Weltenwechsel
© 2005 Christian Müller
updated 27.09.2005
+ Kap.11 u. Kap. 12
Kapitel 1
Es war Anfang Februar, als alles ihren jetzigen Lauf nahm. Ich hatte mal wieder eine Woche Urlaub, und wollte nach Hause fahren. So war zumindest die "offizielle" Aussage. Keiner konnte auch nur ahnen, was ich tat oder was ich vor hatte. Nun ja, jedenfalls nicht bis zu diesem Abend. Es war Sonntag, und ich sollte an diesem Abend wieder zurück kommen. Im Personalhaus, wo ich bis kurz zuvor noch wohnte, wussten sie dass, und deshalb warteten die Jungs auf mich. Wir wollten unseren gemeinsamen Abschied von der Person-Pinte, wie wir liebevoll unser Personalhaus nannten, feiern. Ein reiner Männerabend bestehend aus Alkohol, perversen Sprüchen und vielleicht noch ein paar DVD´s. Das war zumindest geplant. Doch wie dass mit Plänen nun mal so ist, kommt es immer anders als man denkt.
Ich war später dran als erwartet, was aber nicht viel aus machte, da ich mit dem Zug unterwegs war, und der ja öfters Verspätung hatte. Also machten sich meine Freunde keine Sorgen.
So gegen halb elf klopfte jemand an die Tür. Voller Erwartung, dass ich es sei, damit die Feier richtig los gehen konnte, stürmte Chris zu Tür. Als er sie aufmachte, wunderte er sich, wer vor ihm stand. Ein, in langen Kapuzenmantel gehüllter, Mann, der aussah, als hätte er schon Tage lang kein Badezimmer gesehen oder einen Friseur. Erst bei genauerer Betrachtung erkannte er den Mann.
Es war ICH.
Voller Entsetzen und auch voller Überraschung meines Outfits fragte er stotternd: "Chris, bist du es? W.. was ist mit dir den passiert? Du siehst aus, als währst du schon Monate weg gewesen. Wie siehst du bitte aus?" Ohne auf seine Fragen ein zu gehen, blickte ich ihn kurz an und erwiderte: "Der Neue! Wo ist er? Los sag’s!" Chris war so entsetzt, dass er nicht antworten konnte. Ihm gingen so viele Fragen durch den Kopf. Fragen wie: Woher weiß er von dem Neuen? Er kann nichts von ihm wissen. Was ist hier bloß los? Seine Gedanken wurden von einem plötzlichen Aufruf unterbrochen. "Sag mir ,verdammt noch mal, wo er ist! SOFORT! Es ist…" Ohne den Satz zu beenden, ging ich in die Wohnung, zum gegenüber liegenden Fenster. Ich hörte draußen einige beunruhigende Laute.
Erst jetzt hatten sich Chris und die anderen von dem Schock erholt, und hörten es auch. Ich lehnte mich ein wenig aus dem Fenster, und konnte so sehen, was unten vor ging. Das, was ich sah, gefiel mir ganz und gar nicht. Der Neue, womit ein neuer Mitarbeiter aus meinem Hotel gemeint war, wurde von vier Leuten umkreist, und scheinbar angegriffen. Bevor die anderen überhaupt begreifen konnten, was vor sich ging, war ich schon auf dem Fensterbrett. Lars wollte noch nach mir greifen, doch erwischte mich nicht. Mit einem Satz sprang ich aus dem Fenster, und landete zwei Stockwerke weiter unten auf der Straße.
Noch leicht kniend von der Landung, sprach ich, ohne meinen Kopf anzuheben oder jemanden persönlich anzusprechen: "Ihr kleinen Scheißer wollt es wohl nie lernen, was? Scheinbar muss ich es euch noch mal richtig zeigen, damit ihr es versteht." Mit erhobener Stimme, fast schon schreiend, erhob ich mich. Je mehr ich sprach, desto lauter und, vor allem, wütender wurde ich. "Ihr kommt hier einfach in MEINE Welt, und glaubt, dass ihr ungeschorren davon kommt!? Dem ist aber nicht so. Heute habt ihr eine Linie überschritten, die euch das Leben kosten wird. Diesmal kenn ich keine Gnade. Ihr seit des Untergangs!" Mit dem letzten Worten im Mund stürmte ich ihnen entgegen. Der erste von ihnen konnte nicht mehr reagieren, und bekam meine Faust, mit voller Wucht ins Gesicht. Der Schlag war so stark, dass es ihn drei Meter nach hinten warf, und er gegen die Eingangstür des Hauses fiel. Diese wiederum gab unter dem Druck nach, und sprang auf. Die anderen drei konnten besser reagieren, und griffen mich von drei Seiten an. Der Erste kam von rechts, und versuchte mich mit einen seitlichen Hacken zu erwischen. Ich duckte mich, und schlug ihm meinen Ellbogen in den Magen. Fast gleichzeitig drehte ich mich um meine eigen Achse und verpasste ihm einen Tritt in sein Kreuz. Der Tritt beförderte ihn zum zweiten Angreifer weshalb beide das Gleichgewicht verloren und auf den Boden fielen. Der dritte im Bunde kam genau auf mich zu, doch er war nicht unbewaffnet. Er hatte ein Schwert in der Hand, mit welchem er direkt auf mich zu lief. Ich tauchte unter dem Schwert durch und wollte einen Konterschlag ansetzen. Doch mein Gegner war schlauer als die anderen, deswegen griff er weiter mit seinem Schwert an. Ich konnte, immer in letzter Sekunde, seinen Hieben ausweichen. Dies brachte ihn langsam zur Weißglut, sodass er immer wütender mit seinem Schwert umher schlug. Ich hatte genau dass erreicht, was ich haben wollte. Blind vor Wut, konnte er seine Schwerthiebe nicht genau genug platzieren, was mir einen Vorteil brachte. Nach einigen weiteren Fehlschlägen meines Gegners rollte ich mich auf die Seite, sodass ein etwas größerer Abstand zwischen uns entstand. Voller Wut lief er auf mich zu. Ich sprang zur Seite, und zerteilte ihn in zwei Hälften. Was er nämlich, blind vor Wut, nicht gesehen hatte, war mein Schwert, welches ich immer bei mir trug und gezogen hatte. Es ähnelte einem japanischem Schwert. Währenddessen hatten sich die anderen beiden erhoben, und kamen ebenfalls auf mich zu gelaufen. Noch benommen von meinem Schlag und meinem Tritt, konnte einer von beiden nicht so schnell laufen. Somit erreichte mich der andere schneller. doch bevor er mich treffen konnte, war ich bereits hochgesprungen, vollführte einen Salto über ihm und trat ihm in den Rücken. Er taumelte leicht nach vorne, und stieß gegen die Mauer. Bevor er sich richtig umdrehen konnte, schlug ich ihm, mit meinem Schwert den Kopf ab. Als ich mich um gedreht hatte, bemerkte ich, dass der langsamere von beiden stehen geblieben war. In seinem Gesicht konnte man den Schock sehen, welchen er hatte. Ich wollte auf ihn stürzen, kam aber nicht dazu.
Von dem Kampfgetümmel aufgescheucht, standen, sowohl die Jungs als auch die Mädels aus dem Personalhaus, vor dem Eingang. Doch es war nicht die Tatsache, dass sie dort standen, der Grund, der mich nicht angreifen ließ, sondern weil Maria, eine Praktikantin, aufgeschrieen hatte. Der Kerl, welcher durch die Eingangstür gefallen war, hatte sie als Geisel genommen und hielt ihr ein Messer an die Kehle. Langsam senkte ich mein Schwert, da ich wusste, dass er es so wollte.
Mit einem fürchterlichem Grinsen im Gesicht, rief er zu mir rüber: "Wer hätte das gedacht? Der furchtlose Anführer ist doch so leicht zu besiegen. Da muss man nur eine Geisel nehmen, schon verliert er die Angriffslust. Na, komm doch her und zeig mir WIE du mich tötest. Hast ja schließlich vorhin so große Töne gespuckt. Doch jetzt sieht’s ja schon ganz anders aus. So schnell kann sich das Blatt wenden. So ist es richtig, los das Schwert ruhig runter hängen. Los, Duke, nimm ihm sein heiß-geliebtes Schwerte ab, bevor er sich noch damit verletzt." Während er das sagte, nickte er zu dem noch immer geschockten Schurken.
Dieser bekam erst jetzt mit, was vor sich ging, und wollte sich langsam auf mich zu bewegen. Wir standen alle drei in einer Linie, somit konnte ich nur sehr wenig vom Geiselnehmer sehen. Als ich einen kurzen Augenblick sehen konnte was vor sich ging, nutzte ich die Gelegenheit. Ich sah wie der Geiselnehmer Marias Wange ableckte, als wenn es ihn erregen würde, wenn sie Angst hatte. Genau in diesem Augenblick hob ich mein Schwert und warf es, mit voller Kraft weg.
Duke konnte nur einen kurzen Blitz erkenne, wie das Schwert direkt neben seinem Kopf vorbei geflogen war. Erleichtert das er nicht getroffen wurde sagte er: "Tja, wer hätte das gedacht? Der große Christian trifft nicht mal aus so einer Entfernung. Dabei dachte ich, er wäre ein ausgezeichneter Schütze. Da haben sie doch wohl übertrieben. Was sagst du dazu, Carl? Es ist wohl doch nicht alles w…" Während er das sagte, blickte er zu seinem Kumpel nach hinten und erstarrt vor Angst. Carl lag am Boden, mit dem Schwert zwischen den Augen. "Nun, scheint so, als hätten sie doch nicht gelogen, oder DUKE?!?" Duke hörte dass, als er sich wieder zu mir drehen wollte, konnte aber nur noch meine Faust sehen, welche in seinem Gesicht landete. Danach verlor er vor wenige Sekunden das Bewusstsein. Als er wieder zu sich kam, lehnte er an dem Auto, gegen welches er geschleudert wurde. Er wollte aufstehen, bemerkte aber den kalten Stahl meines Schwertes an seine Kehle. Mit der Gewissheit in den Augen, dass er gleich sterben würde, blickte er auf zu mir.
"Ein letztes Mal werde ich gnädig sein. Du darfst gehen, und nimm die Überreste deine Leute mit. Richte allen aus, wenn sie es noch einmal wagen sollte den Kampf in MEINE Welt zu verlagern, werd ich persönlich die Jagd auf euch beginnen. Solange bis ich jeden von euch erwischt habe. Ich hoffe dass ist dir klar. Sollte ich dein Gesicht noch ein einziges Mal sehen, werde ich keine Gnade walten lassen und dich, ohne zu zögern, töten. Dann ist es egal ob hier, dort oder sonst wo. Und jetzt geh, bevor ich mich vergesse und meine Meinung ändere." Mit diesen Worten nahm ich die Klinge von seiner Kehle, und verstaute sie wieder in der Scheide, welche unsichtbar in meinem Mantel versteckt war. Nur wenige Sekunden später gab es einen kurzen Lichtblitz, und alle Anzeichen des Kampfes waren verschwunden. Die Leichen, die Waffen, ja selbst dass Blut. Alles war weg. Nur noch die Beule im Auto und die aufgebrochene Eingangstür erinnerten an den Kampf der kurz zuvor hier statt gefunden hatte.
Doch das schlimmste von allem stand mir noch bevor. Meine Freunde starrten mich alle mit Furcht und Entsetzten an. Maria kniete noch immer am Boden, und zitterte vor Angst. Ohne auch nur einen Blick zu den anderen zu werfen ging ich auf sie zu. Ich kniete mich neben ihr hin. Mit tränenden Augen sah sie mich an. Ich konnte in ihren Augen die Fragen lesen die ihre Stimme nicht fragen konnte. Ich umfasste ihren Kopf, küsste ihre Stirn und sagt: "Keine Angst mehr. Es ist vorbei. Niemand wird dir was tun. Ich werde dir helfen die Furcht und Angst an diese Erinnerung zu vergessen." Mit diesen Worten schloss sie ihre Augen, öffnete sie gleich wieder, und ich konnte erkennen, dass ich es geschafft hatte. Ich hatte ihre Furcht ausgelöscht. Unterbewusst wusste sie was passiert war, doch sie verdrang es, dank meiner Hilfe. Wir standen auf, und gingen zu den anderen. Der Neue, Stefan, kam als erstes wieder zu Besinnung. "W.. w.. was war das? I.. ich versteh nicht w….!" Mit einer Handbewegung zeigte ich ihm, dass er still sein sollte. Vielleicht aus Angst, vielleicht aus Hoffnung auf Antworten hielt er inne. "Geht alle rauf zu den Mädels. Ich komm gleich zu euch." Ich wandte mich zu Chris: "Könnt ich vielleicht bei euch mich frisch machen. Ich glaub ich könnt eine Rasur und einen neuen Haarschnitt gebrauchen. Und ich glaub ich sollte unbedingt Duschen." Ich versucht mit einem Lächeln ein wenig Lockerung in die Sache zu bekommen, doch es gelang mir nicht. Zitternd gab mir Chris die Schlüssel, wobei er seine Hand gleich wieder einzog, als ich nach dem Schlüssel gegriffen hatte. Ich zeigte den anderen mit einer Handbewegung, sie sollen vor gehen. Vorsichtshalber blickte ich mich noch einmal um, um sicher zu gehen, dass niemand die Geschehnisse mitbekommen hatte. Doch es war niemand in der Nähe. Bevor ich rauf ging, schloss ich die große Eingangstür und wandte mich zur Treppe.
Nach knapp 30 Minuten läutete ich bei den Mädels an. Zögernd öffnete Lars mir die Tür. Vor ihm stand der Christian, welchen er kannte: kurze Haare, rasiert und wie üblich gekleidet. Einen kurzen Augenblick lang kam Erleichterung in sein Gesicht, da es so aus sah, als wäre das alles nie passiert, und wir einfach nur ein wenig feiern würden. Doch die Realität holte ihn schnell wieder ein, als er die Narbe an meiner linken Schläfe sah. So als würde sie verschwinden, wenn er kurz nach unten schauen würde, blickte er auf meine Hände. Die ganzen Narben auf meiner Hand und vor allem mein Schwert, welches ich bei mir trug, zeigten ihm, dass das alles kein Traum war. "Bitte sag den anderen, sie sollen rauf kommen. Oben lässt es sich leichter reden." Ohne einen Antwort ab zu warten ging ich wieder rauf. Nur wenige Sekunden nach mir, kamen die anderen in Chris Zimmer. Sie sahen alle ein wenig verstört aus, nahmen es aber relativ gut auf, für jemanden, der solche Szene, wie vor wenigen Minuten, noch nie gesehen hatte.
Ich hatte jeden ein Glas hergerichtet, befüllt mit einem Schuss Wodka. Der sollte sie ein wenig beruhigen. "Bitte setzt euch. Ich weiß, ihr habt viele Fragen und seit voller Angst. Ich kann euch verstehen, doch es wird euch nichts passieren. Trinkt zur Beruhigung den Wodka. Ich wird euch dann alles erzählen!" Mit einer Handbewegung zeigte ich ihnen, dass sie sich bitte setzen sollen. Zögernd griffen sie nach den Gläsern und setzten sich. Alle so, dass sie so weit wie möglich von mir entfernt waren. Ich nahm es ihnen nicht übel. Selbst Maria, der ich geholfen hatte ihre Ängste ein wenig zu verdrängen, besaß noch soviel Angst, dass sie bei der Tür Platz nahm. Nachdem alle ausgetrunken hatten, wurden sie wirklich ein weinig ruhiger. Ich nahm ebenfalls ein Glas, füllte es fast voll mit Wodka, leerte es auf einem Zug und stellte das Glas wieder hin. Die Tatsache, dass ich fast einen viertel Liter Wodka auf einmal getrunken hatte, ohne eine Reaktion zu zeigen, schockierte sie alle ein wenig.
"Nun, ich weiß gar nicht wo ich beginnen soll. Vielleicht am Anfang, was haltet ihr davon?" Ich lächelte sie an, schließlich wollte ich die Stimmung etwas lockern, doch es zeigte sich keine Reaktion. "Wie ich sehe seit ihr nicht für Späße aufgelegt. So soll es sein. Vor knapp über einem halben Jahr, also kurz bevor ich nach München gekommen bin, passierte mir etwas Unglaubliches.
Es war kurz nach Mitternacht. Ich fuhr mit dem Auto von der Arbeit nach Hause, als das Auto von einem Blitz getroffen wurde. Zumindest dachte ich es sei ein Blitz. Ich verlor das Bewusstsein, und als ich wieder zu mir kam, war es schon hell und ich befand mich in einem Bett. Natürlich glaubte ich, ich sei in einem Krankenhaus, und richtete mich auf. Da erkannte ich, dass ich auf keinen Fall in einem Krankenhaus war. Ich lag in einem Zelt und der Boden bestand aus Sand. Schockiert sprang ich auf, und fiel aus dem Bett. Vom Lärm aufgeschreckt kamen zwei Männer ins Zelt gestürmt, beide bewaffnet mit einer Art Lanze und einem Objekt, welches einer Pistole ähnelte. Eine rief etwas in Richtung Zelteingang, doch ich verstand es nicht. Ich versuchte auf zu stehen, doch man deutete mir ich soll am Boden bleiben.
Kurze Zeit später betrat ein älterer Mann das Zelt. Er sagte etwas zu mir, doch, wie zuvor, verstand ich kein Wort. Er lächelte. "Vielleicht ist es so einfacher. Kannst du mich jetzt verstehen? Dann ist es ja gut. Mein Name ist Ismalh. Ich bin der Anführer dieses Stammes. Wie unhöflich von mir. Bitte, steh doch auf und setzt dich doch auf das Bett. Wie ist dein Name, Auserwählter?"
Langsam und misstrauisch erhob ich mich. "Christian. Mein Name ist Christian. W.. wo bin ich hier? Was ist das hier? Wie kam ich hier her? Und vor allem wie komm ich wieder nach Hause? Bin ich tot? Und was soll dass mit ’Auserwählter’?"
"Du hast ja viele Fragen. Doch ich wird versuchen sie dir zu beantworten. Doch komm, es lässt sich leichter im gehen reden. Ich bin schon alt, und kann nicht so lange sitzen. Außerdem ist heute ein so schöner Tag."
Ismalh erklärte mir, dass ich in einer anderen Welt war. Ich weiß, es klingt verrückt, doch es war so. Euch jetzt alle Einzelheiten zu erzählen würde zu lange dauern. Ich kann euch nur sagen, dass die Zeit zwischen diesen Welten anders verläuft. Immer in der Welt, in der ich mich befinde, vergeht die Zeit schneller. Wenn hier zwei Jahre vergehen, so vergeht in der anderen Welt nur eine Woche. Bin ich dort, verhält es sich natürlich anders. Das beste Beispiel ist ja meine Ankunft hier. Sah ich so aus, als ob ich nur eine Woche weg war? Seht ihr? Chris, du selbst hast ja gesagt, ich würde so aussehen als wenn ich Monate weg gewesen wäre.
Doch kommen wir jetzt zu den Punkt, der euch am meisten beschäftigt. Der Vorfall draußen war kein Zufall. In der anderen Welt herrscht Krieg. Und ich wurde mit rein gezogen. Ich hab euch nichts erzählt, da ihr mit, erstens, nicht geglaubt hättet und, zweitens, auch mit rein gezogen worden wäret. Bis zum heutigen Tag wurde der Krieg niemals in diese Welt gebracht. Niemand sollte davon erfahren. Doch die andere Seite wollte mich unbedingt vernichten. Deshalb hat sie entschlossen, euch zu töten. Mit dir, Stefan, wollten sie beginnen. Du fragst dich sicher warum, oder? Nun, da es eine Welt neben unserer ist, gibt es einige von euch, die auch in der anderen Welt existieren. Doch sie haben nichts mit euch gemeinsam, mit der Ausnahme eures Aussehens. Und du, Stefan, bist nun mal einer, der dort lebt. Du, oder besser dein Ebenbild, ist meine rechte Hand. Deshalb wollten sie dich zu erst töten. Doch ihr braucht nichts zu befürchten. Ich habe in den letzten zwei Jahren in der anderen Welt den einen oder anderen Trick gelernt. Neben ihren körperlichen Kräften, besitzen manch von ihnen auch geistige Kräfte. Auch wir besitzen sie, doch nützt sie kaum einer. Ich hab gelernt einige von ihnen einzusetzen. So hab ich einen Schutzkreis um dieses Haus gelegt. So seit ihr sicher. Ebenfalls werde ich einen über jeden von euch legen. Er wird euch nicht vor allem schützen, doch ein wenig Schutz ist besser als keiner. Ihr werdet ihn nicht sehen, doch er ist da. Schließlich will ich ja nicht, dass ihr verle…."
