© 2006 Tim Riewe
Spuren der Vergessenheit
Ich war immer als Kind ein fröhlicher, etwas forscher Junge gewesen, dem nichts im Leben zu fehlen schien, geboren an einem schönen Sommertag im Jahre 1977. Ich war ein Löwe vom Sternzeichen, aber das ist auch völlig uninteressant, so fand ich. Die Welt hatte sich gedreht, ach nein was hatte ich alles erlebt, aber immer wohlbehütet von meinem Elternhaus. Ich war in diese Welt geboren - völlig sorglos und irgendwie auch oberflächlich gestaltete sich mein Leben. Oberflächlich und doch erlebnisreich war es, aber auch das Leben aus einer Konservendose mit schöner glänzender Facette und schwuppdiewupp, kaum öffnet man die Dose und schlingt ihren Inhalt herunter, stellt man doch fest, das war irgendwie fade vom Geschmack her und viel zu schnell verschlungen. Nun ich war auf dem Lande aufgewachsen, im Grunde etwas weiter von den größeren Städten weg, am Rande des Teutoburger Waldes. Nun wie das Nest hieß, nun Borgholzhausen, wo sich Füchse und Hasen noch gute Nacht sagen, aber das ist auch völlig uninteressant, da man dieses Nest sowieso nur auf größeren Karten findet. Grob gesagt liegt Borgholzhausen zwischen Osnabrück und Bielefeld, im Kreis Gütersloh, dort wo die Grenze nach Niedersachsen liegt. Mein Vater hatte dort eine eigene Spedition, die einzigste im Ort und hatte noch von seinem Vater ein Stück Land geerbt, wo meine Mutter und auch meine noch lebende Großmutter Schweine und Hühner hielten. Das dazugehörige Land bestand vielleicht aus etwa 15 ha, war nur eine kleine Landwirtschaft. Wir hielten die Schweine auf dem Acker, wo sie sich richtig im Dreck wälzen konnten. Die Umgebung von Borgholzhausen war im Grunde sehr schön, denn der großen Buchen, Eichen und Tannen des Teutoburger Waldes führten bis an den Rand jener kleinen Gemeinde. Das Land ist sehr hügelig und die höchsten Berge der Gegend befinden sich dort am Rande zu Niedersachsen. Naja die höchsten Berge haben eine Höhe von etwas über 300 m, aber es sind die letzten Berge vor der Nordsee. Früher als Kind hatte ich mir immer eingebildet, ich könnte, wenn ich auf den Luisenturm, einem Aussichtsturm, der sich in jener Gegend befindet, das Meer sehen. Ich hatte eine blühende Phantasie und wollte aus dem Luisenturm einen Leuchtturm machen, denn wenn ich das Meer von dort oben sehen konnte, so würden wohl auch die Schiffe das Leuchtturmlicht des Luisenturmes sichten können. Davon mal ganz abgesehen, die Entfernung von jenem Luisenturm zur Nordsee beträgt vielleicht etwas weniger als 200 km, also nicht mal die größte Stadt in der Nähe Bielefeld könnte man von dort oben erkennen. Nun wie dem auch sei, ich war als Kind sehr beliebt, weil ich so unbekümmert, forsch, extrovertiert aber auch ein Kind mit viel Phantasie war. Doch eine schreckliches Erlebnis sollte meine Kindheit prägen, ein Erlebnis welches im Grunde völlig harmlos erschien, aber über Tage, ja über Wochen meine kleine Kinderseele erschütterte...... Es war Herbsenszeit, die goldenen Blätter fielen von den Bäumen, aber die Tage waren noch warm....Ich möchte zu dieser Zeit etwa 8 oder 9 gewesen sein, ging in die Astrid-Lindgren-Grundschule in Borgholzhausen, meine besten Freunde waren damals die eineigigen Zwillingsschwestern Tabea und Katharina, auch und dann war da noch der etwas dickere Olli, den ich damals immer aufzog. Trotzdem war Olli immer dabei, denn obwohl ich ihn und die Zwillinge öfters neckten, waren unsere Attacken gegen ihn nicht wirklich verletzend. Es gab auch viele Momente, wo wir ihn vermissten, wenn er nicht dabei war. Unser Hof befand sich am Hang, ein altes Fachwerkhaus und eine dazugehörige Scheune, in der das Futter für die Schweine lagerte. Hinter dem Gehöft begann der Wald. So trollten wir 4 an jenem Tag noch so unbekümmert durch die Gegend, ich meine es wäre im Herbst ´85 gewesen. Nun wie auch immer. Wir waren halt in jenem Alter noch in unsere kindliche Phantasie behaftet und sammelten Kastanien, Eicheln und Bucheckern, um daraus komische Figuren zu stecken. Eine leuchte schon etwas kühlere Brise die bald den Winter ankündigt fegte durch die Bäume, Laub wirbelte auf. Als wir da so sammelten, da fiel den Zwillies Tabi und Kathi ein Mann auf, der am Waldesrand irgendetwas zu beobachten schien. Ein Mann, der uns mit dem Rücken entgegenstand, so das wir sein Gesicht nicht erkennen konnten. Die Zwillies und Olli kümmerten sich nicht weiter um diesen Herrn, sondern liefen unserem Hof entgegen, der sich ja jenseits des Waldrandes am Hang befand. Ich aber, wie schon gesagt, als Kind forsch und draufgängerisch gewesen, wollte doch mal wissen, wer denn jener Mann sei und was er da machte. Vielleicht war es ja ein Jäger, der auf Fasanen schießen wollte. Dann fiel mir auf das er nicht etwas beobachtete, sondern suchte. Langsam und gemächlich aber doch im Laufschritt lief ich zu dem Mann hin. Er hatte einen langen Lodenmantel an und trug so eine Schirrmütze, er mochte vielleicht so etwas über 50 gewesen sein. Als meine Laufschritte vernahm, drehte er sich um und ich bekam den Schreck meines Lebens.....Dieses Gesicht, diesen roten Bart, den er trug, eigentlich gar nicht so furchteinflößend, aber doch so markant, das er etwas ganz im Tiefen meiner Seele auslöste, was schon längst in Vergessenheit geraten war.Er war selbst ein wenig überrascht, aber durchaus freundlich und fragte mich: "Ich suche hier meinen Autoschlüssel, den habe ich verloren. Hast du ihn vielleicht gesehen ? Ich werde ihn wohl doch nicht mehr finden. So einen Scheiß, da muß ich doch nach Hause eilen und meinen Ersatzschlüssel fürs Auto holen....." Ich rannte was das Zeug hielt und ließ den verdutzten Mann einfach stehen. Ich weiß gar nicht, was mit mir los war. Was hätte mir der Mann den tun sollen. Ich hätte doch immer noch schreien können, denn mein Elternhaus war 100 m entfernt. Niemals sonst in meiner Kindheit war ich vor jemanden so davon gelaufen. Die kommenden Nächte konnte ich kaum ein Auge zu tun, denn Albträume verfolgten mich.....es waren immer wieder die gleichen Albträume: Es war ein wenig wie im Nebel und es war kalt: Ich marschierte durch einen Wald und dann sah ich einen Wagen auf mich zu kommen und anhalten. Es war ein älterer Wagen, der aus den 60ger Jahren stammen mußte und da stieg ein junger Mann aus, doch den Blick und seinen roten Bart werde ich nie vergessen und diese freundliche, aber unangenehme Stimme jenen Mannes, den ich am Nachmittag im Wald getroffen hatte. Er fragte wie er mir helfen könne und angstvoll sah ich mich um und führte ihn zu einem anderen Vehikel, der mir gänzlich unbekannt schien, aber doch so vertraut. Und dann zeigte ich ihm den einen Reifen, welcher platt wie eine Flunder schien, doch vom Mann hörte ich keinen Ton und statt dessen spürte ich wie sich eine kalte Hand nach meinem Nacken griff. Ich schrie in die Nacht hinein vor Schreck, von dem ich dann auch aufwachte.
Eine zweite unheimliche Begegnung
Es war irgendwann Anfang der 90ger Jahre, zu einer Zeit als ich etwa 14, 15 gewesen sein mochte. Dieses war auch die Zeit, wo viele aus meiner Klasse einen Tanzkurs besuchten und ich war mit dabei. Übrigens auch die Zwillies und Olli waren mit von der Partie.
Da die nächsten Tanzschulen in Gütersloh lag, machten wir 4 dort einen Tanzkurs im Standardtanz. Wir tanzten Disco-Fox, Walzer, Tango und wie diese Tänze alle heißen. Ich tanzte nicht mit einem der Zwillinge, auch vor allem Respekt den beiden gegenüber, die sich zu schönen Teenager gemausert hatten.
Aber auch wenn ich die beiden schön fand, so waren es doch nur gute Freunde. Ich war in der hiesigen Welt der Tanzschule einer der Stars, Frühentwickler, aus dem Stimmbruch schon raus, wenig Pickel im Gesicht und ewig smilend an den hübschen Teenies vorbei. Ich tanzte mit Lucy, Jenny, Nicole oder auch mit der schönen Isabella, einem spanischen Mädchen, die mir nach dem Tanzkurs noch den Flamenco beibringen wollte, welcher Tanz ja nun nicht zum Standardtanz- programm gehört.
Wie auch immer, ich war einige Zeit dabei und auch nachdem die Schülergrundkurse vorbei waren, war ich der Tanzschule noch treu geblieben, Tabi, Kathi und Olli fanden den Weg einfach zu weit und weder deren Eltern noch meine Mutter waren willig und bereit uns jeweils einmal die Woche nach Gütersloh zu kutschieren. Da ich aber unbedingt weiter tanzen wollte, war ich halt auf den Bus angewiesen, in welchem ich mit Umsteigen Gütersloh binnen einer Stunde erreichte.
