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Kapitel 11

Die Offenbarung

1.

Ein Sturm durchfuhr die Nacht und gleißende Blitze illuminierten die Nacht. Das tiefe Grollen des Donners drohte die Welt zu verschlingen. Regen ergoss sich in Sturzbächen auf die Erde und prasselte beständig an die dicken Scheiben von Tarim O Kiels Burg. Es war schon weit nach Mitternacht und der alte Erzvampir saß in seinem Arbeitszimmer vor seinem wuchtigen Schreibtisch und war in seine Gedanken versunken. Nur mühsam gelang es ihm die Beherrschung zu wahren, blinde Wut und der ohnmächtige Drang auf Vergeltung zerrten an ihm. Vor seinem geistigen Auge stellte er sich vor wie er Asteroth sein verfaultes Herz aus der Brust reißen würde und ballte die Hände zu Fäusten. Es war noch keine Stunde vergangen seit der verfluchte Verräter es wagte hier in seinem Heim aufzutauchen. Auf einer grässlichen geflügelten Kreatur, die nur noch entfernte Ähnlichkeit mit einem Drachen hatte, flog er durch das Gewitter. Er wagte nicht einen Fuß auf O Kiels geheiligten Boden zu setzen sondern verkündete seinen Spott vom Rücken seiner grausigen Schöpfung. Seine Stimme, tief und bedrohlich, strahlte eine innere Kraft aus die selbst den tobenden Sturm übertönte. O Kiel zuckte bei diesem Gedanken innerlich zusammen. Er hatte seinen Widersacher offenkundig unterschätzt, ein Ausrutscher der ihm nicht noch einmal passieren würde. Die Botschaft war kurz und deutlich. Asteroth hatte sich selbst zum Bringer der neuen Ordnung gekrönt. Und als dieser erklärte er Tarim o Kiel nun offiziell den Krieg. Seine Armee wäre bereit für das letzte Gefecht und würde die Gilde niedermähen. Tarim o Kiel konnte sich nicht länger zurückhalten und nahm die Herausforderung an. Für die Schmach die er ihm zugefügt hatte, für den unbeschreiblichen Frevel den er an der Gilde begangen hatte, als er das Necronomicon seiner Wiege entrissen hatte. Er würde sich nicht vor diesem Emporkömmling verstecken. Asteroth sollte für seine Verbrechen bezahlen. Doch Asteroth reagierte mit Gelächter auf Tarim o Kiels Drohungen und das machte ihn rasend. Ohne ein weiteres Wort verschwand Asteroth in der Nacht und ließ O Kiel außer sich vor Wut zurück.

Seitdem saß er nun hier alleine in seinem Arbeitszimmer und überlegte verzweifelt was er tun konnte. Die Berichte über Asteroths Streitmacht von seinen Spionen waren erschreckend. Tarim o Kiel durfte jetzt nicht vorschnell und töricht handeln. Darauf wartete Asteroth nur. Er provozierte ihn solange bis er einen Fehler beging um dann zuzuschlagen. Nein, er würde ihn nicht unterschätzen.

Tarim o Kiels Überlegungen wurden jäh unterbrochen als ein Geräusch aus seinem angrenzenden Schlafgemach an seine Ohren drang. Es klang als würde jemand an seine Scheibe klopfen. Was bei allen Höllen...

Der alte Erzvampir sprang auf, der Stuhl auf dem er eben noch gesessen hatte fiel polternd um. Entschlossen schritt er in den angrenzenden Raum und sah sich um. Tarim o Kiels Schlafgemach war riesig, es maß mindestens 15 m² und die Decke befand sich in fast fünf Metern Höhe. Die Decke wölbte sich zur Mitte des Raumes was ihr ein kuppelförmiges Aussehen verlieh. In O Kiels Augen verlieh das dem Raum das Aussehen einer Kapelle - es sollte einen heiligen Raum darstellen. Von jener kuppelförmigen Ausbuchtung hing ein gewaltiger goldener Kronleuchter herab indem ein Meer aus schwarzen Kerzen brannte. Unter dem Kronleuchter befand sich O Kiels riesiges Himmelbett. Kissen und Decken aus Samt und