Ich hielt inne mit meiner Erzählung und sah mich leicht besorgt um. Die, mittlerweile ein wenig erleichterten, Gesichter bekamen das Anzeichen von Angst. Doch ich kümmerte mich im Moment nicht darum. Statt dessen umfasste ich den Griff meines Schwertes und lief zum Fenster. Ich schloss es schnell, und begab mich wieder in die Mitte des Raumes.
"Was ist los, Christian? Du siehst besorgt aus. Mach uns nicht noch mehr Angst! Bitte, sag was los ist. Das schulde…"
"Sei still, Lars! Es ist jemand hier. Sieben, nein neun Leute. Einer von ihnen scheint sogar sehr stark zu sein. Der könnte es sogar durch meinen Schutzkreis schaffen. Und mit ihm die anderen. Los, geht in die Ecke dort drüben. Bleibt weg von den Fenstern. Na los!!!! Tut was ich euch sage. Und bleibt dicht zusammen. So ist der Schutzkreis um euch stärker. Egal was jetzt passiert, bleibt zusammen. Auch wenn jemand die Waffe auf euch richtet, es kann euch nichts passieren, solang ihr eng zusammen steht. Ich werde meine ganzen Kräfte benötigen, um diesen Gegner zu besiegen. Dass heißt, ich muss den Schutzkreis um das Haus lösen. Bitte bleibt ruhig, ich werde euch beschützen!"
Mit diesen Worten hob ich mein Schwert, und löste den Schutzkreis des Hauses. Eine Sekunde nach der anderen verging. Es kam mir so vor, als würde jede Sekunde eine Ewigkeit dauern. Doch schlimmer war die Stille. Es war nichts zu hören. Kein einziges Geräusch. Doch plötzlich zersprangen die zwei Fenster im Zimmer, und vier Gestalten drangen ein. Nur einen Augenblick später sprang die Tür auf, und fünf weiter stürmten ins Zimmer. Es wurde ziemlich eng im Zimmer. Drei von ihnen stürmten von der Tür direkt auf mich. Mit nur einem Hieb konnte ich sie alle erwischen, und schlitzte ihnen den Hals durch. Sie sackten zu Boden und zuckten für einen kurzen Moment. Danach waren sie tot. "Idioten! Glauben, die können ihn einfach so angreifen. Ist besser so, wenn sie tot sind. So fallen sie mir nicht zu Last. Ihr zwei, an der Tür. Schnappt euch die Freunde von ihm und tötet sie. Ihr anderen beiden da drüben, helft den beiden Hohlköpfen. Der ’Auserwählte’ gehört uns. Nicht wahr Brüderchen?" Der Größte von ihnen deutete mit dem Kopf noch zusätzlich zu seinen Worten auf Chris und den anderen. Er schien der Anführer zu sein. Doch ich befürchtete nicht, dass er mir viel antun könnte. Mehr Angst hatte ich vor seinem Bruder. Obwohl dieser um zwei Köpfe kleiner war, als der Anführer, ging eine enorme Kraft von ihm aus. Ich wusste, dass der Kampf nicht einfach werden würde.
Ein Aufschrei holte mich aus meinen Gedanken. Ich sah in die Ecke, wo die vier Angreifer versuchten meine Freunde zu töten. Doch sie kamen nicht durch meinen Bannkreis. Dennoch hatte Nadine aus Angst geschrieen.
"Hier spielt die Musik, Freundchen!" Ich blickte in die Richtung, aus der die Stimme kam, und konnte mich noch schnell ducken. Eine schwarze Schwertklinge zischte nur wenige Zentimeter über meinen Kopf hinweg. Fast gleichzeitig kam eine weiter schwarze Klinge von der Seite auf mich zu. Mit Geschick konnte ich sie mit meinem Schwert parieren. Der Aufprall durchzuckte meinen ganzen Körper. Ich hatte mich nicht getäuscht. Der Kleine hatte eine Wahnsinns Kraft. Der Kampf hatte begonnen. Die Beiden waren so gut auf einander eingespielt, dass ich mit Müh und Not ihre Hiebe parieren konnte. Nach kurzer Zeit war ich schon ziemlich erschöpft. Ich hatte noch keinen Angriff starten können, doch meine Gegner schlugen weiterhin, ohne Anzeichen einer Ermüdigung oder eines kleinen Fehlers, welchen ich ausnutzen hätte können, auf mich ein. Es fiel mir immer schwerer ihre Schläge zu blocken, bis irgendwann einer ihre Klingen meinen Block entging, und mir quer über die Brust das Hemd aufschnitt. Ich spürte einen leichten Hauch von Wärme auf meiner Brust und wusste das ich blutete. Der Anblick meines Blutes stärkte meine Gegner, und sie erhöhten ihre Anzahl an Schlägen. Ich konnte ihnen nicht viel entgegen setzen und somit gingen immer mehr ihrer Schläge durch meinen Block. Zum Glück trafen nur wenige ihr Ziel. Doch ich wurde immer schwächer. Nicht der Kampf schwächte mich so, sondern der Bannkreis, der um meine Freunde war. Meine Gegner hatten das geahnt und alles gut geplant.
Neben den Kampflauten hört ich jemanden ängstlich meinen Namen rufen. Es war Chris. Doch er rief nicht aus Angst um sein Leben, sondern weil er mich wahren wollte. Ich warf einen kurzen Blick nach hinten, und erkannte, was er mir sagen wollte. Einer der vier Schurken hatte sich unbemerkt hinter mich gestellt, und war kurz davor mir sein Schwert in den Rücken zu rammen. Ich konnte nicht rechtzeitig ausweichen, und dachte schon, es wäre aus mit mir. Doch kurz bevor mich die Klinge berührte, zischte etwas an meiner Nase vorbei. Der Halunke, welcher hinter mir stand, viel tot um. Ich begriff nicht, was geschehen war, bis ich den Pfeil in seiner Brust sah. Auch meine zwei Gegner sahen ihn, und stoppten ihren Angriff.
Mit einem erleichterten Lächeln sah ich zu meinem Freunde, die mich verwirrt ansahen. "Keine Angst, es wird alles gut. Ich werde jetzt den Schutzkreis um euch herum lösen, da ich meine ganze Kraft für diese beiden brauche. Doch ihr habt nichts zu befürchten, ihr seit jetzt besser geschützt als mit meinem Bannkreis. Nun zu euch beiden. Auf zur nächsten Runde!"
Ich wandte mich wieder zu den Brüdern hin, nahm eine erleichternde Position ein, und löste den Schutzkreis um meine Freunde. Beinahe zeitgleich zischten drei weiter Pfeile an meinem Kopf vorbei. Am Klang der polternden Körper wusste ich, dass sie ihr Ziel getroffen hatten und die drei Schurken tot waren. Die Brüder hatten sich gerade wieder gefasst und wollten mich erneut angreifen, als ein fünftes Objekt durch das Fenster geflogen kam. Es landete genau vor meinen Füßen. Ich griff mit meiner linken Hand danach, und zog es aus dem Boden. Es war ein zweites Schwert, welches exakt so aussah, wie mein Schwert. Es war die "Schwesterklinge" meines Schwertes. Beide vom gleichen Schmied fast gleichzeitig hergestellt. Nur dafür gedacht, dass ich sie führe. Nun begann die zweite Runde. Doch dieses Mal konnte ich meine ganze Kraft einsetzten und hatte zwei Schwerter. Zuerst sah es so aus, als wären wir ebenbürtig, doch nach kurzer Zeit konnte ich die Brüder langsam zurück drängen. Der große von ihnen verlor sichtlich an Kraft, der kleine aber kompensierte es mit seiner. Beide hatte bis dahin keinen Fehler gemacht, was es mir erschwert hatte sie zu bekämpfen. Doch mit seiner Kraft verlor der Große auch seine Zielsicherheit. Ohne das es die beiden bemerkten, steigerte ich meinen Angriff auf den Großen. Plötzlich zeigte sich eine kleine Lücke in seiner Verteidigung, welche ich ausnützte. Ich stoppte meinen Angriff auf den kleinen, welcher wiederum auf mich zukam. Ich sprang zur Seite, drehte mich um mich selbst, und schwang meine Schwerter um mich herum. Dabei traf ich mehrfach den Großen. Nach mehreren schnellen Schlägen auf ihn, brach er tot zusammen. Als sein Bruder das sah, wurde er wütend, und stürmte auf mich zu. Wut war noch nie ein guter Begleiter für einen Kampf. Er schlug wie wild mit seinem Schwert auf mich ein. Und, obwohl ich zwei hatte, viel es mir ein wenig schwer seine Schläge zu blocken. Er zeigte seine ganz Kraft. Und wie vermutet war sie riesig. Doch durch seine Wut konnte er sie nicht kontrollieren. Einen kurzer Augenblick von Unachtsamkeit seinerseits, nützte ich, um auch ihn nieder zu strecken. Kurz vor seinem Tod sah er mich noch an und ich konnte in seinen Augen Erleichterung erkennen. Erleichterung, dass er wieder mit seinem Bruder zusammen war.
Erneut durchfuhr ein Lichtblitz das Zimmer, und alle Leichen waren verschwunden. Nur die zerstörten Möbel erinnerten an den Kampf.
Maria kam auf mich zu, und schlug mir ins Gesicht. "Wie kannst du nur den Schutzkreis lösen? Wir hätten tot sein können. Was wäre wenn einer den Pfeilen ausgewichen wäre?"
"Erstens, lebt ihr noch, und, zweitens, ich wusste dass keiner den Pfeilen ausweichen könnte. Ich weiß nämlich wer geschossen hat. Nur eine ist so wagemutig und folgt mir, trotz Verbot, hierher und hat den Schneid einen Pfeil, so nah an meinem Gesicht vorbei, in die Gegner zu befördern. Nicht wahr, Jessica?!" Während ich das sagte, drehte ich mich zum Fenster um. Nur Sekunden später kam eine wunderschöne junge Frau ins Zimmer. Sie hatte, obwohl es Februar war, nur Hotpants und ein kurzes, bauchfreies T-Shirt an. Sie hatte ein Bogen in der Hand, und Pfeile waren in einem Köcher auf ihrem Rücken.
Alle starrten sie an. Sie war wirklich atemberaubend. Lars unterbrach die stille. "Wer ist sie, woher kommt sie und was will sie?"
Ich ging auf sie zu, gab ihr einen innigen Kuss, wandte mich meinen verdutzt drein schauenden Freunden zu, und sagt: "Sie hilft mir mal wieder, kommt aus der anderen Welt, und ist meine Frau!"
Kapitel 2
Für einen kurzen Augenblick herrschte eine bedrückende Stille. "Sie ist bitte WAS?!?" Geschockt von meiner Aussage und im Glauben sich verhört zu haben fragte Maria mich noch mal. "Wie kann sie deine Frau sein. Du bist mal eine Woche weg, und hast plötzlich eine Frau?! Was läuft den hier für ein kranker Film?"
"Nun ja, zum einen ist das ganz und gar nicht ein Film. Weiters war ich, wie ich vorhin erwähnt habe, nicht eine Woche sonder ZWEI JAHRE weg. Und, ja, sie ist meine Frau. Oder zumindest würden wir es so nennen. Dort sagt man dazu Lebenspartner. Aber grob gesehen, ist sie meine Frau. Bei ihnen sind solche Partnerschaften wirklich fürs Leben. Sobald die Zeremonie vollzogen ist, sind beide für immer verbunden miteinander. Dort gibt es kein Fremdgehen oder ähnliches. Beziehung halten bis zum Tod. Manchmal sogar darüber hinaus. Wir sind schon knapp zwei Jahre zusammen. Ich hab sie bei meinem letzten Besuch kennen gelernt."
Auf den Schock mussten sie sich alle mal hinsetzen. Das war eindeutig zuviel für einen Tag. Nachdem sie sich ein wenig erholt hatten, fragte mich Nadine, typisch für eine Frau: "Wie habt ihr euch kennen gelernt? War das so wie Liebe auf den 1. Blick?"
"Nun ja, so genau kann man dass nicht sagen. Als ich euch letzte Woche verlassen habe, hab ich mich sofort in die andere Welt transportiert. Doch leider kann man nicht so genau einschätzen wo man landet. Ich hatte Glück. Ich landete in einem See an einem Wasserfall. Als ich wieder auftauchte, stand SIE vor mir. Die schönste Frau, welche ich je gesehen hatte. Ihr nackter Körper war nur bedeckt von Wasserperlen, welche die Sonne reflektierten. Eine Frau deren langes braunes Haar, nass an ihrem Körper klebte. Eine Frau mit den schönsten grünen Augen, die ich jemals gesehen habe. Wir starrten uns einen Moment lang an. Aug in Aug. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit. Und dann…."
"..dann schlug ich ins Gesicht, dass er das Bewusstsein verlor. Ich dachte, er sei ein Spion. Außerdem stand ich nackt vor ihm, und er starrte mich an."
"Ja, aber nur in deine Augen habe ich gestarrt."
"Das hab ich damals nicht wissen können. Als ich mich wieder angezogen hatte, packte ich ihn, gefesselt, auf mein Reittier und ritt zurück zu unserem Lager. Mein Vater, Ismalh, erklärte mir alles, und als er wieder bei Bewusstsein war, entschuldigte ich mich mehrfach bei ihm. Doch er wollte es mir erst verzeihen, wenn ich mit ihm ausgehen würde. Er meinte, ein schönes Picknick bei den Wasserfällen bei Vollmond würde es wieder gut machen. Da an diesem Abend Vollmond war, sagte ich zu. Und an diesem Abend hab ich mich in ihn verliebt."
Von der Tatsache, dass sie mich K.O. geschlagen hatte belustigt, hörten sie sich die Geschichte an. Chris, unser Aufreißer, sagte zu mir: "Aber hallo! Christian so kennen wir dich ja gar nicht. Seit wann bist du denn so ein Playboy? Ich hätte dir so etwas überhaupt nicht zugetraut. Respekt. Scheinbar weißt du doch sehr gut, was Frauen hören wollen." Dabei lächelte er ziemlich zweideutig.
Da mir die Sache ein wenig unangenehm war wurde ich etwas rot. Das bemerkten alle, sodass sie alle begannen zu lachen. Der ganze Abend war plötzlich vergessen. Niemand schien sich daran zu erinnern, was sich nur vor wenige Minuten hier abgespielt hatte. Da wir, zum ersten Mal, alle am Montag frei hatten, beschlossen wir, die Nacht durch zu feiern. Einerseits, um die Geschehnisse zu vergessen, andererseits, meinte Paul, unser Franzose, dass wir ja, mit Jessica, ein neues "Familienmitglied" willkommen heißen mussten. Während die Jungs und ich das Zimmer auf Vordermann brachten, es waren zum Glück nur Stühle kaputt gegangen, suchten die Mädels was passendes für Jessy. Schließlich konnte sie ja nicht so halb nackt herum laufen.
Nachdem wir die ganze Nacht durchgefeiert hatte, schliefen wir bis viertel vor vier am Nachmittag durch. Wir schliefen alle bei Chris im Zimmer. Da Jessy und ich als erstes wach waren, beschlossen wir, "Frühstück" einkaufen zu gehen. Es war zwar schon fast Abend, doch wir wollten richtig schon Frühstücken. Das hatten wir uns noch am Vorabend ausgemacht. Für Jessy war es recht ungewohnt, einkaufen zu gehen. Bei ihnen gab es alles für jeden. Niemand musste etwas zahlen. Doch sie verhielt sich still, da ich ihr ja schon einiges erzählt hatte. Sie war ziemlich anpassungsfähig. Eine weiter Eigenschaft, welche ich an ihr liebte.
Als wir zurück kamen, waren die anderen, mehr oder weniger, wach. Als sie Jessy sahen, waren sie irgendwie schockiert. Scheinbar hatten sie gedacht, es wäre nur ein Traum, doch Jessy, und somit der letzte Abend, waren real. Doch dieses Mal nahmen sie es gelassener auf. Zumindest ließen sie es so rüber kommen. Dies war eine große Erleichterung für mich.
Wir sahen uns ein paar DVD´s an, wobei Jessy sowohl fasziniert als auch schockiert darüber war bei ihnen gab es solche Geräte wie Fernseher nicht. Doch sie zeigte ihre Begeisterung nicht zu offen. Schließlich war sie in einer anderen Welt, und da gibt es nun mal andere Sachen.
Nachdem wir gemütlich gegessen hatten und uns zwei Filme angesehen hatten, war es schon kurz vor acht Uhr. Da Jessy, durch den enormen Kraftaufwand für den Transport, noch nicht in ihre Welt konnte, wollte ich mit ihr zu mir fahren. Kurz bevor wir gehen wollten, bekam ich so ein komisches Gefühl. Verwirrt sah ich mich um, konnte aber nirgendwo die Quelle meines Gefühles entdecken. Doch plötzlich spürte ich es ganz deutlich. Ich sprang in Richtung von Jessy, und stieß sie weg. Beinahe gleichzeitig fing ich drei der vier Pfeile ab, die auf mich zu kamen. Hätte ich nichts unternommen, wäre Jessy von allen vier getroffen. Der vierte, welchen ich nicht mehr auffangen konnte, traf mich am linken Oberarm. Ich riss den Pfeil, welcher zum Glück nur leicht drinnen steckte, raus und sprang aufs Fenster. "Jessy, du bleib hier und pass auf die anderen auf. Ich verfolge diese Mistkerle!" Ohne mich umzusehen, sprang ich auf das gegenüberliegende Dach, von wo die Pfeile kamen. Jedoch war dort niemand mehr. Es war zu gefährlich sie jetzt zu verfolgen und die anderen alleine zu lassen.
Ich kletterte wieder vorsichtig ins Fenster rein. "Leider waren sie schon weg. Ich wollte sie nicht verfolgen. Hätte ja eine Falle sein können. Vielleicht ist es bes…." Ich sah in die geschockten Gesichter meiner Freunde, und folgte ihren Blicken. Sie endeten bei Jessy. Sie lag noch immer dort, wo ich sie hin gestoßen hatte, doch war was anders. Es waren nicht vier Pfeile, die durchs Fenster kamen, sondern fünf. Einen hatte ich übersehen, und dieser steckte nun zwischen Jessys Rippen. Sie lebte zwar noch, hatte aber große Schmerzen.
"Jessy, mein liebe. W. was ist mit…? Bitte steh auf. Dass darf nicht wahr.. So kann es nicht gehen. Komm schon!" Sie sah hoch zu mir und starrt mich mit ihren Jade-grünen Augen an. "Keine Angst, Chris. Ist nur halb so schlimm."
"Lüg mich nicht an. Du bist zwar die Ärztin, doch selbst ein Blinder würde sehen, dass das nicht bloß ’halb so schlimm’ ist. Du weißt, du kannst mich nicht anlügen!"
"Ich liebe dich!"
"Ich dich auch, also verlass mich nicht! Bitte! Ich brauch dich doch!"
"Christian, du weißt so gut wie ich, dass das vorbestimmt war. Das Orakel hat es uns gesagt. Früher oder später musste es passieren."