Nun es war an einem Winterabend ich meine im Jahre 93, als ich von Gütersloh zurück nach Borgholzhausen wollte. Der Tanzkurs war so gegen 19.00 Uhr zu Ende gewesen. Ich fuhr mit der Buslinie bis nach Halle und von dort mußte ich dann nach Borgholzhausen umsteigen. Auf dem Weg von Gütersloh bis nach Halle war ich schon einer der wenigen Fahrgäste und mehr und mehr stiegen es, es schien keine weitere Person mehr zu zusteigen. Der Busfahrer war schlecht gelaunt, denn die Wetterpropheten hatten für die nächsten Tage Eisregen angekündigt, welcher dem Busverkehr stark einschränken würde und so brummte der Busfahrer nur irgendwas von hoffentlich bald Urlaub vor sich hin.
Auf jeden Fall war ich der einzigste Fahrgast, der in Halle ausstieg und der Busfahrer fuhr einfach davon und ließ mich auf dem verlassenen Busbahnhof zurück, der keine Seele aus meiner zu beherbergen schien. Ich war in Gedanken noch bei Isabella, jener etwas eingebildeten aber perfekten Tangotänzerin, die mir ganz warm ums Herz werden ließ. Nun begann es zu winden und es war eiskalt. Der befürchtete Eisregen kam nieder. Aber was war das, ich wartete und wartete und der Bus, der nach Borgholzhausen fuhr schien gar nicht einzutreffen. Nun ich hatte mich schon bei dem Gedanken ertappt selbst in die Dunkelheit nach Hause zu laufen, aber der Gedanke daran war nicht gerade verlockend, denn erstens verwandelte sich der Eisregen schnell in eine Eispartie und zweitens hätte ich noch eine Strecke von 7 Kilometern vor mir, eine Strecke, die ich nur ein paar Mal in meinem bisherigen Leben gewandert bin als Kind mit meinen Eltern in den Alpen und danach hatte ich nur herum gequengelt. Und dann kam er endlich, aber verspätet, ganze 25 Minuten kam er zu spät und was war die Resonanz des Ganzen, es war auch ausgerechnet noch der gleiche Busfahrer wie vor einer Stunde. Dieses Mal allerdings schien er ein wenig freudiger drein zu blicken.
"Das gibt es doch gar nicht. Da fahre ich noch bis nach Werther und Häger, wo kein Passant aus-und einsteigt und lasse Dich hier in der Kälte zurück, wo ich doch auch in Borgholzhausen Endstation habe. Nun die Fahrroute ist leider so, denn jetzt fahre ich ja gerade auf einer anderen Linie von Werther über Halle nach Borgholzhausen und vorher fuhr ich auf der Linie 16 von Gütersloh nach Werther über Halle," meinte er zu mir und setzte sich schweigend ans Steuer. "Nun, die Fahrt wird ein wenig länger dauern als geplant, ich muß leider auch eine Stops einlegen u.a. in Hesseln, das sieht der Fahrplan leider so vor. Keine Ahnung, was ich bei diesem Wetter mit meinem Bus in so einer Gott-verdammten Gegend soll."
Und so fuhren wir los, allerdings ganz langsam und mit nicht mehr als 20 oder 30 Stundenkilometern, auch auf der Landstraße, wo Tempo 70 vorgeschrieben war. Der Bus machte einen kleinen Abbieger in ein Tal, wo auch ein Freudenhaus lag, aber in der Stille des Abends war nur der Regen zu vernehmen, denn in diesem schien auch heute kein Licht an zu sein. So fuhr der Bus wieder zurück zur Hauptstraße, dann allerdings hielt er plötzlich. Und die Türen des Buses öffneten sich. Eisige Kälte kam von Draußen herein. Und dann bekam ich wieder den Schock, den ich Jahre zuvor erfahren hatte und den ich fast wieder aus meiner Erinnerung gestrichen hatte, wie mit ihm die Alpträume...es war wieder der rothaarige Mann mit dem Vollbart, dessen Bart nun allerdings schon von einigen grauen Haaren durchzogen war. Wie konnte mir jene Person bloß so viel Angst einjagen. Ich tat so als ob ich schlief und Gott-sei-Dank setzte sich der Mann auf eine der vorderen Sitzplätze im Bus.
So fuhren wir langsam Richtung Borgholzhausen, wo ich dann auch schon rasch nicht an der Haltestelle vor unserem Haus ausstieg, sondern schon 2 Haltestellen davor am Ortsanfang. Der Mann schien Gott-sei-Dank weiter zu fahren.
Und ich rannte was das Zeug hielt nach Hause, doch es nützte mir nichts, denn in jenem Augenblick, wo ich fast bei unserem Haus angelangt war, sah ich wie just in dem Moment der besagte Mann an der Haltestelle ausstieg, die vor meinem Haus stand. Ich ergab mich wieder nicht zu erkennen, sondern rannte zur Haustür, wo ich Sturm klingelte, obwohl ich doch einen Haustürschlüssel besaß. In der folgenden Nacht hatte ich wieder diesen Alptraum, welcher mich schon 2 oder 3 Jahre nicht verfolgt hatte, diesmal allerdings spielte es sich ein wenig anders ab, beziehungsweise er war länger als die Alpträume, die ich früher hatte, sonst aber hatte er den exakten Inhalt: Ich war auf einer Party und wir tanzten in fröhlicher Gesellschaft, was mich im nach hinein allerdings stutzig machte, war das ich mit einem Mann tanzte und das zu Musik von Beatles und The Who, dabei war doch meine Vorliebe zu dieser Zeit für Bands und Dancefloor-Acts wie 2 unlimited oder Mr. President oder auch Dr. Alban. Es wunderte mich wirklich wie ich zu dieser grausamen Musik das Tanzbein schwingen konnte. Auf jeden Fall hatte ich mit diesem jungen Mann, nicht übel vom Typ, auch wenn ich tendenziell doch mehr zum weiblichen Geschlecht neige, aber ich fühlte mich total sicher in seinen "Armen". Er wollte mich noch nach Hause bringen, aber ich verneinte. So verließ ich die Party alleine und begab mich zu meinem Auto. Ich mußte irgendwo in Bielefeld sein und dann fuhr ich los. Doch ich verließ die Stadt nicht etwa über den Ostwestfalenring, sondern nahm die Hauptstrasse durch die Stadt, was mich im Nachhinein nach dem Aufwachen stutzig machte, nehme ich doch sonst immer den Ossi, wenn ich in Bielefeld bin. Und dann vor ich irgendwo Richtung Halle, so nehme ich an, da kam mein Wagen ins Schleudern und ich mußte anhalten. Es war kein Auto mehr weit und breit und ich war an einem Waldrand. Es war ein wenig wie im Nebel und es war kalt: Ich marschierte durch einen Wald und dann sah ich einen Wagen auf mich zu kommen und anhalten. Es war ein älterer Wagen, der aus den 60ger Jahren stammen mußte und da stieg ein junger Mann aus, doch den Blick und seinen roten Bart werde ich nie vergessen und diese freundliche, aber unangenehme Stimme jenen Mannes, den ich am Nachmittag im Wald getroffen hatte. Er fragte wie er mir helfen könne und angstvoll sah ich mich um und führte ihn zu einem anderen Vehikel, der mir gänzlich unbekannt schien, aber doch so vertraut. Und dann zeigte ich ihm den einen Reifen, welcher platt wie eine Flunder schien, doch vom Mann hörte ich keinen Ton und statt dessen spürte ich wie sich eine kalte Hand nach meinem Nacken griff. Ich schrie in die Nacht hinein vor Schreck, von dem ich dann auch aufwachte.
Eine dritte unheimliche Begegnung
Vor 1 Jahr dann war es soweit: So war es jene Begegnung, welches das Faß zum Überlaufen brachte. Aber war es nicht auch an der Zeit diesem unheimlichen Phänomen auf die Spur zu kommen, welches mich nun seit Kindheitstagen verfolgte ? Wie dem auch sei, ich möchte hier Punkt für Punkt aufführen, was passierte:
Ich war nun also inzwischen erwachsen und Mitte 20, 10 Jahre waren fast vergangen, seitdem ich den unheimlichen Rotbärtigen das letzte Mal im Bus nach Borgholzhausen sah. Mein Wirkungskreis hatte inzwischen größere Radien angenommen, denn nun war ich Student in Osnabrück im 7. Semester in dem Fach Architektur. Ich war Zeit meines Lebens von der Bauweise und Konstruktion alter Häuser fasziniert, sei es alte Burgen oder Fachwerkhäuser, welche die Landschaft meiner Heimat säumten. Mein Ziel war es Baustile zu entwickeln, die nicht diese Ecken und Kanten besaßen, wie jene Milleniumbauwerke, welche typisch scheinen für den Baustil des ersten Jahrzehnts im neuen Jahrhundert.
Ich hatte es nicht weit nach Osnabrück, auch wenn meinen Eltern Bielefeld als Studienort näher schien. Nun ich hatte mir bis zum Ende meines Studiums vorgenommen noch eine Weile im Hotel Mama zu verweilen, da meine finanziellen Mittel in jenem Jahr noch sehr begrenzt waren, angesichts hoher Arbeitslosigkeit welches ein Problemkind der heutigen Zeit zu seien scheint.
So blieb mir nur die Möglichkeit bei einer Freundin in Dissen auszuhelfen. Sie hatte ihren eigenen Skulpturenpark und war gleichzeitig Innendekorateurin. So half ich ihr unter die Arme, wenn sie am Wochenende die Werkstatt aufgeräumt haben wollte oder ich dekorierte nach ihren Vorstellungen, so das ihre potenziellen Kunden ganz angetan war. Natürlich versuchte ich als zukünftiger Architekt meine Vorstellungen einzubringen. Nun es ist sicherlich nicht ganz einfach wenn Mann und Frau, die sich in der gleichen Altersgruppe befinden, beide auf Solopfaden schreiten, so zusammen arbeiten. So war es auch bei uns und je länger ich in Nadines Atelier wirkte und arbeitete, desto mehr empfanden wir für einander, so war es zumindest von meiner Seite aus.
