch tatsächlich auf ein Fahrrad, welches er seit seinem 12. Geburtstag nicht mehr gefahren hatte, denn er wurde ja gefahren bzw. später fuhr er selber.
Ja, Jonny kam auf einem Mountainbike die Strasse herunter gerollt mit einem Strauß Blumen in der Hand. Dann hielt er vor Judiths Haus an und schritt frohen Mutes und ohne mit der Wimper zu zucken an deren Türschwelle, wo er sogleich die Klingel betätigte, was allerdings die Klingel der elterlichen Wohnung war, denn Judith wohnte zu dieser Zeit noch mit in der Wohnung ihrer Eltern, da das Haus, ein Bungalow zu eng war, als das Judith mehr als ein Zimmer besaß.
Da öffnete Herr Brand, Judiths Vater und war sehr überrascht den jungen Jonny vor seiner Tür mit einem Strauß Blumen in der Hand zu sehen. Vater Brand war um einen flotten Spruch, wie Jonny es ihm gleich tat, nie verlegen, denn er hatte Jonny bereits mehrfach in seinem Mercedes die Strasse rauf und runter fahren sehen, was in des öfteren schon geärgert hatte. So meinte er flapsig:
Guten Tag junger Mann, wie ich sehe haben Sie ein paar Blümchen dabei und klingeln an meiner Tür. Ich nehme an, das die Blumen nicht unbedingt für mich sind, für meine Frau etwa ?
Jonny war in diesem Moment ganz baff und sprachlos: Also, also, Ihre Frau kenne ich doch gar nicht.
Dann meinen Sie vielleicht meine Tochter Judith, wenn ich recht in der Annahme gehe..., mutmaßte nun Judiths Papa.
Also die Annahme liegt nicht ganz falsch, aber es kann ja auch sein, das ich mich in der Tür vertan habe, druckste Jonny vor sich rum, denn jetzt war er doch gar nicht mehr der coole Jonny. Judith, die das Ganze durch einen Türspalt beobachtete, konnte sich vor Lachen fast nicht einkriegen, aber wohlgemerkt von diesem Moment an war sie von Jonny fasziniert, denn plötzlich war es nicht mehr der coole junge Bengel, welcher in seinem Mercedes Cabrio die Strasse rauf und runter fährt und ein Hupkonzert vor den Fenstern von Judiths Zimmer veranstaltete.
Es sei noch zu erwähnen, das sich Judith und Jonny schon vorher flüchtig kannten, denn ein paar Worte hatten sie schon miteinander ausgetauscht, aber wie schon bemerkt war Judith am Anfang nicht gerade von dem Aufschneider Jonny begeistert, nun aber wo er auch Schwäche und Sentimentalität bewies, fing ihr Herz Flammen.
Judith, die eigentlich ja eher ein zurückhaltendes Mädchen war, öffnete nun die Tür und kam auf Jonny zu, nahm ihn bei der Hand und schleifte ihn auf ihr Zimmer.
Jonny war so baff, das er fast reintaumelte, als sie an seiner Hand zog.
Wie dem auch sei, so wurden Jonny und Judith ein Paar und wie es doch so kommt, schien es also würde Jonny einen Teil seiner Playboy Allüren in den kommenden Monaten los werden.
Jonny wurde auch etwas bescheidener, jedenfalls glaubte das die etwas naive Judith, denn er hatte zwar immer noch den dicksten Cabrio, aber konnte durchaus auch einen Drahtesel steigen. Hinzu kam allerdings, das plötzlich und unerwartet sein Vater starb und von nun an hatte Jonny eine gewisse Verantwortung in den geschäftlichen Dingen zu übernehmen. Ja, das erste Mal in seinem Leben schien es, als müsste er wie ein Erwachsener agieren und da waren nicht viele Leute, die ihn wirklich stützten, aber Judith war es schon, denn sie war nunmal sehr treuherzig und loyal.
So ging es tatsächlich ein oder zwei Jahre gut und das erste Mal in seinem Leben hatte Jonny so etwas wie eine ernsthafte Beziehung, den seine anderen Freundinnen sah er immer seltener, wobei er schon noch mal nicht immer Lust hatte Pommes zu essen , aber in dieser Zeit ging er höchstens 2 oder 3 mal fremd, was für Jonny eine beachtliche Leistung darstellte. Dieses war wohl gemerkt in dem Zeitraum von 2 Jahren.
Judith und Jonny zogen schließlich zusammen in die Villa seines Vaters, wo sie eine eigene große Wohnung bezogen, denn die verwitwete Mutter lebte im Erdgeschoss.
Dann nach 2 Jahren wurde Judith schwanger und so begannen die Schwierigkeiten. Jonny, der die ersten beiden Jahre nach dem Tod seines Vaters deren Geschäfte noch zur Zufriedenheit der Mitarbeiter leitete, was auch noch mit dem Lorbeervorschuss seines Vaters bei Kunden zu tun hatte, kam mit den wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die Deutschland nun erfassten, ins Trudeln.
Das Judith nun schwanger war, war so auch nicht geplant und so begann das Theater, das Jonny wieder oft nächtelang ausging und Judith nicht wusste, wo er steckte. Dann ging es auch immer weiter mit den Geschäften bergab und innerhalb eines halben Jahres rutschte der Geschäftsbetrieb in die tiefroten Zahlen. So musste Jonny erst einmal von den knapp 50 Leuten des kleinen Industriebetriebes 20 entlassen. Ein halbes Jahr später dann, war es schließlich unumgänglich, das der Betrieb Insolvenz anmeldete.
Judith dachte in dieser Zeit, das Jasmin, die sie nun zur Welt brachte etwas an der Lage ändern würde, denn Jasmin war wirklich ein wahrer Wonneproppen, die eigentlich jeden Vater das Herz erweichen konnte, nur Jonny war zu dieser Zeit immer mehr abwesend und die Beziehung mit Jasmin bestand so irgendwie nicht mehr. Die beiden waren nicht verheiratet und man schon Judith mit ihrem kleinen Wonneproppen nur noch im Haus von Jonny und seiner Mutter für eine Zeit zu dulden bis die Kleine etwas größer war. Jonny schlief nun auch nicht mehr im Zimmer seiner Freundin und das schlimmste war, das er schließlich auch noch andere Frauen nach Hause brachte, denn schließlich war ja die Beziehung zu Judith irgendwie beendet.
Damit endete für Judith das Kapitel mit Jonny endgültig und zu dieser Zeit zog sie wieder in das Haus ihrer Eltern mit denen sie sich allerdings 2 Jahre vorher verkracht hatte, da sie ihr es anfangs nicht verzeihen konnte, das sie nicht auf sie gehört hatte und sich mit Jonny, diesem Hochstapler einließ.
Die Zeiten schienen für die alleinerziehende Mama Judith nicht einfach, denn sie war total von der Hilfe anderer abhängig, in diesem Fall von ihren Eltern, denn Jonny zahlte ab und zu und das auch nur sehr unregelmäßig für die Belange seiner kleinen Tochter. Judiths Eltern waren auch nicht gerade vermögend, denn sie konnten mit Mühe und Not ihr Haus, das sie nun ihr Eigentum nennen konnten, behalten, denn zu dieser Zeit wurde auch Judiths Papa arbeitslos und das, wo dieser schon in den Fünfzigern war und keine Chance hatte neu in einen anderen Job hineinzukommen.
Und Düsseldorf, wo die Familie Brandt wohnte, ist wahrhaftig kein billiges Pflaster und die Lebenskosten sind durchaus vergleichbar mit Städten wie München.
Judiths Leben stand zu dieser Zeit wahrhaftig nicht unter einem guten Stern, aber nach der Versöhnung mit ihren Eltern wußten die Drei das Beste aus dieser Situation zu machen....sie waren eine glückliche Schicksalsgemeinschaft, die trotz des immensen Drucks, der ihr die Welt da draußen aufbürdete, zusammenhielt.
Aber auch Judiths Liebesleben sollte sich zum Positiven hinwenden, denn sie lernte einen jungen Mann kennen, der nicht nur ihrem Leben einen positiven Aufschub gab, sondern auch Judith würde sehr entscheidend auf die Geschicke im Leben dieses Mannes einwirken.

4. Amors Liebespfeil

Düsseldorf hat bekanntlich die längste Theke der Welt und Jonny fühlte sich in den vielen Discos der Altstadt sehr heimisch, denn im Glitzerlicht der Nacht konnten die Menschen ihr wahres Gesicht verbergen, welche abgrundtief häßliche Fratze sich hinter der Maske verbarg. Das Partyleben war ja so oberflächlich und der Rhythmus der Musik nahm die Menschen mit auf eine Reise in die Welt der Glücksgefühle, dieses Gefühl zu haben einfach happy zu sein und die innere Leere zu füllen. In dieser oberflächlichen Welt der gestylten Lackaffen, was aber nicht unbedingt verallgemeinert werden sollte (aber in diesem Fall traf es wohl zu !!), war es nun kein Problem für Jonny sein Gesicht und seine Absicht zu retuschieren, hier holte er sich mal dieses und mal jenes Mädel heran, die seine fleischlichen Gelüste befriedigten. Man sollte aber nicht unfair sein, wenn man Jonny beurteilen wollte, denn er hatte sicherlich seine guten Seiten, wo er Judith immerhin eine Zeit lang tatsächlich sexuell gesehen treu war, aber er war leider wenig lernfähig und fiel wieder in sein altes Ego zurück. Richtig glücklich allerdings wurde er mit diesem Verhalten wohl nie, denn genauer betrachtet hatte er nur oberflächlich Freunde und es gab im Grunde genommen nur Judith, die ihn wirklich ganz innig liebte und er sie, zumindest für eine Zeit wie kein Mädchen zuvor.
Aber das war nun Vergangenheit und Judith wohnte inzwischen wieder bei ihren Eltern. Sie passten an diesem Abend auf den kleinen Wonneproppen auf und da zog es auch Judith ins Düsseldorfer Nachtleben. Zwar ist die Düsseldorfer Innenstadt recht groß, aber man zieht normalerweise von einer Kneipe oder Disco zur Nächsten, so das sich an diesem Abend auch Judith und Jonny zwangsläufig begegneten und das in einer Situation ?! Aber dazu später.
Erst einmal zog es Judith in eine Diskothek, so wie man sie von Arenal auf Mallorca her zu Genüge kennt. Nein, Judith mochte diese Atmosphäre insgesamt nicht, aber es liefen auch in solchen Läden nicht nur Idioten herum mit dem Intellekt eines Dieter Bohlen, aber die meisten Menschen konnte man nicht mehr nüchtern antreffen.
Es war kurz vor Karneval und so liefen an diesem Abend natürlich viel leichtbekleidet oder mit lächerlichen Hüten herum, wie man sie sonst nur in seichten Talkshows oder Comedyshows antraf. Da war z.B. eine Gruppe Engländer, die liefen mit Lederhosen herum, wo man aber auf ihr blankes Hinterteil sehen konnte. Aber auch einheimische Jecken machten sich mit grossen Zauberhüten wie Harry Potter sie trägt, lächerlich.
Judith war dagegen überhaupt nicht verkleidet, sondern nur dezent geschminkt und relativ normal gekleidet. Sie war an diesem Abend alleine, hatte sich zwar mit einer Freundin verabredet, aber diese kam und kam nicht. Schließlich als sie immer noch keine SMS von ihrer Freundin erhalten hatte und diese nach über einer halben Stunde noch nicht da war, rief sie sie an. Ihre Freundin Camilla meldete sich auch, aber hatte irgendwie verschlafen, denn sie hatte einen anstrengenden Tag gehabt und war nun noch ein paar Stunden am schlafen, um sich von dem anstrengenden Arbeitsalltag zu erholen.
Camilla und Judith waren früher Arbeitskolleginnen gewesen, bevor Judiths kleiner Wonneproppen geboren wurde.
Nach einer halben Stunde kam Camilla doch noch in die Disco und fand Judith gleich vor dem ersten Tresen, wenn man hinein kam. Und da traute sie doch ihren Augen nicht.....mitten im karnevalistischen Treiben sah sie Judith, durchaus leger und sexy bekleidet, aber nicht so das es auffiel und ein junger Mann, der genauso wie Judith leger aber doch eher konservativ bekleidet war und gar nicht so nach Karneval aussah.
Camilla aber war da anderer Meinung, denn sie hatte sich trotz ihrer kurzen Nachtruhe noch ein paar Minuten zurecht gerückt um die betrunkene Männerwelt zu entzücken....ja sie war sehr leicht bekleidet und eigentlich hätte sie das doch gar nicht tun brauchen, den einen oder anderen Kerl hätte sie auch so abschleppen können. Um eines klar zu stellen, Camilla war nicht das weibliche Duplikat von Jonny, nein sie wusste sich zu benehmen, aber ab und an, wenn sie ausgingen, war sie recht leicht bekleidet, was aber nicht unbedingt auf die Anzahl ihrer Liebhaber schließen ließ.
Camilla war eine Polin, d.h. eine deutschstämmige Polin, die noch während ihrer Jugendzeit mit ihren Eltern nach Deutschland kam und sie war katholisch.
Ja, sie war so katholisch, wie man katholischer hätte nicht sein können, sie war nicht so leicht herumzukriegen, aber flirtete leidenschaftlich sie war lebenslustig, trotz ihren Glaubens. Katholisch sei hier auch eher definiert in religiöser Form, so ging Camilla jeden Sonntag Morgen zur heiligen Messe um der Eucharestiefeier beizuwohnen, moralisch gesehen war sie allerdings nicht allzu katholisch , sondern halt normaler Durchschnitt. Der junge Mann, mit dem Judith sich unterhielt, war nun nicht wirklich Camillas Geschmack, denn er wirkte auf sie langweilig....wie konnte er hierher kommen mit einem stinknormalen Sweatshirt, so als er ein definitiver Karnevalsmuffel, der selbst zu seiner eigenen Hochzeit im Trainingsanzug kommen würde. Er war nicht schlampig angezogen oder altmodisch, aber halt nicht der 5 Jahreszeit entsprechend.
Camilla flüsterte kurz der Judith was ins Ohr und ging dann singend auf die betrunkenen Engländer zu, die ihren blanken behaarten Hinter aus einer Lederhose blitzen ließen, wie schon erwähnt so wie man es sonst in der Homosexuellenszene beobachten kann. Dann klatschte sie einem Engländer auf sein Hinterteil, der sich verwundert um dreht, dann nahm sie ein Bier, was auf dem Tresen neben der Gruppe stand und prostete an: Cheers .
Judith unterhielt sich und unterhielt sich die Beiden schienen total auf der gleichen Welle zu schwimmen und Camilla konnte sich nicht erklären, wieso es so funkte zwischen den Beiden. Wer war dieser junge Mann, der zwar nicht häßlich war, aber so durchschnittlich war und keine markanten Eigenschaften zu haben schien, zumindest nicht für Camilla auf den ersten Blick sichtbar, aber Judith war im Grunde doch auch so oder etwa nicht ?
Dann passierte plötzlich etwas seltsames und höchst unerfreuliches, denn Jonny kam plötzlich mit ein paar Männern und Mädels in die Disco....er war nicht mehr ganz bei Sinnen, denn er torkelte schon leicht, aber er schon noch nicht so betrunken, das er Judith nicht erkannte, die sich immer noch sehr angeregt mit dem jungen Mann unterhielt. Da ergriff er ohne jeden Grund Judith: Raus hier, raus hier.....Du Schlampe hast mich verlassen..... Dann schrie er den jungen Mann an: Soll sie dich doch mitnehmen.....ich halte das nicht mehr aus....., und wie von Sinnen schien er plötzlich nüchtern zu sein, denn Camilla, die das Ganze beobachtet hatte, nahm das Glas Bier, mit welchem sie bei den Engländern angestossen hatte und goss es Jonny ins Gesicht.
Nun war er wach. Bevor das Ganze peinlich wurde und es noch zu einer Schlägerei kommen konnte, nahm Jonny mit seinen Freunden reiß aus er lief seinen Problemen davon, so wie er es sonst es auch zu pflegen tat Jonny, der jämmerliche Feigling.