"Ja, es hat es uns gesagt. Deswegen hatte ich dir verboten hier her zu kommen. Doch du musstest ja deinen Dickkopf durchsetzen. Doch genau so wie das Orakel gesagt hat, dass das hier passiert, hat es auch gesagt, ich würde hier sterben, doch noch lebe ich."
"Weil ich gekommen bin um dich zu retten. Es hat gesagt, einer von uns wird sterben. Du oder ich, so war die Aussage."
"Genau. Und genau so werde ich dich retten. Ich lasse nicht zu, dass du stirbst. Du wirst alt werden. Sehr alt. Du wirst deinen Traum verwirklichen können. Du wirst ein eigenes Haus haben, so wie du es wolltest. Du wirst deine vier Kinder haben. Und ihr werdet alle glücklich sein."
"Das ist nicht möglich, und das weißt du, mein Liebster. Du weißt, entweder ich sterbe, oder du. Und da ich lebensgefährlich verletzt bin, sieht es wohl eindeutig aus, wer leben wird!"
"Doch ich werde es nicht erlauben dass du stirbst. Dafür liebe ich dich zu sehr. Ich kann dir helfen, und dass weißt du. Und mir ist egal welchen Preis ich zahlen muss, damit du es schaffst. Ich zahle jeden Preis dafür. Und wenn ich den Teufel persönlich dafür töten muss, DU WIRST LEBEN!"
"Nein, du weißt was das heißt. Du wirst…"
Ohne den Satz beenden zu können, verlor sie das Bewusstsein. Ich hatte keine Zeit mehr zu zögern. Ich konzentrierte meine ganze Energie auf die Wunde und den Pfeil. Ich wusste, wenn ich den Pfeil einfach nur raus ziehen würde, würde sie sterben. Also schloss ich sie mit meiner Kraft in eine Hülle. Sie war dafür gedacht, dass in ihr die Zeit langsamer verging. So langsam wie in Jessys Welt. Doch dass war nur eine kurze Lösung. Sie musst zurück. Dort konnten sie ihr vielleicht helfen. Medizinisch waren sie recht fortschrittlich. Außerdem hätten unsere Krankenhäuser kein Gegengift für den Pfeil gehabt. Ich wusste, dass er vergiftet war, da es das Orakel voraus gesagt hatte. Innerlich verfluchte ich das Orakel, obwohl ich wusste, dass es nichts dafür konnte. Obwohl ich noch mindestens drei Tage warten müsste, um die Kraft zu haben einen Transport durch zu führen, sammelte ich meine ganze Kraft, um Jessy in ihre Welt zu schicken. Nachdem ich das geschafft hatte, brach ich kraftlos zusammen.
Stunden später wachte ich wieder auf. Maria saß neben meinem Bett und schlief. Als ich mich bewegte, wachte sie auf und rief die anderen zu sich. Sie hatten abwechselnd Wache gehalten. "Christian, ist mit dir alles in Ordnung? Was ist mit Jessica? Es ging mir alles viel zu schnell! Was hat es mit dem Orakel zu tun?"
"Ganz ruhig, Maria. Lass ihn mal langsam wieder zu Kräften kommen. Er soll sich lieber noch etwas ausruhen. Also, Chris, du kannst uns ja morgen alles erzählen. Okay? Natürlich nur wenn du willst. Jetzt solltest du lieber noch etwas schlafen. Du siehst noch ganz fertig aus." Das waren die letzten Worte von Lars, die ich hörte, bevor ich wieder einschlief.
Schwarz.
Alles ist schwarz.
Kein Licht.
Aber was ist das da vorne?
Da leuchtet doch etwas!? Es kommt näher.
Nein, ich geh darauf zu. Wieso wollen meine Füße nicht das tun, was ich will. Hier bin ich geschützt. Hier sieht mich keiner. Keiner kann mir etwas antun.
Doch irgendetwas ist dort vorne. Außerdem Licht. Etwas Warmes. Es wärmt mich. Von innen. Ein Gefühl von Wärme umgibt mich.
Sollte ich doch besser ins Licht gehen? Schützt es mich besser? Ich komm langsam näher. Es wird immer wärmer. Aber es ist nicht unangenehm. Es ist herrlich. Ja, ich will ins Licht. Ich sehe was. Langsam wir alles klarer.
Dort vorne sind Menschen. Sie lachen und spielen. Aber warte, die kenn ich doch. Dort sind doch alle aus dem Personalhaus. Und dort drüben steht Jessy mit ihrem Vater. Es geht ihr gut. Das freut mich richtig.
Aber was ist das?
Nein. Das darf nicht sein. Schatten kommen dort. Das ist EIN Schatten. Der Schatten einer Person. Er hüllt alle in Dunkelheit. Das Lachen wird leiser. Sie sehen alle unglücklicher aus. Ich muss schnell dort hin.
Je näher ich komme, desto größer wird der Schatten.
Oh mein Gott. Das ist MEIN Schatten. Ich bring die Dunkelheit über meine Freunde.
Der Schatten wird ja plötzlich wieder kleiner. Warum?
Ich falle. Nein! Ich will nicht. NEIN!!!!!!
Schweißgebadete wachte ich auf. Es wurde langsam wieder hell. Ich sah auf die Uhr.
Sechs Uhr morgens.
Alle anderen schliefen noch. Keiner war durch meinen Traum geweckt worden.
Doch was bedeutete der Traum? Bedeutete er überhaupt etwas? Ich wusste es nicht. Ich legte mich erneut hin, wollte aber noch über den Traum nachdenken. Aber ich schlief sofort wieder ein. Dieses Mal war es ein traumloser Schlaf.
Als ich wieder aufwachte, war es bereits Mittag. Der Geruch von gebratenem Fleisch lag in der Luft. Als ich versucht auf zu stehen, bemerkte ich, dass ich noch ein wenig schwach auf den Beinen war. Ich stütze mich an der Mauer, und ging zur Küche. Paul stand in der Küche mit Chris. Sie schnitten gerade Gemüse, als ich zur Tür kam. Paul saß mir gegenüber.
"He Bäckerwichser!"
Das war ein Spitzname, welchen ich von unsrem Chef einmal bekommen hatten.
"Alles klar wieder mit dir? Dir ging’s ja ziemlich scheiße. Du saßt aus wie tot. Du siehst immer noch ziemlich bleich aus. Du solltest…"
Den Rest hörte ich nicht mehr. Plötzlich wurde mir übel, und ich lief zum Klo. In letzter Sekunde schaffte ich es. Ich wusste nicht warum, aber ich musste kotzen. Chris kam ins Badezimmer und fragte ob alles in Ordnung sei. Ich deutete ihm dass es schon ginge. Ungläubig ging er wieder in die Küche. Ich stellte mich unter die Dusche, hoffte dass es besser werden würde. Doch so war es nicht. Nach knapp 20 Minuten stellte ich das Wasser ab. Chris hatte mehrere Male angeklopft, ob ich eh nicht ertrinken würde. Nachdem ich mir neue Sachen angezogen hatte, ging ich wieder in die Küche. Ich kam genau richtig. Das Essen war fertig. Obwohl ich eine große Portion bekommen hatte, wurde ich irgendwie nicht satt davon. Zum Glück hatte ich mir am Vortag zwei Kuchen gekauft. Nachdem ich beide gegessen hatte, ging es mir ein wenig besser. Jetzt wusste ich auch wieder, was los war. Durch den enormen Kraftverbrauch des Vorabends, brauchte ich viel Energie. Deswegen half mir der Kuchen. Er hatte viel Zucker, welcher mir Energie gab. Am Abend waren wir alle wieder zusammen und, obwohl ich den ganzen Tag lang gefragt worden war, was vorgefallen sei, gab ich keine Antwort. Nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen, gaben sie es auf, mich danach zu fragen. Da ich am nächsten Tag um sieben zum Arbeiten beginnen musste, fuhr ich zu mir nach Hause. Doch bevor ich ging, versprach ich den anderen, dass ich ihnen am nächsten Tag alles erklären würde.
Der folgenden Arbeitstag war relativ langweilig. Ich musste aber etwas länger bleiben, da wir einen Vortrag hatten. Meine Stimmung war sowieso nicht auf dem Höhepunkt, doch dieser Vortrag machte mich noch bedrückter. Der einzige Lichtblick waren meine Sitznachbarn. Links von mir saß Susy. Ein Azubi, mit der ich mich recht gut verstand. Rechts von mir saß Franziska, welche in unserem Restaurant tätig war. Beide waren recht attraktiv. Doch das war für mich eigentlich immer zweitrangig. Ich hatte mit beiden immer recht viel Spaß. Doch an diesem Tag kam bei mir keine richtige Stimmung auf. Dass merkten beide auch.
Nach dem Vortrag wollte ich schon gehen, als beide mich zur Seite nahmen. Wir gingen zu einem offenen Fenster. "Was ist heute nur los mit dir, Christian? Sonst bist du immer so gut aufgelegt und läufst mit einem Lächeln durch die Gegend, doch ich hab dich heute noch kein einziges mal lachen oder lächeln gesehen. Das hat glaub ich heute keiner. Also was ist?"
Ich sah Franziska an, und wollte ihr Antworten. Doch plötzlich wurde mir wieder übel und ich dachte schon, ich müsse mich wieder übergeben. Doch das Gefühl war anders. Ich kannte das Gefühl. Aber woher?
Dann fiel es mir ein. Es war das selbe Gefühl, wie zwei Tage zuvor im Personalhaus. An dem Abend, wo Jessy niedergeschossen wurde. Blitzschnell reagierte ich, und fing mit der linken zwei und mit der rechten Hand drei Pfeile ab. Dieses Mal hatte ich alle 5 gefangen. Ohne zu zögern sprang ich auf den Fensterrahmen und zum anderen Haus. Ich hörte wie die beiden etwas riefen, doch ich verstand es nicht. Während meines Sprunges zog ich eines meiner beiden Schwerter, welche ich bei mir hatte. Da ich nicht genug Schwung in meinem Sprung hatte, kam ich nicht auf das Dach des anderen Hauses. Somit rammte ich mein Schwert in die Mauer. Anschließend stieß ich mich mit den Beinen von der Mauer ab, und als meine Füße über mir waren, zog ich mit voller Kraft mein Schwert wieder aus der Wand. Dieses Mal hatte ich genug Kraft, und kam auf dem Dach auf. Franziska und Susy standen regungslos da, und starrten in Richtung Dach. Sie konnten nichts sehen, hörten aber, wie Metall aufeinander traf. Außerdem hörte sie Schreie.
Und dann wieder Stille. Sekunden später sauste etwas schwarzes an ihnen vorbei. Danach noch etwas, jedoch langsamer. Als sie nach unten sahen, entdeckten sie einen Körper am Boden liegen. Daneben stand jemand, der aber gleich davon lief. Sie vermuteten dass ich am Boden lag, und wollten schon runter laufen, als sie von oben hörten: "Dich bekomm ich noch! Du wirst mir genau so wenig entkommen wie deine vier Freunde. Ihr werdet dafür büßen. Ihr habt euch einen mächtigen Feind gemacht. Ab heute ist der Teufel hinter euch eher. Und zwar der ECHTE!"
Als sie nach oben sahen, konnten sie mich erkennen und waren für einen kurzen Augenblick erleichtert. Doch nur Sekundenbruchteile später blieb ihnen fast das Herz stehen.
Nämlich als sie sahen, wie ich von einem fünfstöckigen Haus sprang. Ihre Schreie halten in meine Ohren, als ich an ihnen vorbei schoss. Unten kam ich mit einem angewinkelte Fuß an. ich vergewisserte mich, ob der Typ am Boden auch wirklich tot war, und wollte gerade zur Verfolgung absetzten, als ich erneut Stimmen hörte. Ich sah nach oben, und erblickte Susy und Franziska. An ihren entsetzten Gesichtern sah ich, dass ich jetzt nicht einfach davon laufen konnte. Also wartete ich.
Als sie bei mir unten ankamen, war die Leiche schon verschwunden. "Ist mit euch beiden alles Okay? Ist euch nichts passiert?"
"Bitte was?!? Wir stehen gemütlich am Fenster, als plötzlich jemand auf uns schießt. Du fängst die Pfeile ab, springst aus dem Fenster, machst Kunststücke die man nicht mal im Film siehst, springst von 20 Meter hohen Häusern und fragst UNS ob nichts passiert ist? Geht’s dir noch gut? Susy und ich hatten Todesangst!"
"Das stimmt. Und zwar nicht nur um uns, sondern auch um dich. Was ist den hier bitte jetzt vorgefallen? Und wo ist der Typ hin, der vorher hier lag? Ich glaub du schuldest uns eine Erklärung!"
"Ihr habt vielleicht recht. Kommt, wir gehen in ein Lokal, da lässt es sich leichter reden."
Wir gingen in ein kleines Lokal in der Nähe des Hotel. Wir bestellten uns etwas zum trinken und warteten bis es uns gebracht wurde. Bis dahin sprach wir kein Wort. Sie sahen mir an, dass es mir schwer fiel, ihnen davon zu erzählen. Deshalb versuchte Susy das Thema einmal weg zu lassen und etwas "Smalltalk" zu führen.
"Netten Anhänger hast du da. Ist der gekauft, oder selbst gemacht? Die Form kann ich nicht erkennen. Hat sie eine Bedeutung?"
Überrascht von der Frage, blickte ich sie an. Mir war nicht aufgefallen, dass der Anhänger zu sehen war. Normaler weise trug ich ihn unter meinen Sachen. "Ja, er ist selbst gemacht. Aber nicht von mir, sondern von meiner Frau. Sie hat.."
"Deiner Frau? Du meinst deine Freundin?"
"Nein, ich meine wirklich MEINE Frau. Mit der ich verheiratet bin. Nun ja sozusagen…."
"Du bist was?!?! Verheiratet?!?!"
"Bitte nicht so laut? Die Leute schauen schon."
"Entschuldigung. Ich bin nur ein wenig, nun ja, überrascht. Und an Franziskas Ausdruck sehe ich, ihr geht’s nicht anders. Also bitte. Erzähl."
"Nun, sie hat ihn in der Nacht vor unserer Vermählung gemacht. Dass ist Tradition. Eine Priesterin schließt sich mit ihr ein, und bringt sie in Trance. Sobald sie soweit ist, muss sie ein Symbol zeichnen. Jenes Symbol welches sie vor ihrem geistigen Auge sieht. Dies muss sie dann, unter Beobachtung der Priesterin fertigen. Wenn du den beiden Linien folgst, siehst du dass sie unendlich in sich selbst schließen und sich immer wieder kreuzen. Es steht für unsere unendliche Liebe, und dass wir eng verbunden sind. Dieses Symbol kommt recht selten in dieser Form vor. Jene, die solch ein Zeichen in ihrem Trance-Zustand gesehen haben, waren immer stark mit ihrem Partner verbunden. Teilweise sogar über den Tod hinaus."
Endlich konnte Franziska ihre Gedanken wieder in Worte fassen. "Du meinst dass ihr symbolisch Seelenpartner seit."
"Nun, symbolisch und auch wirklich. Egal über welche Entfernung, wir können einander immer spüren. Außerdem fühlen wir den Schmerz des…"
"Geht’s dir nicht gut? Du siehst plötzlich so komisch aus. Hast du Schmerzen?"
"Ich nicht, aber Jessy, meine Frau. Doch das ist unmöglich. Die Zeiten sind doch… Verdammt. So wie es aussieht, hab ich alles geändert. Hätte ich bloß auf dass Orakel gehört, und mich nicht eingemischt. Ich muss zu ihr, sonst stirbt sie. Hier, dass müsste für die Getränke reichen."
Ich legte das Geld auf den Tisch, und lief, mit schmerz verzogenen Gesicht, raus.
In einer kleinen Seitengasse blieb ich stehen. Ich versuchte meine ganze Kraft zu sammeln, war aber immer noch zu schwach. Da half nur noch eines. Beten. "Ich bin zwar kein sehr gläubiger Mensch, aber wenn es dich wirklich geben sollte, dann gib mir die Kraft die ich brauche, um hier und jetzt ein Portal zu öffnen. Es geht hier nicht um mich, sondern um die Person die ich liebe. Bitte hilf mir!"
Tränen liefen mir über das Gesicht.
Währendessen warfen Susy und Franziska das Geld der Kellnerin zu, und liefen mir hinterher. Da sie nicht wussten, wo ich war, brauchten sie etwas, bis sie mich gefunden hatten. Sie sahen wie ich kniend am Boden lag und weinte. Sie riefen mir zu, doch ich rührte mich nicht. Dann liefen sie auf mich zu.
Meine Trauer und mein Zorn waren riesig. Ich war machtlos. Irgend eine Stimme hörte ich im Hintergrund, doch nahm ich sie kaum wahr. Langsam kam sie näher. Es war Susy. Ich blickte in die Richtung, und sah wie die beiden näher kamen. Sie durften nicht damit rein gezogen werden. Vor lauter Wut schrie ich aus voller Kehle. Genau in dem Moment öffnete sich ein Portal. Ohne zu zögern sprang ich rein.
Vor Franziskas und Susys Augen erschien etwas helles. Und von einem Augenblick zum anderen verschwand ich in diesem hellen Licht. Ohne zu wissen was sie taten, sprangen sie auch rein.
Sie landeten weich auf Sand. Als sie sich umsahen, bemerkten sie, dass sie in einem Zelt waren. Direkt vor ihnen war ein Bett auf der eine wunderschöne Frau lag. Daneben kniete jemand. Bei genauer Betrachtung, erkannten sie die Person. MICH!
Mit meiner letzten Kraft schaffte ich es, zum Bett von Jessy zu gelangen. Sie war schon fast tot. Ich mobilisierte meine letzten Energiereserven, und vollbrachte ein kleines Wunder. Ich schuf eine heilende Schutzhülle um sie. Es ging ihr gleich ein wenig besser, auch wenn sie noch lange nicht über den Berg war. Dann sackte ich zusammen.
Franziska und Susy betrachteten die ganze Szene von der Ecke aus. Erst als ich zusammenbrach kamen sie zu mir. Sie versuchten mich hoch zu heben.
Ich konnte meine Augen noch kurz öffnen und sah Susy und Franziska. "Was verdammt macht ihr hier? Ihr hättet nie hier her kommen dürfen. Ich weiß nicht ob ich es schaffe euch.."
Dann verlor ich das Bewusstsein.
Kapitel 3
Ich schwebe.
Keine Ahnung wo ich bin, aber ich schwebe.
Ich sehe nichts.
Doch, da vorne ist ein weißer Punkt.
Nein, Moment, es sind zwei.
Sie zeigen mir den Weg.
Doch welchen nehme ich?
Ich bin ratlos. Zwei Wege in der Dunkelheit, doch nur einer führt ans Licht. Der andere ist nur eine Täuschung.
Das hat das Orakel gesagt. Finde den richtigen weg. Doch was IST der richtige Weg?
Ich wachte wieder auf. Zuerst wusste ich nicht wo ich war, doch es fiel mir wieder ein. Als ich mich umsah, erkannte ich, dass ich in meinem Zelt war. In meinem Zelt auf der Welt Tara.
Ich kämpfte mit meinen Gedanken. "Irgendetwas stimmt hier nicht. Ich war fünf Tage in meiner Zeit weg. Dass müssten hier also nur Sekunden gewesen sein. Doch warum ist es jetzt so hell? Es müsste doch dunkel sein?"
Mir fiel nicht ein was los war. Doch plötzlich hatte ich den Geistesblitz der mir fehlte. Der Grund warum ich her gekommen war. Durch mein frühen Eingriff in die andere Welt, hatte ich kurzfristig die Zeiten ausgeglichen. Sprich, wenn hier eine Woche vergeht, vergeht in der anderen Welt auch eine Woche. Doch was würde dann jetzt sein? Ich hatte erneut eingegriffen.
Doch da war etwas, was mich noch mehr beschäftigte, aber es fiel mir einfach nicht ein. Ich hatte etwas sehr wichtiges vergessen.