Ich war früher sicherlich etwas arrogant gewesen, da mir das Abitur relativ spielend in die Hände viel, war aber durch private Schicksalsschläge in den letzten Jahren ein wenig zurück auf den Teppich gekommen....schuld daran war unter anderem ein Unfall 2 Jahre zuvor, wo mein bester Freund sich "nicht ganz nüchtern" ans Steuer setzte und mit mir und ein paar anderen Leuten auf "Sauftour" fuhr. Es war ein sehr guter Freund, denn ich allerdings in früheren Jahren noch nicht kannte, sondern erst auch der Uni in Osnabrück kennen- und schätzen lernte. Ja ich möchte bis heute behaupten, daß er mir das erste Mal das Gefühl vermittelte ein echter Freund zu sein. Sicher ich hatte früher viele Kinder-und Jugendfreundschaften, aber im Gegensatz zu seiner Freundschaft waren jene nur oberflächliches Geplänkel, genauso wie meine Liebes-beziehungen, die ich bis dato hatte. Auf jeden Fall kam es wie es kommen mußte, wir fuhren auf einer regennaßen Straße bei Bielefeld und wir scherzten, kicherten, ja und dann landeten wir samt unseres Autos vor einem Baum.....wir alle schwebten zwischen Leben und Tod, ja sogar ich für eine Zeit und es war furchtbar....es war als ob mich eine schwarze Wand durchbrach und ich wußte nicht, was mit mir geschah....das Leben lief vorbei an mir wie ein Film und dann war es da schon wieder dieser Traum, welcher mich dann auf der Intensivstation erwachen ließ. Ich erwachte, aber mein Freund war tot. Und mein furchtbarer Traum war zurück gekehrt, den ich seit mindestens 5 Jahren nicht mehr geträumt hatte. Seit jenem Jahr wurde ich ernster, bescheidener und danach lernte ich Nadine kennen, welcher ich das erste Mal in der Klinik begegnete und welche mir die Form und die Farben ihrer Skulpturen näherbrachte, so daß ich fortan bei ihr in ihrem Atelier auf 400,-- Euro-Basis arbeitete. Kommen wir nun wieder zurück auf das Erlebnis, was mich aber vor einem Jahr ereilte. Es war Samstags und wir hatten viel zu tun....es war ein sommerlicher Tag und keine Wolke schien den Himmel zu trüben. Sie arbeitete an einer Skulptur, die in Gips gegossen war, da klopfte es an der Tür. Als sie öffnete – ich war gerade in den hinteren Räumen ihres Ateliers, da stand er wieder da, der rotbärtige Mann, dessen Bart mittlerweile fast vollständig ergraut war. Ich sah ihn nicht, aber ich spürte ihn, obwohl er noch nichts sagte. Es war als ob schon seine Aura Unheil ankündigte. Dann hörte ich wieder seine Stimme, welche mich diesmal noch mehr schockierte, als beim letzten Mal fast 10 Jahre früher. Was wollte er denn nur hier ? Nadine bediente ihn schon, während ich mich vorsichtig umdrehte, ihn sah und schnell vor die Werkstatt eilte, denn ich wollte nur weg aus dem Atelier...alles schien sich zu drehen. Nach einigen Minuten, nachdem ich ihn nicht mehr im Atelier vermutete, ging ich wieder rein und tatsächlich war er verschwunden. Nadine war ganz überrascht und hatte mich schon gesucht, wo ich denn wär. "Weißt du was Nadine, ich kenne diesen Mann, obwohl ich ihn nur 3 mal in meinem Leben sah....nur 3 mal sah ich ihn, aber ich verbinde etwas ganz schreckliches mit ihm." "Das finde ich aber komisch, du hast ihn doch nur 3 mal gesehen," entgegnete sie. "Aber er scheint auf alle Fälle trotzdem ein komischer Kauz zu sein. Er fragte mich, ob ich ihm eine Skulptur anfertigen könnte....aus Gips, menschengroß. Er reichte mir ein Foto...ein Foto, daß aber schon über 30 Jahre alt ist. Eigentlich stelle ich nur Figuren nach eigenen Vorbildern oder Fantasie- figuren her, aber er bat mich sehr darum und ich konnte ihm den Vorschlag nicht abschlagen, denn er will gut bezahlen, was ja gerade in der heutigen Zeit nicht selbstverständlich ist. Sie reichte mir das Bild und dann fiel ich zusammen....ich bekam einen Ohnmachtsanfall, einfach so. Und während des Ohnmachtsanfall hatte ich wieder jenen Alptraum welcher mir nun allmählich mehr Klarheit geben sollte. Und wieder ging er so los: Ich war auf einer Party und wir tanzten in fröhlicher Gesellschaft, was mich im nach hinein allerdings stutzig machte, war das ich mit einem Mann tanzte und das zu Musik von Beatles und The Who, dabei war doch meine Vorliebe zu dieser Zeit für Bands und Dancefloor-Acts wie 2 unlimited oder Mr. President oder auch Dr. Alban. Es wunderte mich wirklich wie ich zu dieser grausamen Musik das Tanzbein schwingen konnte. Auf jeden Fall hatte ich mit diesem jungen Mann, nicht übel vom Typ, auch wenn ich tendenziell doch mehr zum weiblichen Geschlecht neige, aber ich fühlte mich total sicher in seinen "Armen". Er wollte mich noch nach Hause bringen, aber ich verneinte. So verließ ich die Party alleine und begab mich zu meinem Auto. Ich mußte irgendwo in Bielefeld sein und dann fuhr ich los. Doch ich verließ die Stadt nicht etwa über den Ostwestfalenring, sondern nahm die Hauptstrasse durch die Stadt, was mich im Nachhinein nach dem Aufwachen stutzig machte, nehme ich doch sonst immer den Ossi, wenn ich in Bielefeld bin. Und dann vor ich irgendwo Richtung Halle, so nehme ich an, da kam mein Wagen ins Schleudern und ich mußte anhalten. Es war kein Auto mehr weit und breit und ich war an einem Waldrand. Es war ein wenig wie im Nebel und es war kalt: Ich marschierte durch einen Wald und dann sah ich einen Wagen auf mich zu kommen und anhalten. Es war ein älterer Wagen, der aus den 60ger Jahren stammen mußte und da stieg ein junger Mann aus, doch den Blick und seinen roten Bart werde ich nie vergessen und diese freundliche, aber unangenehme Stimme jenen Mannes, den ich am Nachmittag im Wald getroffen hatte. Er fragte wie er mir helfen könne und angstvoll sah ich mich um und führte ihn zu einem anderen Vehikel, der mir gänzlich unbekannt schien, aber doch so vertraut. Und dann zeigte ich ihm den einen Reifen, welcher platt wie eine Flunder schien, doch vom Mann hörte ich keinen Ton und statt dessen spürte ich wie sich eine kalte Hand nach meinem Nacken griff. Ich schrie in die Nacht hinein vor Schreck, (und an jener Stelle ging der Alptraum weiter, ich mußte feststellen das ich nicht an dieser Stelle aufwachen sollte, wie bisher) und ich hörte eine Stimme, die mir zu flüsterte: "Ganz ruhig. Wir beide sind hier draußen ganz alleine...nur du und ich. Ich habe solange davon geträumt, ist es nicht eine schöne Nacht hier draußen ?" "Wer sind Sie ?" fragte ich ihn erschrocken, mit einer Stimme die mir fremd und doch so vertraut erschien. "Wer ich bin, tut nichts zur Sache. Einmal sah ich dich und ich war unsterblich in dich verliebt....ich war dir nie begegnet, bis ich endlich die Gelegenheit war nahm dich heute Abend wieder zu sehen. Kennst du Waldemar, er sagte mir, daß du heute auf der Party bist. Leider kam ich ja nicht dort rein. Aber ich habe schon so lange, lange nach dir gesucht, dich gefunden und nun sind wir hier....- wir sind wie füreinander geschaffen. Bloß diese eine Nacht..." Ich geriet immer mehr in Panik. "Ich möchte meine Traumfrau sterben sehen, sie soll mich begehren bis der Tod uns scheidet ! Ich möchte sie ganz ausgeliefert sehen in meinen Armen...." Schnell versuchte ich aus seinem eisernen Griff zu entkommen. Aber es ging nicht. Der weitere Fall des Traumes wurde immer schlimmer und schlimmer und ich möchte es keinem Menschen wünschen so etwas durchzumachen. Jedenfalls vergewaltigte mich der Rotbärtige und dann behandelte er mich mit einem Messer, welches er mit Wollust benutzte um in meinem Körper seine Zeichen der Liebe zu setzen. Er wollte jemanden finden, die ihn so liebt, daß sie für ihn sterben würde. Da er das nicht bekam, mußte er wohl selbst Hand anlegen. Dann fiel ich wieder in eine Art Ohnmacht und wieder schien ich zu erwachen: Diesmal legte sich ein Nebelschleier um mich und ich hatte das Gefühl mein toter Freund würde vor mir stehen, der Freund, den ich bei dem Autounfall verloren hatte. Er schien mich zu streicheln und flüsterte mir ins Ohr: "Alles wird gut."
Doch dann lichteten sich meine Augen und ich sah Nadine neben mir stehen...ein Arzt war neben ihr und meinte alles wäre mit mir in Ordnung. Er könne keinen Grund feststellen, weswegen ich einen Ohnmachtsanfall erlitten habe, aber es hätte keineswegs mit Epilepsie zu tun, wo die Syndrome andere sind. Aber ich sollte zur Sicherheit noch einmal mich ambulant im Krankenhaus untersuchen lassen.