5. In einem anderen Land

Es war sehr seltsam, was ich alles in diesen Stunden erlebte. Nach wie vor konnte ich mir aus den Dingen, die ich erlebte keinen Reim machen, alles fand für mich völlig Zusammenhanglos statt. Niemand konnte mir die Frage beantworten wer ich bin und wo ich bin, was ich bin. Ich musste mich auf den Weg machen zu dieser geheimnisvollen Frau, die mich in den letzten Stunden durch dieses undurchsichtige Gewirr von Ereignissen geführt hatte. Es kam aber nun auch wieder die Bitternis hoch, denn sie war verheiratet. Das konnte ich soweit es ging analysieren. Wieso heiratete sie mich denn nicht ? Sie war doch so wunderschön. Ich musste sie wieder sehen, nur sie konnte mir erklären was das alles sollte.
Ich hielt einen Augenblick inne und plötzlich verspürte ich eine grosse und liebende Wärme, so wie bei dem Ballspiel mit den Kindern und ich sah in ein gleissendes Licht, das heller war als tausend Sonnen und doch nicht die Augen erblinden ließ. Ich ging in dieses Licht ein und nun sah ich Konturen, Konturen einer Landschaft von Hügel und Bergen.
Das Licht ließ nach und ich konnte nun die Landschaft, in der ich mich befand besser erkennen. Welch schönes Land war das bloß ?
Ich hörte Bäche rauschen und Kinder spielten an diesem Bach, der sich durch eine Wiese zog. Seine Spritzer erzeugten wunderbare Regenbogenfarben, die in allen Farben dieser Welt leuchteten. Alles war so unglaublich hell und so klar zu erkennen, wie man es nicht beschreiben konnte. Meine Augen sahen plötzlich Dinge, die mir vorher verborgen blieben. Auf der Wiese hinter dem Bach stand ein Haus, ein Haus aus Stein, robust gebaut und doch wirkte es einladend. Es kam aus diesem Haus nun ein Mann herbei geeilt, der mit einer unglaublichen Leichtigkeit zu gehen ging, als dachte man, er würde schweben und doch ging er gemächlichen Schrittes. Dieses Gesicht, dieses Gesicht...
Ich kannte es es war als hätte sich dieses Gesicht in meine Erinnerung eingebrannt, aber mein Unterbewußtes sagte mir, das ich dieses Gesicht schon Jahre lang hätte nicht mehr gesehen, aber ich empfand es mit großer Güte gekoppelt:
Es war ein schon recht altes Gesicht und dieser Mann, dem dieses Gesicht gehörte mochte wohl schon um die 80 sein, aber sein physisches Aussehen verrät nichts über seine jugendhaften Bewegungen und seinem fast schlachsigem Gang. Er trug einen art und seine Augen strahlten leuchtend Blau, ja fast unnatürlich Blau. Er hatte eine leicht geschwungene Nase, die gut zu seinem runden Bauerngesicht passte. Er trug eine Lederweste und trug ein kariertes Baumfällerhemd da drunter. Mit einer sanften und klaren Stimme sprach er mich an: Es ist schön dich hier zu sehen nach all den langen Jahren, aber du bist doch viel zu früh hier. Ich hatte dich doch erst heute Abend erwartet.
Erstaunt fragte ich an: Wo bin ich hier und wieso hattest du mich erst heute Abend erwartet ?
Dann zuckte er mit den Achseln: Das kann ich dir nicht sagen, aber du bist garantiert zu früh hier und es wird noch eine lange, lange Zeit dauern bis es hier Abend wird. Aber mein lieber Freund, eines muss ich dir sagen, du siehst nicht gut aus, ganz und gar nicht siehst du gut aus, denn dein Gesicht ist voller Blut getränkt.
Erschrocken tupfte ich mit dem Finger mir vorsichtig ins Gesicht, aber als ich meinen Finger dann betrachtete sah ich kein Blut an meinen Händen.
Alter Mann, du musst dich täuschen, ich sehe kein Blut....
Stirnrunzelnd und nachdenklich schaute der alte Mann mich an: Ich kann dir leider nicht helfen, denn du stehst auf der anderen Seite des Baches. Es ist traurig, aber du siehst schlimm aus und noch schlimmer ist, das du es nicht merkst. Bitte, bitte, gehe dort zurück, wo du hergekommen bist...du wirst Antwort finden. Du musst daran glauben, dann wirst du auch zu bluten aufhören. Und denke ich daran die Zeit heilt auch die Wunden.
Nun kam mir der Mann ein wenig verwirrt vor: Was sagte er da, was hatte er mir da bloß gesagt und erzählt. Nun wandte er sich von mir ab und bewegte sich gemächlich der Hütte entgegen. Ich wollte die Kinder am Bach ansprechen, nun aber waren sie verschwunden, als ob sie niemals existierten.
Dann plötzlich spürte ich einen kalten Windzug und ich sah, wie sich mir eine junge Frau näherte, sie war schwarz gekleidet und ehe ich mich versah, wechselte die Kleider ihre Farbe, denn plötzlich schienen sie in allen purpurnen Farben zu scheinen.
Ich kannte sie, ich kannte sie ! Es war meine geheimnisvolle Begleiterin, aber wie in Trance schien sie an mir vorüber zu schreiten und sprang mit einem gewaltigen Satz über den Bach. Nun allerdings sah sie zu mir rüber und schaute mich an, dann aber hatte ich das Gefühl, als würde sie durch mich hindurch schauen. Ihre Augen versuchten mich zu fixieren und konnten mich doch nicht erreichen. Irgendetwas zog mich weg, wie ein Sog, ein Sog. Es schwindete plötzlich auch das Gefühl mich so leicht zu fühlen und es trat an seine Stelle ein fast unbarmherziger Schmerz und das was ich sah, war plötzlich eine Dunkelheit die mich umgab. Es war als würde ich mich durch einen dunklen Raum tasten müssen....schmerzvoll und ohne einen Ausgang zu finden.
Aber diese Dunkelheit und dieser Schmerz sollten nicht lange sein und ich spürte das dieser gütige alte Mann in Gedanken bei mir war und so etwas wärmte mich und mein Herz, auch wenn der Schmerz doch so groß war.

6. Von Dunkelheit umgeben

Es war ein sehr komisches Gefühl und ein sehr merkwürdiger Zustand, in dem ich mich nun befand. Auf der einen Seite spürte ich einen pochenden Schmerz und war von Dunkelheit umgeben. Ich wollte mich vorwärts bewegen, aber irgendwie fühlte ich mich wie gelähmt. Eigentlich besaß ich überhaupt kein Gefühl.
Ich sehnte mich so sehr zurück zu dem alten Mann und der geheimnisvollen Dame, die irgendwo in einer anderen Welt wohnten, aus der ich geradezu in dieses finstere Loch geschickt wurde. Ich versuchte Kontrolle über meine Beine zu bekommen, aber da war nicht viel....es war als sei ich in diesem dunklen Raum gefesselt.
Oh alter Mann, steh mir bitte bei !
Dann allerdings passierte etwas seltsames....es war als würde mich etwas berühren, etwas das ganz warm war, ja als ob es eine Hand wäre. Eine Hand kam mitten aus der Dunkelheit auf mich zu und berührte mich. Ich versuchte nach dieser Hand zu greifen, aber es ging nicht.
War es die gütige Mann des alten Mannes ? Wo war ich bloß und was war bloß mit mir los ? Wieso konnte ich nicht wieder nach draußen zu den Wiesen und Weiden, dem Land, in dem Milch und Honig flossen ?
Aber ich wartete und wartete und ich würde nicht aufgeben zu warten, denn ich könnte doch nicht ewig in diesem dunklen Raum verbringen.
Was dann geschah, empfand ich als sehr merkwürdig: Mir war als ob man nach meinen Beinen griff. Dieses Gefühl war aber nur sehr schwach ausgeprägt. Aber da war irgendwas. Mir war ein wenig, als wenn ich in Bewegung wäre, als würde ich getragen werden durch diese permanente Dunkelheit und doch war es so, als wenn ich dort da lag. Es war halt nur ein schwaches Gefühl, kein sonderlich starkes, aber ein schwaches Gefühl, welches von meinen Beinen ausgesendet wurde.
Mir schossen viele Gedanken durch den Kopf, aber es tat weh, die ganzen Gedanken gänge taten unendlich weh. Dann allerdings hörte der Schmerz plötzlich auf.
Ich weiß nicht, was weiter geschah....mal war mir als würde ich das Bewußtsein verlieren und dann aber auch wieder nicht....es war als ob ich durch einen Tunnel gleitete und irgendwie doch nicht.
Dann passierte lange Zeit nichts. Gar nichts. Bis, ja bis ich plötzlich ganz leise einen Tropfen verspürte, ein Tropfen der auf meiner Haut herunter zu perlen schien, es schien so, aber es war so ganz eben. Mir war als ob mich irgendetwas jetzt in der Dunkelheit ergreifen wollte, etwas griff nach mir und machte mir keine Angst und ich, ja ich konnte nicht zugreifen. Der Gefühl meines Körpers schien im großen Ganzen auf meinen Kopf beschränkt.
Was weiter geschah, das weiß ich nicht mehr....nur das ich plötzlich wieder woanders aufwachte in einer bunten Welt der Farben und der Sinne....war ich nun der Düsternis entkommen?

7. Der Wanderer

Der Schmerz schien vergessen und ich schien wieder zum Leben zurück gefunden zu haben. Ich weiß gar nicht, wie mir geschah, aber ich war plötzlich ein Wanderer, der einen Stock in der Hand hielt und nun die Landschaft drumherum erkundete. Es war keineswegs mehr die Welt, die ich vorher erlebt hatte, wo mir der gütige alte Mann begegnet war, nein es war eine Welt, wie ich sie vorher erlebte eine Welt, die nicht so hell schien und auch nicht so klar. Aber es war eine Welt, wo es sich leben ließ.
Ich wanderte und wanderte und vor mir stand ein grosser Berg, den es zu erklimmen galt: Er schien wie in Nebel gehüllt und ich sah erst seine Spitze nicht, doch dann drang die Sonne durch den Nebel hindurch und mir schien der ganze Berg bewaldet zu sein, zumindest der obere Teil.
Wo ich allerdings den Anstieg wagte, kam ich durch dichte Nebelfelder und auch alte knorrige Bäume stellten sich mir in den Weg. Es schien fast als wollten mich die altenBäume nicht durchlassen, denn ihre dürren Äste schienen sich nicht nur durch den Wind zu bewegen, sondern sie verselbstständigten sich. In diesem Augenblick bekam ich grosse Angst. Ich wünschte dem alten Mann wieder zu begegnen oder auch der geheimnisvollen Frau, die mich die letzten Tage durch mein Leben begleitet hatte, aber ich war alleine.
Der Nebel wurde dichter und dichter, aber irgendetwas trieb mich hinauf auf den Gipfel, was aber nun zu einen schier unlösbaren Hindernis zu machen schien: Nun kam noch hinzu das ich mich auf der gleichen Stelle zu bewegen schien. Ich kam einfach nicht vom Fleck, obwohl meine Füsse mir den Dienst nicht verweigerten. Ja es schien gar als hätte ich den Rückwärtsgang eingeschaltet, aber dem war nicht so, nein es war als würde ich eine Rolltreppe hochlaufen, die aber nach unten fuhr. Nun dachte ich aber an den alten Mann und ihm selben Augenblick war es, als würde ich nun doppelt so schnell voran kommen, wie ich eigentlich naturgemäß hätte voran kommen sollen. Meine Füsse schritten eiligen Schrittes den Berg hoch und trotzdem fühlte ich mich, als ob ich Siebenmeilenstiefel an hätte. Nun stach ich bald durch den Nebel, der nach oben zur Bergspitze hin, sich lichtete. Und tatsächlich ich erreichte den Gipfel und war so überwältigt von der Landschaft, das ich es mir nicht erklären konnte. Der Nebel bildete im Tanz der Sonne sonderbare Gestalten und dann lag dort im Nebel ein fast verwunschenes Dorf, so alles sah wie frisch geputzt aus und man so überhaupt keine Leute auf der Strasse.
Dann allerdings sah ich auf die andere Seite des Berges und dort schien sich der dicke Nebel zu halten. Nun eines war sehr sonderbar....es kam mir vor, als würde ich dort jemand winken sehen....ja es winkten mir diese Hände zu....der Rest der Gestalt konnte ich nicht erkennen, aber diese Hände ragten aus dem Nebel hervor und winkten mir zu. Aber sie waren unnatürlich groß, denn der Nebel befand sich unten im Tal und das lag hunderte von Metern zu meinem Füßen, aber die Hände konnte ich deutlich erkennen. Dann aber verschwanden die Hände, sie verschwanden als ob sie nun im Nebel ertrinken würden....ja als ob sie im Nebel ertränken würden, wirbelten sie noch einmal auf und waren dann den dicken Nebelschwaden verschwunden.
Dann plötzlich kam ein unbekannter Mann zu mir. Er stand einfach vor mir....streng und fast zornig kam er auf mich zu, aber trotz alledem jagte er mir keine Angst ein, sondern er schien mir zu begegnen, um etwas wichtiges mitzuteilen, das jedenfalls hatte ich instinktiv im Gefühl. Er erinnert mich irgendwie an einen Zauberer mit einem weißen zerzausten Bart, denn den hatte er auch. Allerdings trug er keinen spitzen Hut, wie manche Zauberer es zu pflegen tun, sondern einen Wanderhut und einen langen Stock.
Was wagst du es hier auf den Berg der Erkenntnis zu steigen ? giftete er mich zornig an. Normalerweise hat man von hier oben ein fabelhaftes Ambiente, aber heute, heute liegt doch vieles im Nebel. Ich möchte bloß den Grund wissen warum ?
Und ich vermute du bist der Verursacher des Ganzen....
Kleinmütig gab ich bei: Ich, aber ich bin doch nicht mit Absicht hier hoch gekommen, sondern es hat mich hier einfach hoch getrieben. Leider weiß ich auch nicht den Grund weswegen ich hier hochkam.
Dann sah er mich erst zornig an und dann doch mit einer gewissen Milde: Ich weiß den Grund weswegen du hier oben bist....du willst die Erkenntnis gewinnen. Die Erkenntnis der Wahrheit, aber die Wahrheit willst du noch nicht sehen. Siehe nach unten dort wo das Tal der Tränen liegt.....dort herrscht heute viel Nebel, aber auf der anderen Seite des Berges ist das Tal der Sorglosen....dort ist auch für dich eitel Sonnenschein.
Ich begriff nicht ganz, was wollte mir der Alte damit sagen. Plötzlich war er wieder verschwunden und ich, ja ich ging dem Tal der Sorglosen entgegen, denn was sollte ich im Tal der Tränen, wo der Nebel zäher ist als der Schlamm im Meer.
So ging ich dem Tal der Sorglosen entgegen. Es war kein steiniger Weg und der Weg nach unten war gut, der er war eben, aber ein Auto hätte hier wohl nicht fahren können.
Ich kam an einem Birkenhain vorbei und sah wie die Birken mich mit ihrem frischen Grün ansteckten....ich war voller Freude und vergaß alle Sorgen, die hinter mir lagen.
Ja, selbst die Worte des Alten waren mir fast schon aus dem Kopf gegangen. Ich dachte so bei mir, das es doch ähnlich schön in diesem Tal wäre wie auf den Wiesen und Weiden des Landes, wo ein freundlicher alter Mann mir gut zu sprach. Aber diese Welt war anders, sie strahlte nicht so viel Freude und Glück aus wie die Welt des alten Mannes. Ja, ich war voller Freude in diesem Moment, aber nicht bald darauf würde ich auch ein Stück innerer Leere fühlen, denn ich war ein Wanderer und irrte durch die Welt und wusste nicht wo ich zu Hause war und woher ich kam. Ich beschloss also in dieses Dorf zu gehen, welchen nun zu meinen Füßen lag. Nachdem ich nun den Birkenhain durchquert hatte, kam ich an Feldern vorbei wo es nach frisch gemähtem Heu roch und so gleich musste ich an gutes frisch gebackenes Vollkornbrot denken, welches nun irgendwo frisch im Regal einer Bäckerei liegen würde.
Das Heu war nun zwar gemäht, aber die Pferde, die nun aber dem Acker standen schienen herrenlos zu sein, denn weit und breit war kein Mensch zu finden. Es waren schöne Pferde, wobei ich gestehen muss, das ich nun wahrlich kein grosser Pferdekenner bin, aber ich glaube diese Sorte Pferde nannten sich Andalusier. Das kam mir zumindest so in den Sinn, weil sie so gross und stattlich waren. Jetzt wo ich nun ganz nah am Dorf war, sah ich wie schnuckelig doch alles aussah. Ein Dorf umsäumt von grossen Hecken, die als Grenze zu den Feldern dienten und alles war frisch heraus geputzt.
Es war kein grosses Dorf, welches ungefähr aus 20 Häusern und Gehöften bestanden, die sich um eine Kirche drängten. Alles war in schwarzweissem Fachwerk gehalten und die Eingangstore waren kunstvoll verziert. Nun vernahm ich, das irgendwo in der Nähe jemand auf einer Fidel spielte und dann hörte ich wie viele Leute nach der Musik der Fidel einen Art Volkstanz tanzten. Die Musik kam aus einem großen Gebäude, welches sich jenseits der Kirche befand. Also ging ich auf dieses Gebäude zu, welches sich als eine Scheune entpuppte, die mit ihrem Rücken zur Kirche stand. Ich musste über einen Hof schreiten um zu diesem fensterlosen Gebäude zu gelangen. Da das Gebäude keine Fenster besaß, dafür aber ein riesiges Tor, welches weit geöffnet war, dran genug Licht in das Gebäude und etwa 2 Dutzend Leute tanzten dort um einen Mann mit einer Fidel. Sie alle hatte bunt bestickte Trachtenkleidung an: Die Männer trugen so Art Lederhosen mit Hosenträgern und bunt bestickte Hemden, während die Frauen farbenfreudige Dirndl und Blusen trugen, wo ihre Oberweite insbesondere zur Geltung kam.
Dann bemerkten sie mich und kamen freudestrahlend auf mich zu besser gesagt es kam ein Mädchen auf mich zu, das ich kannte....ich erkannte sie erst auf den zweiten Blick, denn zuvor schien ich ihr Gesicht nur recht schemenhaft wahrnehmen zu können: Sie war es, die einfach entflohen war und mich alleine in dieser unbekannten Welt zurück ließ. Nun aber war sie wieder da und stand vor mir. Dann hielt ich ihre Hand fest und fragte sie: Wo bist du bloss gewesen ? Vorwurfsvoll sah ich sie an. Sie aber meinte nur sehr oberflächlich: Jetzt bist du hier und ich bin hier und das ist doch die Hauptsache. Alles andere ist egal. Ich war ein wenig nervös, denn nun reihte sich die ganze Gesellschaft um mich. Nun bedroht fühlte ich mich nicht, ganz im Gegenteil, aber Fragen über Fragen überkamen mich, die nach einer Antwort schrien. Da war noch ein Mädchen, was nun auf mich zu trat und legte mir eine Kette aus Margeritenblümchen um den Hals....sie mochte etwa 15 oder 16 sein. Meine geheimnisvolle schwarzhaarige Begleiterin schaute sie ein wenig verächtlich an und dann erwiderte sie etwas, was mir durch Mark und Bein ging: Ach du bist doch noch ein dummes Ding. Werde erst einmal erwachsen und gehe doch zu Jonny, der wird dich schon verstehen.
Dann ergriff sie meine Hand und wir liessen die bunte Gesellschaft hinter uns. Aber, aber schöne Maid, so rief ein Mann mittleren Alters in einer Bauernkluft ihr nach. Lass uns doch teilhaben an jenem Wandersmann. Wann kommt denn schon mal ein Neuankömmling in unser Dorf....
Sie aber wandte sich nicht um und rief: Es ist mein Gast und nicht Euer Gast, mein Freund und mein neuer Gefährte und jeder im Dorf wird dieses akzeptieren müssen. So schlichen wir uns an der Kirche vorbei und liessen die anderen Leute hinter uns, die uns nicht weiter gefolgt waren. Am anderen Ende des Dorfes lag eine alte Hütte, wo die Schwarzhaarige nun zu wohnen schien.
Sie nahm mich bei der Hand und wir machten vor dieser Hütte halt. Es war ein alter Kotten, der schon recht verfallen aussah, denn das Dach des Hauses, welches mit Recht gedeckt war, sah wie vom Sturm zerzaust aus und ich wollte annehmen, das es dem nächsten grösseren Sturm nicht mehr stand halten würde.
Dann kamen wir in das Innere der Hütte und es sah doch recht gemütlich aus...zwar klein und sehr provisorisch aber gemütlich. Da war schon der Tee aufgesetzt und der Kessel pfiff, als ob er nun sagen wollte, das er jetzt gehörig Dampf ablassen müsse, da ja das Wasser sonst überkochen würde. Die Küche sah aus wie eine Bauernküche und befand sich auch gleich im ersten Raum, den wir betraten: Sie bestand aus einigen Schränken, die erst noch in die richtige Position gerückt werden mussten und ein gußeiserner Herd von dem ein Rohr hinauf durch die Decke glitt, war das Kernstück der Küche und wie schon erwähnt pfiff auf diesem jenigen Herd ein Kessel mit heissem Wasser vor sich hin.
Die schwarzhaarige Schönheit sah mir nun in die Augen: Entschuldige bitte diese Unordnung, aber ich wohne noch nicht lange hier. Wenn du mir hilfst die Hütte auf Vordermann zu bringen, haben wir bald eine sehr hübsche Behausung, wo wir beide leben ganz eigenständig von dem Rest des Dorfes. Hier hat nämlich der Jonny nichts zu sagen !