Ich blieb mit meinen Gedanken nicht lange alleine. Eine der Wachen, welche vor meiner Tür stand, kam in das Zelt.
"Es tut mir leid wenn ich dich störe, aber Ismalh befahl mir mehrmals nach dir zu sehen, damit du, sobald du wieder bei Kräften bist, zu ihm gehst. Geht es dir besser? Du hast über einen Tag geschlafen."
"Danke, es geht mir etwas besser. Mir tut nur der Kopf weh. Richte Ismalh aus, dass ich bald zu ihm komme."
"Wie du befiehlst. Es ist nicht verwunderlich, dass dir der Kopf weh tut. Du wurdest ja auch von hinten nieder geschlagen. Zum Glück konntest du Jessy beschützen. Es war recht knapp. Sie waren schon über dir, und wollten dich töten."
"Was sagst du da? Niedergeschlagen? Von wem?"
"Von zwei schönen Frauen. Wer hätte gedacht, dass der Feind zu solchen Mittel greift. Die behaupten sie kämen wie du von der anderen Welt. Alter Hut. Dass sagen sie ja alle diese…"
"Wo sind sie? Ich hoffe ihr habt sie noch nicht hingerichtet, so wie es für Spione immer endet?"
"Nein mein Herr. Sie sind im Gefängnis. Ich dachte, da sie euch angegriffen haben, wollt ihr die Hinrichtung vollstrecken. Schließlich.."
"Du Narr. Zum Glück hast du in deiner Dummheit wenigstens einmal mitgedacht. Der Herr persönlich wacht wirklich über dich. Dein Vater hat nicht gelogen. Los, Jose, bring mich zu ihnen. Ich hoffe ihr habt sie gut behandelt, sonst werdet ihr wünschen in der Hölle zu schmoren, als hier bei denen zu sein."
Trotz meiner Schwäche versuchte ich so schnell wie möglich zum Gefängnis zu kommen. Ich hoffte, dass es nicht zu spät sei.
"Los Wärter. Wo sind die zwei gefangenen Frauen? Ich hoffe ihr habt sie gut behandelt. Sonst gibt’s Probleme!"
"Sie sind in ihrer Zelle. Klar, mein Herr, haben wir sie gut behandelt. Drei Mahlzeiten am Tag und keine Folter. So wie du es uns gelehrt hast. Nur komisch Attentäter sind das. Sie fragten dauernd, ob es dir besser ginge nach deinem Zusammenbruch. Als ob sie sich Sorgen machen würden."
Er wollte noch etwas sagen, doch ich stürmte an ihm vorbei und öffnete die Zelle.
"Susy? Franziska? Seit ihr da? Ich bin es, Christian!"
"Christian? Du lebst? Wie schön. Wir freuen uns ja so!"
Den Stimmen aus der Dunkelheit folgten sofort die Personen. Sie fielen mir um den Hals und drückten mich ganz fest. Die Wache wollte dazwischen gehen, doch ich zeigte ihm er soll stehen bleiben. Einige Minuten lang standen wir so da, und die beiden weinten mir ins Ohr, dass sie schon das Schlimmste befürchtet hatten.
Nachdem ich sie getröstet hatte, wandte ich mich der Wache zu. "Sag allen: diese Beiden sind unter meinem persönlichen Schutz. Sollten sie einen Wunsch haben, und dieser gefährdet nicht das Lager, wird er erfüllt, als sei es meiner! Hast du verstanden? Gut. Los geh und sag es weiter. Und du, Wärter, richtet meinem Verwalter aus, dass ich Gäste in meinem Zelt habe."
Nachdem sich die beiden ihre Sachen wieder genommen hatten, gingen wir zu meinem Zelt. Es war nicht selten, dass ich Besuch bekam, somit musste nicht viel erledigt werden, damit mein Zelt für mehrere bereit war. Während sich die Mädels wieder frisch machten, ging ich zu Ismalh.
"Mein Sohn, du bist wieder fit? Dass ging aber schnell bei dir. Ich freue mich, dass es wenigstens einem meiner Kinder gut geht. Warst du schon bei ihr? Nein, dann gehen wir doch gemeinsam hin. Ich hatte bis jetzt nicht die Kraft dazu. Sei meine Stütze. Du kannst mir ja später erzählen, was passiert ist. Komm, gehen wir zu meiner Tochter und zu deiner Lebenspartnerin."
Ohne etwas zu sagen gingen wir zu dem Zelt, in dem Jessy lag. Obwohl ich eigentlich wieder bei Kräften war, konnte ich mich kaum auf den Beinen halten. Es waren drei Ärzte im Zelt, doch es sah so aus, als würden sie nicht viel machen. Mit zögernden Schritten ging ich zu ihr Bett.
"Wie geht es ihr? Wird sie es schaffen? Sagen sie schön!"
Der Arzt blickte mich erstaunt an. "Ich kann nicht viel für sie tun. Nein, nicht dass sie nicht zu retten ist. Ich meine, ich KANN nichts tun. Du selbst hast das Heilungsschild um sie herum aufgebaut und nur du kannst es lösen. Doch es geht ihr schon etwas besser. Du hast zum Glück noch den Sensor angebracht. So können wir ihre Fortschritte beobachten."
"Ich hab ihr keinen Sensor gegeben. Der muss schon bei ihr gewesen sein. Ich hatte ja kaum Kraft."
"Da.. das versteh ich nicht. Wenn du es nicht warst, von meinen Leuten auch keiner, wer war es dann? So ist es ja unmöglich! Denn es muss dann NACH deinem Zusammenbruch gewesen sein. Doch das könnte doch keiner schaffen. Ich wird der Sache nachgehen."
Den letzten Satz vernahm ich gar nicht mehr. Wie in Trance ging ich zu Jessys Bett.
Während ich mich mit Ismalh zu Jessy ging, nahmen Susy und Franziska eine Dusche. Zuerst ging Franziska. Sie war ziemlich überrascht, in der Wüste eine Dusche zu finden, doch war auch sehr froh darüber.
Susy sah sich, während Franziska duschte, etwas im Zelt um. Es war sowohl schlicht als auch kunstvoll eingerichtet. Ein Schrank zog ihre Aufmerksamkeit besonderst auf sie. Er stand verlassen in einer Ecke und sah recht schäbig aus. Sie wollte ihn öffnen, doch irgend etwas hielt sie zurück. Sie kam nicht zum Griff. Nach mehreren Versuchen gab sie es jedoch auf und widmete sich wieder dem restlichen Zelt. Dennoch ging ihr der Schrank nicht aus dem Kopf.
Nachdem auch Susy geduscht hatte, gingen sie zum Krankenzelt. Da es näher lag, als das Zelt von Ismalh, kamen sie nur kurze Zeit nach meinem Gespräch mit dem Doktor an. Sie sahen mich neben Jessica sitzen. Franziska erblickte einen älteren Mann, und ging auf ihn zu.
"Entschuldigung? Was geht den hier eigentlich vor? Was macht Christian neben dem Bett und wer ist die Frau? Was hat sie denn?"
Susy war ihr, nur wenige Sekunden später, zu dem alten Mann gefolgt. "Das würde ich auch gerne wissen. Und vor allem, was ist das für ein komischer blauer Schimmer um die beiden."
Ismalh musste sich zusammen reißen, dass ihm keine Tränen runter lief. Er als Oberhaupt des Lagers durfte sich keine Schwäche eingestehen. Auch wenn es seine Tochter war, musste er hart und streng wirken. In Gedanken versunken, wurde er, unerwartet, aus jenen gerissen. Er blickte nach rechts, und erkannte, dass eine junge Dame in etwas fragte. Direkt hinter ihr erschien eine weitere. Da er sie nicht kannte, wusste er, dass es nur mein Besuch sein konnte.
"Die junge Dame auf dem Bett, wurde beinahe tödlich verletzt. Sie kämpft seit mehreren Tagen um ihr Leben. Christian versucht mit seinen Kräften, ihre Heilung zu beschleunigen und somit ihre Chancen zu erhöhen, dass sie wieder zu Bewusstsein kommt. Der Schimmer, den ihr seht, ist das Heilungsfeld von Christian. Er ist der einzige, der durch es durch greifen kann. Nun, um auch eure letzte Frage zu beantworten, die junge Dame ist meine Tochter und Christians Lebenspartnerin."
Nun hatten sie auch seine Frau getroffen. Und, obwohl sie durch ihren Zustand ziemlich leblos aussah, war sie trotzdem wunderschön. Susy konnte ein leises Murmeln aus meiner Richtung hören. Sie verstand leider nicht was ich sagte, doch wusste sie, dass ich mit meiner Frau sprach.
Nachdem ich mich wieder ein wenig beruhigt hatte, begleitete ich Ismalh zu seinem Zelt zurück. Auf mein Bitten hin, folgten Franziska und Susy uns. Beim Zelt angekommen, bat ich sie, draußen zu warten. Nach nur wenigen Minuten kam ich wieder heraus, und bot ihnen an, dass Lager ein wenig zu zeigen.
Wir gingen eigentlich fast alle Zelte ab. Die Beiden hatten ziemlich viele Fragen, die ich auch versuchte zu beantworten. Als wir das Lager durchquert hatten, gingen wir wieder zu meinem Zelt. Die Wachen standen immer noch davor. Jose war etwas verlegen, als er Susy und Franziska sah. Ich wandte mich zu ihm hin. "Jose, mein Guter. Ich danke dir noch mal, das du die beiden hier eingesperrt hast. Besser so, als sie wären tot." Beide mussten wir verschämt lachen. "Sei doch bitte so gut und geh zum Koch. Sag ihm, er soll uns mein Lieblingsgericht machen."
"Werde ich machen. Hast du sonst noch einen Wunsch? Ich müsste dir nämlich noch was sagen beziehungsweise dich um etwas bitten. Es geht um die Moral der Leute. Sie ist…"
"Du brauchst nicht weiter zu reden. Ich hab es selbst mitbekommen. Und, ja ich hab noch einen Wunsch. Sie beinhaltet auch gleichzeitig deinen Wunsch. Ich hab gesehen, dass die Krieger recht niedergeschlagen sind. Vor allem, seit dem mein Stellvertreter verschwunden ist. Und dann das mit meiner Frau. Die Moral wird von Tag zu Tag schlimmer. Aus diesem Grund bitte den Koch, er möge für morgen Abend ein Festmahl herrichten. Weiters suche noch einige Getränke. Morgen, wenn die Sonne errötet, werden wir ein Fest feiern. Nimm so viele Leute wie du brauchst."
Er lächelte mich an. "Du bist einmal mehr zu großzügig. Doch eines verspreche ich dir. Dieses Mal werde ICH dich unter den Tisch trinken." Mit einem Lächeln im Gesicht, lief er weg. Nur wenige Minuten später, wusste schon fast das ganze Lager von der Feier.
Nur eine knappe Stunde später wurde uns das Essen gebracht. Die Mädels waren überrascht, als sie sahen, was es zum Essen gab. PIZZA. So wie wir sie kannten. Da auch sie recht erschöpft waren, und die Gefangenenmahlzeit nicht gerade die beste war, fielen wir über die Pizza her. Wir sprachen noch etwa ein oder zwei Stunden, doch dann überkam mich die Müdigkeit. Ich war noch zu geschwächt. Wir gingen alle gegen Mitternacht schlafen.
Mich quälten erneut Alpträume. Doch dieses mal waren sie anders. Ich sah all meine Freunde. Sie lagen leblos vor mir. Doch nicht nur das. Ich sah München. Doch die Stadt war vollkommen zerstört. Alles was ich sah, war Tod und Zerstörung. Gegen Mittag wurde ich von Lärm geweckt. Ich sah mich im Zelt um, und bemerkte, dass mein Besuch nicht da war. Nachdem ich mich gewaschen und angezogen hatte, ging ich raus aus meinem Zelt.
Die Leute arbeiteten schon fleißig daran, um alles für das Fest herzurichten. Inmitten des Getümmels konnte ich erkennen, dass auch Susy und Franziska mithalfen. Ihre Ausbildung erlaubte es ihnen, sich bestens auszukennen, wie alles sein musste. Als sie mich sahen, winkten sie mir zu, dass ich ihnen doch helfen möge. Ich gab ihnen zu verstehen, dass ich noch etwas erledigen müsse, bald aber zu ihnen stoßen würde.
Nach etwa einer Stunde kam ich zurück und half allen dabei, die Dekoration aufzubauen.
Gegen sechs Uhr am Abend, als die Sonne unterging, begann das Fest. Überall hörte man das Gelächter und Gebrüll von Leuten.
Inmitten des Lagers brannte ein großes Feuer. Mein Tisch stand ziemlich am Kopf des Feuers. Zu meiner Rechten saßen die Mädels, welche sich köstlich amüsierten. Zu meiner Linken saß Ismalh. Er versuchte, als Führer des Stammes, sich den Freuden seiner Leute anzuschließen, doch man konnte sehen, dass er ziemlich traurig war.
Als das Fest ziemlich an seinem Höhepunkt angekommen war, und relativ viele Leute, mich eingeschlossen, gut getrunken hatten, kam meine Überraschung, welche ich zu Mittag vorbereitet hatte. Innerhalb weniger Sekunden war der komplette Himmel erleuchtet. Erleuchtet vom Feuerwerk, welches extra für diesen Abend hergerichtet wurde.
Zuerst dachten viele, es sei ein Angriff, doch sie beruhigten sich auch genau so schnell, als sie erkannten, dass es sich nur um Feuerwerk handelte. Nach zwei weiteren, lustigen Stunden, erwarteten die Krieger, eine Rede ihres Anführers.
Diese hätte eigentlich Ismalh halten müssen, doch er bat mich darum. Schließlich war ich im Kampf sowieso der Anführer, und in der Politik war ich sein Nachfolger. Widerwillig und auch recht angeheitert, stellte ich mich auf den Tisch, wobei ich aufpassen musste, dass ich nicht von ihm fiel.
"Krieger, Freunde, meine Familie. Wir hatten schwere Zeiten, mussten tragische Verluste erleiden. So gut wie jeder von uns hat einen Menschen verloren, der ihm nahe stand. Auch ich. Erst vor kurzen verlor ich meinen Stellvertreter und besten Freund. Ich weiß nicht, ob er tot ist, oder ob er gefangen ist. Er ging verloren in einer unseren großen Schlachten gegen unseren erbitterten Feind.
Doch er fehlt mir nicht nur als mein Berater. Nein, vor allem als Freund fehlt er mir. Er hat mir in meinen schwierigsten Zeiten immer beigestanden. Doch heute, wo ich ihn am meisten brauchen würde, ist er nicht da.
‚Als Anführer darf man keine Schwäche zeigen. Man muss immer Stark bleiben und sich nicht nur auf die anderen verlassen. Man muss selbst eingreifen.’
Dies hat mir mein Mentor und Vater meiner Frau beigebracht. Ismalh war immer wie ein Vater für mich, obwohl ich selbst einen habe, welcher gut für mich gesorgt hatte, und dass aus mir gemacht hat, was ich heute bin. Und ich habe mir Ismahls Rat immer zu Herzen genommen. Doch in solchen Zeiten, wo mein teuerster Freund verschwunden ist und das zukünftige Schicksal meiner Frau noch ungewiss ist, brauche ich jemanden der mir beisteht.
Dieser Jemand, seit ihr alle. Ihr habt mir immer treu gedient und an meiner Seite gekämpft. Und selbst in so schweren Zeiten wie jetzt, steht ihr mir bei. Dafür möchte ich mich, mit diesem Fest hier, bedanken.
Ihr habt tapfer gekämpft, und selbst den Toten die Ehre erwiesen, die ihnen zusteht. Wir haben den Feind in die Enge getrieben. Bei meinen letzten Gesprächen mit den anderen Lagern, wurde mir mitgeteilt, dass der Feind seine Truppen zurück zieht. Er wird schwächer. Bald haben wir in endgültig besiegt, und können in Frieden leben. Dies haben wir euch zu verdanken."
Jubel brach aus unter den Leuten.
"Doch seit euch nicht zu sicher, wenn ihr kämpft. So mancher großer Krieger starb, weil er seinem Sieg sicher war. Dies hier ist keine Feier unseres Sieges über den Feind. Dies ist ein Danke an euch! Ihr wisst genau, dass es…."
Mein Worte wurden durch eine Sirene unterbrochen. Kurz darauf hörten wir Schreie, gefolgt von einer Explosion.
"Der Feind kommt! Er greift an! Wir müssten…"
Die Stimme wurde unterbrochen von der Explosion. Die Mauern wurden gesprengt. Mit einem Schlag, vom Adrenalin getrieben, war ich wieder nüchtern.
"Zu den Waffen, Männer. Verteidigt das Lager. Beschützt Ismalh, Susy und Franziska. Schlag den Feind zurück!"
Ich lief in mein Zelt, ergriff meine zwei Schwerter, welche gleich beim Eingang bereit lagen und stürmte wieder raus. Draußen war die Schlacht bereits im Gange. Überall wurde gekämpft. Ich lief auf die Gegner zu, und erschlug einen nach dem anderen. Pfeile und andere Geschosse sausten an mir vorbei.
Überall konnte ich Kampfschreie hören. Doch unter ihnen erkannte ich einen entsetzten Schrei einer weiblichen Stimme. Ich wandte mich zu meinem Zelt, und sah, dass dort die Wachen ziemlich in Bedrängnis waren. Ich lief darauf zu, gefolgt von einigen meiner Männer. Mit vereinten Kräften schafften wir es, den Feind von meinem Zelt zu vertreiben.
Doch erst da erkannte ich, was der Grund für den Schrei war. Susy kniete am Boden. Neben ihr lag Ismalh, dem ein Pfeil aus der Brust ragte. Ich lief zu ihm, kniete mich zu seiner linken, und hob ihn sachte hoch. Er war noch am Leben. Er öffnete seine Augen, und sah mich an.
"Christian. So soll es also für mich enden?! Ich hatte erhofft den Frieden noch erleben zu können, doch es soll nicht sein."
"Red nicht so. Du wirst nicht sterben. Und du wirst den Frieden miterleben."
"Ich habe dich immer wie einen Sohn behandelt, und war glücklich, als du meine Tochter zu deiner Frau genommen hast. Ein größeres Geschenk hättest du mir kaum machen können. Ihr wart immer glücklich, und ich hoffe, ihr werdet es auch weiterhin sein. Auch wenn ich nicht mehr da bin, werde ich über euch wachen. Und ich hoffe ihr werdet mir ein paar Enkelkinder schenken."
"Bitte, verlass du mich nicht auch noch! Du kannst nicht gehen. Du musst doch für deine Enkelkinder da sein. Wer soll ihnen sonst Geschichten von früher erzählen? Bitte bleib bei mir."
"Mein Sohn. Ich hoffe ihr werdet glücklich. Ich vertraue darauf, dass du unserem Volk Frieden bringst. Auch wenn du von einer anderen Welt kommst, es ist immer UNSER Volk gewesen. Du warst immer einer von uns. Vielleicht nicht durch dein Blut, aber durch dein Herz. Und so bitte ich dich, pass auf mein Kind auf. Es wird dich brauchen."
"Nein, stirb nicht! Bitte!"
Doch es war zu spät. Er war tot. Vom Hass und Zorn erfüllt, ließ ich meine ganze Wut heraus. Ich schrie so laut, dass die Schlacht kaum noch zu hören war. Für einen kurzen Moment, hörten alle auf zu kämpfen, und sahen zu meinem Zelt. Egal ob Feind oder Freund, alle sahen zum Zelt. Doch nur einen Moment später ging die Schlacht weiter.
Ich ergriff meine Schwerter, welche neben mir lagen und wandte mich wieder der Schlacht zu. Doch, wie aus heiterem Himmel, schlug mir jemand ins Gesicht.
Ich ging zu Boden, und war einen kurzen Moment geschockt. Als ich zum Gegenschlag ausholen wollte, musste ich mit entsetzten feststellen, dass ich nicht mehr im Lager war. Um mich herum waren unzählige Menschen und laute Musik spielte im Hintergrund. Ich befand mich in der Nachtgalerie.