Geschichte eines Fotos
So ließ ich mich noch einmal im Krankenhaus durchchecken und man fand keinen Bezug zu einer Epilepsie oder anderer Nervenerkrankung. Dabei war ich psychisch so labil, daß sich meine Eltern wirklich fragten, weswegen ich immer so hysterisch reagieren würde. Nun es dauerte ein paar Wochen und da gab sich das Ganze Gott-sei-Dank und kaum jemand sprach mich nochmals wegen des Ohnmachtsanfalls an. Aber Nadine, sie ließ nicht locker und wollte alles genau wissen. Dann erzählte ich ihr von jenen Träumen, die sich immer wieder wiederholten, nachdem mir der rotbärtige Mann erschienen sei und das diese immer länger wurden und ich in diesen Träumen vergewaltigt und böse verletzt wurde. Sie merkte, daß mich diese Träume wie absolute Abscheu verfolg-ten...ich kann es mir nicht erklären warum. Aber ich erzählte mir auch, daß als ich erwachte ich meinen toten Freund vor Augen sah, der mich streichelte, dabei war es Nadine, die dieses tat.
Nadine war jemand, die gläubig war, sie glaubte nicht nur an Gott, im Gegensatz zu mir (zumindest war ich während meiner Jugend ein absoluter Atheist, erst seit dem Unfall begann ich an so jemand zu glauben, der so etwas ist wie ein Gott.), sondern sie war auch überzeugt davon, daß es so manche übersinnliche Erfahrungen gab, der mit den heutigen Mitteln der Wissenschaft nicht beizukommen ist. Da meinte sie zu mir: "Weiß du an was ich glaube....ich glaube deine Erlebnisse sind wirklich passiert und Rotbart hat direkt damit zu tun, ja ich glaube gar er hat ein abscheuliches Verbrechen begangen."
"Und was soll ich dabei für eine Rolle gespielt haben ?" fragte ich ganz verwundert. "Nun, ich möchte da nicht einmal dran denken, aber vielleicht bist du das ermordete oder vergewaltigte Opfer gewesen...," gab sie mir als Antwort.
"Jetzt lach nicht – weißt du was Reinkarnation ist ?"
Reinkarnation, was sollte denn das für ein Hokuspokus sein. Ok, das es ein Leben nach dem Tod geben kann, das akzeptierte ich noch, aber das mit der Reinkarnation war doch purer Humbug....ja natürlich wußte ich, was es war....das wir schon einmal in früheren Erdenleben gelebt haben und nun in einem anderen Körper stecken.
Dann aber begann ich langsam zu begreifen, was Nadine mir damit sagen wollte. Es war sicherlich erst nur eine theoretische Überlegung, aber es war etwas was die Träume erklären konnte, das dieses alles nicht in der heutigen Zeit spielte, das Rotbart viel jünger war....waren wir also nun auf der Spur nach einem schrecklichen Verbrechen. War Rotbart deswegen in den Knast gekommen ? Ok, dachte ich, nehmen wir an das Ganze passierte so um 1970 rum. Er wurde vielleicht ein paar Jahr später verhaftet und kam, wie es halt hier in Deutschland zu üblich ist wieder Mitte der 80ger Jahre frei, wo ich ihn das erste Mal als Kind sah. Aber vielleicht wurde er niemals verurteilt und das Verbrechen ist bis heute ungesühnt geblieben.
Wir schauten uns nun gemeinsam das Foto an, welches Rotbart zurück gelassen hatte. Es war schon recht vergilbt, aber das Mädchen, welches darauf zu erkennen war konnte man noch genauso gut erkennen, als wenn das Foto gerade erst geschossen worden wäre. Auf der Rückseite stand 1.6.67 und der Name der Frau: "Marlene im unserem Garten in Werther."
Dieses Gesicht kam mir so bekannt vor und ich fühlte mich geradezu zu diesem Mädchen hingezogen.
Um mein Problem mit Rotbart endgültig lösen zu können, mußten wir herausfinden, wer denn dieses Mädchen sei. Aber natürlich war es auch wichtig, wo Rotbart wohnte....er stellte sich nur als ein Herr Rehkämper vor, so meinte Nadine, welcher in einem Teil von Bielefeld beheimatet ist – jedenfalls hatte er eine Telefonnummer hinterlassen, welche Bielefelder Vorwahl besaß. Er war nicht willig seine Adresse Nadine preiszugeben, denn schließlich besaß sie ja seine Telefonnummer und er leistete ihr für die Arbeit schon Vorkasse.
Ich wollte mich nicht länger verstecken und so begab ich mich in den darauf folgenden Tagen nach Werther, um nach dem Mädchen Ausschau zu halten, welche Marlene hieß.
Ich wußte nicht genau, wo wir anfangen sollten, aber wenn es wirklich einen Mord in dieser Gegend gegeben hätte, dann müßte er irgendwo dokumentiert sein. So ein Mord in dieser Gegend müßte doch noch Jahrzehnte später Wellen der Empörung hoch schlagen, aber in unserer immer brutaler werdenden Welt ist heute so ein Mord nichts besonderes mehr, passiert er doch in so ein relativ einsamen Gegend an den Toren Niedersachsens auch schon mehrmals im Jahr.
In Werther dann versuchten wir, das heißt ich und Nadine ein paar Leute zu interviewen, um mehr über diese Marlene herauszufinden. Wir kamen dabei schon nach ein paar Befragungen auf die richtige Spur, denn Leute, die bereits die 40 überschritten hatten, konnten uns scheinbar etwas über eine Marlene berichten. Ein Passant, den wir in der Werther Innenstadt befragten, gab uns folgendes Protokoll zum Ausdruck....
"Marlene, die Marlene ? Das gibt es ja gar nicht...woher haben Sie denn dieses Foto ? Wissen Sie was, ich habe mit Marlene zusammen studiert und dann verloren wir uns irgendwie aus den Augen, denn sie brach ihr Studium ab und jobbte irgendwie in Bielefeld, denn viele meiner Kollegen waren ihr dort noch manchmal begegnet. Ob sie nun in Bielefeld oder in Werther wohnte, das kann ich nicht sagen. Früher stammte sie jedenfalls aus Werther.
Es war schon ein ziemlich heiße Zeit damals. Und sie war ein bildhübsches Mädchen...wirklich. Aber dann geschah dieser entsetzliche Mord. Ihr Name wurde damals gar nicht groß an die Glocke gehängt, daher ist vielen Leuten es recht unbekannt, das Marlene ermordet wurde....das muß irgendwo damals unterhalb des Bielefelder Fernsehturmes stattgefunden haben. Ihre Eltern, so berichten die Leute, behaupteten, um nicht zu sehr in das Visier der Öffentlichkeit zu kommen, daß sie relativ schnell an Krebs verstarb. Doch jeder Nachbar kannte die Wahrheit, nur Leute, die von weiter weg kamen, hatten zwar von dem Mord gehört, nicht aber um welche Person es sich dabei handelte.
Das muß so um 1970 herum gewesen sein....ich weiß jedenfalls nur, daß Willy Brandt schon Bundeskanzler von Deutschland war. Aber zu der Zeit gehörte Werther noch nicht zum Kreis Gütersloh, welches 1973 geschah. Entweder 70 oder 71 muß das dann also gewesen sein."
So ließ er mich und Nadine fragend zurück. Was uns allerdings wunderte, war die Tatsache, daß die Leute uns nicht nach der Herkunft des Fotos fragten. Und so war mir auch an jenem Abend nicht ganz wohl, wußte ich doch mehr, als es die Polizei vielleicht jemals herausgefunden hatte. Von anderen Leuten erfuhren wir dann den Nachnamen, aber im Internet war auch nicht viel über jene Marlene herauszufinden, da wie schon erwähnt die Eltern dieses Mädchens damals die Presse um Deskretion gebeten hatten.
Der Hengst
Ich wollte eigentlich nicht weiter meinem früheren Ich nacheifern, aber nur wenn ich mich der Vergangenheit stellen würde, würde eine große Last von meiner Seele genommen. Deshalb hielten ich und Nadine es doch für das Beste ihren Eltern einen Besuch abzustatten. Wir wir mitbekommen wohnten sie aber nicht mehr in Werther, sondern weiter Richtung Brockhagen. Die Adresse bekammen wir dann durch frühere Nachbarn heraus. So lag ein einsamer Kotten am Waldrand in Richtung des besagten Ortes Brockhagen und es war ein Fachwerkhaus, so wie ich es von zu Hause kannte. Zu diesem Anwesen gehörte noch eine Pferdekoppel und ein Hengst mit einem weißen Fleck auf der Stirn kam uns entgegen geritten, als ob wir Freunde wären, die nach langer, langer Zeit wieder nach Hause kommen würden.
So hielten wir uns aber nicht weiter mit dem Hengst auf, der freudig wieherte und mit den Hupfen scharrte, sondern wir näherten uns der Haustür, die dem Anwesen einen modernen Look gab, denn mit Glasmosaiken paßte sie so gar nicht zu dem gut erhaltenen Fachwerkgemäuer.
Ich und Nadine wußten nun nicht genau, wie es weiter gehen sollte, denn was sollten wir den tottraurigen Eltern erzählen, wenn wir auf Marlene zu sprechen kommen wollten.....vielleicht, das ihre tote Tochter zurück gekehrt sei ? Wir mußten das Pferd von hinten aufzäunen, denn wir müßten uns erst einmal das Vertrauen dieser Leute holen, um näheres zu erkunden. Ich wußte allerdings nicht, ob ich wirklich innerlich stark genug war "meinen Eltern" nach 33 Jahren zu begegnen ?! War ich es denn nicht, der so lange Zeit brauchte, um mit der Begegnung meines Mörders fertig zu werden, welcher mir so schwere düstere Träume bescherrte, aber dann erinnerte ich mich wieder an die Worte meines toten Freundes, welcher an meinem Krankenbett gegenwärtig war: "Alles wird gut...."
Nadine und ich fanden, daß es wohl das Beste wäre, wenn wir vielleicht über den Hengst erst sprechen würden, denn Nadine ritt öfters auf Turnieren und Pferde mit einem weißen Fleck auf der Stirn hatte sie schon des öfteren gesehen. So fand sie das dieser Hengst dann auch der Grund des Besuches sein sollte. Wir würden meinen "früheren Eltern" eine Geschichte auftischen wollen, wo wir auf der Suche nach einem legendären Hengst "Silberblitz" wären, welche des öfteren bei Turnieren teilnahmen, allerdings war dieser Silberblitz in Wirklichkeit ein alter Klepper, welcher nun noch sein Gnadenbrot bekam, aber er war auch in dieser Gegend zu Hause.