Seide waren für den Erzvampir gerade gut genug. Die Wände des Raumes zierten überwiegend edle Wandteppiche die die Geschichte der Gilde dokumentierten. Auf einigen war er selbst abgebildet. In den Ecken des Raumes standen gewaltige Kandelaber in denen ebenfalls schwarze Kerzen brannten und so den Raum in ein düsteres Lichtermeer tauchten. Die Südseite des Raumes wurde fast vollständig von einer Fensterfront eingenommen die sich bis unter die Decke erstreckte, so das es den Eindruck erweckte die ganze Südseite des Raumes bestünde aus Glas. Dahinter befand sich sein Balkon der schon eher eine Dachterrasse war. Im Moment jedoch wurde sowohl Fenster sowie Balkon von edlen blutroten Vorhängen aus Brokat verdeckt. Das klopfende Geräusch kam von dort.

Tarim O Kiel verzog hasserfüllt das Gesicht. Sollte er es tatsächlich wagen zurückzukehren um ihn weiter zu verspotten? Dieses Mal würde Asteroth die Früchte seines Hochmutes ernten. Der Erzvampir schritt auf den Balkon zu, packte mit beiden Händen die Vorhänge und zog sie mit einem Ruck auseinander. In diesem Moment erhellte ein Blitz den Balkon vor seinen Augen und O Kiel erkannte das es nicht Asteroth war der dort im stürmischen Regen stand und ihn neugierig betrachtete. Im gleißenden Licht des Gewitters erkannte Tarim o Kiel ein Wesen von dämonischer Schönheit das ihn mit glühend roten Augen musterte und deren lange schwarzen Haare im Wind um ihr bleiches Gesicht wehten. Tarim o Kiel konnte sich nicht erinnern je ein Wesen von solcher Schönheit gesehen zu haben, dennoch wusste er sofort wenn er vor sich hatte.

"Die Jägerin" flüsterte er überrascht. Er wusste natürlich das Asteroth sie zu einem Kind der Finsternis gemacht hatte, und hätte er es nicht gewusst hätte es ihm ein flüchtiger Blick enthüllt. Kein sterbliches Wesen konnte so schön und so dämonisch zugleich sein. Doch was wollte sie hier? Hatte Asteroth sie an seiner Stelle zu ihm gesandt? Weshalb sollte er das tun?

Misstrauisch öffnete Tarim o Kiel die gläserne Tür die in die Fensterfront eingelassen war und sah die Besucherin prüfend an die klatschnass auf dem Balkon stand.

"Ich weiß wer du bist. Ich sollte dich auf der Stelle vernichten." zischte er Lukryscha an. Auf ihrem Gesicht stahl sich ein amüsiertes Lächeln. "Tarim o Kiel." flüsterte sie betörend. "So wie ich ihn mir immer vorgestellt habe." Das Lächeln wurde zu einem breiten Grinsen. "Ihr würdet mich töten ohne wissen zu wollen warum ich hier bin?"

"Vermutlich hat dich dein Meister geschickt um mich weiterhin zu beleidigen. Doch ich lasse nicht mit mir spielen."

"Ich handle nicht im Auftrag von Asteroth. Und er ist auch nicht mein Meister. Ich diene nur mir selbst."

"Ich glaube dir kein Wort."

"Das spielt keine Rolle. Ich verabscheue Asteroth ebenso sehr wie ihr. Er unterjocht alles was er erschafft. Doch ich lasse mich nicht gerne kontrollieren."

"Was willst du dann von mir?"

Lukryscha nickte mit dem Kopf in Richtung des Schlafgemaches. "Mir wäre es lieber wenn wir unsere Unterhaltung im Trockenen fortsetzen könnten."

Tarim o Kiel sah sie weiter misstrauisch an. Schließlich trat er einen Schritt zurück und gab die Balkontür frei. "Wenn du mich reinlegst werde ich dich vernichten."