Kapitel 4
Ich war noch etwas benommen. In meiner unmittelbaren Umgebung konnte ich, mir bekannte Stimmen hören. Direkt vor mir stand ein knapp zwei Meter großer Typ. Mir war sofort klar, dass er es war, welcher mich niedergeschlagen hatte. Direkt neben mir standen Lars und Chris. Der große Typ sah mich an. "Wer glaubst du eigentlich bist du. Der Wichser hier hätte eins in die Fresse verdient, aber wen du meinst rein laufen zu müssen, selber schuld. Jetzt verpiss dich von hier, bevor du noch eine kassierst."
Jetzt wusste ich einiges mehr. Der Schlag galt nicht mir, sondern eigentlich Lars. Chris versuchte schon die ganze Zeit, den Kerl zu beruhigen.
"Alter, ich sag’s noch mal. Bleib cool! Das vorhin war keine Absicht. Trink einen auf meine Kosten und lass die Sache ruhen. Und was ihn angeht," er zeigte dabei auf mich, da ich ja schon wieder stand, "solltest du lieber nicht reizen. Glaub mir, es wäre nicht gut!"
Doch dass schien ihn scheinbar noch aggressiver zu machen. "Na du Pussi. Willst zu Mami laufen und heulen? Ich hätte da einen Vorschlag: schick mir deine kleine Schlampe von Freundin vorbei, die mir dann schön einen bläst. So wie letztes Mal. Die kann das ja richtig gut. Macht das sicher im Beruf und hat…"
Ohne Vorwarnung schlug ich ihm in die Fresse. Vom Schlag getroffen, flog er mehrere Meter zurück, und krachte gegen das DJ-Pult. Durch die Wucht des Aufpralls, zerbarsten einige Holzbretter. Weiters fiel die Musik aus, da er auch die Stromversorgung erwischt hatte. Für einen kurzen Moment war vollkommene Stille in der Nachtgalerie. Das Licht ging an, und alle starrten plötzlich auf mich und den Kerl, welcher das Bewusstsein verloren hatte. Die Sicherheitsleute versuchten zu uns durch zu kommen, doch die Menschenmenge bei uns wurde immer größer. Leider kam ein schlimmeres Problem auf mich zu. Die, ebenfalls ziemlich betrunkenen, Freunde des Bewusstlosen kamen auf mich zu. Chris und Lars wussten sofort was los war, und standen mir zur Seite. Da es sowieso keinen Sinn hatte, mit denen zu reden, gingen wir auf sie zu. Sie waren zu fünft, wir zu dritt. Meine Freunde nahmen sich jeder einen vor, ich warf mich mit voller Wucht auf die anderen drei. Von dem Schwung getroffen, fielen wir alle vier hin. Ich konnte mich schnell wieder aufrappeln und war bereit, zum Kämpfen. Meine Gegner waren kurz nach mir auf den Beinen und holten zum Gegenschlag aus. Der erste von ihnen kam nicht weit. Mit meinem linken Arm schlug ich gegen seinen Hals. Der Schlag war so fest, dass er in der Luft fast einen Salto machte, jedoch mit dem Bauch und dem Gesicht auf dem Boden landete. Der Zweite ging mit einem Messer auf mich los. Ich wich elegant zur Seite aus, und verpasste ihm einen heftigen Tritt in den Rücken. Er knallte mit seinem Gesicht gegen die Wand und fiel dann um. Der Dritte schlug nur noch aus Verzweiflung auf mich ein. Sein erster Schlag traf mich mit voller Kraft im Gesicht. Doch dieses Mal bewirkte es nichts. Er stand immer noch, mit seiner Faust in meinem Gesicht, direkt vor mir. Ich packte seinen Arm, schlug ihm, mit meiner Faust, von unten in die Achselhöhle. Mit dem Schwung den ich hatte, hob ich ihn hoch und warf ihn über mich. Er schlug mit lautem Schrei auf dem Tisch auf und bewegte sich darauf hin nicht mehr.
Chris und Lars waren gerade mit ihren Gegnern ohne weiters fertig, wollten mir helfen, und erkannten dann, dass ich schon längst fertig war.
Wir nahmen unsre Sachen und gingen zum Ausgang. Die Menschenmenge machte, aus Angst vor mir, uns den Weg frei. Auf dem Weg nahm ich meine zwei Schwerter auf, welche noch am Boden lagen. Sie waren zum Glück dabei.
Als Lars seine Jacke holte, ging die Musik wieder los. Chris sah zuerst noch mal zum DJ und dann zu mir.
"Wo warst du? Oder noch besser: wie kamst du hier her? Warst du schon wieder in der anderen Welt? Wie heißt sie noch mal?"
"Tara. Ja war ich. Was war hier los?"
"Tara, genau. Ach, das da drinnen war nichts. Du hast echt einiges zu erklären. Und noch etwas muss ich dir erzählen. Es werden einige Leute vermisst."
"Vermisst?? Wer den leicht?"
"Nun, unter anderem Susy und Franziska. Die sind seit über einer Woche verschwunden!"
"Seit über einer Woche?!? Wie kann das sein? Ich war doch nur drei oder vier Tage weg."
"Du warst über eine Woche weg. Kurz danach sind die beiden als vermisst gemeldet worden."
"Ist ja auch klar. Die sind, unabsichtlich, mit mir nach Tara gekommen. Denen geht’s recht gut. Die sind in meinem Lager und…. SCHEIßE! Der Angriff!"
"Welchen Angriff meinst du? Dass da drin.."
"Nein, wir wurden angegriffen. Ich meine das Lager, wo sich die beiden befinden. Ich muss irgendwie dort zurück. Doch ich hab kaum noch Kraft. Ich weiß ja nicht mal wie ich hier her gekommen bin."
"Bitte was? Die sind bei dir? Ich meine auf Tara? Aber wie ist das möglich? Ich meine.."
Lars kam wieder zu uns zurück. Doch das erweckte nicht meine Aufmerksamkeit. Von der anderen Seite des Saals kamen acht Leute auf uns zu. Zuerst dachte ich, es wären die Sicherheitsleute, doch dann sah ich, dass sie Schwerter trugen. Es war eindeutig: der Feind war mir gefolgt. Doch hier konnte ich nichts machen. Zu viele Unschuldige. Ich musste zu den beiden nicht viel sagen, den sie hatten sie auch gesehen. Wir liefen schnell zum Ausgang, und rissen die Tür auf. Weil wir zu schnell waren, fielen wir hin. Doch nicht, wie erwartet auf harten Beton, sondern auf Sand. Außerdem war es nicht dunkel, sondern hell. Ich sah mich kurz um und erkannte sofort, wo wir waren. Lars, Chris und ich waren zurück auf Tara.
Kapitel 5
Soweit das Auge reichte, war nur Sand zu sehen. Verwirrt sah ich mich in der Gegend um. Die Sonne ging langsam unter, und es wurde etwas dunkler. Im Anblick der Dämmerung konnte ich mehr von der Umgebung erkennen. Ich war schon öfters in der Gegend zurück gekommen, somit wusste ich, dass das Lager nicht weit entfernt war. Chris und Lars waren vollkommen verwirrt und löcherten mich mit Fragen. Doch ich gab ihnen keine Antwort, sondern ging in die Richtung, in der ich meinen Stamm vermutete.
Die Zeit war hier schon wieder schneller vergangen als in der anderen Welt. Es musste knapp einen Tag nach dem Angriff sein. Da ich nicht wusste, wie der Angriff ausgegangen war, musste ich, so schnell wie möglich, zurück zu meinen Leuten. Nachdem Ismalh verstorben war, hatten
sie nur noch mich als Anführer. Es waren, fast schon systematisch, alle ausgelöscht oder unbrauchbar gemacht worden, die das Volk führen konnten. Zuerst meinen besten Freund und Stellvertreter, dessen Verbleib unbekannt war. Dann wurde meine Frau beinahe tödlich verwundet, ungewiss ob sie überleben würde. Und dann noch Ismalh. Es war nur noch ich übrig.
Als die Nacht die gesamte Wüste verdunkelte und der Mond sich hinter Wolken versteckte, konnte ich Rauch erkennen. Rauch der genau dort aufstieg, wo ich das Lager vermutet hatte. Ohne darüber nachzudenken, lief ich los. Mir ging so vieles durch den Kopf. Meine Leute waren gut ausgebildet und konnten sich auch verstecken, wenn es nötig wäre. Aber nicht Susy und Franziska. Die beiden waren unschuldig. Sie hatten mit all dem nichts zu tun. Ich wusste, dass ich mir ewig Vorwürfe machen würde, wenn ihnen etwas zustoßen würde.
Trotz Müdigkeit und Erschöpfung, lief ich mit aller Kraft zu dem Rauch. Mit letzter Anstrengung konnte ich noch einen kleinen Hügel erklimmen, welcher direkt vor dem Lager war, und uns schützen sollte. Als ich endlich oben war, war ich entsetzt von dem Anblick der sich mir bot. Das Lager war fast vollkommen zerstört. Die Schutzwände waren eingerissen, der Großteil der Zelte war verbrand oder stand in Flammen. Ich kam zu spät.
Voller Enttäuschung sank ich zu Boden. Währenddessen waren auch Lars und Chris auf dem Hügel angekommen. Als sie das Ausmaß der Zerstörung sahen, waren sie vollkommen schockiert. Sie versuchten mir Fragen zu stellen, doch ich hörte sie nicht. Mir gingen so viele Gedanken durch den Kopf.
Bei all den Wörtern die sie sagten, konnte ich nur Bruchstücke heraus hören. "…sind Rauchschwaden….wenn jemand Wasser…. ist noch jemand der…" Dann erkannte ich den Zusammenhang. Es waren Leute dort.
Von neuer Hoffnung beflügelt, sprang ich auf und lief auf das Lager zu. Mit der Annahme, dass auch der Feind im Lager sein konnte, zog ich meinen Schwerter. Die anderen Beiden hatten große Probleme mit mir Schritt zu halten. Als ich nur noch wenige Meter vor dem Punkt war, wo zuletzt noch ein Tor war, hörte ich Stimmen. "HALT! Wer ist da? Komm ins Licht! Du? Wir.. Wir dachten du wärst verschwunden! Leute, Kommt her!! Christian ist wieder da!"
Nur Sekunden später waren um mich herum zehn Männer, welche mich anfassen mussten, um sicher zu gehen, dass ich echt war. Als Lars und Chris auftauchten, wollte die Wache schon mit dem Speer auf sie los gehen.
"Halte ein. Es sind meine Freunde. Sie sind mit mir gekommen. Auch wenn ich noch nicht weiß, wie."
"Zuerst zwei Frauen und jetzt, nachdem die weg sind bringst du zwei Männer mit. Ich hoffe sie sind mindestens so gute Kämpfer wie die Frauen waren."
"Was meinst du mit ,weg’? Und wieso ,waren’? Sprich schon, was ist passiert, nachdem ich verschwunden bin?"
"Wir sollten besser zu deinem Zelt gehen, oder vielmehr zu den Überresten. Hier ist es nicht mehr sicher."
Jose, der, während meiner Abwesenheit, versucht hat die Führung zu übernehmen, brachte uns in die Mitte des Lagers. Es war ein schrecklicher Anblick. Überall lagen verbrannte Zelte, und man hörte die Stimmen und Schreie von Verletzten und Trauernden. Doch dass schlimmste war noch immer, dass so gut wie das ganze Lager noch immer überseht war mit Leichen. Unzählige Leichen. Größtenteils die Leichen unserer Gegner, doch ich erkannte leider auch sehr viele, welche mir lange treu waren. Man hatte schon viele Leichen weggebracht, doch es waren einfach zu viele.
Als wir bei den Überresten meines Zeltes ankamen, nahmen alle, außer mir platz. Ich zeigte Jose, er solle erzählen, was vorgefallen war, während ich die Überreste durchsuchte.
"Nach deinem Schrei, lief ich sofort zu deinem Zelt. Doch du warst verschwunden. Deine Freundinnen, ich glaube Susy und Franziska heißen sie, sahen komplett verstört aus. Ich wollte sie fragen, was los sei, doch der Feind griff unerbittlich an. Ich glaube, die kleine Langhaarige war es, die zuerst nach einem Schwert griff. Wie aus heiterem Himmel, sprang sie aus der Deckung hervor, und schlug einen Feind nach dem anderen nieder. Nur Sekunden später folgte ihr die Andere. Die beiden kämpften wie der Teufel selbst. Du weißt, ich habe schon viele Schlachten gekämpft, doch so wie die beiden hab ich selten Krieger kämpfen sehen. Sie müssen starke Krieger auf eurer Welt sein. Vom Mut der beiden beflügelt, griffen auch wir härter ins Kampfgeschehen ein. Wir schafften es beinahe den Feind aus dem Lager zu vertreiben. Doch dann geschah das, was alles änderte. Die beiden müssen gute Freundinnen von dir sein. Als sie sahen, dass Unmengen an Gegner in das Zelt deiner Frau liefen, rannten sie rein. Sie standen einer Übermacht von mindestens dreißig Männern gegenüber. Wir wollten ihnen helfen, doch direkt vor uns ging eine Bombe hoch. Viele Männer, sowohl bei uns als auch beim Feind, kamen ums Leben durch die Explosion. Als wir wieder etwas sahen, stand das Zelt in Flammen und stürzte ein. Nur kurz darauf, hörten wir ein Signal, und alle feindlichen Krieger verließen die Reste des Lagers. Wir liefen sofort zu dem brennenden Zelt hin, doch konnten mir nur noch deine Frau, sicher in ihrer Blase, und tote Krieger bergen. Es gab keine Spur von den zwei Frauen."
Lars und Chris waren sprachlos. Sie wussten nicht, was sie machen sollten. Ich jedoch durchsuchte weiterhin die Überreste. Endlich schaffte es Chris wieder etwas zu sagen.
"Chris? Hast du es nicht gehört? CHRISTIAN! Was ist los? Hast du das nicht gehört? Susy und Franziska sind wahrscheinlich tot! Interessiert dich das nicht? Hast du nach soviel Tod und Mord mittlerweile deine Gefühle verloren?"
Wut und Trauer waren in seinem Gesicht, doch ich hörte ihm nicht zu. Als er mich weiterhin rief und ich ihn ignorierte, kam er zu mir, packte mich fest an der Schulter und drehte mich um. Wir sahen uns für einen kurzen Augenblick an. Es herrschte große Spannung zwischen uns. Wir sahen uns, ganz ernst, tief in die Augen, ohne auch nur eine Regung von uns zu geben.
Das ging einige Sekunden so, doch dann stieß ich ihn weg, und wandte mich wieder dem Zelt zu.
Das war zu viel für ihn. Er griff erneut nach meiner Schulter, drehte mich und wollte mir eine mit seiner rechten Faust verpassen. Doch während ich mich ihm zu wandte, holte ich schon mit meiner Linken aus und verpasste ihm einen kraftvollen Schwinger. Durch die Wucht viel er auf Lars. Chris wollte gleich wieder aufspringen und sich auf mich stürzten, doch Lars konnte ihn noch aufhalten. Wutentbrannt versuchte er sich aus der Umklammerung zu lösen, doch Lars hielt ihn mit aller Kraft fest. Er konnte mir nur noch Worte an den Kopf werfen.
"Du arrogantes Arschloch! Bedeuten dir deine Freunde den überhaupt nichts? Sie haben ihr Leben für dich gegeben. Und wie dankst du es ihnen? Mit Ignoranz und Gleichgültigkeit."
Jose hatte, still sitzend, alles mit angehört, doch nun wurde es ihm zuviel. Er sprang auf und schrie Chris an.
"Jetzt halt mal den Rand! Ich hab keine Ahnung, wie lange ihr euch kennt, und wie gut ihr befreundet seit, doch ich lass nicht zu, dass du unseren Anführer so beleidigst. Er würde jederzeit sein Leben für einen von uns geben und ich bin mir auch sicher für jeden von euch."
"Einen schönen Anführer habt ihr da. Bringt Unschuldige in Gefahr, verpisst sich wenn’s ernst wird und sagt kein Wort, als er hört dass zwei seiner Freunde tot sind. Das lässt ihn völlig kalt. Stattdessen durchsucht er sein Zelt, um zu schauen, ob noch alles da ist. Das ist ja so…"
"Sie sind nicht tot!"
Chris, der nicht mehr von Lars festgehalten wurde, und Jose waren auf einmal sprachlos und schauten zu mir. Ich saß am Boden, mit dem Rücken zu ihnen. Ganz ruhig, ohne auch nur irgend einer Gefühlsregung hatte ich endlich auf Chris Beschuldigungen geantwortet. Ich sprach weiter, ohne mich zu ihnen zu drehen.
"Ihr redet davon, dass sie tot sind, doch dass sind sie nicht. Habt ihr ihre Leichen gefunden? Nein! Also bitte, hört sofort auf euch zu streiten. Der Feind hat sie mitgenommen, doch sie sind nicht in Gefahr. Noch nicht. Es geht ihnen gut."
Endlich mischte sich auch Lars ein. "Und woher willst du dass wissen? Hast du sie angerufen?"
"Spar dir deinen Sarkasmus für jemanden auf, der es witzig findet. Nein, ich spüre dass es ihnen gut geht. Und ich spüre auch dass sie mit unseren Feinden unterwegs sind. Sie werden zu ihrem Anführer gebracht. Doch dort werden sie nicht ankommen. Dafür werde ich sorgen!"
Endlich wandte ich mich ihnen zu. Tränen flossen meinen Wangen runter. Wut, Trauer und Entschlossenheit spiegelten in meinem Gesicht wider. In meiner Hand hielt ich den Schrank, welchen, nur Tage zuvor, Susy vergebens versucht hatte zu öffnen. Im Gegensatz zu ihr, hatte ich keine Probleme, den Schrank anzufassen.
"Doch zuvor muss ich zum Orakel. Und ihr beide kommt mit. Jose, dir überlasse ich im Moment das Lager. Schicke Boten an die anderen Lager. Sie sollen euch Verstärkung schicken. Baut hier das Lager wieder auf und wartet auf Nachricht von mir. Wir drei machen uns auf dem Weg um die Mädels zu retten. Ich werde sie nicht diesem grauenhaften Schicksal überlassen. Kommt, wir gehen."
Ohne weiteres zu sagen, ging ich an den Leuten vorbei. Chris sah auf den Boden. Er konnte mir nicht in die Augen schauen.
"Christian, es tut….."
"Vergiss es einfach. Ich hätte wahrscheinlich auch so reagiert. Doch jetzt zählt etwas anderes. Wir müssen sie retten. Seit ihr dabei?"
Sie nickten mir beide zu. Wir wollten gerade weiter gehen, als mich Jose noch mal aufhielt.
"Das hätte ich fast vergessen. Wir haben, gegen Mittag herum, einen Mann aufgeschnappt. Vielleicht ein Spion. Er redet aber so komisch. Hat irgendwie einen seltsamen Akzent und fragt dauernd nach einem ,Bäckerwichser’. Sagt dir das etwas?"
Die Uhrzeit konnte nur eine Vermutung zulassen. Es war noch jemand mit uns drei nach Tara gekommen. Und nach der Beschreibung zu urteilen, konnte es nur eine Person sein. Wir gingen schnell zu den Gefangenen, und da erblickte ich ihn. Paul, unser Franzose, saß ihn der Ecke und fluchte etwas auf französisch. Ich stellte mich vor ihn hin, doch er sah nicht auf.
"He, Baguettefresser. Was ist los mit dir? Begrüßt du nicht mal mehr einen Freund?"
Er sah auf, und war überglücklich als er uns sah. Wir nahmen ihn mit, und erklärten ihm alles auf dem Weg zum Orakel.
Den ganzen Weg über sprachen nur die Drei. Ich sagte nichts. Auch nicht, als ich gefragt wurde. Mir gingen einfach zu viele Sachen auf einmal durch den Kopf.