Wir klingelten und eine alte Frau mit schlotterweißen Haar öffnete die Türe mit den Mosaiken. Sie war sehr überrascht über unseren Besuch, aber als wir von dem Hengst erzählten, welchen wir nachreisen wollten, erhellte sich ihr faltiges Gesicht, wo sie sich all die Jahre zuvor zu grämen schien: So sah ich es als guter Menschenkenner ihrem Gesicht an.
Sie erzählte uns die Geschichte von dem stolzen Hengst, der uns so vertraut schien, das er auch schon fast 20 Jahre alt wäre, aber immer noch vor Kraft strotzt und das seine Mutter von ihrer Tochter geritten wurde, bis diese viel zu früh im Alter von 25 Jahren ganz unerwartet starb, das sei wohl im Sommer 1971 gewesen. Ganz vorsichtig versuchte ich an jener Stelle nachzuharken und Nadine wollte mich daran aber hindern und ging noch näher auf den Hengst ein. Nicht Silberblitz war sein Name sondern Marlon, was mich ein wenig hochfahren ließ, denn Marlon war ja die männliche Form von Marlene. Und auch Nadine schien einiges klarzuwerden, denn sie hatte mal öfters früher auf einem Reiterhof ein Pferd namens Marlon ausgeritten und dieser Pferdehof hieß Grünings Busch und befand sich nicht weit von Rheda-Wiedenbrück, welches etwa 25 km von Borgholzhausen in südwestlicher Richtung liegt.
Die alten Dame meinte freudig, daß es sehr wohl sein könnte, das Nadine auf dem Hof von Grünings Busch ein Pferd namens Marlon geritten hätte, denn sie habe das Pferd zur Pflege im Sommer öfters dort gelassen. Daher war das Pferd scheinbar Nadine noch vertraut. Dann machte die alte Frau ein Angebot, daß sie uns das Pferd verkaufen könnte für einen niedrigen Preis von etwa 250,- Euro, denn das Pferd könnte ein paar Jahre noch geritten werden, denn bei guter Pflege könnte es noch mindestens 5 Jahre leben.
Sie sei es leid den stolzen Hengst zu versorgen, denn sie und ihr Mann seien zu alt und kämen nicht mehr auf den Rücken des Pferdes.
Diese ganze Geschichte und ihre Zusammenhänge verwirrten mich doch sehr, denn was waren dieses für Verstrickungen, das Nadine tatsächlich früher einmal das Pferd ritt, dessen Mutter ich in meinem früheren Leben geritten hatte.
Für mich jedenfalls schien diese Geschichte erst einmal erledigt. Sollte Nadine doch mit Marlon machen, was sie wollte. Ich hatte zu dieser Zeit genug vom Rotbärtigen, von Pferden und der Suche nach dem Mörder meines früheren Ichs.
Die Vergangenheit lässt nicht ruhen
Nadine ließ nicht locker und meinte ich müsste mich auch weiter meiner Vergangenheit stellen, solange bis der Rotbärtige unschädlich gemacht würde und hinter Schloss und Riegel landete. In dieser Zeit wollte ich nicht wirklich oft mehr mit Nadine zusammen sein, es kriselte in unserer Beziehung und überhaupt schien die ganze Sache aus dem Ruder zu laufen.
Ich ging meiner Wege und hatte ihr dieses auch signalisiert, dass ich sie fortan nicht mehr allzu oft sehen wolle. Das ich auch nicht mehr in ihrem Atelier arbeiten würde und es wäre mir ganz egal, ob der Rotbärtige die Skulptur der Ermordeten abholen würde oder nicht. Nadine war von der ganzen Sache sehr ziemlich fertig und sie machte mir einige Vorwürfe, das doch auch ich die Schatten meiner Vergangenheit aufarbeiten wollte. Sie hätte mir zu liebe das Tier Marlon gekauft, dabei versetzte mir der Anblick des Hengstes jedesmal einen kalten Schauer, denn ich kannte nun die Geschichte seiner Mutter.
Aber egal was ich nun auch tat, um mich nun von gewaltsam von den Schatten meiner Vergangenheit zu trennen, sie würden mich solange verfolgen, bis mein tiefstes Seelenleben Gerechtigkeit empfing. Gerechtigkeit für das, wofür meine Seele so unendlich bluten müsste. Ich fühlte mich, als wären 2 Seelen in meiner Brust, mein eigentliches Ich, welches sich von dieser grausigen Vergangenheit trennen wollte und mein Unterbewusstsein, welches immer wieder die Erinnerungen hoch holte, solange bis sie gelöst würden.
So schritt ich an diesem Sonntag alleine durch das Hesseltal, nicht weit von meiner Heimat. Hier gab es ein bekanntes Bordell, dass "Landhaus Zum scharfen Stecher" hieß. Nun normalerweise war es nicht mein Ding so etwas mir anzutun, aber ich war in diesem Sonntag doch irgendwie frustriert. War ich doch derjenige, welcher mit Nadine hatte Schluss gemacht und nun tat ich etwas, was ich sonst zuvor nie tat in meinem diesigen Leben, ich ging in das Bordell....einfach so aus Frust, wo ich doch Nadine sehr lieb hatte und schmerzlich vermisste, wollte ich mich nun an jemand abreagieren, meinen sexuellen Frust wollte ich abreagieren.
Es war schon ein recht komisches Freudenhaus, da schritten doch draussen ältere Spaziergänger vor dem Haus umher um vielleicht eine Wanderung zur Burg Ravensberg zu machen und ich ging in das Bordell, wo innen überall roter Teppich auslag und die Lampen im Inneren bestanden aus chinesischen Papier- laternen, die mit irgendwelchen Kamasutra-Motiven bemalt waren. So empfing mich auch als erstes ein hübsches Thai-Mädchen.
Da sie mir zumindest optisch gefiel, ließ ich mich auf sie ein und wir machten ganz normalen 08/15-Sex miteinander. Meine Gedanken waren aber nicht im Bordell, sondern bei dem Hengst Marlon und bei Nadine und das Groteske war nun halt, das unter mir nun nicht Nadine lag, sondern ein wildfremde Frau, die auch anschließend noch dafür Geld verlangte und diese Rechnung, die sie mir präsentierte hatte sich gewaschen. "Sex De Luxe" wurde ja schließlich geboten in einem exklusiven Landhaus, wo die meisten Bardamen nicht zu Billiglöhnen arbeiteten, denn hier bekam noch jeder für seine Leistung, was er verdient.
Etwas später setzte ich mich dann noch mit dem Thai-Mädchen an die Bar, da mir nicht daran lag eine Frau einfach flach zu legen ohne ihre Herkunft oder ihren Arbeitsalltag zu kennen. Sie gab mir so bereitwillig Antwort, außer das sie mir die Namen der Kunden nicht verriet, auch ob sie nun eine Arbeitserlaubnis in Deutschland hatte, verriet sie nicht, aber ich wollte ihr auf keinen Fall hinterher schnüffeln. Sie sprach von einigen Kunden u.a. einem älteren Mann, der irgendwo in einem einsamen Haus im Teutoburger Wald hauste – ein seltsamer Mann, aber er kam immer Mittwochs und immer zu ihr, selbst im tiefsten Winter und das schon seit Jahren. Früher war noch "Baller-Bella" seine bevorzugte Nummer gewesen, dann sei Baller-Bella aber auf misteriöse Weise verschwunden und da steckten keine Schlepperbanden oder Zuhälter hinter. Danach war auch der Rotbärtige für ein paar Jahre verschwunden, bis sie dann auftauchte. Ihren Namen wollte sie mir nicht nennen, aber alle kannten sie nur unter dem Namen "Lotusblüte".
Der Rotbärtige, da war er wieder dieser Bursche, wieso kam ich bloß immer wieder in seinen Dunstkreis. Wieso erzählte mir ausgerechnet "Lotusblüte" von ihm, hätte ich doch niemals gefragt. Wieso tat ich es eigentlich ? War es Schicksal ? Irgendetwas im tiefsten Inneren schien mich zu steuern und ich hatte keine Macht darüber.
Wer war Baller-Bella und was war mit ihr passiert ? Steckte der Rotbärtige dahinter ? Ihre Leiche wurde nie gefunden, aber sie galt als vermisst und eventuell ermordet und der Rotbärtige war danach nicht mehr gekommen, lange Zeit !!!!
Ich erinnerte mich nun wieder an den einen Tag im tiefsten Winter, wo mir der Rotbärtige im Bus nach Borgholzhausen begegnete, da stieg er doch in Hesseln aus, wahrscheinlich wollte er in das Bordell.
Nun verließ ich schnell das Bordell und fuhr zurück nach Borgholzhausen, so als wäre nichts geschehen, stattete ich meinen Eltern dort einen Besuch ab. Meine Eltern machten sich Sorgen um mich, wie es hieß, da ich doch mit Nadine Schluss gemacht hatte und das nur wegen eines Pferdes, wie sie meinen Eltern schon gesteckt hatte.
Meine Mutter fragte mich also während des gemeinsamen nachmittägigen Kaffeetrinkens: "Sag mal, was ist denn nun eigentlich los mit dir ? Nadine meint, du währst wegen dieses Hengstes, denn er erworben hatte so beunruhigt und hättest deswegen mit ihr Schluss gemacht. Außerdem hätte alles angefangen, nachdem ein rotbärtiger Mann vor ein paar Wochen bei deiner Freundin ins Atelier kam und du, wie du uns ja schon erzähltest in Ohnmacht fielst. Was ist los mit Dir ? Wir kennen dich so gar nicht ! Du bist doch ein junger Mann von Ende 20, der doch keine Angst vor einem Pferd oder einem älteren Mann haben sollte. Du solltest wirklich mal einen Psychiater aufsuchen."