8. Erstes Kennenlernen

Judith traf sich mit ihm am folgenden Tag an der Uferpromenade des Rheines, wo viele Stände das Ufer säumten, man hatte sich zu einer Bootsfahrt getroffen, angesichts des winterlichen Ambientes, in welchem sich der heutige Tag presentierte, geradezu grotesk jetzt im Schneewirbel hinaus auf den grossen Fluss zu fahren. Aber der Karnevalstrubel war schon ein wenig abgeebt, da der morgige Tag auf einen Aschermittwoch fiel.
Judith blickte im ins Gesicht, als sie beide das Boot betraten und hielt ihn schon beim Hinübergehen aufs Deck bei der Hand. Ihre Eltern passten an diesem Tag auf Wonneproppen auf und nichts könnte ihr nun ihren Flirt abspenstig machen. Am Bord gab es viele Leckereien und man mußte nicht unbedingt auf dem Deck bleiben, sondern konnte die Treppe runter in das Bootsrestaurant gehen. Das taten die Beiden nun auch. Sie setzten sich gemütlich an ein Panoramafenster, von wo aus man das Geschehen auf dem Fluss beobachten konnte.
Dann fing er an den gestrigen Abend Revue passieren zu lassen: Nun der gestrige Tag war doch sehr aufregend und ich hoffe, das sich die Situation für dich nicht irgendwie negativ ausgewirkt hat. Der Auftritt deines Exfreundes war in der Tat höchst unerfreulich. Aber weißt du, wenn ich so darüber nachdenke, gab es doch auch für mich in den letzten Woche höchst unerfreuliche Nachrichten, denn eine langjährige Freundin, die früher so etwas wie eine Seelenverwandte, eine Kinderfreundin war und später dann zu meiner festen Freundin wurde ja sie hat geheiratet. Die letzten Jahre waren wir zwar immer noch ein Paar, aber es lief langsam auseinander, weil sie studierte und dann immer mehr aus meinem Dunstkreis wich. Jetzt hatte sie jemand anderes geheiratet und schien mich ganz vergessen zu haben. Aber jetzt bin ich bereit für einen Neuanfang. Ehrlich gesagt, ich hatte von ihr immer eine hohe Meinung, weil sie für mich so etwas war zu der ich hinauf blickte, denn sie hatte keine Angst und war als Kind früher sehr furchtlos, vielleicht ein bisschen wie Pipi Langstrumpf.
Aber sie war auch verschlagen, denn man wußte nicht immer woran man bei ihr war sie konnte sich schon ihre Vorteile erkämpfen, was sie aber mich weitgehend nicht unbedingt merken ließ. Manchmal war sie sehr egozentrisch, aber da ich sie verehrte und hochhielt, war ich für sie auch der Nächste, den sie sehr mochte und später lieben lernte.
Später dann schlug sie einen nicht so guten Weg ein, so wie ich hörte, da sich ja wie schon erwähnt, unsere Wege immer mehr trennten. Ja und nun das mit der Hochzeit, aber ich denke für sie war es ein notwendiger Schritt in dem Hafen der Ehe zu landen, eine Handlung, die sie wieder auf den rechten Weg bringen wird. Ich hoffe, es stört dich nicht, wenn ich über meine Exfreundin erzähle ? fragte er obligatorisch.
Etwas eifersüchtig, aber so als ob nichts gewesen wäre, entgegnete Judith ihm: Nein, nein, schon in Ordnung, denn meine Exfreund hast du ja auch schon gestern kennen gelernt. Bei der Gelegenheit, in wie weit kam den deine Exfreundin auf die schiefe Bahn oder habe ich da etwas missverstanden ?
Nein, nicht wirklich, fuhr er fort. Sie nahm eine Zeit lang Drogen und brach ihr Studium ab. Ja, sie war nicht nur am kiffen, sondern kokste auch und schluckte des öfteren Exstacy. Eine Zeit lang war nun der Umgang mit ihr ein wenig schwierig, das änderte sich als sie dann Jan kennen lernte, denn dann kam sie mit anderen Leuten zusammen und fing sich wieder.
Nun ist sie also mit diesem Jan verheiratet? mutmaßte Judith weiter. Ja genau, aber ich habe sie seit langem nicht mehr gesehen, um nicht zu sagen schon seit Monaten. Das letzte Mal habe ich sie mit Jan zusammen im Oberbayern gesehen und da sah sie wieder sehr glücklich und gesund aus. Sie lächelte mir zu, aber ich habe nichts mehr davon.
Judith senkte den Blick und dachte nach. Diese Frau schien also nun keine ernsthafte Konkurrenz für sie zu sein, aber er nannte sie aus irgendeinem Grund Seelenverwandte ?! Sie hatte also eine sehr gewichtige Rolle in seinem bisherigen Leben gespielt und war nun aber unter der Haube.
Wie sie sich nun so unterhielten, merkten sie gar nicht, das die lange Bootsfahrt bereits um war...hatten sie doch den Schneegriesel, der den großen Fluß mit weißer Pracht von oben versorgte, gar nicht weiter beachtet.
Man kann wohl behaupten, das von diesem Tag an, das Leben der Beiden als gemeinsames Paar weiter lief.

9. Geheimnisvolle Botschaften

Judith führte schon bald eine feste Beziehung mit ihm und inzwischen war es Sommer geworden, da zog er sogar schon mit Judith und Wonneproppen in ihre Wohnung, welche sich ja nun in dem Haus ihrer Eltern befand.
Herr Brandt und auch seine Frau waren nun ganz entzückt von ihrem neuen potentiel len Schwiegersohn, der ganz anders als schon war, ein ruhiger und bescheidener Zeitgenosse, der seinem Beruf nachging, sich aber wie schon erwähnt durch keine besonderen Eigenschaften auszeichnete, ausser das er ein sehr solider Mensch ist. Was die Brandts aber nicht wussten und was auch Judith nicht wusste, war das er Zeit seines bisherigen Lebens gerne ausbrechen wollte....ausbrechen wollte aus jener Artigkeit seines bisherigen Seins. Vielleicht würde es ihm eines Tages so ergehen, das Judith, das nette Mädchen aus der Nachbarschaft ihm zu normal und langweilig würde, wenn er vielleicht bürgerliche Werte nicht mehr so achten würde.
Das aber war nun noch nicht der Fall. Aber dazu werden wir noch später kommen. Nun war also inzwischen Sommer geworden und Judith und ihr neuer Freund zogen zusammen: Viel Platz blieb ihnen beiden nicht zusammen mit Wonneproppen, d.h. es fehlte nicht an Zimmern, mehr war es die Grösse:
Ein Schlafzimmer, wo sich gerade eine Schrank und das Doppelbett der Beiden hinein zwenkte, dann war da die Wohnküche, die allerdings etwas grösser und geräumiger ausfiel (hier handelte es sich eher um einen Durchgang, an dessen Ende sich eine Sitzecke befand, wo auch gleichzeitig gegessen wurde. Neben der Sitzecke befand sich eine Nische, wo sehr geräumig wichtige Küchengeräte wie ein Herd und eine Spülmaschine samt Spüle untergebracht waren. Dann gab es natürlich noch ein Badezimmer, Wonneproppens kleines Kinderzimmer und ein kleines Büro, wo Judiths Freund Platz hatte. Dort stand auch sein PC mit Drucker und Modem, samt Playstation. Judith verstand von all diesen Dingen nicht wirklich etwas und es weckte auch gar nicht so ihr Interesse, was nicht hieß das Judith und er nicht gemeinsame Interessen hätten, nein das war überhaupt nicht so, aber er brauchte sein Arbeitszimmer für ein paar Stunden in der Woche, um von Judith, ihrer Familie und Wonneproppen abschalten zu können.
Seine sonstige Freizeit verbrachte er mit den Beiden: Oft gingen sie auf Spielplätze, fuhren nach Köln, wie auch ins Centro nach Oberhausen und in den Urlaub an die Nordsee, wo sie Sandburgen bauten.
Nun wohnte er bereits seit einigen Monaten in Judiths Wohnung, da bekam er eines Tages eine geheimnisvolle Nachricht, aber nicht auf dem Wege des alten Postweges, sondern auf dem virtuellen Weg durchs Internet. Nun mag man ja im Zeitalter der Email so etwas für nicht ungewöhnlich halten, aber es sollte etwas sein, was so nicht vorauszusehen war. Erst schien es eine ganz normale Spammail zu sein, so wie man sie oft bekommt....Werbeemails, wo mit Penisverlängerung und Viagra geworben wird, Emails, die aus Nigeria stammten und auf ein großes Vermögen hoffen ließen diese aber viel weder unter die eine Kategorie, noch unter die Andere.
Es war einer jener Tage vor Weihnachten, wo ihn diese Email erreichte:

Hallo Unbekannter,

Ich schreibe dir auf diesem Wege, da ich denke, das ich dir viel zu sagen habe.
Jetzt, wo ich dir das erste Mail schreibe, möchte ich unerkannt bleiben, aber der Tag, an dem du meine Identität kennen lernst wird kommen. Jetzt sind wir uns so unendlich fremd, doch gleichzeitig sind wir Freunde im Geiste uns so unendlich nah.
Du lebst heute in einer Welt, in der sich dein Herz nicht für die Freiheit entschieden hat. Du lebst heute in einer Welt, in der du nie stecken wolltest und doch schienst du wie geschaffen für diese Welt. Du wolltest nicht in dieser Welt leben, aber hattest doch dem äusseren Schein nach immer in diese Welt gestrebt, weil dein äusserer Teil vom Klischee her dieser Welt entsprach, in der du nun eingeschlossen bist.
Ich aber suchte die Freiheit, die dir soviel bedeutete, der du in deinem Inneren nach strebtest, die du aber nicht leben vermochtest oder nur in Ansätzen.
Ich aber beschloss die Freiheit in vollen Zügen aus zu leben und wurde schließlich dieser Freiheit überdrüssig. Ja, ich konnte mit dieser Freiheit nicht umgehen, da schien es für mich die Rettung zu sein dieser Freiheit zu entrinnen, denn der goldene Käfig erschien mir als Rettung. Und nun sitze ich in ihm und bin gefangen in einer Welt genauso wie du: Gefangen in einem sicheren Nest, aber ich kenne den Preis der Freiheit, du aber hast ihn nie richtig ausgekostet und doch sind wir Brüder im Geiste.

Gezeichnet

Die geheimnisvolle Nachtigall, die das Lied der Freiheit in ihrem goldenen Käfig trillert und dir diese Botschaft aussendet, damit du ihr den Schlüssel für den goldenden Käfig besorgst.

Wer war sie ? Diese geheimnisvolle Nachtigall ? Es mußte jemand sein, der ihn kannte oder zumindest gekannt hatte. Diese Email ließ ihn ein wenig aufhorchen und in sich gehen, denn nun dachte er das erste Mal über seine Beziehung mit Judith nach. Dabei war er im Grunde genommen gar nicht unglücklich, denn er hatte nun das gefunden, was er wollte, eine richtige Familie. Nun natürlich könnte er sich noch mehr in Sachen Liebe erhoffen, aber die Liebe zu Judith war alltagstauglich. Er genoß die Zeit mit ihnen und ging voll in dieser Aufgabe auf. Aber trotzdem war da etwas, was er nie wirklich erlebt hatte....es war das über das Limit gehen, es war das Leben auf der Überholspur, was ihn irgendwo reizte, aber wofür ihm die passende Sensibilität fehlte, dieses aus zu leben: Dabei mußte dieses ja gar nicht der Besuch im Swingerclub sein, wo Männer und Paare ihre frivolen Phantasien ausleben konnten oder es mußte auch nicht das Saufen bis zur Alkoholvergiftung sein, aber nie, wirklich nie war er an seine Grenzen gekommen.
Er war nicht fade, aber wohl definitiv ein Softie, für Judith mochte er der Mittelpunkt des Lebens sein, für ihre Freundin Camilla war er nur der Liebestöter, da er wenig Biss hatte . Er war nicht uninteressant und hatte durchaus Phantasie, für Wonneproppen hätte es keinen besseren Spielgefährten geben können, aber er keine halt nicht die Ausstrahlung von Männlichkeit und Gentleman, sondern war halt der nette Junge von nebenan, der perfekte Schwiegersohn, angepasst, ohne eigenes Profil.