Nach cirka fünf oder sechs Stunden Marsch ohne Pause, waren die anderen Drei ziemlich erschöpft und forderten eine kurze Rast. Wider Willen ließ ich sie gewähren. Paul hatte zu Vorsicht ein wenig Fleisch aus dem Lager mitgenommen, welches er an dem Feuer, welches Lars gemacht hatte, zubereitete. Ich hatte als Verpflegung nur Brot und Wasser mitgenommen. Jedoch passte es super zu dem Fleisch. Während der Zubereitung unseres Mahls, sowie während dem Essen selbst, sprach keiner ein Wort. Trauer und Betrübtheit war über uns gekommen.
Ich wollte nicht gleich nach dem Essen aufbrechen, und so genossen wir ein wenig die Morgenluft sowie den Sonnenaufgang. Immer mehr Gedanken gingen mir durch den Kopf. Über all jene, welche durch meine Unvorsicht in Gefahr geraten waren.
Ein Schrei riss mich aus meinen Gedanken. Es war Lars.
"So Jungs. Ich bin jetzt wieder voller Energie. Ein neuer Tag bringt neues Glück. Auf, auf mit euch. Da warten zwei Mädels darauf, von uns gerettet zu werden. Und, wer weiß, vielleicht bekommt ihr Retter auch einen Kuss als Dankeschön. Wenn das kein Anreiz für mich ist, sie zu retten, weiß ich auch nicht."
"Und warum bist du davon überzeugt, dass gerade DU sie retten wirst?"
"Nun, Chris, neben meinem guten Aussehen und meiner scharmanten Art, bin ich der der Einzige, der dass schaffen kann. Mit Ausnahme von Christian, doch der ist ja schon vergeben, deswegen werden sich die Mädels dem Zweiten an den Hals werfen."
"Du wirst es nie schaffen sie zu retten, Lars!"
"Ach ja? Und warum nicht?"
"Nun, aus dem einfachen Grund, dass ICH der Retter sein werde!"
Als Chris das gesagt hatte, sahen die beiden sich wütend an. doch nur für den Bruchteil einer Sekunde. Danach konnte keiner von ihnen das Lachen zurück halten. Sowohl Paul als auch ich mussten loslachen, obwohl es bei mir eher ein zögerndes Lachen war. Die drei waren nicht darauf gefasst, was auf sie zu kommen würde.
Wir packten unsere Sachen, und brachen wieder auf. Nur zwei Stunden später waren wir endlich bei der Höhle des Orakels angekommen.
Je näher ich der Höhle kam, desto schwerer kam mir der Schrank vor. Unbeirrt und ohne Furcht, betraten wir sie. Obwohl es recht dunkel war, und man kaum etwas sehen konnte, ging ich den Weg ziemlich schnell. Nach nur wenigen Metern bog der Weg rechts ab, und vor uns war ein riesiger, ausgeleuchteter Raum. Paul sagte etwas auf französisch, doch ich verstand es nicht. Ich ging, wie in Trance, in Richtung Vorhang. Nur eine Armlänge entfernt blieb ich stehen.
"Sprich mit mir!"
Voller Entschlossenheit und Wut sprach ich Richtung Vorhang. Es kam keine Antwort. Mittlerweile waren die Jungs schon bei mir. Paul fragte mich etwas, doch es kam mir vor wie ein leises Flüstern. Ich wiederholte mich.
"Ich sagte, sprich mit mir! Ich weiß dass du da bist. Also, sag es mir!"
Doch es bleib weiterhin still. Ich wollte den Vorhang wegreißen, wurde aber in letzter Sekunde zurückgehalten.
"Um dir etwas zu sagen, musst du mich schon fragen!"
Eine zarte weibliche Stimme drang hinter dem Vorhang hervor. Gleichzeitig sahen wir ihre Umrisse auf dem Vorhang. Sie stand, wie immer, zwischen ihm und einer Lichtquelle.
"Tu nicht so, als würdest du mit irgendeinem Bauernjungen reden, der wissen will, wie die Ernte wird. Du weißt ganz genau was ich will. Also sag es mir!"
"Du bittest mich also wirklich um diesen Gefallen?"
"Nein, ich bitte dich nicht. Ich VERLANGE es von dir!"
Plötzlich erhob sie ihre Stimme. Sie klang nicht mehr zart und weiblich, sondern einschüchternd und, wenn man sie zum ersten mal hört, gefror einem das Blut in den Adern.
"Wie kannst du es wagen? Du kommst hier her, in meine Höhle, und verlangst etwas von mir?! Ich bin das Orakel! Wissende über Zukunft. Hüterin der Vergangenheit. Lenkerin der Gegenwart. Wer glaubst du eigentlich bist…."
"SEI STILL!"
Mit lauter Stimme und voller Wut in ihr, schrie ich ihr entgegen.
"Versuch deine billigen Stimmtricks nicht bei mir. Ich weiß ganz genau wer und was du bist. Vergiss DU lieber nicht, wer hier vor dir steht! Du schuldest es mir. Und komm mir jetzt nicht mit irgendwelchen Tricks. Gib mir die Antwort!"
"Du scheinst also wirklich entschlossen zu sein. Verzeih mir, dass ich so geredet habe, doch ich musste mich überzeugen, ob du es ernst meinst. Zu meinem großen Bedauern meinst du es ernst. Doch zuvor musst du es sagen. Sag mir was du willst. Ich muss es hören. Nur um sicher zu gehen. Auch wenn du stärker bist als ich, ich bin mächtiger. Also sag es, oder geh."
"Gut. Wie du willst. Ich möchte, dass du mir den Schrank öffnest."
Eine kurze Pause trat ein, und es war still. So lange, bis Lars die Stille unterbrach.
"Darum geht es hier? Wegen diesem kleinen verdammten Schrank? Das ist jetzt nicht dein ernst?!"
"Doch Lars. Doch es ist kein normales Schränkchen. Es wurde vor langer Zeit mit einem Bann besprochen, der nur vom Orakel wieder entfernt werden kann. Nicht war?"
"Du sagst es. Doch ich hab noch eine letzte Frage an dich, bevor ich es öffne. Bist du dir sicher damit? Du weißt, was passiert wenn ich es öffne. Du kennst die Konsequenzen, oder?"
"Ja. Ich kenne sie alle. Doch ich muss es riskieren. Mir wird dabei schon nichts passieren."
"Das haben leider schon zu viele gesagt, deswegen wurde es ja versperrt. Du bringst dich in große Gefahr, wenn ich es öffne, und du den Inhalt bekommst. IHM ist es genau so ergangen. Und du weißt was dann passiert ist."
"Ich kenne alle Gefahren. Und dennoch muss ich es machen. Auch wenn ich mein Leben riskiere."
"Aber es geht hier nicht nur um dein Leben, sondern um unzählige!"
"Ich weiß. Doch ich muss sie retten! Ich könnte Jessy nie wieder unter die Augen treten. Und mich nie wieder im Spiegel betrachten. Ich schulde es sowohl mir als auch Susy und Franzi. Ich will sie nicht sterben lassen. Nicht noch einmal!"
Kapitel 6
Sie konnte nichts sehen. Sie lag auf dem Boden und ihre Hände und Füße waren gefesselt. Obwohl es heiß war, spürte sie keine Sonne. Sie musste in einem Zelt oder ähnliches liegen. Doch da war was. Sie war nicht allein. Sie hörte jemanden atmen. Leise atmen. Doch die Person atmete sehr schwer. So als würde sie sich irgendwie anstrengen. Sie wollte etwas sagen, doch sie war auch geknebelt. Es kam nur ein leises grunzen aus ihrem Mund. Schlagartig hörte die andere Person auf sich zu bewegen und zu atmen. Sie gab noch mal so ein Geräusch von sich, doch dieses mal wurde es erwidert. Nur um sicher zu gehen, wiederholte sie es noch einmal. Auch dieses mal wurde es erwidert. Ihr fiel ein Stein vom Herzen. Franzi lag also gleich in ihrer Nähe.
Von dieser positiven Nachricht ermuntert, nahm Susy all ihre Kraft zusammen, und versuchte zu Franzi zu robben. Sie wiederholte immer und immer wieder das Geräusch, um sich an der Antwort zu orientieren zu können. Nach nur ein paar Minuten, war sie endlich bei ihr.
Sie ertastete mit ihren, am Rücken gefesselten, Händen, Franzis Füße. Sie war genau so verschnürt wie Susy selbst. Langsam tastete sich Susy rauf zu Franzis Gesicht, und nahm ihr vorsichtig sowohl den Knebel als auch die Augenbinde ab.
Erleichtert atmete Franzi auf. Nachdem sie jetzt etwas sehen konnte, wiederholte sie den Vorgang bei Susy. Nachdem auch sie die Binde los war, musste sie sich erst wieder an die Helligkeit gewöhnen. Als sie sich umsah, erkannte sie, dass sie sich in einem Zelt befanden. Sie wusste nicht, wie lange sowohl Franzi als auch sie selbst schon hier lagen. Ihr Kopf tat höllisch weh, und das Letzte, an was sie sich erinnern konnte, war, als sie neben dem leblosen Körper von Ismalh kniete. Franziska ging es nicht anders. Sie konnte sich auch an nichts erinnern. Beide wussten sie nicht, wie lange sie schon gefangen waren. Waren es Stunden? Oder Tage? Sie wussten es einfach nicht. Sie versuchten so wenig wie möglich zu reden, um nicht ihre Entführer an zu locken.
Doch was sollten sie jetzt tun? Sie mussten irgendwie entkommen. Langsam saßen sie sich Rücken an Rücken, und versuchten gegenseitig die Fesseln zu lösen, doch sie waren zu stark verbunden. Außerdem wurden sie unterbrochen.
Vier Männer betraten den Raum. Zwei von ihnen waren schwer bewaffnet und sahen wie Wachleute aus. Die anderen beiden sahen eher so aus, als würden sie zu den Anführern der Entführer gehören. Ohne Vorwarnung packten die beiden Kerle Susy und schleiften sie wieder an den Platz, an dem sie zuvor lag.
Franzi wollte etwas sagen, doch unterbrach schon nach den ersten Silben. Der Größere von beiden sah sie voller Wut und Verachtung an. Er ging auf sie zu, und schlug sie ins Gesicht.
"Na du Schlampe. Du hältst jetzt lieber die Schnauze. Sonst werde ich noch ungemütlich. Der Anführer will euch zwar unversehrt, doch ich glaube, wir werden später noch ein bisschen Spaß haben."
Er packte Franziskas Gesicht, und zog sie zu ihm. Dann küsste er sie. Sie versuchte sich zu Wehr zu setzten, doch es gelang ihr nicht. Anschließend sagte er ihr noch etwas ins Ohr, doch Susy konnte nicht verstehen, was es war. Doch es musste etwas ekelhaftes gewesen sein, da sie ihm kurz darauf anspuckte. Er wischte sich die Spucke ab, und leckte sie von seiner Hand.
"Dir werde ich später noch ein paar Manieren beibringen. Und damit ihr keine Dummheiten anstellt, werde ich eine Wache hier im Zelt lassen. Nur zu eurer Sicherheit versteht sich."
Er nickte einem der Wachleute zu und ging dann mit den anderen Beiden raus.
Nach mehreren Stunden, es wurde bereits dunkel, brach Susy die Stille.
"He du. Ja, du mit der Waffe. Ich müsste mal aufs Klo. Kann ich vielleicht raus?"
"Von mir aus piss dich doch an. Ist mir doch scheiß egal. Ich hab die Anordnung, dass ihr nicht weg dürft, und ihr bleibt hier."
"Du dumme Sau. Ich muss echt dringend. Kannst du nicht…"
Doch Susy kam nicht dazu, ihren Satz zu vollenden. Plötzlich hörte man von draußen Schreie und Lärm. Und dann geschah alles blitzartig. Nur zwei Minuten später explodierte ihr Zelt.
Kapitel 7
Erneute stille trat ein.
"Du weißt aber schon, was du opfern musst, damit du die Objekte bekommst?"
"Ja, das weiß ich. ‚Heart and Soul’ muss ich opfern."
Bevor das Orakel etwas erwidern
konnte, kam Chris dazwischen.
"Wie bitte? Du musst WAS für dieses Kästchen opfern? Herz und Seele? Das kann ja nicht dein ernst sein!?!"
"So wie du es siehst ist es nicht! Ich muss nicht mein Herz und meine Seele opfern. Sondern ‚Heart and Soul’. Das sind meine beiden Schwerter. Jene Schwerter, welche nur für mich gemacht wurden und mir immer treue Dienste geleistet haben. Auch wenn es mir schwer fällt. Ich muss die beiden opfern. Ich würde alles geben, damit ich Susy und Franzi retten kann. ALLES!!! Und aus diesem Grund, Orakel, möchte ich, dass du es öffnest. Hier hast du mein Opfer."
Ich reichte meine beiden Schwerter durch den Vorhang, und wartete.
Einige Minuten verstrichen, und es geschah nichts. Niemand versuchte zu sprechen. Doch plötzlich durchfuhr ein lauter "Klick" die Höhle.
"Es ist geschafft. Der Schrank ist offen. Nimm den Inhalt und geh. Ich hoffe, du wirst nicht das Schicksal der anderen erleiden. Die Zukunft ist dieses Mal schwer zu sehen.
"Eine letzte Bitte hab ich noch an dich. Stell das Zeit-Gleichgewicht zischen den Welten bitte wieder her. Geht das?"
"Ist bereits geschehen. Aber es ist schwächer als das letzte Mal. Dieses Mal vergeht die Zeit im Verhältnis von einem Tag zu einer Woche."
"Das ist mehr als ich verlangen kann. Danke, und hoffentlich sehen wir uns wieder."
Ich packte den Schrank und ging zum Ausgang. Ohne Worte folgten mir die drei anderen.
Also wir etwas von der Höhle entfernt waren, setzte ich mich hin, und starrte den Schrank an.
"Was hat es eigentlich mit diesem Schrank auf sich? Wieso habt ihr, wegen so einem billigen Kästchen, so einen Aufwand gemacht? Ist da irgendeine Megawaffe drinnen? Geld? Maschinengew…"
"Sei still, Paul. Das ist jetzt nicht der Moment dafür. Gleich wirst du es erfahren. Es ist nicht leicht. Zuviel steht auf dem Spiel, als dass man es sich so einfach macht."
Es vergingen weitere Sekunden, die mir vorkamen, als wären es Stunden. Doch zum Schluss griff ich nach der Tür und riss sie auf.
Darin lagen sie. So, wie sie die Ältesten rein gelegt hatten. Unberührt seit jenen Tag. Nach kurzen Zögern nahm ich sie raus.
"Das ist es? Wegen diesen beiden Schwertern so ein Aufwand? Die sehen ja aus wie…. wie deine alten. Nur, dass sie halt schwarz sind."
"Du liegst nicht ganz unrecht. Sie sehen FAST so aus wie meine Schwerter. Doch sind sie nicht umsonst so schwarz. Sie sind verflucht!"
"Verflucht? Wie meinst du das?"
"Nun, Lars. Sie wurden vor Ewigkeit von einem bösen Magier verflucht."
"Wieso? Ich meine, warum wurden sie verflucht? Was wollte er damit bezwecken?"
"Das kann ich dir nicht sagen. Leider weiß niemand, warum er es gemacht hat, doch jeder, der sie benützt hatte, erlebte ein böses Ende."
"Du weißt, was mit ihren Vorbesitzern passiert ist, und nimmst die Schwerter weil..?"
"Weil es keine andere Möglichkeit gibt, die anderen zu retten. Außerdem weiß ich, dass mir nichts passiert."
"Und woher, wenn ich fragen darf, weißt du das?"
"Nun, sollte ich es nicht schaffen, wird sowohl diese Welt als auch unsere vernichtet."
Kapitel 8
Während draußen das Chaos herrschte, lief die Wache raus zu den anderen.
Diese Chance nahm Franziska war. So schnell es ging, schnitt sie die Fesseln durch. Während Susy verwirrte, fragende Blicke ihr zuwarf, kam Franzi leise zu ihr rüber und schnitt ihr ebenfalls die Fesseln durch. Ohne Susy zu Wort kommen zu lassen, packte sie Susys Hand, riss ein Loch in die Rückwand des Zeltes, und beide verschwanden durch das Loch.
Nur wenige Sekunden nachdem sie es verlassen hatten, explodierte das Zelt. Obwohl Susy geschockt stehen bleiben wollte, ließ Franzi sie nicht stehen bleiben. Ohne sich noch einmal umzudrehen, liefen sie beide in die Dunkelheit.
Nachdem sie cirka eine halbe Stunde blindlings herumgestolpert waren, und sie kein Zeichen einer Verfolgung erkennen konnten, brachen sie beide erschöpft zusammen.
"Komm, Susy, wir müssen weiter! Auch wenn wir erschöpft sind, wir müssen so weit wie möglich weg von denen."
"Ich gehe keinen Schritt mehr weiter. Ich bin erschöpft und müde. Wir wissen sowieso nicht, wohin wir laufen. Ich kann keine fünf Meter weit sehen. Und dir geht es nicht anders. Ich will jetzt wissen, was da gerade eben ablief. Vorher geh ich keinen Meter mehr."
"Du hast recht. Ich weiß auch nicht, wohin wir laufen oder was vor uns liegt. Ich glaube, wir können beide eine Pause vertragen. Ich wollte dir sowieso sagen, was passiert ist.
Kannst du dich an den Typen erinnern, der mich geschlagen hat? Er ist nicht das, was er zu sein scheint. Nachdem er mich geküsst hat, sagte er mir noch etwas ins Ohr.
‚Hab keine Angst. Ich weiß, wer ihr beide seit. Ihr seit die Freunde vom Auserwählten. Ich werde euch helfen. Ich werde ein Ablenkungsmanöver organisieren. Sobald ihr alleine seit, müsst ihr schnell verschwinden. Ihr habt keine zwei Minuten Zeit zu verschwinden. Ich werde es so aussehen lassen, als würdet ihr tot sein. Ihr müsst fliehen. Sagt dem Auserwählten, dass es immer noch Verbündete im feindlichen Lager gibt. Noch eine Bitte. Tu so, als ob ich dir gerade etwas perverses gesagt habe. Es muss realistisch aussehen.’
Währendessen gab er mir dieses Messer in die Hand. Ich wusste nicht, was er genau gemeint hatte. Doch als ich draußen das Chaos hörte, nutzte ich die Gelegenheit."
Susy schwieg. Ebenfalls Franzi. Beide saßen sie, von der Dunkelheit geschützt, wie zwei Felsen in der Wüste.
Nachdem sie sich einige Zeit erholt hatten, gingen sie weiter. Sie hatten jedes Zeitgefühl verloren, und da es Neumond war, konnte er ihnen auch nicht weiter helfen. Ohne genau zu wissen, in welche Richtung sie liefen, erhofften sie, dass sie Richtung Osten liefen. Oder zumindest, die Richtung, in welcher die Sonne aufging. Den sie wussten, dass das Lager von mir, in der Richtung vom Sonnenaufgang lag.
Stundenlang irrten sie durch die Gegend. Immer in Erwartung, irgendwann geschnappt zu werden. Mittlerweile ging die Sonne auf, und sie merkten, dass sie in die richtige Richtung gingen. Zumindest fast. Sie mussten mehrmals die Richtung ändern, da einige natürliche Hindernisse ihnen den Weg versperrte.
Nach weiteren Stunden voller Marsch, inzwischen war die Sonne schon hoch am Himmel, sahen sie, wenige hundert Meter entfernt, einige unnatürliche Gebilde. Von Weiten konnten sie nichts erkennen, doch sie mussten diesen Weg nehmen.