Da kam mir doch glatt die Galle hoch, so also hatte schon Nadine inzwischen herumkrakelt. "Was wollt ihr eigentlich alle von mir," schrie ich meine Mutter an. "Ich bin völlig normal. Was hast du eigentlich....in einem Jahr werde ich mit meinem Studium fertig sein. Ich will bloß nichts mehr von diesem Rotbärtigen wissen....ist das klar. Deswegen habe ich mit Nadine Schluss gemacht. Das ist sowieso eine Geschichte, von der ihr nichts versteht. Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die nicht zu erklären sind und diese Sache gehört dazu."
Meine Mutter wirkte nun ein wenig beruhigender auf mich ein: "Nun, wir wollen dir doch nur helfen....rede doch. Wie schlimm es auch immer gewesen sein mag, es kann doch nicht so schlimm sein, das du nicht mit uns oder mit Nadine darüber reden könntest."
Resigniert gab ich zurück: "Nadine weiß alles – sie kennt die ganze Geschichte, aber sie ist so unglaublich und schlimm, das ich sie nicht in Worte fassen kann. Nun um es kurz zu fassen.....ich wurde ermordet !!!! Nein, nicht falsch verstehen, nicht ich wurde ermordet, sondern mein früheres Ich wurde ermordet....lange lange Jahre liegt es nun zurück. Ich habe lange Jahre damit gekämpft und wollte es nicht begreifen...lange Jahre und dieser rotbärtige Mann hat unmittelbar damit zu tun gehabt: Damals vor über 30 Jahren."
Mein Vater runzelte die Stirn: "Aber du bist doch erst 27, da warst du doch noch gar nicht auf der Welt ?"
Sie hielten mich wohl alle für verrückt ! "Wenn ihr mir nicht glaubt, dann werde ich es Euch beweisen ! Der Rotbärtige hat mich auf seinen Gewissen und vermutlich hat er noch andere Mädchen umgebracht," kam es aus mir heraus geschossen.
Dann lief ich nach draussen und ich rannte und rannte immer weiter, ja ich rannte sogar den Berg hinauf, bis zum Luisenturm, der majestätisch auf einem Berggipfel in der Nähe von Borgholzhausen lag. Dabei rannte ich auch an der Stelle vorbei, wo ich damals die erste unheilvolle Begegnung hatte, als ich noch kleiner war und mit den Zwillis spielte und auch dem dickeren Olli.
Ich konnte einfach nicht davon rennen, mein eigener Schatten verfolgte mich bis an das Ende der Welt. Nun kam ich oben am Luisenturm an und dort befand sich auch ein Gasthaus, welches des Sonntags oft Gäste empfing. Der Wirt hieß Sören Kahrmann und kannte mich von klein auf an, er kannte auch den dicken Olli gut und konnte sich noch an die erste unheilvolle Begegnung erinnern, die ich mit dem Rotbärtigen hatte. Er hatte oft darüber gelacht, auch wenn er es gar nicht so meinte, so fand ich das keineswegs amüsant.
Wie ein Bessener fragte ich ihn diesmal nach dem Rotbärtigen, dabei wollte ich selber gar nicht nach ihm fragen, aber ich war nicht mehr Herr meiner eigenen Worte....es schien eine unsichtbare Kraft auf mich zu wirken, von der ich nicht wusste ob sie gut oder böse war, die ein Teil meines Körpers unter Kontrolle gebracht hatte.
Sören blickte mich verwundert an: "Sag mal Hannes, ist alles in Ordnung mit
Dir ? Was ist mit dir los ? Welchen Rotbärtigen meinst du...ich kenne doch keinen Rotbärtigen." "Doch, natürlich kennst du ihn – du hattest mich damals ausgelacht, als ich mit 10 Jahren vor dem Rotbärtigen davonlief...... Alles habt ihr Euch darüber amüsiert und mich nicht ernst genommen....bestimmt hat meine Ex, die alte Schlampe auch über den Rotbärtigen erzählt," kam es mir aus dem Mund geschossen, wo ich doch niemals Nadine als eine Schlampe bezeichnet hätte.
"Hör mal, beruhig dich erst. Du scheinst nicht ganz bei Sinnen zu sein. Ich weiß nicht, was mit dir los ist, aber setzt dich dort erst einmal hin. Nadine hat mit mir nicht darüber gesprochen. Nein, Olli hatte darüber gesprochen, den hast du doch schon ewig nicht mehr gesehen und das Komische ist, heute kam er hierhin und unterhielt sich mit mir über dich ! Allgemein, aber wir unterhielten uns auch über das Erlebnis mit dem Rotbärtigen vor vielen Jahren....komisch. Komm mit rein...er sitzt dort am Tisch," sagte er und nahm mich an seine Hand und führte mich rein.
Da saß tatsächlich Olli...er war schwer wiederzuerkennen – äußerlich zumindest, war er doch zu einem gertenschlanken jungen Mann herangewachsen.
Was wurde hier bloß für ein schmutziges Spiel gespielt, ich wußte es nicht. Hatte der Rotbärtige die ganze Welt gegen mich aufgestachelt ?!
Wie von Paranoia ergriffen lief ich schreiend raus......nun schien es, als hätte ich meinen eigenen Körper wieder unter Kontrolle gebracht und doch war ich ausgeflippt. Ich rannte und rannte und wollte immerzu davon rennen, bis ich an eine Stelle geflüchtet war, die schon ein Kilometer vom Luisenturm entfernt lag und ich merkte das ich völlig durchgeschwitzt war.
Wieder schien mein Körper von etwas fremdem ergriffen zu sein und ließ mich wieder zu Sören zurückkehren. Ich schämte mich sehr und wäre an dieser Stelle am liebsten vor Scham in die Erde versunken, aber das ging nun einmal nicht. So entschuldigte ich mich kurz bei Sören für mein Verhalten, als ob nichts gewesen wäre, aber Olli wie Sören schauten mich verwundert an. Wenn sie jetzt bloß den Rotbärtigen nicht mehr erwähnen würden und tatsächlich der Rotbärtige blieb erst einmal kein Unterhaltungsthema. Olli erzählte von sich und so als wäre nichts weiter vorgefallen. Er erzählte, das er jetzt Landmaschinenmechaniker wäre und nebenbei Mähdrescher vermieten würde, sowie einen Ernteservice für Landwirte anbot, die nur nebenberuflich diese Tätigkeit ausübten.
Es war doch ganz erstaunlich, was er in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten für einen Erfolg hatte, da hatte ich doch ein richtig schlechtes Gewissen, das es wohl noch ein Jahr dauern würde, bis ich mein Studium abgeschlossen hatte.
Wie es schien war auch ich wieder Herr meiner Selbst, aber wie lange würde ich es sein und wieder galt es nicht vor seiner Vergangenheit davonzurennen......
Lebensbilder eines Opfers
Was nun geschah, ließ mich nimmer los und ich dachte niemals daran, das alles noch schlimmer kommen würde, als es ohnehin schon war.
In der folgenden Nacht träumte ich wieder von ihm, dem Rotbärtigen, der diesmal in dem Traum zu einem alten Mann von über 60 Jahren gealtert war, aber nie zuvor besaßen seine Augen so etwas grausames, eine Kaltherzigkeit, die auch durch die sanfteste Stimme nicht zum Auftauen gebracht werden konnte. Etwas funkelte in seinen Augen, das den unabbringbaren Wunsch verspürte ein neues Opfer zu töten. Aber es war auch der Blick eines Mannes, der niemals seine sexuelle Erfüllung gefunden hatte, ein Mann der Jahre seines Lebens mit fixen sexuellen Perversionen vergeudet hatte, die nur eines erreicht hatten: Eine große innere Leere, etwas was nicht von dieser Welt war, so als ob er schon lange dem Bösen zum Opfer gefallen war.
Der Traum, den ich hatte waren bestimmte Szenen, die eingeblendet wurden und aber irgendwie passten sie zusammen und es kam mir auch in diesem Traum so vor als ob das alles völlig real war – da gab es keine seltsamen Handlungen, den jede Szene für sich war schlüssig und im nach hinein merkte ich spätestens beim Erwachen, das ich in dem Traum wieder nicht der war, der ich heute bin. Das Ganze lief wie ein Lebensfilm an mir ab ! Ich träumte, das ich mich wieder in diesem komischen Gasthaus "Zum scharfen Stecher" befand und das der Rotbärtige vor mir stand, mir einen 1.000,-- DM-Schein auf den Tisch legte und wir dann zur Sache kam. Die Figur des Rotbärtigen widerte mich an und auch sein Geruch, denn seine Zähne rochen nach Fäulnis und Verderb, so als ob er sie seit Jahren nicht mehr pflegte. Seine Unterhose, die er an hatte, war noch feucht von Sperma, so als ob er sie schon seit Wochen nicht mehr gewaschen hätte und sie für seine feuchten Phantasien herhalten musste.
Diese Szene wiederholte sich viele Male in meinem Traum, nein das heisst es war nicht die gleiche Szene, es war immer ein wenig anders, aber es lief immer auf das Gleiche hinaus.
Dann allerdings lief eine Szene vor meinen Augen ab, die ich nicht erwartet hätte: Da wartete ich im tiefsten Winter vor einer Bushaltestelle, es muss auch in Hesseln oder dort in der Gegend gewesen sein. Und dann kam der Bus und wieder stieg der Rotbärtige aus, aber was war das ? In dem Bus saß hinten noch jemand, der mir bekannt vor kam ?! Es war das Gesicht eines Jungen, welcher ganz geduckt dort im Bus saß. Und das schlimme war, aber das hatte ich erst im Nachhinein, das ich glaubte, das wäre ich.....
Der Rotbärtige kam auf mich zu, obwohl es kalt war und es schneite, aber ihn schien das nicht im Geringsten zu interessieren, als wäre er Kälte resistent.
Ich hatte mich scheinbar mit ihm verabredet, nur wie kam ich dazu. Wir gingen diesmal nicht ins Gasthaus "Zum scharfen Stecher", sondern gingen in den tiefverschneiten Winterwald. "Komm mit," forderte er mich auf und packte mich am Arm. Dann wies er mich an: "Endlich bist du mein," mit einer tiefen Stimme, die total hohl und unnatürlich klang, so als habe ein Dämon über ihn die Macht.