10. Grauer Alltag und ein fröhliches Weihnachtsfest

Es waren inzwischen Wochen vergangen und es wurde Winter. Judith arbeitete nun erst einmal halbtags bei ihrem alten Arbeitgeber und ihre Eltern kümmerten sich um Wonneproppen, die nun bald schon in das Kindergartenalter kam. Judiths Freund hingegen fühlte sich seit ein paar Wochen irgendwie lustlos und seit der geheimnisvollen Email vor ein paar Wochen, war nun nichts mehr passiert, denn er hatte gar nicht auf die Email geantwortet vermutlich vermutete er insgeheim doch eine SpamMail, die gar nicht an ihn persönlich gerichtet war. Nun in der Weihnachtszeit galt es diese grosse innere Leere mit viel Freude zu fühlen, aber er schien irgendwie saftund kraftlos. Er fragte sich plötzlich, ob er doch an einer tieferen Depression litt, von der viele Menschen in ihrem Leben einmal erfaßt werden.
Warum war er nur unzufrieden ? So bediente er auch in seinem Beruf als Bibliothekar die Leute recht lustlos. Früher dagegen ging er richtig in den Werken auf, nach denen sich die Leute erkundigten. Er hatte früher viel gelesen, jetzt in letzter Zeit war er mehr mit dem PC beschäftigt, aber früher da verschlang er sogar Herr der Ringe, eine Trilogie mit insgesamt über 1500 Seiten, innerhalb von 2 oder 3 Wochen. Auch Judith und Wonneproppen schienen ihn nicht richtig glücklich machen zu können, dabei waren die 3 die vergangenen Monate superglücklich. Judith machte sich Vorwürfe, da er sich momentan fast von einem auf den anderen Tag zurück gezogen hatte.
Nun sollte man wissen, das er eher ein melancholischer Mensch war, der viel nach dachte aber das, was er bisher im Leben erreicht hatte. Er schien nun aber von einer ernsthaften Depression getroffen zu sein, die auch andere Mitmenschen nicht bessern konnten.
Nun kam Weihnachten und man konnte überall in Düsseldorf die bunten und traditionellen Weihnachtsmärkte erleben gerade noch schienen seit dem 11.11. die Jecken los zu sein, da wurde auch schon die fünfte Jahreszeit von den Weinachtsmärkten unterbrochen. An diesem einen Abend kurz vor Weihnachten, wo er gerade nach Haus kam, schien er sich zu besinnen. Er musste die glücklichen Momente, die jetzt anstanden nutzen. Er mußte sich selbst aus seiner tiefen Depression befreien, an der er seit 2 Wochen litt.
Und wie es an diesem Abend so war, so ließ er sich kurz vor dem PC nieder und da war sie wieder: Eine geheimnisvolle Nachricht in seiner Emailbox....diesmal war sie allerdings detailierter und auch persönlicher gestaltet:

Lieber Unbekannter,

Ich hatte dir vor einiger Zeit eine Email gesendet, habe vergebens auf eine Antwort von dir gewartet. Leider sitze ich immer noch im goldenen Käfig und der Schlüssel zu meinem Glück schien für immer verloren, denn ich gehe durch diesen ewigen Alltagstrott, nur jetzt zu Weihnachten scheinen die Lichter für mich ein wenig heller zu leuchten, zumindest oberflächlich gesehen.
Ich möchte mich diesmal konkreter ausdrücken, denn ich nehme an, das du meine letzte Email vielleicht für eine Spammail hieltest und sie so gleich wieder gelöscht hattest.
Nun, ich könnte dich ja mit direktem Namen anreden, aber ich möchte das nicht, nicht jetzt, sondern erst wenn ich dich von Angesicht zu Angesicht sehen kann. Schlag mir einen Treffpunkt vor, wo wir uns treffen könnten.
Dabei fällt mir das Nachtsanggeläut zu Weinachten von der Bilker Kirche ein, erinnerst du dich daran ?

Die geheimnisvolle Nachtigall

Er wußte, was sie mit dem Nachtsanggeläut meinte, denn es war das Geläut an Heilig Abend, wo die Bilker Kirche um Mitternacht ein Glockengeläut, das bis zur Altstadt drang, läutete.
Jetzt aber war er plötzlich ein wenig erheitert und ließ es sich sogar nicht nehmen mit Judith und Wonneproppen das erste Schneetreiben auf dem Weihnachtsmarkt und in der Altstadt zu beobachten, auch vielen jetzt wo es Abend war die ersten Schneeflocken in den Rhein, wie vor 9 Monaten als er Judith kennenlernte.
Judith war so froh, das sie nun zu Dritt durch den ersten Schnee tanzten, während die Autos auf den befahrenen Strassen der Innenstadt durch den Schnee fast nicht voran kamen, hatte doch der Winter dieses Jahr erst eine Woche vor Weihnachten eingesetzt.
Wonneproppen starrte verwundert auf die vielen Leute, die über den Weihnachtsmarkt schlenderten, vom Duft der frischen Lebkuchenherzen und duftenden Kartoffelpuffer angezogen. Ein Drehorgelkastenmann hatte es der kleinen Wonneproppen besonders angetan, denn so etwas hatte sie noch nicht gesehen in ihrem kurzen Leben, was mittlerweile 3 Jahre währte. So fragte Judiths Freund den Mann mit der Drehorgel, ob Wonneproppen nicht einmal auch an der Kurbel drehen durfte und wie so ein Leierkastenmann so ein kleines Kind sieht, das man zum Fressen gern haben muß, da nahm er das Kind auf den Arm, so das es mit seinen kleinen Händen die Kurbel des Leierkastens erreichen konnte. So kurbelte Wonneproppen mit voller Wucht und Energie Stille Nacht, heilige Nacht..... , das die Leute sich verdutzt umschauten.
Einen Augenblick waren die Gedanken von Judiths Freund bei Wonneproppen, dann aber erinnerte ihn die Musik an das Nachtsanggeläut der Bilker Kirche. Er wollte es sich nicht nehmen lassen, um dort auf die geheimnisvolle Nachtigall zu warten.
Vergnügt marschierten sie wie im Gänsemarsch zurück und da waren sie wieder wie eine kleine Familie. Zuhause war der Tannenbaum schon aufgestellt und die Lichtersterne trugen ihre unterschiedlichen Lichtsignale in die dunkle Nacht hinaus.
Heilig Abend, ein paar Tage später, wurde für Wonneproppen zu einem unvergesslichen Erlebnis und auch Judith würde diese Weihnachten in guter Erinnerung behaltet, auf was da immer kommen mochte. Würde das kommende Jahr grosses Unheil über die kleine Familie bringen ?
Jetzt war daran gar nicht zu denken, denn auch ihr Freund war äusserst vergnügt, wo er doch bald ein Doppelleben plante, was ihn raus reissen sollte aus dem Trott einer bürgerlichen Kleinfamilie. Das aber ist eine andere Geschichte. Vielleicht würde es ja doch ganz anders sein, denn im Grunde seines Herzens wäre ihm ein Doppelleben gar nicht recht, aber er war fest entschlossen die geheimnisvolle Nachtigall kennen zu lernen.
Heilig Abend würde mit der ganzen Familie gefeiert, sprich in diesem Fall auch mit Herrn und Frau Brandt, dann natürlich Judith, ihr Freund und die kleine Wonneproppen.
Herr Brandt war es sehr ernst, das Wonneproppen auch alte Traditionen kennen lernen sollte. So sangen sie Stille Nacht, heilige Nacht . Hier am Stadtrand von Düsseldorf konnte man sich das sehr gut vorstellen, denn welch ein seltener Zufall das diese Weihnacht in Deutschland sehr schneereich ausfiel. Frau Brandt spielte auf dem Klavier, welches im Wohnzimmer stand, Judith holte die Klarinette heraus und dann wurde musiziert. Danach ging es in den Schnee zu einem Abendspaziergang, die Wolken leuchteten hell, weil sie den Schnee reflektierten.
Ja und Judiths Freund tat so, als würde er von weiten den Weihnachtsmann mit seinen Rentieren hören, wie sie mit Glocken durch den Schnee trabten. Dazu entfernte er sich etwas und bewegte eine Rassel mit vielen Schellen daran, so das es sich wirklich wie ein Schlittengespann vom Weihnachtsmann anhörte.
Wonneproppen sah überrascht in seine Richtung, konnte aber den Weihnachtsmann nur hören....wo war er nur ? War er schon zum Himmel aufgestiegen.
Judiths Freund erzählte Wonneproppen, das der Weihnachtsmann gar nicht weit von Düsseldorf entfernt wohnte, denn er hätte ein Winterquartier im Sauerland aufgeschlagen, um Deutschland besser mit Geschenken zu versorgen. Danach ging es in die gute Wohnstube und Judiths Freund führte Wonneproppen zum Kamin hin, der nun knisterte und flackerte. Alles Licht war erloschen, nur die Kerzen des Weihnachtsbaumes und des Feuers im Kamin erleuchtete den Raum. Da lagen neben dem Kamin Wonneproppens Geschenke. Wonneproppen freute sich sehr und konnte es gar nicht abwarten die Geschenke zu öffnen, die sorgfältig verpackt waren. Da gab es unter anderem ein Hörspiel vom Räuber Hotzenplotz, der so wie Judiths Freund Wonneproppen erzählte, da draussen im Wald vor Düsseldorf in einer Höhle Weihnachten feierte und um ein Feuer tanzte. Wo es einen schönen Gänsebraten gab, von einer Gans, die er aus einem Gatter am Rande der Stadt geklaut hatte.
Wonneproppen konnte gar nicht genug bekommen von diesen Räuber und Weihnachtsgeschichten. Dazu bekam sie ein Puppenhaus, was ihr der Opa gebastelt hatte, denn sie sollte nicht mit irgendwelchem neu modischen Kram spielen, den es ja schon in den 80ger Jahren zu genüge gab, als Judith noch Kind war. Bald darauf gab es noch ein Weihnachtsessen, das schon zu Heilig Abend serviert wurde, da an den kommenden Tagen Verwandtenbesuche anstanden. Dabei gab es klassisch zu Weihnachten eine gefüllte Gans mit Rohlkohl und Kartoffelklössen, ein Essen wie beim Räuber Hotzenplotz.
Dann als es auf Mitternacht zu ging, hatte es Judiths Freund doch plötzlich eilig. Er wollte noch an die frische Luft und das Alleine, aber er wäre in einer Stunde wieder da. Wenn er sich da nicht verkalkulierte, denn die Strassenbahn hatte Probleme durch das Schneechaos zu kommen. Manche Strecken wurde an diesem Abend nicht befahren. Das gleiche galt auch für den Autoverkehr.
So brauchte Judiths Freund schon fast eine geschlagene Stunde, um bis zur Bilker Kirche zu gelangen. Mitternacht war inzwischen schon vorbei und das Nachtsanggeläut auch. Aber in der Kirche war noch Licht, da die Christvesper an diesem Abend gerade vorbei war und die Menschen noch viele Kerzen aufgesetzt hatten um vor dem Altar zur Ruhe zu kommen. Ausserdem stand dort eine Krippe, die aus kunstvollen historischen Figuren bestand, die vor langer Zeit noch in mühseliger Handarbeit geschnitzt worden waren. Im Hintergrund ertönte eine leise Weihnachtsmusik, die aus Posaunenkonzerten bestand.
Er schaute sich in der Kirche um, aber es war nichts auffälliges zu sehen...wo war sie nur die geheimnisvolle Nachtigall ? Da sah er doch eine Frau mit langen schwarzen Haaren in einem eleganten Mantel die Empore hoch huschen. Potzblitz dachte er nun. Es war jemand, den er nie ganz aus seinem Herzen verband hatte....sie mußte es sein, da gab es keinen Zweifel, auch wenn er ihre Gestalt nur von hinten sah. So lief auch er die Empore hinauf und sah nun auf das Krippenspiel herab. Hier oben waren sonst keine Leute anwesend....nur diese geheimnisvolle Gestalt und er.
Dann erblickte sie ihn....ja sie war es, seine Exfreundin !
Sie war ganz aufgeregt und konnte ihr Glück gar nicht fassen...sogleich umarmte sie ihn mit fast erdrückender Kraft. Wie kam es bloß, das er jetzt für sie eine solche Anziehungskraft hatte ? Denn man merkte es, wie es in diesem Augenblick funken schlug, denn die beiden hatten sich neu ineinander verliebt. Sie erzählte ihm von der Zeit, nachdem sie geheiratet hatte: Weißt du damals hatte ich viele Dummheiten begangen...hatte Drogen konsumiert und war z.T. richtig abgesagt, nur mein enorme Willenskraft liessen es zu, das die Drogen nicht letztendlich Herr über mich wurden. Aber dazu bedurfte es der Kraft, die mein damaliger Freund mir in der Zeit gab. Ich hatte einen komischen Freundeskreis gefunden, von dem er mich wegholte. Er wusste nicht wirklich wie schlimm es um mich stand, aber irgendwie merkte er es. Wir liebten uns und ich konnte mein Jura Studium beenden, ja und dann heirateten wir. Das erzählte ich dir ja.
Traurig schaute er auf: Ja, allerdings das erzähltest du mir. Und um ehrlich zu sein, so war auch ich damals kurz dabei. Ich hatte damals von der Hochzeit erfahren, danach hatten wir uns kurz noch einmal gesehen und uns für immer aus den Augen verloren.
Dann schaute sie ihn erstaunt an: Was, du warst bei meiner Hochzeit ?
Schüchtern schaute er sie an: Ja, ich ähm, war bei deiner Hochzeit....schaute kurz in die Kirche, als ihr gerade kirchliche Trauung hatte, aber mir wurde dabei ganz komisch und ich fühlte einen tiefen Schmerz in mir.
Verwundert schaute sie ihn an und lachte dann aber laut los. Dann flüsterte sie ihm ins Ohr: Sei beruhigt, die Welt hat sich gedreht...seitdem sind nun wieder 2 Jahre vergangen und ich bin schon lange mit ihm nicht mehr glücklich. Die erste Zeit waren wir ein Herz und eine Seele....er ist so ein Mann, der sich sehr gut anzieht und gepflegt ist, ein typischer Banker. Erst zeigte er auch seine romantische und warme Seite, nun aber geht er immer mehr auf Reisen und unsere Gemeinsamkeiten scheinen dahin zu schmelzen, denn ich lege zwar Wert auf Eleganz, aber er ist in der Geschäftswelt heimisch und ich quäle mich durch Aktenordner um Verteidiger zu spielen für zum Teil ganz üble Leute. Das sind Welten, die nur oberflächlich zusammenpassen. Wir leben heute ein Leben, was den Ausdruck des Goldenen Käfig schon sehr gut umschreibt, denn er ist kaum noch da und ich finde am Wochenende nicht mehr die Freiheit, die ich früher hatte, denn meine Freunde von früher habe ich alle verloren und er amüsiert sich mit anderen Damen. Dann erzählte er ihr, das er nun auch seit einigen Monaten in einer Beziehung lebte und das diese allerdings nicht der goldene Käfig wäre, aber er würde doch den gewissen Biss vermiessen, der das Leben spannender macht. Er hatte nun schliesslich eine Freundin, die alltagstauglich zu ihm paßte, die die kleinen Dinge zu schätzen wußte, aber sie würde nie das Abenteuer Leben suchen und lebte behütet im Haus ihrer Eltern mit ihm und Wonneproppen.
Weißt du, so stellte sie fest. Ich habe mich so nach dir gesehnt. Ich weiß zwar, das du im Grunde genommen ein braver junger Mann bist, aber ich konnte dich begeistern....wir zogen zusammen durchs Nachtleben, du eher als Beobachter, als Bodyguard und ich tanzte währenddessen auf den Tischen, aber du warst mir stehts ein loyaler Freund, jemand der mich beruhigte, wenn ich durchdrehte, mein Ruhepol und meine Tankstelle , die mir die Energie gab nicht zu übertreiben. Mein Bruder, mein Kompanion, mein Begleiter und Liebhaber. Du warst immer sehr zärtlich zu mir und hattest mir auch meine kleinen sexuellen Abenteuer verziehen, die ich wollte, weil du mir manchmal zu langweilig erschienst. Jetzt aber weiß ich erst, wie sehr ich dich vermisst hatte.
Dann schaute er sie ein wenig mit ungläubiger Miene an: Nun, ich bin nicht ganz glücklich und du bist nicht ganz glücklich. Und doch habe ich da jemanden, den ich ja vor nicht allzu langer Zeit leben und lieben gelernt habe....ich möchte ihr noch nicht gleich Lebewohl sagen. Ich brauche Zeit, um mich von ihr zu trennen. Wir sollten uns erst einmal heimlich treffen, dann können wir langsam unsere Liebe wieder aufblühen lassen....
Zugleich verfinsterte sich etwas ihr Gesicht: Langsam, langsam, so warst du immer oft, der Zweifler, aber ich möchte nicht mehr warten, sondern ich möchte mit dir zusammen sein. Es war schon schwierig genug deine Email herauszubekommen. Mensch wach auf, das hier ist das Leben. Du wirst schon rechtzeitig den Absprung finden. Wage mal endlich etwas....wage das Leben..... Klar würde sie verletzt sein, aber sie ist so wie du, wie du mir erzählst und Gegensätze wie du und ich ziehen sich nun einmal an........... Aber zugleich beruhigte sie sich auch wieder und überlegte einen Augenblick. Ok, es ist schön, das wir überhaupt wieder zusammen kommen, denn es war doch verdammt schwer in dieser großen verdammten Stadt überhaupt herauszubekommen, wo du wohnst, wo doch dein Name nicht im Telefonbuch steht und ich auch nicht wußte, ob du nicht schon längst Düsseldorf verlassen hattest. Wir werden es langsam angehen...vielleicht hast du recht, denn es wäre schade jetzt plötzlich etwas zu überstürzen und alles kaputt machen, was in mühevoller Kleinarbeit gerade zusammengeführt wird.

