Hass
© 2003 by Werner
Wenn ich etwas besser konnte als zu lügen, dann war es andere Leute zu hassen. Wenn mir ihre Nase nicht passte, oder ich ihre Stimme nicht leiden konnte, ich es nicht sehen konnte, wenn sie gingen oder miteinander redeten, sie flüsterten oder sich vielleicht noch küssten – all diese Momente waren wie Auslöser für eine riesige scharfe Bombe in meinem Kopf.
Nicht nur, dass ich meine eigene Familie immer mehr hasste, weil sie mich in den letzten Monaten, vielleicht Jahren, wie einen ahnungslosen Idioten abgestempelt hatten, hasste ich mich manchmal selbst. Wenn ich alleine war, ich mich selbst im Spiegel sah – oder die Person, die sich darin wiederspiegelte, überkam mich dieses Gefühl. In den letzten drei Wochen zerstörte ich vier Spiegel. Jetzt hatte ich keinen mehr in der Wohnung, da mir die Anschaffung zu teuer kam.
Ich trat oft in die Spiegel hinein. Mit voller Wucht. Drei bis viermal hintereinander. Auch mit den Fäusten. Ich schlug dagegen. Wollte mich selbst am liebsten auf der Nase treffen; sei brechen, das Blut sehen, was aus den Nasenlöchern kommen würde und sich über meine Lippen den Weg bahnen würde. Danach ein Schlag auf das Kinn, auf den Mund, in den Magen, in die Weichteile.
Das würde ich am liebsten bei jedem machen. Alle die ich hasse. Ihnen einfach Schmerzen zufügen. Keine Begründung. Keine Rechtfertigung. Einfach meiner Wut freien Lauf lassen.
So wie bei Hermann. Hermann war mein Freund. Wahrscheinlich der einzige Freund, den ich jemals hatte. Wäre nicht seine Charakter so schlecht gewesen; so provozierend. Ich hasste es, wenn er mit mir über etwas zu reden begann, wo er genau wusste, dass mich das Thema entweder nicht interessierte oder er unrecht hatte und mir das Gegenteil beweisen wollte. Ich hörte lange zu. Zu lange für meinen Geschmack. Als ich ihn ansah und er redete, hatte ich Bilder vor Augen, die erschreckend aber gleichzeitig befriedigend waren.
Danach passierte alles so schnell. Der Aschenbecher prallte auf seine Schläfe, er fiel zu Boden und musste sofort tot gewesen sein. Eine blutende Wunde klaffte auf seiner Stirn auf. Das Blut rann über sein Gesicht und tropfte auf meinen schönen Teppich. Noch mehr Hass. Ich stellte den Aschenbecher auf den Tisch zurück, stand auf und begann Hermann zu treten. In das Gesicht, in die Rippen, in die Nieren. Überallhin. Mir war es egal, ob er sterben würde. Wahrscheinlich war er schon tot, also würde er es sowieso nicht spüren und ich hatte freien Lauf für meine Gefühle, die ich gegenüber ihm verspürte.
Joey. Joey war einer dieser Menschen, die ich einfach deswegen hasste, weil er meine Luft zum atmen brauchte. Seine Eltern hätten seinen verdammten Körper schon als Kleinkind in einen Fluss werfen sollen. Ich machte es für sie. Wir waren damals spazieren, einfach so – ohne Grund. Wir redeten. In der Nähe gab es diesen Teich. Ich hoffte, sie würden ihn nicht so schnell finden.
Manuel hasste ich dafür, dass er meine Frau gefickt hatte. Mich würde interessieren wie, doch er sagte es mir nicht als ich ihn fragte. Auch nicht, als ich den scharfen Gegenstand an seinen Hals anlegte. Manuel konnte sich nicht mehr wehren, als das Messer in seinem Hals steckte. Der rote Lebensinhalt spritzte regelrecht aus ihm heraus. Er schrie. Ich hasste es.
Mit meiner Frau hatte ich andere Pläne. Nach einer kleinen Auseinandersetzung mit ihr, band ich sie an den Bettpfosten. Ich wollte ihr meine Schmerzen übertragen, die sie mir zugefügt hatte. Jeder Tritt war ein Schmerz von mir. Ich hatte vergessen, wie lange ich auf sie eingetreten habe. Irgendwann hörte sie auf zu schreien.
Die dunklen Gedankengänge eines Menschen. Viele öffnen die hintersten Türen ihrer Seele und entdecken Bilder, die der normalen Welt besser nicht gezeigt werden sollten. Man könnte sie falsch verstehen.