Wir gingen immer weiter und weiter in den tief verschneiten Wald. Immerfort hatte er mein Handgelenk fest im Griff, eines Griffes welchem ich mich nicht erwehren konnte. So wanderten wir einige Kilometer, bis wir zu einem alten Bunker aus dem 2. Weltkrieg kam....er war von aussen abschließbar und bestand aus einer massiven Metalltür, die in einen langen und schmalen Gang in den Berg führte. Dort brachte er mich hin und dann kam es wieder zum Akt auf dem kalten Bunkerboden, der schmutzig war und wo es nach Hundekot roch.
Wieder blendete eine andere Szene ein, wo es schien, als ob ich in fortwährender Dunkelheit dahin vegetierte, eingesperrt als Sklave meines Meisters. Nur ein kleiner Schlitz brachte ein wenig Licht ins Dunkel und es war kalt. Ausserdem roch es in dem Bunker entsetzlich nach Urin und die Stahltür war eine unüber- brückbare Hürde. Wieso konnte man sie nur abschließen ?
Wieder wechselte die Traumszene und wieder befand ich mich im Bunker, fühlte mich aber ganz elendig und dem Tod nahe. Diesmal schien der Rotbärtige mir zwar Essen da gelassen zu haben, aber er stellte mir einen Hundenapf hin, wo scheinbar Hundefutter hineingepackt worden war. Dann hatte ich noch einen dreckigen Napf mit Wasser. Wollte er mich hier halten wie einen Hund ? Heute allerdings ging die Stahltür auf und er kam wieder hinein. Draussen war helligster Tag und die Temperaturen waren nicht mehr ganz so eisig, sondern erste Frühlingsboten hatten Platz gemacht. Ich roch den Frühling, aber der Frühling sollte nicht zu mir dringen. Da stand er nun, der Rotbärtige in voller Montur mit einer Schaufel in der Hand und schlug mir damit auf den Kopf, so das ich ohnmächtig zusammensackte.
Schließlich kam eine Szene, die am grausamsten von allen war, denn ich erwachte aus meiner Ohnmacht und der Rotbärtige stand in voller Montur vor mir. Es war so schön, ein schöner Frühlingstag und die Sonne gab schon so viel Wärme ab, das einen das Herz erfreute, wäre da nicht die grausame Wahrheit, die vor einem stand. Wo waren wir bloss nur, fragte ich mich in diesen Moment – um mich herum standen viele Birken und einzelne Kiefern, die kleine Wäldchen bildeten und gleichzeitig mit Heide die Flora bildeten.
Da stand ein kleines Schild am Rand des Weges, Augustdorf 12 km und dann schlug er noch einmal zu...nun kehrte eine unheimliche Ruhe ein, die mich schließlich erwachen ließ. Wo war ich, wo bin ich, dachte ich !
War alles nur ein Alptraum gewesen ? Es war draussen schon am Dämmern, aber ich hörte ein Schluchzen, ein Schluchzen, welches aus dem Inneren meines Bettes zu kommen schien....es war die Stimme einer Frau. Spukte es bei mir ?
Wieso hatte ich diesen Traum gehabt.
Das Geheimnis des Rotbärtigen
Am nächsten Morgen wurde mir einiges klar, ja es konnte eigentlich nicht anders gewesen sein – es klang zwar höchst unwahrscheinlich, aber ich musste mich nun endlich der Wahrheit stellen und den Rotbärtigen endlich ausfindig machen. An diesem Tage fühlte ich mich zum ersten Mal seit Tagen frei, ohne das etwas fremdes mich automatisch zu steuern schien. Was hatte ich denn da geträumt in der letzten Nacht ? War es das Erlebte eines ermordeten Opfers ? War es etwa das Erlebte, was Baller-Bella durchmachen musste, welche vor Jahren auf misteriöse Weise verschwunden war ?! Ich hatte doch schon mal solche Träume vor ein paar Jahren aus der Sicht meines früheren Ichs ! Hatte etwa der Geist der ermordeten Baller-Bella meinen Körper ergriffen und wollte mich dazu heraus- fordern den Rotbärtigen zu finden und zu stellen ? So absurd es klang, aber es war die plausibelste Erklärung. Gleich an diesem Tag machte ich mich auf, diesmal aus eigener Initiative, so grausam die Wahrheit auch sein mochte.
So nahm ich eine Schaufel und lud sie in den Wagen, fuhr los und machte mich auf die Stelle zu finden, wo ein weiteres Opfer vom Rotbärtigen wahrscheinlich ermordet worden war. Es war in einem Heidegebiet scheinbar, weit ab der Hauptstrassen, wo ein Schild stand, das es bis nach Augustdorf noch 12 km wären. Nun Augustdorf lag für mich in erreichbarer Nähe und ich wurde das Gefühl nicht los, als ob dieses auf dem Truppengelände Senne passiert war, ein Gebiet, welches die meiste Zeit des Jahres für die Offentlichkeit zugängig ist, nur bei Manövern abgesperrt ist. Ein Gebiet, wo der Rotbärtige in Ruhe das Opfer vergraben konnte, denn es liegt weit im Abseits, wie ein Nationalpark, wo keine LKW durchfahren dürfen.
So fuhr ich also nach Augustdorf. Ich hatte mir eine Karte besorgt von den Wegen, die es innerhalb der Senne gab und nur wenige Wege waren geteert bzw. für Privatfahrzeuge offen. Ich erinnerte mich nun an weitere Details in dem Traum.....es lag an einer Wegkreuzung, wo auch ein verfallenes Haus stand. Dabei war der eine Weg eine Sandpiste und der andere, an dem das Schild stand, mit dem Hinweis Augustdorf 12 km, war eine geteerte Strasse.
An diesem Tage konnte ich Gott-sei-Dank die militärischen Strassensperren passieren, die am Eingang der Senne die Strasse überwachten.
Ich fuhr also auf den Truppenübungsplatz der Senne, welcher viele Quadrat- meter groß ist. Ich schaute auf die Karte und stellte fest, das nur eine Strasse von Augustdorf auf den Truppenübungsplatz führte. So fuhr ich also die Strecke 12 km ab und tatsächlich kam ich an die Stelle, die fast noch so aussah, wie in meinem Traum. Da stand auch ein Haus, welches verfallen war......es enthielt u.a. viele Einschusslöcher, die von den Übungen der deutschen und englischen Truppen entstanden waren.
Hier parkte ich meinen Wagen im Schatten der Ruine. Es musste 5 Meter vom Schild aus weg gewesen sein und so fing ich ohne lange nachzudenken an zu graben und zu graben. Es war wirklich grausig, zu was mich dieser Traum getrieben hatte. So stieß ich schon nach etwas mehr als 50 cm auf Knochen. Ich konnte es kaum glauben und schrie in diesem Moment vor entsetzen laut los. Just in diesem Moment kam auch ein englischer Militärkonvoi vorbei, der zu gleich stoppte. 2 Soldaten stürzten aus dem Wagen und nahmen mich gleich mit, denn es nicht erlaubt sich lange auf dem Gelände hier aufzuhalten und erst recht nicht die Wege zu verlassen und nach Knochen zu graben.
Beide hielten mich mit eisernem Griff fest und nuschelten auf Englisch irgendetwas vor sich hin, was man mit dem Schulenglisch nur schwer verstehen konnte. Sie sahen wohl auch die menschlichen Knochen und stießen mich ohne großen Kommentar auf dem Ladefläche ihres Wagens. Dort wurde ich so lange festgehalten bis schließlich die deutsche Polizei eintraf und mich mitnahm, nur mit den Worten: "Kommen Sie bitte mit ins Präsidium nach Paderborn."
Ich kam mit auf eine zivile Polizeiwache, obgleich dieses auf militärischem Gelände passiert war.
Gott-sei-Dank hatte ich einen Ausweis dabei und hätte ich nicht nach menschlichen Knochen gegraben, so wäre ich wohl auch nicht gleich festgenommen worden. Nun schilderte ich den Polizisten den ganzen Vorfall und die wiegelten ungläubig ab. So fragte mich der Polizist immer wieder, was mich veranlasst hätte, nach den Knochen eines Mordopfers zu graben, von dem nicht einmal die Polizei wirklich wusste.
Immer und immer wieder erzählte ich ihnen also die Geschichte vom Rotbärtigen und auch das eine gewisse Marlene so um 1970 herum ermordet wurde und das dieses in der Nähe vom Bielefelder Fernsehturm war.
Nun aber wurde recherchiert und es wurde ein Phantombild vom Rotbärtigen angefertigt, außerdem wurde das Skelett, welches ich gefunden hatte, vollständig ausgegraben. Ich musste noch ein paar Stunden in der Zelle verbringen und meine Eltern waren total schockiert, als ich wieder "vorläufig" freigelassen wurde. Ich würde wohl nicht so davon kommen, denn ich hatte ja schließlich auf militärischem Boden gegraben, wo man sonst nur durchfahren durfte, aber sich nicht länger aufhielt, da das Gelände oft tagelang gesperrt ist.
Am nächsten Tag wurde festgestellt, das das Skelett tatsächlich mit einem Schlag auf den Kopf ermordet wurde. Die Schädeldecke war wohl mit einem Hammer zertrümmert worden, wodurch auch der Tod verursacht wurde. Die Schaufel, mit der das Opfer vorher niedergeschlagen wurde, erzeugte nur einen Zustand von Bewußtlosigkeit, wie die Gerichtsmediziner feststellten. Das Opfer mochte so etwa 30 Jahre alt gewesen sein und ihr Todeszeitpunkt wurde auf Anfang der 90ger Jahre festgelegt, zu einer Zeit wo ich etwa 15 Jahre alt war.