11. Karussell der Gefühle

Es wurde auf der einen Seite ein wunderschöner Winter für ihn, auf der anderen Seite müßte er immer mit der Angst leben müssen, das sein Doppelleben, was er gerade zu beginnen führte, entdeckt werden könnte.
Judith war jetzt nach Weihnachten froher Laune, denn ihr Freund war es ja nun auch. Er versuchte die Augenblicke mit Judith intensiv zu geniessen, dann aber dafür auch sonst zurückgezogen hinter seinem PC verweilen um seine Gedanken ordnen zu können. So bekam Judith nicht das Gefühl, das seine Gefühle für sie schwinden würden, wobei er sie immer mehr als eine Art Hausmütterchen sah. Seine Exfreundin traf er vor allen Dingen in der Bilker Kirche, denn die Kirche war die meiste Zeit des Tages geöffnet und auf der Empore konnte man sich gut zurück ziehen. Das traf genau den Geschmack seiner Exfreundin, denn sie liebte das Barocke und das Mittelalter, wo sonst konnte sie es in Düsseldorf finden, wenn nicht hier. Jetzt war es wieder Winter und er mochte es, sie in ihren stets schwarzen und eleganten Kleidern und ihrem langen Mantel in die Kirche kommen zu sehen wie ein schwarzer Wirbelwind, sodaß auch der Küster der Kirche langsam wußte, wann sie auftauchte. Hatten sie sich mal verpaßt, dann musste er einfach den Küster fragen, der sonst für sakrale Dienste zuständig war, nun aber geheimnisvoller Eingeweihter in eine verhängnisvolle Affäre.
Eines Tages im Spätwinter kam Judiths Freund wieder in die Kirche , draussen war es bereits dunkel, aber alles schien schon auf den Frühling zu warten. Da lief er tatsächlich wieder in die Arme des frommen Kirchendieners, der wohl ein guter Protestant war, aber nicht so moralisch, das man sagen konnte, er sei allem weltlichen fern. Diesmal allerdings sprach er Judiths Freund ins Gewissen:
Laß uns doch mal bitte reden, so von Freund zu Freund. Ich habe mich oft schon mit deiner Freundin unterhalten und sie erzählte mir offen, das ihr Euch hier trefft, weil ihr beide gebunden seid. Es ist nicht meine Angelegenheit mich da einzumischen, aber vielleicht kann ich Euch mit gutem Rat zur Seite stehen. Ich habe glaube ich heute die besagte Judith mit Wonneproppen hier in der Kirche gesehen. Vielleicht war sie es auch nicht, aber du hattest sie mir mal beschrieben.
Du mußt nun wissen, wo dich deine Liebe hinführt. Nur sei gewiss, das ihr beide 2 völlig unterschiedliche Menschen seid, die sich in ihrer Kindheit und Jugend sicherlich gut ergänzten als Freunde, aber als Partner seid ihr doch schon mal auf die Schnauze gefallen. Du musst auf dein Herz hören....manchmal erscheinen die Partner, die wir lieben und die zumindest zu uns passen und uns treue Gefährten sind als langweilig. Da ist es wichtig neue Ideen zu entwickeln.
Judiths Freund überlegte kurz, was er sagen sollte, aber ihm fiel nicht viel dazu ein und er fragte nur, ob sie denn schon hier sei. Der Kirchendiener verwies auf die Empore, das er dort eine schwarze Gestalt hatte empor huschen sehen, konnte aber nicht genau sagen, ob sie es war, aber da sich nicht so viele Gothics in die Kirche verirrten, mochte sie es wohl gewesen sein.
Dann stieg er über eine Treppe zur Empore hinauf, aber sie war nicht zu sehen...So blickte er über das Geländer der Empore, aber auch im unteren Kirchenschiff war sie nirgendwo zu sehen. Da sah er eine schwarze Gestalt am anderen Ende der Kirche hinter der Orgel. Nur mit Mühe erkannte er ihr Gesicht, da die beiden viele Meter trennten. Aber anstatt, das sie auf ihn zu ging, denn sie hatte ihn nun auch bemerkt, winkte sie ihn zu sich. So schritt er also die Empore entlang bis er an der Seite der Kirche angelangt war, wo die Orgel den Platz einnahm. Sie befand sich oberhalb des Einganges und bestand aus gewalten Röhren und Pfeifen.
Hinter der Orgel befand sich ein grosser Raum, wo normalerweise ein Chor oder Posaunenorchester aufhalten konnte. Er betrat diesen Raum, sah nun aber, wie sie durch eine weitere Tür Richtung Kirchenturm lief. Er hinterher. Leider konnte er nur noch hören, wie sie die Treppen, die zum Turm führten hinauf eilte. Sehen allerdings konnte er sie nicht ! Aber er eilte ihr hinterher. Sie kam er zu der Turmtür, die offen war und er spürte den eisigen Wind, der nun durch die Tür hinein kam. Dann sah er sie, denn weiter ging es erst einmal nicht d.h. weiter ging es schon, aber dazu hätte sie eine steile Leiter heraufsteigen müssen in den Klockenturm. Das Turmzimmer war zu allen Seiten mit Lucken versehen, die nun offen standen, so das man einen guten Blick auf das nächtliche Düsseldorf hatte.
Es war ein Raum, der ein Art Halbkreis bildete, denn er wurde ja durch eine Wand von dem Treppenhaus getrennt, wo man in den Kirchturm emporstieg. Sie schaute durch eine Lucke nach draussen und ihr schwarzes Haar wehte im Wind. Sie schaute mich dabei gar nicht an, sondern nach draußen auf die Lichter der Stadt.
Sag mal, wo wohnt ihr eigentlich ? fragte sie mich und ich schaute verblüfft ihre schwarze Silhouette an. Dann ging er zum Fenster und blickte ihr in die Augen, die in der Dunkelheit wie kleine Diamanten funkelten, so jedenfalls kam es ihm vor. Er schaute durch die Lucke in die Richtungen, die er konnte, welche da waren Norden und Osten. Der Blick in den Süd und Westteil der Stadt allerdings blieb ihm vorenthalten, denn der Kirchturm besaß nur auf dieser Seite eine Lucke. Also das muß mehr im Süden der Stadt sein in einer Gegend, wo es viele Ein-Familienhäuser gibt, aber ich kann jetzt diese Gegend dir nicht zeigen, weil ja die Lücke in genau die andere Richtung zeigt. Wir können auch gar nicht den Rhein sehen, der sich ja westlich an uns vorbei schlängelt. Schade, aber jetzt sieht man eh nicht viel, erklärte er ihr.
Wieso, also ich sehe genug und dahinten, schau mal da sieht man auch den Rhein, wie er sich von Westen nach Norden schlängelt, dort wo der Fluß doch so eine Biegung macht.....Du mußt nur richtig schauen. Schau mal da hinten, aber das sieht man nicht mehr so gut....da im Norden der Stadt in der Nähe des Flughafens....da wohne ich mit meinem Mann...fast schon Richtung Ratingen, sagte sie und führte seinen Kopf in jene Richtung. Zugleich umschlang sie mit ihren zarten Händen seinen Hals und fühlte wie sein Herz anfing zu pochen. Dann führte sie ihre Lippen zu seinen hin und schob ihre Zunge flink wie eine Schlange in seinen offenen Mund und sogleich entfesselte sie in ihm die Leidenschaft, die er sonst in Judiths Gegenwart nicht zeigen konnte, was nicht hieß, das die Beiden keine Zärtlichkeiten austauschten, aber sie waren mit nicht soviel Leidenschaft sondern mehr ein wenig schüchtern....es waren mehr die zarten Küsse, aber nicht die verbale Vollerotik und die hemmungslose Leidenschaft, die nun in ihm entflammt war. Er zog an ihren Kleidern und trotz des kalten Windes der nun aufkam, verspürte er eine ungeheure Körperwärme, da sich ihre Körper nun wie wild aneinander rieben. Sie waren so wild aufeinander fixiert, das sie es auf dem Boden trieben ohne allerdings so klug zu sein ein Kondom zu benutzen, doch was an diesem Abend entstand sollte die Krönung sein, die Krönung ihrer Liebe. Doch zu dieser Zeit war das nicht bekannt und schaurig schön war dieses Erlebnis für sie beide, denn der Wind knarrte an den Luken des Turmes und es war sehr unheimlich und beide bissen sich mit zärtlichen Liebesbissen wie Vampire, die grossen nächtlichen Flattermänner der Lüfte, doch stattdessen hörte man draussen das unheimliche Gekrächze von Krähen, die über die Stadt flogen, wie in einem verhängnisvollen Schauermärchen von Alfred Hitchcock.
Im gleichen Augenblick, wo sie zum Orgasmus kamen ertönte die Glocke Schlag 8 und es würden nun die Tore der Kirche geschlossen, denn der Küster schloß um Punkt Acht Uhr die Kirche ab.
Und tatsächlich so war es dann auch, denn der Küster war davon ausgegangen, das die Beiden schon lange die Kirche verlassen hätten und so löschte er unten in dem großen Kirchenschiff das Licht und schloß mit dem grossen Schlüssel die Haupttür ab. Schnell zogen sie sich an und liefen den Kirchenturm hinunter, aber es war schon zu spät, denn der Küster hatte gerade auch die Alarmanlage betätigt und war durch eine Seitentür aus der Kirche geschritten er war bereits 100 m von dem Kirchentor entfernt als sie im Stockdunkeln das Kirchenportal erreichten.
Würden sie nun also versuchen die Tür aufzubekommen, würde dieses bei der nächsten Polizeistation Alarm auslösen. Nun war guter Rat teuer ! Wie sollten sie nun die Kirche verlassen können ohne Aufsehen zu erregen ?
Judiths Freund blickte nochmals durch die Luke und sah die Lichter der Stadt...Ihm wurde ganz schummrig vor Augen als er in die Tiefe blickte und der kalte Nordwind ihn ins Gesicht blies. Da aber sah er, was ihm nicht so richtig aufgefallen war, das die Kirche mit einem Baugerüst umgeben war, denn der Turm musste an den Seiten neu restauriert werden, da der Turm Steinfresken besaß, die seit über 200 Jahren ständig der Witterung ausgesetzt waren. So befand sich tatsächlich bis auf der Höhe der Steinfresquen ein Gerüst, aber damit war das Problem noch nicht gelöst, denn die Steinfresquen befanden sich immer noch 5 Meter unterhalb der Luke. Bis dahin mußten sich die beiden am Turm herunterhangeln.
Gesagt, getan und so fanden die Beiden im Vorraum des Turmzimmers noch ein geeignetes Seil, welches ursprünglich wohl für die Glocken gedacht war. Es schien schon alt zu sein, aber es war wohl die einzigste Möglichkeit für die Beiden aus der Kirche zu entkommen.
Sie befestigten das Seil an einem Haken und kletterten mühsam durch die Luke, in welcher sie beide fast stecken blieben. Da sie aber beide nicht gerade vollschlank waren (sie hatte wohlgemerkt einen üppigen Vorbau, der ihr die Tour fast vermasselt hätte, aber geschmeidig wie eine Katze konnte sie sich durch die Luke manövrieren), schafften sie es doch durch die Luke zu entkommen. Im Abstand von einigen Minuten dann kamen sie auf der obersten Plattform des Gerüstes an.
Was nun allerdings auffallen würde, war das Seil, welches nun herunter hing, aber darüber machten sie sich jetzt keine Gedanken mehr und wollten nur noch nach unten. Das Gerüst bestand aus 6 oder 7 Etagen, ehe man wieder auf dem Boden der Tatsachen war.
Es war inzwischen so spät geworden, das nun kein Bus oder keine Straßenbahn mehr nach Hause fuhr. Er fror und sie bot ihm an mit in ihr Haus zu kommen, denn ihr Göttergatte war ja nicht da und sie konnte sich dort nun austoben, wie sie wollte. Ein schlechtes Gewissen hatte er schon und was für ein schlechtes Gewissen. So wollte er seiner Freundin zumindest eine SMS da lassen, damit sie sich nicht noch sorge, wo er denn die Nacht verbringe.
Nur wo sollte er die Nacht verbringen ?
Wie sollte die Wahrheit lauten ? Oder die Lüge ?
Er musste sich etwas einfallen
lassen und ja, er würde ihr von den schlechten Wetterbedingungen erzählen und das er nun bei einem Freund übernachtet hatte, da dort der Weg hin viel näher war. So verließen die Gegend und fanden bei ihr Unterschlumpf. Die Gegend schien mit klotzigen und prunkvollen Häusern verbaut zu sein. Im Dämmerlicht der Laternen nahm man nur deren Silhouetten war, wobei die meisten Häuser erst in den vergangenen Jahren gebaut worden waren. Es waren die Häuser der Neureichen, der Düsseldorfer Schickeria.
Sie fuhr mit ihrem schwarzen Cabriolet auf einen Hof, wo sich das Garagentor automatisch öffnete. Es war keine kleine Garage, sondern ein dicker Geländewagen hatte dort ebenfalls Platz. So stiegen sie also aus und betraten durch einen Seiteneingang das mondäne Haus. Das Haus war innen und aussen in Weiß gehalten, so das es farblich eine Opposition zu ihren Kleidern bildete. Dafür allerdings war ihr Zimmer dunkel gehalten, denn sie hob sich von dem weißen Geschmack ab. Hier hielten zwar nicht unbedingt schwarz, aber doch dunklere Farben wie violett und verschiedene Brauntöne Einlass. Es war ihr Zimmer und nun verstand er, das die beiden Eheleute sich nicht mehr viel zu sagen hatten, denn er lebte in seiner Welt der Banken, so aber war sich äußerlich treu geblieben und auch der GothicSzene. Ihr Raum wirkte ein wenig mittelalterlich und war mit Kerzenständern geschmückt. Der Raum besaß einen längeren Tisch, an dem 6 Stühle standen, die allesamt als reich verzierte Schmuckstücke früherer Jahrhunderte erschienen. Am anderen Ende des Raumes stand ein klassisches Himmelbett mit schweren Vorhängen. Schwere Vorhänge in violetten Farben wiesen auch nur wenig Tageslicht in den Raum, welches jetzt durch das Fenster schien.
Ausserdem befanden sich im Raum eine geräumige Kommode mit einem Spiegel wie aus Schneewitchen und die 7 Zwerge und dann gab es da noch ein sehr schönes Gemälde einer mittelalterlichen Burg aus Transilvanien. Das ist meine Welt, gab sie nun freimütig zu. Ich liebe die Nacht, die Dunkelheit, mittelalterliche Motive und Bauten, Kleidung mit Klasse und Stil, so wie sie im Mittelalter oder im Zeitalter der Romantik getragen wurden, mit Satanismus hat das hier nicht wirklich etwas zu tun.
Ich weiß, entgegnete er. Du hattest immer schon deinen eigenen Stil und eine Eleganz, die ich sehr bewunderte. Früher da haben wir doch auch viel Ritter und Burgfräulein gespielt, so kurz bevor wir in die Pubertät kamen und hinterher spielten wir dann nicht nur, sondern schritten zur Tat. Das mit dem Burgfräulein hast du wohl verinnerlicht. Ich würde gerne dein tapferer Rittersmann sein, aber du weißt, ich bin nun bis in dein Schloss vorgedrungen, wenn da nicht dein böser Ehegatte wäre. Dann lachte sie laut: Nun, weißt du was man mit den bösen Grafen dieses Schlosses anstellt, man sperrt sie in den tiefsten Keller oder mauert sie ein.
Ernst sah er sie an: Nun deinen Göttergatten wirst du doch wohl weder einmauern noch in den tiefsten Kerker schicken.
Nein, aber hinaus jagen wäre die passende Lösung, denn er ist es nicht wert, das er hier noch lebt. Erstens ist er kaum da und feiert mit irgendwelchen billigen Schicki Micki Tussis a la Paris Hilton und wenn er dann mal da ist, dann ist er nur mit seinem Handy beschäftigt, behauptete sie.
Nun, ich bin ein Mensch, der niemanden vor verurteilen möchte. Da ist es besser ihn mal gesehen zu haben, entgegnete er.
Ha, das ich nicht lache, erwiderte sie spöttisch. Er flirtet zwar wie wild mit anderen Frauen, hat keine Zeit mehr für mich, nimmt nicht mehr an meinem Leben teil, aber wäre rasend vor Eifersucht, wenn er mich hier mit dir sehen würde.