Vorsichtig, immer versucht in Deckung zu bleiben, schlichen sie sich langsam an. Als sie näher kamen, konnten sie erkennen, dass es sich um ein zerstörtes Lager handelte. Da sie niemanden erkenne konnten, wagten sie sich nah ran. Als sie in dem Lager waren, mussten sie entsetzt feststellen, dass sie scheinbar irgendwie im Kreis gelaufen waren. Anhand des Kraters, der vor ihnen lag, erkannten sie, dass es sich um ihr Gefangenenlager handelte. Sie hatten sich vollkommen verlaufen.
Kapitel 9
Wir waren schon viele Kilometer gewandert, als wir endlich den Canyon erreicht hatten. Seit dem Gespräch vor zwei Tagen, hatten wir so gut wie kein Wort miteinander geredet. Ich genoss die Stille. Sie gab mir viel Zeit zum überlegen. Schließlich musste ich ja auch noch überlegen, wo wir als erstes hin mussten. Ich brauchte einen Ort, wo mich keiner störte, und ich mir einen Plan zurecht machen konnte, um die Mädels zu retten. Ein ort, der so abgeschieden lag, dass weder meine Verbündeten noch meine Feinde ihn beobachteten.
"Wo wollen wir überhaupt hin? Wir laufen jetzt schon fast zwei Tage quer durch die Wüste. Außer Sand und diesem Felsen hier haben wir nichts gesehen. Wo willst du hin?"
"Bleib ruhig, Chris. Wir sind gleich da."
"Wo? Wo sind wir gleich? Und eine Frage quält mich seit 2 Tagen: Wieso meintest du, du willst die beiden nicht noch einmal verlieren?"
"Sobald wir da sind, erzähl ich euch mehr."
"Ja, ja. ‚Sobald wir da sind!’ Was soll das heißen? WO SIND WIR?! Hier ist doch nur Scheiße. Was soll hier sein?"
"Das da!"
In diesem Moment hatten wir den Canyon durchquert, und waren am Ende unseres Weges. Vor uns lag die Stadt nach der ich gesucht hatte.
Der Begriff "Stadt" passte nur einiger Maßen. Aber, im Gegensatz zu den anderen Lagern, in denen ich war, standen hier Häuser anstatt Zelte. Es herrschte hier auch ein Raueres Klima als in den Lagern. Doch sie war abgeschieden, und keiner kümmerte sich um diesen verlausten Ort.
"Bevor wir die Stadt betreten, hab ich noch eine Bitte. Die Leute hier kennen mich zwar, doch nicht als ‚Christian’ sondern als ‚Jack’. Also müsst ihr mich auch bitte so nennen."
"Jack? Wie bist du den auf diesen ‚ausgefallenen’ Namen gekommen? Und woher kennst du diesen Ort?"
"Glaub mir, Paul, das ist eine lange Geschichte. Und diese lässt sich leichter bei einem Bier erzählen."
"BIER?!?! Wo?"
"Die Meldung konnte nur von dir kommen, Lars. Nun, ich würd es eher als Bier-ähnlich bezeichnen, doch es ist das Beste, was man hier bekommt. Ach ja, bevor ich es vergesse: wenn euch jemand den Drink ‚Schlangenkuss’ anbietet, lehnt ihn höflich ab. Die Auswirkungen sind, wie soll ich sagen, fatal."
Nachdem wir das auch beschlossen hatten, gingen wir zur Stadt. Sieh hieß ‚Bonne Maman’. Schon, als wir die Stadt betraten, wurden wir schon von allen Seiten beobachtet. Doch als sie mich, mit meinen Schwertern sahen, versuchten die Leute, so unauffällig wie möglich, sich in die Häuser zurück zu ziehen. Ich hatte einen weniger guten Ruf hier.
Wir gingen in die Bar, und setzten uns an einen Tisch, welcher in der Mitte des Laden stand. Nachdem unsere Getränke gebracht worden sind, und wir einstimmig beschlossen hatten, dass es erträglich war, begann ich zu erzählen.
"Als ich vor knapp eineinhalb Jahren auf der Flucht vor unseren Feinden war, fand ich nur durch Zufall diese Stadt. Wie ich…"
"JACK! Süßer. Du wieder im Lande? Und dann kommst du nicht mal zu mir? Dabei hatten wir doch so eine schöne Zeit."
Eine Stimme hinter mir unterbrach mich. Als ich mich zu ihr drehen wollte, wurde ich gepackt. Eine Frau stand hinter mir, und zog mich zu ihr. Sie küsste mich innig.
"Nicht nur, dass du mir nicht gesagt hast, dass du wieder da bist, sondern du hast mir noch vorenthalten, dass du drei süße Freunde mit hast. Wie heißen die denn?"
"Jim, John und Jan."
"Jack, Jim, John und Jan? Klingt komisch. Aber das bin ich ja von dir schon gewohnt. Wir sehen uns doch sicher später, oder? Wir können uns ja dann gemeinsam an die alten Zeiten erinnern. Ich werd dann später oben auf dich warten."
"Ähm, ja. Ich meine, ich… nun, ähm. Wir müssen noch einiges erledigen. Ich kann dir nichts versprechen, aber ich werd's versuchen."
"Okay, Süßer. Ich nehm dich beim Wort."
Ich sah ihr noch hinterher, und als ich wieder zu den Jungs sah, hatten sie alle ein schadenfrohes Lächeln im Gesicht.
"Na, Jack, was war das den eben? Hat das etwas mit dem ‚Schlangenkuss’ zu tun?"
"Eigentlich, wenn ich ehrlich bin, hab ich den ‚Schlangenkuss’ erst danach getrunken. Die ‚Aktion’ mit ihr, hatte völlig andere Gründe, und es war mehr Arbeit dabei, als ihr denkt."
"Na klar. Viel mehr körperliche Arbeit. Ist verständlich."
"Jetzt halt mal die Fühler still. Es war zwar auch DAS dabei, doch das war nebensächlich. Ihr seht es Ihr nicht an, doch sie hat mehr Macht in dieser Stadt, als ihr es für möglich haltet. Deswegen das Ganze."
"Okay, okay. Wir drei haben es verstanden. Nur eine Frage hab ich noch: Weiß Jessy von ihr? Ich meine, weiß sie, dass ihr beide.. du weißt schon."
"Also, Lars. Jessy ist, zumindest zum größten Teil, hierbei im Bilde. Sie weiß, dass hier einiges vor sich ging, und ich es nicht anders erledigen konnte. Sie weiß zwar nicht die Details, aber, sie vertraut mir."
"Lars, ich glaube, wir sollten im Moment dieses Thema nicht vertiefen. Mich, und Chris wahrscheinlich auch, interessiert die Geschichte zu dieser Stadt ziemlich, und ich würd gern mehr darüber erfahren."
Ich wollte gerade weiter erzählen, als Saula, die Frau von vorhin, noch mal vorbei kam.
"Ach Jack, was ich fast vergessen hatte. Der neue Bürgermeister will dich sprechen. Er sagte, wenn du wieder in der Stadt bist, sollst du zu ihm kommen. Nur eines versprich mir, und natürlich den anderen Bewohner. Bring ihn nicht um, so wie den letzten. Diesmal dürfte er nämlich ehrlich sein."
Ohne auf eine Antwort von mir zu warten ging sie wieder.
"Du hast den Bürgermeister getötet? Wieso das?"
"Der Typ war ein kriminelles Arschloch, der die Leute ausgequetscht hat. Und irgendwann, noch ein wenig vom ‚Schlangenkuss’ benebelt, war es mir zu viel, und ich hab ihm den Kopf abgeschnitten. Aber erst nachdem ich… ich glaube die Details lass ich lieber weg.
Nun, zurück zum Thema. Aber nur die Kurzfassung, damit mir nicht wieder jemand dazwischen kommt und uns stört. Ich war zwar auf der Flucht, doch musste ich hier einige ‚Geschäfte’ erledigen. Nur durch Zufall hab ich erfahren, dass ich sie hier erledigen kann. Saula war, indirekt, meine Verbindungsfrau. Sie ist eine der wenigen, die wissen, das mein richtiger Name nicht Jack ist. Sie kennt zwar meinen Namen nicht, doch weiß sie, was ich in etwa tu. Sie kennt auch nicht die ganze Geschichte, aber, es interessiert sie nicht. Durch eure Decknamen weiß sie, dass ihr für mich arbeitet.
Die Ermordung des Bürgermeister war nicht geplant, doch hatte positive Auswirkungen auf die Leute hier. Auch wenn ihr es nicht so seht, sind sie doch viel freundlicher als beim letzten Mal. Die Leute hier fürchten mich, und weil ihr mit mir hier seit, fürchten sie sich auch vor euch. Also erwartet nicht zu viel Gastfreundschaft."
Nachdem wir noch ein paar Getränke getrunken hatten, und uns ein Zimmer gemietet hatten, brachen wir zum Bürgermeister auf.
Er erwartete mich schon. Seine Leibwächter wollten mich zwar nur ohne Waffen durchlassen, doch, nachdem ich mich wehren wollte, gaben sie klein bei, da sie sich keine Chance erhofft hatten. Der neue Bürgermeister sprach mit mir nur kurz, denn er wollte mir eigentlich etwas zeigen. Oder besser jemanden. Sie hatten vor wenigen Tagen einen Fremden gefangen genommen, dessen Aussprache meiner ähnlich war.
Ich war ein wenig verwirrt, hatte jedoch schon eine weitere schlimme Vorahnung.
Wir mussten in den Keller, da sich dort das Gefängnis befand. Je tiefer wir kamen, desto sicherer wurde ich mir. Ich spürte förmlich, dass es nur einer sein kann. Doch wie war das möglich? Ich hatte ihn nicht gesehen. Die Jungs hatten auch nicht erzählt das er dort war. Dennoch war ich mir sicher. Ich ging als erstes durch die Kellertür. Doch was ich sah, war nicht dass was ich erwartet hatte.
Kapitel 10
Tod! Alles war tot. Kein Lebenszeichen. Kein Tier. Nichts war da. Ich sah vor mir keinen Keller sondern eine Stadt. Aber nicht irgendeine sondern München. Alle Häuser waren zerstört. Es war grauenhaft. Es sah wie in meinem Traum aus. Doch dies war kein Traum. Es war alles so real.
Der Geruch. Die Hitze der brennenden Häuser. Das Krachen der einstürzenden Häuser. Ich konnte danach greifen. Die tote Erde in meiner Hand.
Dies alles war echt.
Doch wie war das möglich? Wieso war ich hier? Was war hier geschehen?
So viele Fragen gingen mir durch den Kopf.
Plötzlich packte mich eine Hand von hinten. Blitzschnell drehte ich mich um und sah Chris vor mir. Doch ich erkannte ihn kaum. Blut lief über sein Gesicht. Sein rechter Arm war weg und er hatte ein riesiges Loch in seiner Brust. Ich musste kurz die Augen schließen, und als ich sie wieder öffnete, stand er immer noch vor mir. Doch jetzt sah er wieder normal aus. Weiters standen die anderen Jungs und der Bürgermeister vor mir. Ich blickte über meine Schulter, sah aber nicht mehr die zerstörte Stadt, sondern nur Käfige.
"Was ist los mit dir, Chr.. Jack?"
"Nichts. Ist schon okay."
Lars hatte mich aus meinen Gedanken gerissen. Während wir zur letzten Zelle gingen, lief mein Gehirn auf Hochtouren. Ich konnte mir nicht erklären, was das eben war.
Als wir bei der Zelle waren, konnte ich in einer Ecke den Gefangenen sehen. Ich hatte mich nicht geirrt. Es war Stefan.
Die anderen Jungs hatten die selbe Vermutung wie ich gehabt, waren also wenig überrascht, ihn hier anzutreffen.
Bevor ich noch etwas sagen konnte, übernahm Paul die Initiative.
"James, alter Junge. Hat es dich auch in diese Gegend verschlagen. Da bin ich ja überrascht. Wie lang haben wir uns nicht gesehen? 4 Jahre? 5 Jahre? Ist ja ne Ewigkeit her. Kennst du mich noch? Ich bin’s Jim! Und das sind Jack, John und Jan. Kennst sie noch?"
Mit Mimik gab er ihm zu verstehen, dass er mitspielen sollte. Er verstand zwar nichts, spielte aber, leicht verwirrt, mit."
"Hey Jim. Ich hätt euch alle fast nicht wieder erkannt. Das ist ja wirklich schon lange her. Wenn ich hier mal draußen bin, müsst ihr mir unbedingt erzählen, wie es euch ergangen ist. Was so neues bei euch gibt!"
Kapitel 11
Hunger und Durst quälten sie.
Stunden waren schon vergangen, als die Sonne aufging, und es wurde bereits Mittag. Sie wussten nicht, wie lange sie nichts mehr gegessen hatten. Die Überreste des Lagers waren so gut wie unbrauchbar. Sie hatten zwar einen kleinen Wasservorrat gefunden, doch der war bereits nach kurzer Zeit aufgebraucht.
Während Susy bei Tagesanbruch noch mal die Zelte durchsucht hatte, hatte Franziska, aus den Überresten eines Zeltes, einen kleinen Schutz vor der Sonne gebaut. Es war sowieso zu heiß um fort zu gehen. Vor allem ohne Wasser.
Sie hatten schon lange nichts mehr zu einander gesagt. Schweigend saßen sie im Schatten ihrer Notunterkunft, wartend, dass ihr Retter der letzten Nacht sie vielleicht aufsuchen würde.
Doch je länger sie warteten, desto schneller schwand ihre Hoffnung. Es hatte bereits über 40 Grad und es schien ihnen, als würde von Stunde zu Stunde heißer.
Obwohl es eigentlich sinnlos war, durchsuchte Susy erneut die Überreste. Franziska hatte schon aufgehört, sie auf zu halten, da sie es sowieso nicht ändern konnte. Susy war schon kurz vor einem Kollaps.
Franziska wollte sich etwas Schlaf gönnen, da sie seit letzter Nacht nicht mehr geschlafen hatte.
Kurz bevor sie eingeschlafen war, hörte sie einen lauten Schrei. Zuerst dachte sie, sie hätte es sich eingebildet, doch nur kurze Zeit später hörte sie ihn noch mal. Doch es war kein Schrei des Entsetzens sondern ein Freudenschrei. Ein Freudenschrei von Susy. Langsam setzte sie sich auf und sah sich um.
Zuerst sah sie Susy nirgends, doch plötzlich tauchte sie aus der Richtung, von der sie in der Nacht gekommen waren, auf. Trotz der Hitze kam sie auf Franziska zugelaufen.
Erst als sie fast bei Franziska war, wurde sie langsamer und Franziska sah, dass sie etwas in der Hand hatte. Etwas großes, doch es sah nicht sehr schwer aus. Bevor sie etwas fragen konnte, drückte Susy ihr das Objekt in die Hand.
"Los, trink. Es ist Wasser. Es lag dort hinten in einer kleinen Höhle. Nimm nen ordentlichen Schluck. Keine Angst. Es ist genug drinnen. Außerdem liegt dort hinten noch zwei oder drei dieser Behälter."
Mit etwas Skepsis probierte sie zuerst, und als sie merkte, dass es wirklich Wasser war, konnte sie kaum aufhören zu trinken.
Nachdem beide ihren Durst gelöscht hatten, packten sie ihre Sachen, soweit man das sagen konnte über die Notunterkunft, und gingen zu der Höhle.
Da circa 1 Meter davor ein riesiger Fels stand, hatten sie die Höhle in der Nacht nicht bemerkt. Den Abstand zwischen dem Stein und der Höhle bedeckten sie mit dem Zelt. Von weitem gesehen, sah es aus wie ein großer Felsvorsprung.
Die Höhle war etwa zehn Meter lang, zwei Meter hoch und zwischen einen und zwei Meter breit. An der hinteren Wand lagen noch drei weitere Behälter. Alle bis oben hin gefüllt mit Wasser. Obwohl es draußen extrem warm war, war die Höhle ziemlich gut gekühlt. Da es ein wenig zu kalt für die beiden war, entschlossen sie sich, ein Feuer aus den Holzresten des Lagers zu machen.
Nach mehreren Versuchen mit Steinen und Hölzern gaben sie jedoch den Versuch auf. Doch genau in dem Moment überkam Susy das Verlangen nach einer Zigarette.
Doch es war weniger das Verlangen nach der Zigarette, welches sie zwang sich selbst abzusuchen. Als fleißige Raucherin, hatte sie natürlich immer ein Feuer dabei. Doch als sie in ihre Taschen griff, fand sie nur Sand darin. Ihre Entführer hatten ihnen alles weggenommen. Aber selbst das hielt sie nicht auf, weiter zu suchen. Sie hatte eine letzte Hoffnung. Da sie schon mehrmals ohne Feuer unterwegs war, hatte sie sich angewöhnt, Zündhölzer in ihren Socken zu verstecken. Und wie sie erwartet hatte, waren sie noch da. Ihre Entführer waren nicht sorgfältig genug gewesen. Zum Vorteil der beiden.
Nach nur wenigen Minuten hatten sie ein schönes Feuer entfacht, welches sie wärmte. Als Susy sich erneut umblickte, dieses Mal mit Licht, schaute sie zuerst zu den Wasserbehälter. Zuerst konnte sie nicht genau erkennen, was sie daneben sah, doch als sie näher hin ging, erkannte sie es. Es waren Kisten. Ohne zu überlegen öffnete sie eine nach der anderen. In den Kisten befanden sich Lebensmittel, Messer und Kleidung. Sie rief Franziska zu sich, doch die reagierte nicht. Als Susy zu ihr kam, und ihr auf die Schulter griff, zuckte sie zusammen, als hätte sie sie nicht gehört.
"Was ist los, Franzi? Komm, ich muss dir etwas zeigen. Da drüben liegt noch mehr. Essen. Kleidung. Komm mit, dass musst du sehen, damit….."
"Du solltest dir lieber anschauen, was ICH entdeckt hab. Schau dort an die Wand. Siehst du das?"
Zuerst erkannte Susy nichts. Doch als sie sich mehr konzentrierte, erkannte sie, was Franziska entdeckt hatte. An der Wand waren Zeichen. Als sie noch genauer hinsah, sah sie, dass es nicht einfach nur Zeichen waren, sondern Wörter. Jemand hatte etwas an die Wand geschrieben. Doch nicht einfach irgendetwas, sondern einen Brief. Einen Brief an Franzi und sie.
Kapitel 12
Nach etlichen Minuten Verhandlung, konnte ich den Bürgermeister überreden, Stefan, unter meiner Aufsicht, zu entlassen. Die einzige Bedingung war, des weder er, noch ich, die Stadt verlassen durften.
Bei meinem letzen Besuch hatte ich mir ein Haus gemietet. Ehrlich gesagt hatte es Saula für mich gemietet. Ich hatte ihr mehr als genug Geld gegeben um die Miete hier zu zahlen. Ich fühlte mich hier im Hause sicherer als in irgendeinem Hotelzimmer in der Stadt.
Gleich nachdem wir im Haus waren, löcherte Stefan uns damit, dass er gern erfahren würde, was hier los sei. Da ich es leid war, immer wieder die gleiche Geschichte zu erzählen, übernahmen das die anderen drei. Auch wenn sie es etwas kompliziert gestalteten, da immer wieder einer der drei etwas dazu zu sagen hatte, oder etwas ausbessern wollte. Am Schluss sah Stefan so aus, als würde er noch weniger wissen als zuvor.
Während die vier beschäftigt waren, ging ich in die Stadt einkaufen. Schließlich brauchten wir Lebensmittel, diversen Kleingram und natürlich Klamotten. Wir liefen schon seit Tagen mit den gleichen Sachen herum. Außerdem war das Outfit der vier Jungs nicht gerade unauffällig, da sie noch immer sie Sachen aus der Nachtgalerie an hatten.
Da wir schon seit längerer Zeit nichts Anständiges mehr zum Essen hatte, gingen wir alle in die Küche und zauberten uns ein Festmahl. Mir kam es fast so vor, als wären wir wieder im Personalhaus.
Die Witze und dummen Sprüche die wir rissen.
Die Jungs.
Und das Essen.