Immer und immer wieder versuchten mich die Beamten psychologisch zu indok- trinieren und mich zu vernehmen, nun auch von der Kripo in Gütersloh, die für den Raum Borgholzhausen zuständig ist. Aber ich konnte ihnen immer nur die gleiche Antwort geben, das übernatürliche Kräfte mir diese Tips gegeben hätten. Sowohl die Kripo in Gütersloh, als auch in Paderborn war mir gegenüber sehr barsch, auch wenn sie meine Menschenwürde weitgehend warten, wurde ich doch irgendwie als Schwerverbrecher oder Komplize und nicht als Opfer angesehen. Meine Eltern waren dergleichen sprachlos und wussten nicht vor Staunen wie sie sich gegenüber mir verhalten sollten.
In dieser Stunde der Not, in der keiner zu mir halten zu schien, konnte ich mich doch wieder auf Nadine stützen, welche natürlich Tage zuvor etwas säuerlich war, da ich ja mit ihr nach ein paar Monaten Beziehung Schluss gemacht hatte, aber sie wusste aus welchem Grund dieses geschah und war nun heilfroh, das "mein Problem" nun endlich vor der Auflösung stand. Am gleichen Tage erklärte sie sich nun bereit noch von den Behörden vernommen zu werden, auch mit Hinsicht auf die Geschichte mit dem Hengst und den früheren Eltern von der "ermordeten Marlene".
Ein Tag später musste ich ihr die Geschichte mit dem Bordell beichten, die sie dann allerdings doch recht gelassen aufnahm, war sie doch eine Person, die ihren Ärger nicht gleich zeigte. Innerlich so war ich mir aber sicher, brodelte sie, aber ich glaube die ganze Geschichte erzeugte auch bei ihr einen großen Zwiespalt und eine große Verwirrung.
In den folgenden Wochen nahm die Polizei gezielt Abstand von mir als Tatverdächtigen, aber der rotbärtige Mann war nirgendwo zu finden. Recherchen ergaben, das er sich im Bordell, wie auch bei Nadine, als diese die Skulptur anfertigen sollte, unter verschiedenen Namen vorgestellt hatte. Aber auch dort hatte er sich nun einige Wochen nicht mehr blicken lassen, vielleicht wurde ihm die ganze Sache zu "heiss".
Das Todesopfer war übrigens wirklich "Baller-Bella", die mit richtigem Namen Yildiz Turgut hieß, eine hübsche Türkin, die früher von ihren Eltern abgehauen war und fortan im Bordell "Zum scharfen Stecher" arbeitete.
Ein paar Wochen später dann kam es doch zu dramatischen Ereignissen, dieses geschah einher mit grossen Berichten von Blättern wie dem Haller Kreisblatt oder auch der Neuen Westfälischen, die über den Knochenfund und Prostituiertenmord berichteten. Komischerweise hatte Bella-Baller keiner wirklich als vermisst gemeldet, dieses ging wohl mit der Tatsache einher, das die Ermordete keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie hatte und auch die Zuhälter im Bordell kein Interesse zeigten an ihrem Verschwinden, denn sonst wäre damals die Polizei noch anderen Verbrechen auf die Schliche gekommen wie Waffen- schieberei oder Steuerhinterziehung, die nun auch ans Tageslicht kamen.
Mein Name wurde zwar in den Zeitungen nicht genannt, aber es wurde berichtet, das ich aus Borgholzhausen kommen würde und ebenfalls im besagten Bordell verkehrte:
Nun wusste der Rotbärtige also Bescheid, dessen Phantomfoto allerdings nicht in die Presse kam, da man ja nur Mutmaßungen anstellen konnte, die lange zurück lagen, aber die Polizei fahndete nun aktiv im Bordell, wo man nach dem Rotbärtigen fragte und auch in diesem Zusammenhang Fragen stellte, die mit dem Verschwinden von Baller-Bella zusammenhingen. Ich selber ließ es mir zu diesem Zeitpunkt nicht nehmen, um gemeinsam mit Nadine auch auch eigene Faust zu recherchieren....sie gingen wir gemeinsam in das Bordell und da saß, wie sollte es auch anders sein wieder "Lotusblüte", wo ich doch befürchtet hatte, das sie nach der Polizeirazzia nun abgeschoben wurde, aber Lotusblüte schien hier in Deutschland eine legale Arbeitserlaubnis zu besitzen. Nun wollte ich endlich von ihr erfahren, was sie eventuell der Polizei vorenthalten hatte, aber sie versicherte uns, das alles was sie wüßte Gerüchte sein, die lange vor ihrer Zeit passiert waren, aber man munkelte der Rotbärtige hatte irgendeine verlassene Hütte in der Nähe von Werther, so deutete er selber an, denn sie hatte ja schon öfters mit ihm "Kontakt" gehabt. Der Polizei hatte sie offensichtlich diesen Hinweis nicht gegeben, da sie schreckliche Angst "vor dem Rotbärtigen" hatte, denn sie vermutete, das sie sein nächstes potentielles Opfer sein könnte.
Wir machten uns deshalb auf die Suche nach allen einsamen gelegenen Häusern rund um Werther und zeigten den Leuten "Phantomfotos" vom Rotbärtigen.
Ja doch, der würde in der Gegend wohnen, aber keiner konnte sagen wie er hieß und woher er kommen würde, aber er würde schon ein paar Jahre in einem früheren Jägerhaus in der Nähe von Häger leben, welches zur Gemeinde von Werther gehört.
So machten wir uns also auf nach Häger zu jener alten Försterhütte, den von den Forstwirten aus Kostengründen vor einigen Jahren aufgegeben wurde.
Ich wollte mich nun dem bärtigen alten Mann stellen von Angesicht zu Angesicht. So standen wir direkt vor der Hütte – der Postkasten, der vor der Tür hang quirlte schon über und es schien, als wäre er schon seit Wochen nicht mehr geleert worden, aber es brannte auch Licht in diesem kleinen und schnuckligen Haus, aber kein Namensschild war am Briefkasten oder an der Türklingel angebracht. Es war kein großes Haus, sondern eine Hütte, deren Wünde aus Holzpanellen bestanden, denen seit langer Zeit ein frischer grüner Anstrich fehlte. Nadine trat zur Tür und klingelte an.....eine schwache Stimme ertönte von drinnen: "Kommen Sie rein....ich bin zu schwach, um die Tür zu öffnen."
Da lag er, er war es tatsächlich.....der Rotbärtige. Man kam gleich vom Eingangsbereich in ein Art Wohnzimmer, wo "Er" auf einer zerschlissenen Kautsch lag wie ein Häufchen Elend.
Nadine trat an die Couch. Ohne Fragen zu stellen entgegnete er ihr im halb Schlaf: "Ich hatte einen Schlaganfall....mir fällt es so schwer mich zu bewegen. Doch den hatte ich schon vor über einer Woche....so habe ich mich hier auf die Couch geschleppt....holen sie bitte keinen Arzt....ich will hier in Ruhe sterben....sonst, sonst holen die noch die Polizei....ja die Polizei. Sie haben die Knochen gefunden...." Er sprach relativ unverständlich, aber doch so klar, das man in verstehen konnte....jedes einzelne Wort !
Nadine rief mich in die Wohnung. "Schau, das ist er....," sagte sie zu mir. "Der Mörder von Marlene, der dich so in denen Alpträumen verfolgt hatte. Aber siehst du nicht, er ist ein Häufchen Elend. Er hatte scheinbar vor einer Woche einen Schlaganfall und hat bisher noch keinen Arzt konsultiert."
Als diese Worte fielen, war der Rotbärtige plötzlich hellwach. Er starrte mich mit seinen stahlgrauen Augen in einem unheimlichen Zorn an, der mich fast wieder taumeln ließ, aber diesmal war ich stark genug, um ihn bändigen zu können. Doch plötzlich machte der Alte eine Satz, zog mir seiner linken Hand die Decke weg, wo drunter er scheinbar ein Messer deponiert hatte. Damit versuchte er auf mich einzustechen. Wie ein Wilder erhob er sich von seinem Bett und war potzblitz auf den Beinen, zwar sehr wackelig und wie es schien war er halbseitig gelähmt durch den Schlaganfall. Ich schrie kurz auf, denn er traf mich mit dem Messer, dann allerdings bekam er scheinbar eine Herzattacke und sackte zusammen.
"Niemand kriegt mich," schrie er noch einmal gellend auf und war tot.
Nadine trat schließlich zu mir, das auch ich zu Boden gegangen war. Ich spürte einen stechenden Schmerz im rechten Arm, wo Blut raus schoss. Nadine gab mir schnell einen nassen Lappen. Das Elend, was sie hier mit ansehen musste war für sie in diesem Moment unbeschreiblich. Schnell rief sie von ihrem Handy aus Notarzt und Polizei an. Nun ging alles rasendschnell, das ich mich nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern konnte, nur das ich wieder einige Tage im Krankenhaus verbringen musste bis Stichwunde verheilt war, die immerhin so schlimm war, das sie nicht ambulant behandelt werden konnte. Schließlich bekam ich auch noch Eiterungen, die erst nach ein paar Tagen abklungen.
Der Presserummel zu dieser Zeit war unglaublich und die Polizei musste wohl ungläubig die Akte Rotbart schließen, welcher wohl einen Schlaganfall bekam, etwa an dem Tag, wo die Zeitungen vom Knochenfund berichteten, wie Gerichts- mediziner feststellten. Seine Hütte wurde auf den Kopf gestellt und man stellte fest, das der Rotbärtige wohl in seiner eigenen Welt lebte, ein notorischer Einzelgänger, welcher seine Beute bis in den Tod hetzte, nur so schien er Befriedigung gefunden zu haben oder auch doch nicht. Zerschlissene Poster aus den 70ger von nackten Frauen gaben Ausschluss über diese Welt, die Welt des Rotbärtigen, dessen genaue Identität wohl keiner wirklich herausfinden wird, denn Ermittlungen über Verwandte führten ins Nichts....er kam und nun ist er gegangen, alleine, aber wurde er doch noch in letzter Minute mit seinen schrecklichen Taten konfrontiert.