12. Zeit der Lügen

So wütend hatte er Judith noch nie gesehen, seit sie sich kennen gelernt hatten und er konnte sich auf ein gewaltiges Donnerwetter gefasst machen. Eine SMS hatte sie mitten in der Nacht erhalten, wo er ihr schrieb, dass er bei einem Kumpel übernachtete.
Nun am anderen Morgen, der nun schon langsam in den Mittag überging, stand er durchnächtigt vor ihrer Wohnungstür und bat um Einlass, da er auch offensichtlich seinen Schlüssel verlegt hatte. Ein alter Kumpel namens Jan sei es gewesen, welchen er am gestrigen Tag im Oberbayern getroffen hatte und nach langen Jahren ihm die längste Theke der Welt präsentierte. Dieser Jan war bei Freunden zu Besuch und kannte Düsseldorf noch gar nicht und so übernachtete Judiths Freund auch bei diesen, um seinen Rausch auszuschlafen. Jan kannte er noch aus der Schulzeit. Dabei wurde Judith argwöhnisch, denn wie konnte dieser Jan Düsseldorf nicht kennen, war aber mit ihrem Freund zur Schule gegangen, welcher ja in Düsseldorf aufgewachsen war: Das machte die sonst so besonnene Judith so fuchsteufelswild.
Warum nur fühlte sie sich nun plötzlich wieder an ihren alten Freund Jonny erinnert, wo er und ihr Freund doch völlig unterschiedliche Menschen waren.
Im Laufe des Nachmittages beruhigte sich Judith wieder als ihr Freund plötzlich mit einigen Schneeglöckchen ankam, denn das fand sie wirklich niedlich und orginell, während er seiner Gefühle nicht sicher war und nicht genau wusste, wohin ihn das Ganze bringen würde.
Am Abend dann befand sich Judith wieder bester Laune und wollte von nun an ihrem Liebling zeigen, dass auch sie mehr ist als nur ein Hausmütterchen. Ich weiss nicht genau, wo du die letzte Nacht warst, aber ich nehme an, dass du bei einem Freund warst der Jan hiess, auch wenn es mir ein wenig komisch erscheint, das er Düsseldorf nicht kennt, wo er doch hier mit dir aufgewachsen ist, sprach sie ihn an, ohne ihn in Verlegenheit bringen zu wollen. Doch er, des Lügens nicht sonderlich mächtig und geschickt, stammelte darauf etwas davon, dass dieser Jan schon früh von Düsseldorf weg gezogen war und seitdem keinen Schritt mehr in diese Stadt gesetzt hatte. Er kannte Düsseldorf ja nur aus Kindertagen und nicht aus der Sicht eines Erwachsenen .
Nun, gab er zu. Ich zeigte ihm also unsere Kneipenmeile und die ähmm Bistros und Cafes, überall dort wo er als Kind und Jugendlicher noch nicht rein kam.....
Sagtest du als Kind und Jugendlicher ? fragte sie noch einmal schelmisch nach.
Also soviel ich weiss, dürfen Kinder und Jugendliche wohl auch Cafes betreten....du meintest wohl eher diverse Nachtclubs......?!
Nein, nein, nicht diese Art von Nachtclubs, sondern wo wir uns doch auch kennen lernten......so halt die üblichen Discos in der Altstadt....., fuhr er fort. Damit war das Thema nun gegessen und sollte auch die kommenden Tage nicht wieder aufgewärmt werden.
Der Abend wurde für die beiden ein wunderbares Erlebnis, denn nachdem nun Judith mehr als eine halbe Stunde im Bad verschwunden war, da wurde er doch langsam neugierig und ungeduldig und klopfte an. Einen Moment noch, antworte sie ihm leise durch die Badezimmertür. Dann zog sie vorsichtig die Tür auf und bat ihn seine Augen zu schliessen.
Er stackste mit geschlossenen Augen vorsichtig und mit kleinen Tippelschritten ins Bad hinein. Nun öffnete er seine Augen und glaubte kaum, was er sah: Vor ihm stand eine Frau mit feiner Spitzenwäsche und hochgestecktem Haar und nahm seine Hand um ihn zur Badewanne zu entführen. Komm, bat sie ihn lasziv und bestimmt. Komm und lass mich dich ins Badewasser geleitet. Und er sah wie rund um die Badewanne ein Meer von Kerzen ausgebreitet da stand, die ihn nun doch sehr an die vielen kleinen Teelichter in der Bilker Kirche erinnerten: Auch diese bestanden aus Teelichtern, da höhere Kerzen oder gar Kerzenständer für ein Sicherheitsrisiko bei der Dichte der Kerzen dargestellt hätten.
Auf jeden Fall leuchteten die Kerzen in den beiden Spiegeln, die sich im Bad befanden. Diese beiden Spiegel waren jeweils einander gegenüber angebracht und so ging der Strahl der Kerzen bis ins Unendliche, so als wären hinter den Spiegeln unendlich viel Zimmer mit den Kerzen.
Dann schlung er seine Arme um ihre Hüfte und sie blickten in den Spiegel und so standen sie dann, bewunderten ihre Doubles im Spiegel, die sich auch umarmten. Dann zog er langsam an ihrem Slip, ließ ihn auf den Boden fallen und zog des weiteren auch an ihrem BH mit weissen Spitzen. Er selber konnte es auch kaum aushalten und wäre fast mit seinen gesamten Kleidern mit ihr in die Badewanne gesprungen.
Doch ganz so hemmungslos verhielt er sich dann doch nicht und geleitete sie langsam in die Badewanne. Beide versanken langsam in den warmen Fluten von duftendem Lavendelwasser, dann nahmen sie mit ihren Beinen eine für sie angenehme Stellung ein und sein Penis bannte sich den Weg durch die Fluten hin zu ihrem Hafen, um dort Anker zu schlagen !!!
Genüsslich und voller Ekstase bewegten sie sich im Rhythmus der Wellen, die nun über die Badewasserkante hinaus schwappten. Seit diesem nicht alltäglichen Sexerlebnis war er nun ganz hin und her gerissen zwischen 2 Frauen, die im Grunde genommen unterschiedlicher nicht sein konnten, wobei nun allerdings die Eine die Andere zu adaptieren versuchte, ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein.
Ein Geflecht aus Lügen war es, was er sich nun über sein Leben ausgebreitet hatte wie ein Spinnwebennetz. Judith nahm seine Geschichten, die er ihr erzählte nicht wirklich ernst, aber sie zog ihn weiter in ihren Bann des nicht Alltäglichen, so das sie sich fast sicher war, das da nicht jemand anders die Krallen nach ihm ausstreckte.
Er war gefangen, gefangen zwischen 2 Welten, die sich doch immer ähnlicher wurden und er schliesslich gar nicht mehr entscheiden wollte, welcher Welt er sich mehr zugezogen fühlte. Doch eines sollte er sich klar machen, was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht konnte: Eine würde ihn ins Verderben führen, die Andere dagegen würde ihm reine Liebe und langes Glück schenken.
Er musste sich entscheiden und der Tag, an dem er sein Lügengeflecht aufreissen wollte nahte sehr bald, auch wenn er innerlich immer noch nicht entschieden hatte, für wen er sich entscheiden wollte: Manchmal sind es die äußeren Umstände, die einen zum Handeln zwingen.

13.Schwanger

Sie bemerkte ihren Zustand nicht oder nicht sofort, aber irgendetwas hatte sich in ihrem Körper verändert. Sie wusste nicht, was es war und was da auf sie zu kam. Zuerst dachte sie an eine Krankheit, aber dann als ihre Periode ausblieb, schwarnte ihr was.
Sie würde es ihm irgendwie beibringen können und er würde sich dann endlich für sie entscheiden, statt immer noch diesem hässlichen Entlein nachzujagen, welche seit neuestem den Schwanentanz einübte. Was verband ihn mit ihr ? Vielleicht einige Charakterzüge, aber die Beiden hatten weder Kinder zusammen noch gedachten sie in absehbarer Zeit zu heiraten. Ja gut, sie teilten sich eine kleine Wohnung im 1. Stockwerk von Judiths Elternhaus, irgendwo in einem Siedlungsgebiet am Rande von Düsseldorf, wo sich die aufstrebende Mittelschicht in schönen Reihenhäusern einquartiert hatte.
Sie wollte weg von alle dem und wollte weit weg, weg aus diesem Moloch am Rhein, das Möchtegern Mecca der Reichen und Schönen, die immer mit der Domstadt, die etwas südlicher lag, konkurrierte. Sie wollte aufs Land, in die Natur.....vielleicht in eine unwirtliche Welt wie auf Island, wo die Götter in den tiefen Erdspalten ihre Wohnungen hatten oder aber nach Schottland oder Transilvanien, wo bestärkt durch die Melancholie der Landschaft und der vielen Burgen, noch so etwas wie ein Stück Mittelalter herrschte, einer Zeit, die ihr so nahe stand, genauso wie der Romantik oder der Welt der Germanen. Gegenden in die sie gerne flüchten wollte.
Schliesslich allerdings kam dann doch eine Gegend in Frage, welche am nächsten lag: Sie wollte in die Pfalz und an der Mosel entlang: In eine Gegend mit vielen lieblichen Hügeln und alten Schlossern, wo der Wein im Herbst reifen würde. Zu dieser Zeit, als er immer noch nichts von ihrer Schwangerschaft wusste, da wollte sie mit ihm zusammen los ziehen um ein neues Auto zu erwerben. Viel Geld besaß sie zu dieser Zeit nicht und in ihrem Haus bzw. dem Haus ihres Gatten war sie nur geduldig, dieses wohl gemerkt unentgeltlich, aber was machte es dann schon aus. Sie wollte an diesem Tag ein Auto kaufen, nicht eines dieser protzigen, sondern ein kleines aber feines Auto, getränkt in ihre Lieblingsfarbe, so wie sie es mochte....in Schwarz.
An diesem Tage wollte sie es ihm sagen und ihn entführen, entführen weit weg aus Düsseldorf. Auch sie würde ihren Job kündigen und er, ja er könnte ja erst einmal noch dort arbeiten, wo er bisher arbeitete, aber er müsste sich darauf gefasst machen jeden Morgen mindestens eine Stunde Fahrt in Anspruch zu nehmen. Sie wollte mit ihm hinaus in die Welt, die milde Frühlingsluft genießen, einen Neuanfang starten. Nun war nur die Frage, wie sollte seine Freundin die Wahrheit verkraften ? Ihr Mann würde es wohl verkraften, wenn auch im Zorn, aber was verband die Beiden jetzt noch.
Er war total perplex, als ein junger Mann an diesem Wochenende an Judiths Tür klingelte. Er kannte ihn nicht, Judith kannte ihn nicht, aber ihn schwarnte wer es sein könnte. Er war ganz in schwarz gekleidet, trug einen langen schwarzen Mantel und war gepierct. Ausserdem trug er eine Frisur, bei der nur der Schädel mit Haar bedeckt war, wobei er sich seine Seitenscheitel abrasiert hatte. Nicht, das dieser finster wirkte, nein er war durchaus sympathisch, aber Judith hatte nun wirklich keine Ahnung, welche schrägen Vögel es wagten hier anzuklingeln. Ihr Exfreund hatte ganz sicherlich nicht solche Freunde und ihr jetziger Freund doch auch nicht, denn er verkehrte nun wirklich nicht mit Gruftis.....
Der schwarze Mann fragte, ob denn ihr Freund da sei, der die Situation ja schon
mitbekommen hatte und sich bereits fertig machte.....
Dann fragte Judith, wer er denn sei und erwiderte, das er ein früherer Bekannter ihres Freundes sei. Das verblüffte doch Judith sehr....
Bist du also jener Bekannter, bei welchem Simon schon öfters übernachtet hatte ? Und er erwiderte fast verblüfft und ein wenig fragend: Simon ? Ähm, ja doch Simon, den wollte ich abholen. Wir werden dann sicherlich heute Abend wieder da sein. Er kann ja sein Handy mitnehmen. Judith fragte sich innerlich, was es wohl bedeuten würde, wenn ein schwarzer Mann an ihre Tür kommen würde, denn sie war ein wenig abergläubisch und was nun folgte, würde sich zu einem Alptraum aufbauen, der sie aus ihrer heilen Welt reißen sollte, ein Alptraum der nie enden wollte.
Simon zog also mit jenem schwarzen Mann von dannen und er erzählte Judith nicht, wann er denn gedachte wieder zu kommen. Er erwiderte lediglich ein Wort davon, dass sie nicht auf ihn warten sollte, denn es konnte eventuell spät werden. Und so schaute Judith ihrem Freund hinterher und war etwas säuerlich, da er so ein Geheimnis um diese Sache machte. Ein schwarzer Mann holte ihren Freund ab, der noch nicht einmal seinen Namen zu kennen schien. Ein schwarzer Mann, der stillschweigend ihren Freund zu dem Auto brachte: Ein Auto, welcher schon vor Urzeiten hätte aus dem Verkehr gezogen werden sollen: Ein alter amerikanischer Strassenkreuzer. Nun war dieser wohl ein Oldtimer, rostete allerdings vor sich hin, worüber auch die schwarze Farbe nicht drüber hinweg täuschen konnte. Nun fuhr er direkt zu ihr und sie bedankte sich bei ihrem schwarzen Freund, welcher sich bereit erklärt hatte Simon vorbei zu bringen.
Lumpi, ich danke dir das du meinen Freund vorbei gebracht hast. Keine Ursache, entgegnete er ihr und fragte sie ganz offensichtlich: Nun jetzt kommst du ja nicht mehr auf Leda Lecker Party ?
Lumpi, sei ruhig....ich gehe sowieso nicht auf solche Parties. Da kannst du doch mit deiner Freundin hin, antwortete sie schnippisch. Simon war ein wenig verwirrt und hätte gerne erfahren, welche Parties damit gemeint sein würde. Doch bevor er was fragen konnte, gab sie ihn einen innigen Kuss. Simon, ich muss dir was verraten, unterbreitete sie ihm ohne Augen zucken. Kurz und knapp gesagt, ich bin schwanger. Es kann nur einen geben, der dafür in Frage kommt und das bist du. Aber bitte verstehe das jetzt nicht falsch....es ist halt so und ich habe es akzeptiert. Besser das Kind ist von dir als von meinem Mann, denn mit dem hatte ich bereits seit 3 Monaten keinen Sex mehr. Dann machte sie kurz eine Atempause, jedoch bevor Simon den ganzen Brocken schlucken konnte, fuhr sie fort: Ich möchte mit dir heute zusammen nach einem gemeinsamen Domizil suchen, nach einer neuen Bleibe, wo wir ein neues Leben aufbauen können. Und weiß du was, ich habe auch schon ein Domizil gefunden ....allerdings ist es über eine Stunde von uns entfernt.
Simon wusste in diesem Augenblick nicht, was er sagen konnte. Die Würfel waren gefallen, denn ohne sein Zutun schien seine Zukunft bei Natascha zu liegen, seiner grossen und geheimnisvollen Jugendliebe.
Sie stiegen in den Wagen ein und fuhren los. So wie er sie verstanden hatte, wollte sie weit weg aufs Land, irgendwo in dem Gebiet der Eifel. Es war kein gutes Wetter an diesem Tage Anfang Mai, denn jetzt kamen da noch die Eisheiligen und dieses sollte den Beiden zum Verhängnis werden. Sie waren schon weit gekommen und nicht weit vom Ziel entfernt. Wie sie ihm erzählte, hatte sich ein Paar mit dem sie befreundet war, vor einiger Zeit in einem Dorf in der Voreifel nieder gelassen. Dort hätten sie sich einen Kotten ausgebaut, welcher ziemlich verfallen war. Nun aber war das Paar auseinander gegangen und hatte den Kotten leer zurück gelassen, denn beide wollte nicht mehr in dem Haus ihrer gemeinsamen Träume verbringen. Sie wollte es im eigenen Einvernehmen verpachten und diese Idee hatte Natascha so klasse gefunden, das es ab sofort das neue Domizil der Beiden werden sollte.
Doch dann geschah es, es folgte ein kräftiger Hagelschauer und eine Windböe, welche die Temperatur in den Keller gehen ließ. Sie waren auf einer kleinen Strasse, die einen steilen Hang hinauf ging. Rechts der Strasse begrenzte ein Wald den Strassenrand, dieser Wald befand sich an einem steilen Hang. Ja und links der Strasse war ein freies Feld. Und just in diesem Augenblick, wo die Beiden munter über ihre Zukunft schwatzten (das Dorf war nur noch ein paar hundert Meter entfernt), da fuhr Natascha ohne zu überlegen den Lenker ein wenig zu fest rum und der Wagen stürzte Kopfüber den Hang hinab, bis er unten von einigen Bäumen und Sträuchern gestoppt wurde. Aber bis dahin war es ein steiler Weg in die Tiefe. Wer diese Szene miterlebte, der konnte nur ein Urteil über diesen Unfall fällen: Beide hätten auf der Stelle tot sein sollen !