Das alles schaffte es für einen kurzen Augenblick, dass ich alle meine Probleme vergaß. Doch sie kehrten leider schneller zurück als es mir lieb war.
Der Tod meines Mentors, die Verletzung meiner Frau und natürlich die Entführung von Franziska und Susy.
Als hätten die Vier meine Gedanken lesen können, fragten sie mich beinahe gleichzeitig, nach der Geschichte von Franzi und Susy. Ich wusste zuerst nicht, was sie wollten, doch dann fiel es mir wieder ein. Sie wollten natürlich wissen, warum ich meinte, ich hätte die Beiden schon mal verloren.
Es war bereits Abend, und draußen wurde es dunkel. Wir begaben uns zum Kamin, und ich entzündete ein Feuer. Ungeduldig saßen sie auf der Couch und durchbohrten mich mit ihren Blicken. Mit den Rücken zu ihnen, stocherte ich, mit einem einfachen Metallhacken im Feuer herum. Ich hörte, wie sie sich leise unterhielten. Während ich aufstand, und mich zu ihnen drehte, begann ich leise zu erzählen. Ruckartig war es still im Zimmer. Ich setzte mich auf dem Stuhl gegenüber von ihnen und nahm mein, mit einem Whiskey-ähnlichem Getränk gefülltes, Glas in die Hand.
"Es war zirka fünf Tage, nachdem ich zum ersten Mal hier erschienen war.
Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass es ein Schock für mich war, als ich erfahren hatte, ich sei ein Auserwählter. Ich wollte es sowieso nicht glauben. Ismalh erklärte mir mehrmals die Legende.
Es heißt, dass jemand aus einem anderen Sein kommen wird, der das Glück wieder in die Welt bringen soll.
Leider sah es so aus, als würde die Legende wirklich auf mich zutreffen. Doch ich wollte es nicht wahr haben, und versteckte mich die ersten drei oder vier Tage nur in meinem Zelt. Am fünften Tag nahm mich Ismalh zum Orakel. Sie sollte feststellen, ob ich wirklich der Auserwählte war.
Wir waren nicht weit weg vom Lager, als wir angegriffen wurden. Ein Spähtrupp unserer Feinde hatte uns aufgelauert, und wollte uns in einen Hinterhalt locken. Doch sie hatten unsere Kampfstärke unterschätzt. Ohne Probleme schlachteten Ismalhs Leute den Feind nieder.
Als ich das Blut, die Innereien und die Kadaver sah, wurde mir übel.
Doch dann kam es mir erst. Ich sollte diesen Krieg beenden. Ich wusste nicht, wie ich dass machen sollte. Außerdem wurde mir erst jetzt richtig klar, welche Verantwortung auf mir lastete.
Ich konnte das nicht. Mir blieb nur eine Wahl. Ich lief weg.
Im Kampf vertieft bemerkte niemand, wie ich davon lieg.
Keine Ahnung wie lang ich unterwegs war. Minuten. Stunden. Ich wusste es einfach nicht. Ohne Ahnung, wohin ich lief, bewegten sich meine Beine.
Irgendwann, es war bereits dunkel, fiel ich erschöpft in den Sand. Ich wollte nicht, dich ich konnte mich keinen Meter mehr bewegen. Meine letzten Gedanken waren, dass ich nicht hier einsam sterben wollte. Ich öffnete für einen letzten Augenblick meine Augen und sah vor mir Füße. Dann wurde es schwarz vor meinen Augen.
Alpträume plackten mich. Ich sah überall nur tote Leute. Hin und wieder hörte ich Stimmen, doch sie klangen so fern. Ich konnte nicht verstehen, was sie sagten. Irgendwann war es wieder still. Ich wollte die Augen öffnen, doch schaffte es nicht. Vor meinem Inneren Auge sah ich nichts. Alles war schwarz.
Ich fühlte mich, als würde ich fallen. Doch ich hatte keine Angst.
War ich tot? War DAS alles was nach dem Leben ist?
Bevor ich länger über diese Fragen nachdenken konnte, blitzte etwas vor mir auf.
Nur eine Sekunde später saß ich aufrecht in einem Bett. Zuerst dachte ich, ich sei wieder zuhause in meinem Bett. Doch als ich mich umsah, stellte ich feste, dass es nicht so war. Doch das bereitete mir den nächsten Schrecken. Ich war in einer Holzhütte. Doch ich hatte im ganzen Lager kein einziges Holzhaus gesehen. Nur Zelte. Ich sprang aus dem Bett und wollte raus laufen.
Doch bevor ich die erreicht hatte, bemerkte ich, dass mir etwas fehlte. Und zwar meine Hose. Doch nicht nur das, sonder meine kompletten Klamotten waren weg. Ich stand völlig nackt in einem fremden Zimmer.
Unter anderen Umständen hätte ich mir gedacht, ich hätte zu viel gefeiert, und wäre mit jemand mitgegangen. Doch nicht, nachdem was ich in den letzten Tagen erlebt hatte. Ich suchte das ganze Zimmer nach meinen Sachen ab. Doch ich fand sie nicht. Ich fand überhaupt nichts, was ich anziehen hätte können. In meiner Verzweiflung, schnappte ich mir die Decke, wickelte sie mir um und ging zur Tür. Ich wollte sie gerade öffnen, als ich Schritte hörte. Ich versteckte mich hinter der Tür. Ich wollte die Person, die mich hier hergebracht hatte, überwältigen. Langsam und leise ging die Tür auf. Ich machte mich bereit für den Sprung.
Zuerst sah ich ein Tablett mit Essen und Trinken darauf. Getragen wurde es von einer langhaarigen blonden Frau. Ich war wie versteinert. Als sie ihren Blick zum Bett richtete, erschrak sie, da ich nicht mehr drin lag. Vor Schreck lies sie das Essen fallen. Der Lärm löste meine Erstarrung, und ich stürzte mich mit einem lauten Schrei auf sie. Ich bekam es kaum mit, da es so schnell ging.
Blitzartig hatte sie sich zu mir gewandt, mich gepackt und über sich geworfen.
Da lag ich nun. Von einer Frau, im wahrsten Sinne des Wortes, flachgelegt. Sie hatte so schnell reagiert, dass ich nichts unternehmen konnte.
Ich blickte nach oben, sah in ihr Gesicht. Damals kannte ich sie noch nicht, aber sie sah genau so aus wie Susy, doch ihr Name war Amala. Durch den Lärm erschreckt, kam eine zweite Frau rein. Als sie mich da, so gut wie nackt, auf dem Boden liegen sah, musste sie herzhaft lachen. Sie sah genau so aus wie Franziska, doch auch sie hieß anders, nämlich Atlata. Noch bevor ich etwas sagen konnte, begann auch die andere zu lachen. Mir war das extrem peinlich, und ich hätte mich am liebsten unter einer Decke versteckt, doch die bedeckte ja meinen Unterleib.
Nachdem die beiden sich köstlich auf meine Kosten amüsiert hatte, halfen sie mir auf.
"Wo… wo bin ich? Was mach ich hier? Und wo sind meine Sachen???"
"Ganz ruhig Kleiner. Du solltest uns lieber dankbar sein, denn ohne uns, wärst du ziemlich im Arsch gewesen. Wir haben dir deine Haut gerettet, als wir dich aus der Wüste zu uns gebracht haben. Aber, bevor du noch zum weinen beginnst, zieh die Sachen hier an. Die sind nicht so auffällig wie deine. Außerdem, wo hast du denn die Sachen her? Die sind ja abscheulich. Von wo kommst du denn her? Egal. Zieh dich lieber an, und komm dann raus. Du kannst uns bei der Arbeit helfen. Sozusagen deine Schuld begleichen. Dann beantworten wir auch deine Fragen."
Während Amala das zu mir sagte, sah sie recht finster drein. Sie warf mir Kleidung zu, und verließ das Zimmer. Eher schüchtern dagegen verließ Atlata das Zimmer.
Eher widerwillig zog ich die Sachen an. Sie waren etwas verstaubt, und nicht gerade meine Größe, doch es war immerhin besser, als wenn ich nackt herum laufen hätte müssen.
Da ich riesigen Hunger hatte nahm ich mir ein Stück Brot vom Boden und schlang es in mich hinein. Der Raum nebenan sah aus wie eine Art Wohnzimmer. Zwar etwas mager ausgestattet, dennoch sah es sehr gemütlich aus. Ich sah mich um und erkannte, dass die Tür nach draußen offen war. Ohne lange zu überlegen ging ich raus.
Zuerst konnte ich nichts erkennen, da es ziemlich hell draußen war. Erst nach und nach erkannte ich einige Umriss. Es dauerte einen Moment, bis ich genauere Objekte erkennen konnte.
Als sich meine Augen an das Licht gewohnt hatten, suchte ich nach den beiden. Auf den ersten Blick entdeckte ich sie nicht.
Doch ich hörte einige leise Geräusche hinter dem Haus. Vorsichtig schlich ich mich nach hinten. Ich wollte nicht entdeckt werden und so versteckte ich mich hinter einem Fass voller Wasser.
Ich sah etwas, was einem Acker ähnelte, konnte aber nicht erkennen was oder ob überhaupt etwas darauf gepflanzt war. Ich wollte mich vorsichtig wieder wegschleichen, doch hörte ich Amalas kräftige Stimme.
"Du brauchst dich da hinten gar nicht verstecken. Auch wenn wir dich nicht sehen, wir wissen dass du da bist. Also komm her und hilf uns. Los, schwing deinen Arsch hier her."
Zuerst überlegte ich, ob ich nicht lieber weglaufen sollte, doch ich wusste ja nicht mal wo ich war oder wohin ich laufen sollte. Also ging ich zu ihnen. Kurz bevor ich bei ihnen war, warf mir Amala etwas zu.
"Hier, nimm den Sparten und grab ein wenig den Boden um. Das kannst du doch sicher."
Ich nickte nur. Während ich begann den Boden aufzugraben, näherte sich Atlata.
"Nimm´s ihr nicht übel. Eigentlich ist sie ja ne Liebe, aber sie mag Fremde nicht so. Amala ist ein ziemlich vorsichtig seit den Vorkommnissen in letzter Zeit. Hi, ich bin Atlata. Und dort drüben ist meine Schwester, Amala. Freut mich dich kennen zu lernen."
"Ich freu mich auch euch kennen zu lernen. Mein Name ist Chr.. äh.. Peter."
Ein Freund hatte mir mal geraten, man soll bei Fremden nicht immer den richtigen Namen sagen. Die Beiden hatten mir zwar das Leben gerettet, doch ich wusste nicht, ob ich ihnen trauen konnte. Aber da Peter ja mein zweiter Name ist, war es ja auch nur eine halbe Lüge. Schließlich war Atlata recht nett. Auch wenn sie ein wenig schüchtern war.
"Peter…. Ist ein seltsamer Name. Aber du hattest ja auch seltsame Sachen an. kommst sicher von weit her. Also ich….."
"Atlata! Du redest zu viel! Geh wieder an deine Arbeit. Wir müssen noch fertig werden. Und du, wie auch immer du heißt, hilf mit. Reden können wir, wenn es dunkel ist. Also spar deine Kräfte."
Ohne Widerworte begann Atlata wieder zu arbeiten. Sie tat mir irgendwie leid. Ich sah rüber zu Amala. Und als würde sie es bemerken, erwiderte sie meinen Blick. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie die ganze Zeit, sowohl als sie mir den Spaten zuwarf als auch während sie mit uns redete, niemals zu uns geblickt hatte. Aus irgendeinem Grund konnte ich nur kurze Zeit ihren Blick erwidern. Ich blickte zum Boden zurück und grub weiter.
Keine Ahnung wie lange wir auf dem Feld standen, doch als wir am Ende des Feldes waren, ging bereits die Sonne unter.
Schwer erschöpft gingen wir zur Hütte zurück. Ich war ziemlich erschöpft und wollte eigentlich nur noch duschen und dann schlafen gehen. Doch meine Pläne waren eigentlich Nebensache.
Vor mir gingen die zwei Schwestern. Sie unterhielten sich , doch ich konnte leider nicht verstehen über was.
"He, du da hinten. Peter heißt du doch?! Geh etwas schneller. Wir sind noch lange nicht fertig. Irgendjemand muss kochen. Und da du ja eh kaum etwas gemacht hast, wirst du das übernehmen, während wir duschen gehen."
Völlig unerwartet rief mir Amala zu. Ich dachte mir nur: "Kaum was gemacht? Hat die nen Schuss? Ich kann mich ja kaum noch auf den Beinen halten."
Doch das zu sagen traute ich mich nicht.
Bei dem Fass, welches ich als Versteckt verwendet hatte, blieb ich stehen. Ohne nach zu denken, steckte ich meinen Kopf rein. Es tat echt gut. Danach fühlte ich mich etwas frischer. Als ich ins Haus kam, war Amala nicht zu sehen. Ich nahm an, dass sie bereits unter der Dusche war. Nur Atlata stand in einer Ecke, welche einer Kochnische ähnelte. Da ich ja kochen sollte, ging ich ihr entgegen.
"Sein nicht zu streng mit meiner Schwester. Sie ist ein wenig aufbrausend, doch wenn du sie näher kennen lernst, wirst du sehen, dass sie uns nur beschützen will. Hier ist unsere Kochstelle. Ich dachte mir, ich werd dir etwas helfen. Ich weiß ja nicht, ob du überhaupt kochen kannst, und Amala ist echt schlimm drauf, wenn sie nichts Anständiges zum Essen bekommt."
Mein erster Gedanke war, dass ich eigentlich nicht vor hatte, sie näher kennen zu lernen. Doch dann fiel mir ein, wenn sie erst schlecht gelaunt ist, wenn das Essen scheiße ist, was war sie jetzt? Gut gelaunt? Ich wollte nicht raus finden, wie sie schlecht gelaunt aussieht.
"Das ist echt nett von dir. Doch du brauchst mir nicht zu helfen. Du siehst recht fertig aus. Du solltest lieber auch unter die Dusche gehen. Wenn ihr fertig seit, ist sicher das Essen auch fertig."
Sie wollte etwas erwidern, doch bemerkte sie, dass ich mindestens genau so dickköpfig war wie ihre Schwester. Also verlies sie mich auch.
Als ich allein war, sah ich mich ein wenig um. Die Kochstelle war, für unsere Maßstäbe, recht primitiv. Sie bestand im Groben nur aus einem Ofen mit offenem Feuer und einem Tisch. Daneben lag eine Pfanne, ein Topf und ein Messer. Eigentlich genug, um etwas kochen zu können. Auf dem Tisch standen ein paar Schüsseln. In den meisten von ihnen waren Wurzeln, Knollen und andere Gemüsearten, welche mir nicht bekannt waren. In einer weiteren Schüssel befand sich Speck. Oder zumindest etwas ähnliches. In der letzten Schüssel entdeckte ich dann auch ein ganzes Stück Fleisch.
Mit den Zutaten konnte ich etwas anfangen. Nachdem ich die ganzen Zutaten geschnitten hatte, und das Fleisch anbraten wollte, suchte ich nach Gewürzen. Doch ich fand keine. Es waren zwar einige der Knollen und Wurzeln unseren Gewürzen, wie zum Beispiel Knoblauch, ähnlich, doch ich vermisste das Wichtigste: Salz.
Ich durchsuchte alle Schüsseln, doch konnte keines entdecken. Vielleicht war es ihnen ausgegangen, ging mir durch den Kopf, und so kostete ich den Speck, ob wenigstens genug Salz an ihm wäre. Doch Fehlanzeige. Kein einziges Korn Salz war zu schmecken. Scheinbar hatten sie keines auf diesem Planeten. Oder zumindest hier in der Gegend.
Verzweifelt sah ich mich unbewusst um. Als mein Blick durchs Zimmer schweifte, erweckte ein kleiner Stein meine Aufmerksamkeit. Er lag zwischen zwei brennenden Kerzen. Zuerst dachte ich, der Kerzenschein würde ihn so hervor heben, da seine Form recht ungewohnt, aber dennoch ziemlich schön war. Als ich näher zu ihm ging, kam es mir so vor, als würde er mich an irgendetwas erinnern. Als ich vor ihm stand, nahm ich ihn in die Hand. Mir ging der Gedanke nicht aus dem Kopf, dass dieser Stein irgendetwas bekanntes hatte. Ohne zu überlegen, leckte ich den Stein ab. Sofort verzog ich das Gesicht und musste einen ankommenden Brechreiz zurück halten.
Jetzt war mir klar, warum er mir so bekannt vor kam. Es handelte sich um einen Salzstein. Pures, reines Salz. Und der übermäßig aggressive Geschmack hatte mich fast zum erbrechen gebracht.
Ich lief, mit den Stein, zurück zur Feuerstelle, und begann mein Gericht zu würzen und anzubraten.
Knappe zehn Minuten später, war sowohl das Essen, als auch Atlata und Amala fertig. Mit noch nassem Haar kamen sie ins Zimmer. Sie setzten sich an den Tisch, und ich brachte ihnen die Teller. Sie sahen ein wenig unglaubwürdig drein, da sie nicht erwartet hatten, ein, für sie, so seltsames Gericht zu sehen. Meist gab es bei ihnen nur Eintöpfe.
Doch, obwohl sie einen großen Hunger hatten, aßen sie noch nicht, sondern sahen mich nur an. Amalas Blick zeigte mir, dass sie mir nicht traute. Sie glaubte wahrscheinlich, dass es vergiftet sei. Um zu beweißen, dass das nicht der Fall war, nahm ich einen Bissen. Obwohl es eigentlich nichts besonderes war, kam es mir dennoch wie ein Festmahl vor. Ich hatte seit Tagen immer das Gleich oder sogar überhaupt nichts zum Essen bekommen.
Nachdem ich es gekostet hatte, nahm auch Atlata einen Bissen. An ihrem Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass es auch ihr schmeckte. Sie nahm gleich noch einen Bissen.
Langsam griff auch Amala zu ihrem Besteck, und nahm einen Bissen. Obwohl sie versuchte es sich nicht ansehen zu lassen, erkannte ich unschwer, dass es ihr schmeckte.
Nachdem wir aufgegessen hatten, und ich gerade die Teller abservieren wollte, griff Atlata nach meiner Hand.
"So etwas leckeres hab ich ja noch nie gegessen. Es war irgendwie anders. Ich kann es nicht beschreiben. Da war irgendetwas dabei, dass ich noch nie geschmeckt hab. Was sagst du dazu, Schwesterherz?"
"Naja, so gut war es nun auch wieder nicht. Man konnte es essen. Es muss ja nur satt machen. Sonst nichts."
"Nun sei doch nicht so. Wir haben doch beide gesehen, dass es dir auch geschmeckt hat."
"Okay, es war nicht übel. Bist du nun zufrieden, Atlata?"
An ihrem Lächeln konnte man erkennen, dass sie zufrieden war. Sie nahm die Hand von meiner und ich konnte die beiden anderen Teller nehmen.
"Essen muss nicht nur satt machen, sondern sollte auch nach was schmecken. Man sollte sein Essen genießen und sich immer darauf freuen. Nicht einfach nur rein stopfen, damit etwas im Magen ist."
Während ich das sagte, ging ich mit den Tellern zur Kochnische zurück. Amala wollte etwas erwidern, doch Atlata sprang auf, und lieg zu mir. Sie nahm mir die Teller aus der Hand, und erklärte mir dann den Weg zur Dusche. An ihrem Blick konnte ich erkennen, dass ich lieber gehen sollte.
Obwohl das Wasser ziemlich kalt war, tat es gut.
Nachdem ich geduscht hatte, ging ich wieder zurück. Die Schwestern saßen am Feuer, und unterhielten sich. Ich wollte sie nicht stören, da ich sowieso todmüde war. Ich musste mich ausruhen, da ich nicht wusste, was ich am nächsten Tag machen musste. Ich ging in das Zimmer, in dem ich erwacht war, legte mich ins Bett und schlief sofort ein. Ich schlief so gut wie schon seit Langem nicht mehr.
to be continued ...