14. Tot oder lebendig ?

Da lagen die 2 fast Arm in Arm, als Sanitäter diese entdeckten. Es war nicht etwa so, als ob sie zufällig in dieser Stellung lagen, nein er war auf ihre Seite gekippt, während sie allerdings durch einen Baum, der sie nun durch die Tür bohrte arg verletzt worden war.
Sie vernahmen von ihr noch einen schweres Stöhnen und dann war sie tot. Er selbst rührte sich nicht, aber sein Puls schlug noch ganz langsam. Vermutlich war er durch ein schweres Schädelhirntrauma ins Koma gefallen, aber auch seine Überlebenschancen sahen sehr schlecht aus. Die Sanitäter kamen gerade noch rechtzeitig, um ihn lebend anzutreffen, während sie wie schon erwähnt ihren inneren Verletzungen erlegen war. Wer waren diese beiden jungen Leute und was machten sie in dieser einsamen Gegend. Wie konnte es nur zu diesem Unfall kommen. Die Angehörigen mussten alarmiert werden, aber wer war zu erreichen. Zuerst fanden die Sanitäter eine Telefonnummer in der Tasche des jungen Mannes, die auf einem Zettel stand....sie lautete 0211..... und dann stand dort Mama als Notiz.
Nun musste alles getan werden um das Leben dieses jungen Mannes zu retten, der etwa Ende 20 sein mochte. Die Spurensicherung der Polizei kam auch und konnte sich auch nicht wirklich erklären, weswegen das Auto von der Landstrasse abkam. Eine zu hohe Geschwindigkeit oder auch Hagelkörner hätten ein Faktor sein können, waren aber wohl nicht die alleinigen Verursacher. Wahrscheinlich waren Beifahrer und Fahrerin so abgelenkt, dass es zu diesem tragischen Zwischenfall kommen musste.
Simons Mama war ganz entsetzt, als sie hörte, dass ihr Sohn schwer verunglückt war. Sie nahm erst an, dass die Frau an seiner Seite Judith sein musste, denn ansonsten wusste sie nicht, wer es sein könnte. Etwa Natascha ? Nein, von Natascha hatte er schon seit Jahren nichts mehr vernommen, so wie sie von ihrem Exmann auch nicht, dem Vater von Simon. Niemand wusste, wo er steckte und was er heute machte. Einer Annahme zu Folge sei er irgendwo in die Toskana gezogen, jedenfalls hatte er mal eine italienische Freundin gehabt, die vor ein paar Jahren einen alten Hof in der Toskana kaufte. Seitdem hatte er auch nichts mehr von sich hören lassen. Die Unterhaltszahlungen für ihren gemeinsamen Sohn Simon hörten damals sowieso auf, da Simon danach auf eigenen Beinen stehen konnte, aber das ist eine andere Geschichte. Aber Simons Mutter war gelassen, denn sie war keine aufbrausende Person und blieb auch in grösster Not sachlich und voller Optimismus, hatte das Leben ihr doch oft einen Streich gespielt. Ihr Sohn lebte, das war jetzt die Hauptsache, alles andere müsste man in den kommenden Tagen sehen. Nur wer um Himmels Willen war diese Frau an seiner Seite, war es doch Judith ? Und wo war Wonneproppen geblieben ? Sie fragte nach dem Namen der toten Beifahrerin, denn sie musste es wissen. Erst wollten die Rettungskräfte ihr keine Auskunft geben, doch dann sagte der Rettungsarzt, dass es sich wohl um eine gewisse Natascha ..... handelte. Man habe aber ihren Angehörigen schon Bescheid sagen können, allen voran ihrem Nochgatten.
Natascha, war Natascha tot ?
Simons Mutter mochte diese Natascha nie besonders, denn sie war schon im Kindes alter eine dubiose Person, aber sie war es, die ihren Sohn einem Einzelgänger den Weg zu den anderen Nachbarskindern geebnet hatte....nur hatte sie immer irgendwelche Flausen im Kopf. Und jetzt, jetzt sollte sie tot sein ? Tot, Natascha ?
Aber warum in aller Welt fuhren die Beiden irgendwo in der Eifel herum. Sie wusste, dass Natascha verheiratet war, denn sie hatte noch vor ein paar Tagen deren Mutter getroffen. So bat sie den Rettungskräften Nataschas Noch Mann nichts von Simon zu erzählen oder es erst einmal zu verschweigen, denn sie wusste das Natascha noch bei ihrem Mann lebte.....
Ja und dann war da Judith ! Judith musste es erfahren, aber von Natascha ?
Judith musste erfahren, was mit Simon war, denn Simon schwebte nun zwischen Leben und Tod, niemand wusste wie es bei ihm im Inneren seines Körpers aussah, nur er selbst wusste es. Wie schwer waren die Schädigungen seiner inneren Organe ?
Nun ging es erst einmal in eine Spezialklinik, obwohl der Rettungsarzt Simons Mutter wenig Hoffnung machte, als diese in das Kölner Universitätskrankenhaus gekommen war. Er lag nun auf der Intensivstation und sein Zustand würde sich erst eventuell im Laufe der nächsten Stunden stabilisieren. Würde er wenn er je aufwachen sollte, schwerbehindert sein, in geistiger Umnachtung ?
Simon stark am Bluten, was sich aber bald hob, nur diese schwere Kopfverletzung setzte ihm zu, aber wie schon erwähnt lag er im Koma, aus welchem er wohl so schnell nicht erwachen sollte. Als Judith den Zeitungsbericht las wurde ihr so komisch....alles begann sich in ihr zu drehen. Ihr wurde auf der einen Seite fast schlecht und ein Taumel der Gefühle kam auf sie zu: Nicht das sie schon so viele Sorgen hatte jetzt mit dem halbtoten Simon, nein er hatte sie auch so bitter enttäuscht. Eine andere Frau war es also doch ? So wie bei Jonny. Sie war immer die Dumme. Und nun, was sollte sie tun und was sollte sie überhaupt denken ? Es war absolut pietätlos, so dachte sie irgendwelche Eifersucht in diesem Moment aufkommen zu lassen. Was hatte ihm den diese Affäre genützt ? Von einem toten Fötus im Bauch der Mutter war die Rede. Die Mutter war jene Natascha, welche ihn doch schon seit langem nicht mehr gesehen hatte ?! Sein angeblicher Freund war eine Frau.
Judith war innerlich so verwirrt, das sie alles um sich herum vergaß. Jetzt konnte sie erst einmal ein paar Tage nicht ihrer Arbeit nachgehen.

15. Am Leben vorbei

Judith hatte in eine der darauffolgenden Nächte einen Alptraum:
Sie stampfte durch ein tiefes und nebelverhangendes Tal, alles erschien ihr grau in grau. Es war einfach herzzerreissend: Da lief durch die dicke Nebelsuppe ihr einziges Kind, welches sie gerade in diesem Moment zu sich rief: Ihr einziger, kleiner Wonneproppen.
Wonneproppen weinte sehr, das dem kleinen Mädchen mit den langen Haaren, die warmen Tränen das Gesicht herunter kullerten. Doch der Nebel sag die warmen Tropfen auf mit seiner eisigen und unsichtbaren Hand. Es war so feuchtkalt an diesem Tag. Judith fasste Wonneproppen an der Hand und dann gingen sie durch den Nebel der immer dichter und dichter wurde.
Dann auf einmal schien es als wollte die Sonne von oben durch den zähen Nebel finden und tatsächlich. Zu ihrem Erstaunen und ihrer Freude schien sich die Sonne durch die zähen Nebelschwaden zu kämpfen. Dann plötzlich stand er vor ihnen: ein Berg, ein hoher Berg und desses Bergspitze thronte über das Land und war frei von dem kalten dichten Nebel: Befreit von jeglichen Unbehagen. Und da oben war klar Simon zu erkennen, welcher hinab sah. Er mochte vielleicht 50 m über dem Nebel thronen, denn der Berg war nicht besonders hoch und doch war er soweit von Judith und Wonneproppen entfernt. Er sah wohl hinab, aber konnte nur eine dichte Nebelwand erkennen. Judith und ihr kleiner Wonneproppen riefen und schrien, aber es war so, als ob ihnen irgendjemand die Stimme genommen hätte. Es kam nur ein leises Krächzen aus ihren Kehlen...sie hoben ihre Hände an und fuchtelten mit ihren Armen in den Nebel hinein, aber er sah sie nicht.
Traurig und verzweifelt sahen sie ihn auf der Bergspitze hinab gleiten auf die andere Seite des Berges. Sie wollten dorthin, aber sie schafften es nicht sich fort zu bewegen. Schweiß gebadet erwachte sie in dieser Nacht und zugleich ging ihr Handy. Was war bloß los ? Hastig schaute sie auf das Display. Erst schauten ihre Augen verquollen in die Nacht hinein zog sich doch noch ein Schleier von Tränen über die Hornhaut. Doch blitzschnell reagierte sie: Es war das Krankenhaus, besser gesagt die Intensivstation der Universitätsklinik Köln.
Bitte kommen Sie schnell, kommen Sie schnell. Wir wissen nicht, ob Simon die nächsten Stunden überleben wird. Sein Zustand hat sich innerhalb der letzten 2 Stunden rapide verschlechtert, so unheilvoll gelangte die Hiobsbotschaft in Judiths Ohr, ohne das sie sich richtig von ihrem Alptraum verabschiedet hatte. Wie in einer Starre verharrt und leblos vor inneren Schmerz brach sie auf. Sie fuhr in die Dunkelheit, welche mit seiner Ungewissheit auf sie wartete. Immer noch war sie wie betäubt und reagierte wie ein Roboter, der nur reagierte aber nicht mehr fühlte. Das Licht, welches von den Strassenlaternen grell in ihr Auto schien, konnte sie nicht beruhigen, denn es schien greller als sonst und war für ihre Augen eher Hindernis als dienlich auf dem Weg zum Hospital. Alles schien zu einem Einheitsbrei zu zerfliessen, ein Leben wie an einem Fließband, welches automatisch zu laufen schien, man aber nicht wusste wohin die Reise ging.
Im Hospital dann kam man ihr schon entgegen gelaufen und versuchte sie zu beruhigen, so als ob man ihr sagen wollte, das Simon ins Leben zurück gekehrt war, aber in was für ein Leben, in das Leben eines leblosen Körpers ? Und tatsächlich, vor einigen Minuten schien er tatsächlich aus dem Leben zu scheiden, nun aber hatten ihn die Ärzte wieder dazu animiert ins Leben zurückzukommen.
Man wollte sie erst wieder von ihm wegholen, denn er befand sich in einem kritischen Zustand, sie aber berührte ihn und ihre Hände erreichten doch nicht die Tiefen seiner Seele, aber irgendetwas, irgendetwas in ihm müsste doch zu erreichen sein, zumindest wie ein Ruf aus der Ferne.

Wieder wusste ich nicht, was mit mir geschah, denn es war als ob mich etwas herausschleuderte, herausschleuderte von etwas, etwas totem und unbeweglichem....hinaus in eine freie und helle Welt, die voll unendlicher Liebe gefüllt war.
Aber dabei sah ich auf etwas herab, das ich nicht klar erkennen konnte, etwas, was ich nicht erkennen wollte, so wie den Nebel, den ich doch sah, als ich auf der Bergspitze stand und nicht erkennen konnte, wer dort im Nebel wanderte. Die geheimnisvolle Schwarzhaarige schien mir in diesem Augenblick aus dem Blick zu weichen, ob sie schon weit weg war ? Ihre Stimme konnte ich in diesem Augenblick nicht mehr vernehmen.
Ich sah hinab auf eine unformige tote Masse, die mir einen gehörigen Schrecken einjagde und mich gleichzeitig wieder nach unten zerren wollte. Ich aber wollte nicht, ich wollte ins Licht und ich hatte das Gefühl, das das Schwarzhaarige Wesen dem Licht entgegen geflogen war und ganz von dem warmen herzerfüllenden Licht aufgesogen wurde, wie ein Blatt den Morgentau aufsaugt.
Ich sah, wie Leute in grünen Kleidern diese tote und unförmige Masse wieder in Gang bringen wollten. Sie drückten auf diese Masse ein, wie die Besessenen. Um sie herum sah ich viele Instrumente und Monitore, die aber ein gleichförmigen sirenenartigen Summton von sich gaben. Ich wollte mich vom Licht einfangen lassen, doch der Sog nach unten war stärker und stärker und dann sog mich die unformige tote Masse auf. Ich fühlte eine grosse Dunkelheit und Stille um mich herum, mein Denken war plötzlich ganz niedrig. Ja, ich konnte gar nicht klar denken, nein ich war einfach nur da. Was war geschehen ?
Doch dann, irgendetwas berührte mich, irgendetwas etwas warmes, etwas was mich streicheln wollte. Ich dachte an das schwarzhaarige Mädchen, aber sie nein, sie berührte mich anders. Nun schien sie weit weg zu sein. Wo war sie nur und wo war ich ?

16. Augen auf

Die Tage vergingen und Judith war immer noch in tiefer Sorge, auch wenn Simon nicht mehr in Lebensgefahr stand, aber sein Körper schien nur zu vibrieren, sein Herzschlag war zu hören, ansonsten aber war alles wie tot, denn er bewegte seine Glieder nicht. Hinzu kam, daß er künstlich beatmet werden musste und die Neurologen gaben auch wenig Hoffnung, dass er sich je wieder in ein normales Leben zurück führen lassen würde. Allerdings konnten die Neurologen diverse Hirntätigkeiten feststellen, nur man konnte es noch nicht sagen, aber man befürchtete, das Teile des Gehirns Schaden genommen hätten. Ein Neurologe meinte aber, es sei wie bei einem Schlaganfall, das das Gehirn einen unheimlichen Schlag wegbekommen hätte, zu seinem Schutz ins Koma viel und nun die Nervenbahnen nicht so funktionierten, wie sie sollten, aber man müsste versuchen diese wieder zu reaktivieren, das Simon langsam, ja ganz langsam wieder erwachen konnte und die Nervenbahnen unter Kontrolle zu bringen........
Judith war ziemlich zerrissen, sie liebte diesen Menschen und wollte nichts in der Welt davon wissen, das er nicht wieder der werden konnte, der er einst war. Ja und Natascha ? Natascha war nun wieder weit weggerückt, auch aus ihren Gedankengängen.
Die Wochen vergingen und nichts schien sich zu tun, dann aber es war an einem Sonntag, wo er auf der Intensivstation lag und diesmal auch der kleine Wonneproppen mit auf die Station durfte. Normalerweise hielt man Kinder von der Intensivstation fern, aber man konnte Wonneproppen nicht immer vor der Wahrheit verschonen, denn sie würde sonst später Fragen stellen, die kein Ende finden würden, wie halt Mädchen sind, die sich nun im Kindergartenalter befinden.
Wonneproppen hatte ein grünen Kittel angezogen und Judith ebenfalls, so standen beide an seinem Bett und Wonneproppen kamen die Tränchen über ihr kleines Gesicht gekullert, sie kullerten direkt auf seine Hand, den diese lag regungslos auf der Decke, desgleichen nahm sie die Hand und führte sie zu ihrem weinenden Gesicht.
Seine Hand schien warm und voller Leben, ja und es schien, das sein Puls schneller würde, aber diese Hand, sie war so kraftlos und mühsam legte Wonneproppen sie wieder auf die Decke. Dann aber rührte sich was, denn er fühlte, als hätte er seine Hand in ein Meer von Tränen getaucht. Und dann, dann passierte es: Er hob seine Augenlider, die ihm doch die ganze Zeit so schwer schienen und sie blinzelten kurz auf....ein Film aus Tränen zog sich über sie und es war als könnte er nicht richtig erkennen, als würde er hinter einem Wasserfall stehen.
Wonneproppen stiess vor Schreck einen Schrei als, so als hätte sich eine Puppe aus Madame Tousohs Wachsfigurenkabinett sich bewegt: Mama, Mama....Simon blinzelt....er blinzelt. Schnell kam der Arzt herbei, der sich dieses Wunder anschauen wollte und tatsächlich, nachdem er geblinzelt hatte, wurden einige Tests durchgeführt, die dieses bestätigten. Scheinbar schienen seine Reflexe zurückzukehren. Er weinte immer noch, als schien er zu begreifen, wer hier an seinem Bett stand.

17. Die Magie eines Bilderbuches

Nun tat sich einige Tage nichts. Wohl blinzelte er dann und wann, aber der Rest seines Körpers schien wie Blei zu sein....ein schwerer Korpus, der ans Bett gefesselt war.
Inzwischen war er von der Intensivstation runter gekommen: da lag er nun in einem Zimmer, wo er künstlich ernährt wurde und ein Katheter, wo sein Urin drin abgeführt wurde. Er starrte die Wand an, aber sein Bewegungsapparat war noch nicht so weit den Augen zu folgen. Wie würde er wieder seine Koordination wieder finden. Nach der anfänglichen Euphorie, die Judith ein paar Tage zuvor empfunden hatte, war diese wieder einer realistischen Melancholie gewichen.
Zu dieser Zeit hatte Wonneproppen gerade ein Bilderbuch von ihren Großeltern bekommen....es hiess Die schwarze Krähe . Judith, die wußte, das Wonneproppen noch nicht lesen konnte, setzte sich nun an Simons Bett, las aus dem Buch vor ganz langsam, damit auch Simon eventuell begreifen konnte, worum es in diesem Buch ging:  

Es war einmal ein junger Prinz, der lebte in einem grossen Schloss am Rande eines Flusses, welcher sich wie eine Schlange durch die Landschaft zog. Auf ihm verkehrten viele Kähne aus aller Welt, die dem Prinzen alle nur erdenklichen Schätze brachten.
Da gab es Bootsfahrer, die hatten einen Turban auf und komische weisse Gewänder an, die ihnen wie Frauenkleider bis zum Boden gingen, dafür allerdings die Gerüche und Geheimnisse des Orients mitbrachten. Der Prinz hörte gerne ihre Geschichten aus tausendundeiner Nacht. Zu dieser Zeit fühlte er allerdings eine grosse innere Leere, denn er war zwar noch jung, aber seine Brüder und andere Leute seines Alters waren bereits verheiratet, aber der Prinz konnte einfach seine Prinzessin nicht finden. Es war nicht so, dass die möglichen Kandidatinnen nicht zu finden wären, da kamen einige Frauen, auch Prinzessinnen seines Standes, aber irgendwie konnte der Prinz sich nicht für die Richtige entscheiden:
Sie sollte schön sein, eine Haut haben wie Elfenbein, Haar lang und lockig, wie aus Gold gesponnen, leichten Schrittes sollte sie durch die Säle schreiten, so als würde sie auf Daunenkissen durch die Gemächer schreiten. Sie sollte ein fröhliches Gemüt haben und den ganzen Tag singen wie eine Nachtigall. Aber er konnte sie einfach nicht finden.
In seiner Verzweiflung fragte er die Händler, die mit ihren Booten den Fluss entlang kamen, ob sie nicht so eine Prinzessin Tausendschön gesehen hätte, welche die Attribute besaß, nach denen er suchte. Da kam wieder ein Händler aus dem Orient, der sprach von einer schönen Prinzessin aus dem Land Tausend und eine Nacht, welche auch verzweifelt nach ihrem Prinzen suchte. Er würde sie überreden wollen mitzukommen, damit er seine Prinzessin Tausendschön nun endlich finden würde, bevor er alt würde und sein Leben ihm wie ein verfaulter Apfel erscheinen würde.
So beauftragte er also jene Prinzessin zu holen und er bot dem Händler viel Gold, welches auch für ihren Vater gedacht war, der seine Tochter ja nur ungern in die Ferne ziehen lassen würde.
Ein paar Tage später, es war in der Nacht, da klopfte etwas an sein Fenster. Was saß dort ? Es war eine alte Krähe, die des nachts an sein Fenster klopfte. Gespenstisch !! Er wollte die Krähe verjagen, die in die Nacht krähte und deren Stimme wie das Klagen eines alten Weibes klang.
Am nächsten Tag, es war neblig, da war die Krähe wieder da und klopfte an sein Fenster. Er aber stieß sie wieder hinfort. Als nun des Abends die schwarze Krähe wieder an sein Fenster klopfte, da schallt er sie barsch aus: Was willst du, du schwarzer Totenvogel ?
Deine Braut, deine Braut....sie ist da draussen im Wald und wird vom bösen König und Hexer Theoderich gefangen gehalten. Du musst sie befreien. Mich hat er schon verzaubert....jetzt krähe ich hier umher und kann nicht anders als zu fliegen wie eine schwarze Krähe, krächzte der Vogel.
Und wer bist du ? fragte der junge Prinz ungläubig.
Ich bin deiner Brauts Diener, krächzte der Vogel weiter. Ich alter Narr, loyal wie ich bin folgte ich ihr in die gefährlichen Gemäuer des bösen Königs Theoderichs. Ich wollte sie warnen, aber sie hörte nicht, denn sie wollte nur ihren Prinzen suchen und meinte ihn in Theoderich zu finden. Er verzauberte mich aus Dank in eine Krähe....kräh, kräh.
Da horchte der Prinz auf, nahm das Schwert und ritt wie ein Besessener in die Nacht hinaus. Er hatte nur sein Pferd bei sich und ritt durch den finsteren Wald. Eine Laterne leuchtete ihn den Weg. Eigentlich hätte er mit dem schwachen Licht nur den Kopf des Pferdes sehen können und auch der Mond schien nur schwach, denn er versteckte sich hinter den Wolken. Aber die Laterne leuchtete hell in den Wald hinein, so das das nächtliche Getier wie die Eulen und die Füchse erschraken und flüchteten.
Immer tiefer und tiefer ritt er in den Wald, bis er auf ein gewaltiges Gemäuer stieß, welches von einem tiefschwarzen Graben umgeben war. Die Krähe flog über die Brücke, die dem mutigen Prinzen einen Weg über die tiefe Grabenschlucht bot, denn der König und Hexer Theoderich schien unvorsichtig zu sein....er hatte des Abends die Brücke nicht mehr hoch gezogen. Fackeln leuchteten in den dunklen Hof der Burg. Mutig und ohne Furcht, da er vom Wunsch besessen war seine Prinzessin zu finden, rief er laut in die Nacht:
Prinzessin, Prinzessin, wo bist du ?
Hier, schluchzte eine schwache
Frauenstimme aus einem der hohen Türme. Zur gleichen Zeit kam nun als Feuersäule der böse Hexer und König Theoderich auf den Hof geeilt.
Wer wagt es in meine Burg einzudringen, stieß er zornig hinaus und zu gleich fuhr ein Blitz nieder. Fast hätte er den jungen Prinzen getroffen, dem nun das Herz in die Hose rutschte. Dann nahm er tapfer das Schwert und versuchte sich damit zu schützen.
Und tatsächlich, ein Blitz ging nieder in Richtung des Prinzen, doch es traf nur das Schwert, welches den Blitz wie ein Tennisschläger zurück feuerte. Dabei traf es den bösen König, der sogleich sich in eine Feuersäule verwandelte und schließlich zu einem Haufen Asche zusammen schmolz.
Der junge Prinz konnte es gar nicht glauben, das er dieses mutige Werk vollbracht hatte.
Er lief zum Turm, öffnete eine alte knarrende Holztür, lief eine Wendeltreppe hinauf, welche mit kleinen Lämpchen an den Wänden beleuchtet war und kam schließlich zu einer weiteren Tür, die in das oberste Turmzimmer führte. Hier nun befand sich die arme Prinzessin. Ein alter rostiger Schlüssel versperrte ihr den Weg in die Freiheit.
Er drehte den Schlüssel um und kam in ein Turmzimmer, wo ein schmutziges junges Mädchen mit einem in Windeln gewickeltes ärmlich gekleidetes Kind sass und dieses stillte. Desgleichen saß zur Rechten die Krähe, welche sich nun mit einem Knall in einen buckligen alten Diener verwandelte.
Der Prinz traute seinen Augen nicht: Sollte diese schmutzige und kränklich wirkende junge Frau, die über und über von Läusen und Dreck übersät war seine Prinzessin sein: Die Prinzessin seines Herzens ? Und sie hatte ein Kind !
Ein kleines wimmerndes Knäuel !
Er drehte sich enttäuscht um, ritt durch die Nacht zurück zu seinem Schloss. Er weinte bitterlich, dass er seine Prinzessin doch nicht gefunden hatte. Am nächsten Morgen eilte eine weitere Hiobsbotschaft ein: Prinzessin Tausendschön, welcher er aus dem Lande Tausend und eine Nacht erwartete, war bei der Überfahrt zu ihm mitsamt dem ganzen Schiff und der Schiffsladung im grossen Mittelmeer ertrunken. Ein Händler, welcher auf dem Schiff war, hatte sich mühsam auf einem kleinen schwimmenden Mast ans Ufer des nächsten Landes retten können.
Aber Prinzessin Tausendschön ertrank im Meer. Für sie kam jede Hilfe zu spät. Ein paar Tage später klopfte wieder etwas an das Fenster des todunglücklichen Prinzen, der nun bis zu seinem Tod mit seinem Schicksal als unsäglich trauriger König leben müsste. ES WAR EINE KRÄHE. SCHON WIEDER EINER DIESER TOTENVÖGEL. Als er sie ergreifen wollte, flog sie davon.
Über dem Fluss da krochen die Nebelschwaden nun an den Gemäuern hoch. Doch was sah er: Ein Boot, ein Boot mit einem wunderschönen Mädchen, welches er trotz der schlechten Sicht durch den Nebel erkennen konnte. Sie schritt dahin, wie auf Daunenkissen. Ein kleines Mädchen, welches gerade laufen konnte, nahm sie bei der Hand. Er stürzte in die Empfangshalle seines grossen Palastes und da warteten die Beiden schon: Jetzt sah er erst wie atemberaubend schön sie war und wie süß jenes kleine Mädchen war, was mit ihr ging: Wie ein kleiner Wonneproppen.
Und wißt ihr welches Mädchen es war: jenes, welches vom bösen König Theoderich gefangen gehalten wurde. Nun da es sich gewaschen und gekämmt hatte, war sie ein ganz anderer Mensch. Und draussen vor dem Tore wartete schon jener buckliger Diener auf Prinzessin Tausendschön, Wonneproppen und den Prinzen. Und der bucklige Diener saß dabei kerzengerae auf seinem Kutschbock, der Kutsch, welches die 3 nun nach Hause bringen sollte. Uns so lebten sie noch lange glücklich bis ans Ende ihrer Tage in der verlassenen Burg des Königs Theoderichs, welches sich nun zu einem prachtvollen Schloss entwickelt hatte. Die tiefe Grabenschlucht ließ man mit Erde auffüllen, das nichts mehr an die grausame Herrschaft jenes Königs erinnern sollte.
Wonneproppen klatsche in die Hände: Ja Mama, wir heiraten den jungen Prinzen. Judith hatte gar nicht so richtig daran gedacht, das diese Geschichte doch sehr stark mit ihrem eigenen Schicksal verbunden war. Auch Simon schien die Geschichte mitbekommen zu haben. Plötzlich blinzelte er mit den Augen und er bewegte seine Lippen: Prinzessin Tausendschön. Es war als hätte irgendetwas in seinem Kopf eine Blockade ausgelöst und es war einfach wunderbar. Nach Tagen der Stagnation in seiner isolierten Welt, kam wieder Fortschritt in die Sache.
Leider blieb es auch dabei, denn andere Worte konnte Simon scheinbar nicht finden, auch wenn er es versuchte: Es war so ähnlich wie nach einem Schlaganfall: Teile seines Gehirns, seiner Nervenbündel waren gestört in ihrem Denken, auch wenn er selber ganz klar denken konnte. Es wollten einfach nicht Verbindung A zu Verbindung B finden !
Die Ärzte waren jedoch verblüfft, denn erst glaubten sie, dass Simon an einem Locked in Syndrom litt: gefangen in seinem eigenen Körper und unfähig irgendwelche Körperteile zu bewegen, wohl aber klar denkend, wie sie an seinen Gehirnströmen erkennen konnten.
Nun aber mutmassten sie, das er im Wachkoma lag, denn er konnte sich inzwischen mit den Augen und dem Mund bewegen. So ging ein Syndrom in das Nächste rüber. Keiner konnte aber sagen, ob es wirklich ein Fortschritt war, aber sonderbar war in der Tat, dass diese Geschichte in Simons Kopf einen Knoten löste, wenn auch nur einen sehr kleinen !

18. Wege der Erinnerung

Immer und immer wieder las Judith Wonneproppen und Simon die Geschichten von der schwarzen Krähe vor, und immer wieder erwiderte Simon Namen wie Prinzessin Tausendschön , aber er wiederholte dieses ziemlich monoton, als ob es nicht aus dem Munde eines Menschen, sondern aus dem einer Maschine stammen würde.
Nach langen Wochen des Wartens, kam der Tag nun, dass Judith Simon aus dem Krankenhaus begleitete. Er sollte bei ihr sein und es bei ihr gut haben, denn im Krankenhaus waren nur minimale Fortschritte möglich, so schien es ihr. Allein ein Märchen hatte eine bestimmte Blockade gelöst, aber das alles war doch vom Ergebnis sehr enttäschend: Ein Tropfen auf dem heissen Stein halt.
Für Judith war es immer sehr traurig und sie schämte es auch ein wenig, als sie den Rollstuhl mit Simon durch die Gegend schob. Meist war es schon dunkel, als sie ihn dick verpackt durch den Rheinpark fuhr, welcher direkt an den Ufern des grossen Stromes lag, der die Stadt umspülte. Wie es das Schicksal so wollte, da kam des Abends ihr eine Silhouette entgegen, die ihr wohl vertraut schien, denn es war ihr Exfreund Jonny. Sie schob ihn gerade auf einsamen Wegen durch einen Park, der weiter vom Rhein entfernt lag. Jonny erkannte sie sofort. Er war zusammen mit einem Freund unterwegs.
Hallo, wen haben wir denn da ? redete er sie in einem provokanten Ton an. Jonny, vernahm Judith überrascht. Was machst du denn hier ?
Nun, gab sich Jonny cool und steckte sich eine Zigarette an. Düsseldorf ist gross, da kann es schon gut sein, das sich mal wieder unsere Wege kreuzen. Denk daran, wir haben eine gemeinsame Vergangenheit, ein gemeinsames Kind. Jetzt plötzlich ist dir unsere Tochter wichtig, mein kleiner Wonneproppen ? konterte Judith aufgeregt.
Nun, wenn mich nicht alles täuscht hieß sie nicht Wonneproppen...Ist ja auch egal. Aber wenn du Lust hast, können wir gerne mal wieder eine Nummer schieben, denn dein Freund hier wird ja vermutlich für den Rest seines Lebens in geistiger Umnachtung stehen, wenn er je wieder ein Wort sagt. Ich habe von seinem Schicksal gehört....ist zwar hart, aber du wirst sicherlich nicht bei ihm bleiben. Ich mit dir eine Nummer schieben, hast du sie nicht mehr alle...nur weil ich seit über 2 Monaten keinen Sex mehr hatte, heißt das noch lange nicht, das ich mit dir eine Nummer schiebe, merk dir das. Ich bin nicht mehr das kleine Dummchen von einst, empörte sie sich.
Reg dich doch nicht auf, wollte dir nur klarmachen, das dein feiner Freund hier ja schliesslich monatelang fremdgegangen war und nun in geistiger Umnachtung schwirrt.
Plötzlich geschah etwas, womit keiner rechnete, denn Simon war sicherlich nicht in geistiger Umnachtung auch wenn er sich nicht äussern konnte:
Ich fuhr mit meiner Begleitung Prinzessin Tausendschön durch den Park, ich weiss nicht wo genau wir waren, aber es war wieder so, als kannte ich diese Gegend. Ich sah entsetzt wie mein Körper nicht auf einem Pferd saß, so wie ich es letzte Nacht erträumte, nein ich saß in einem Rollstuhl. Da kam der König Theoderich wieder, der sich uns in den Weg stellte. Ja, das war der König, der König Theoderich aus dem Märchen ??? Oder war das alles Wirklichkeit. Für mich war es Theoderich, so wie ich es erträumt hatte. Er der Prinzessin Tausendschön haben wollte. Also war Theoderich doch noch nicht in Asche verfallen. Ich müsste alle meine Kraft zusammen nehmen und ausschlagen. Ja, was er von sich gab war ungeheuerlich. Langsam begriff ich: Ich war es, den er für geistig umnachtet hielt. Ich, aber ich würde es im zeigen, das er sich getäuscht hätte.
Plötzlich schlug Simons Hand aus und direkt Jonny ins Gesicht. Er hatte sich aus seinem Rollstuhl erhoben und schoss dem verdutzten Jonny entgegen, dann fiel er zusammen. Jonny selber bekam durch die Attacke einige Kratzer, konnte aber sonst sein Gleichgewicht halten, auch wenn er anfing zu tammeln. Was allerdings noch schwerer wog war, das sein Herz vor Schreck fast stehen blieb. Es war fast wie ein Gespenst, was ihm begegnet war: Eine Leiche, die sich in der Dunkelheit des Parks hochhob und ihn attackierte.
Jonny und sein Freund rannten wie 2 Geistesgestörte davon und seitdem hatte Judith nie wieder etwas von Jonny gehört und gesehen. Simon indessen war zusammen gesagt und er weinte, er weinte, denn er verstand. Mehr und mehr setzte eine Welle der Erinnerung in ihm wach. So hatte die überraschende Begegnung mit Jonny noch eine wunderbare Auswirkung auf Simons Genesung.

19. Für immer Prinzessin Tausendschön

In den kommenden Wochen geschah etwas, womit keiner gerechnet hatte. Die Zeit des Hoffens und Bangens ging vorbei. Bei Simon kam Schlag auf Schlag die Erinnerung zurück und sein Gedächtnis regenerierte sich. Allerdings war es ein dafür umso schwierigerer Weg ihm wieder so herzurichten, wie er einmal war: Die Nervenbahnen waren lädiert, wie bei einem Schlaganfall und er musste die Koordination seiner Beine, seiner Gelenke und seines täglichen Tun und Handelns über weitere lange Therapiestrecken lernen, aber es dauerte nicht mehr lange und er war wieder der Alte. Nein, sagen wir nicht der Alte, denn er wollte nicht mehr der Simon sein, der er vor dem tragischen Unfall war. Er wollte in ein neues Leben eintreten, ein Leben mit Wonneproppen und Prinzessin Tausendschön.
Es hatte fast ein Jahr gedauert, bis der Genesungsprozess seit dem Unfall abgeschlossen war. Wieder feierten sie Weihnachten, es war Weihnachten 2007 und sollten die schönsten Weihnachten werden, die die 3 je erlebt hatten. Dabei fragte nun Wonneproppen, die gerade dieses Jahr zur Schule gekommen war:
Papa, wie war das eigentlich in deiner Welt ?
Und das war auch neu: Simon fühlte sich geehrt Papa genannt zu werden:
Ja wie war das ! Es war, es war auf der einen Seite wunderbar, auf der anderen Seite auch beängstigend, aber dann kam irgendwann ein Ruf: Ihr ließt mich nicht alleine. Es war der Ruf aus der Ferne, der mich langsam in die Wirklichkeit zurücktrug, die ich so jämmerlich vernachlässigte. Denn die Wirklichkeit war das Leben und die Träume waren das Jenseits und der Tod. Eine grosse Dummheit hatte ich gemacht, als eine frühere Jugendfreundin in mein Leben trat, in ihr meinte ich Prinzessin Tausendschön zu sehen, aber sie starb und hätte mich fast mitgezogen. Dabei hattet ihr mich zurückgeholt...du und Prinzessin Tausendschön.
Und im gleichen Augenblick leuchtete der Glanz in Wonneproppens Augen. Judith stand dabei und ihre Lockenpracht, die sie jetzt trug, erschienen Simon wie Gold.
Hätte er je eine andere Prinzessin haben wollen ?

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