Lukryscha ignorierte diese Bemerkung und betrat O Kiels privates Heiligtum. Ihre Stiefel hinterließen kleine Wasserpfützen auf den edlen Marmorfliesen. O Kiel verschloss die Tür hinter ihr und wandte sich ihr dann wieder zu. "Und nun sag mir was du hier willst! Ich bin nicht für meine Geduld bekannt, Weib."

Lukryscha lächelte wieder. "Ich bin hier um euch einen Handel vorzuschlagen."

Tarim o Kiel hob argwöhnisch eine Augenbraue. "Ich höre."

"Ich möchte Asteroth ebenso gerne fallen sehen wie ihr. Und ich kann euch dabei helfen."

"Wie solltest du mir dabei helfen? Ich kenne Asteroths Standpunkte und ebenso seine Verbündeten. Es gibt nichts was du mir über ihn berichten könntest, das ich nicht schon wüsste."

"Ich spreche nicht von Asteroth. Ich habe etwas viel wertvolleres für euch."

"Was soll das heißen?" Tarims Stimme wurde lauter. Er verlor die Geduld mit ihr. Obgleich ihn ihre Schönheit noch immer lähmte würde er nicht zögern sie mit bloßen Händen zu töten. Und er sah ihr an dass sie das wusste. Dennoch blieb sie ganz ruhig. Sie hatte Mut, das musste ihr O Kiel eingestehen. "Was könntest du mir geben? Sprich!" forderte er herrisch.

Lukryscha lächelte nun wieder auf diese verschlagene und zugleich betörende Art. "Ich kann euch Drake du Kane bringen."

Tarim o Kiel riss überrascht die Augen auf. Daran hatte er gar nicht gedacht. "Was?" war alles was er herausbrachte.

Lukryscha schien mit dieser Reaktion gerechnet zu haben und fuhr fort. "Ich weiß das Asteroth euch den Krieg erklärt hat. Aber ihr seid ihm nicht gewachsen. Ich habe seine Streitmacht gesehen. Und es werden täglich mehr. Ihr wisst dass er nicht dumm ist. Er würde euch nicht herausfordern wenn er sich seines Sieges nicht sicher wäre..."

"ICH werde mich vor diesem verdammten Frevler nicht geschlagen geben! Er wird..." Tarim o Kiel schnitt Lukryscha mit seinem wütenden Aufbegehren das Wort ab, doch sie setzte gleich wieder an und versuchte ihn zu beruhigen: "Hört mich an. Ich bin hier weil ich weiß dass ihr ihn besiegen könnt. Also seit kein Narr. Ich braucht mich."

"Ich brauche niemanden! Sie werden vor mir erzittern!" Entschlossen reckte o Kiel die geballte Faust in die Höhe.

"So hört euch zumindest an was ich zu sagen habe. Danach könnt ihr immer noch frei entscheiden was ihr tun wollt."

"Also gut. Sprich weiter!"

"Euer Ansehen ist geschwunden. Und wenn sich die Nachricht vom Diebstahl des Necronomicons erst einmal verbreitet hat wird es noch schlimmer. Und daraus gewinnt Asteroth seine Macht. Ihr müsst zuerst das Vertrauen in euere Untergebenen wieder gewinnen. Und dabei kann ich euch helfen."

"Ach ja?" fragte Tarim o Kiel zweifelnd. Doch hinter seiner Stirn begann er zu verstehen worauf Lukryscha hinauswollte. Neue Hoffnung breitete sich in ihm aus.

"Wenn ihr den gefürchteten Drake du Kane lebend gefangen nehmt und ihn nach den Regeln der Gilde hinrichtet, könnt ihr ein Exempel an ihm statuieren. Euch ist dann das gelungen was Asteroth nicht konnte. Den Jäger, der für den Tod so vieler Vampire verantwortlich ist, zur Strecke zu bringen. Wenn ihr das tut, werden sie zu euch zurückkehren und Asteroth wird alleine dastehen. Ein Krieg ist dann nicht mehr nötig. Ihr hättet gewonnen. Asteroths Sentimentalität zu seinem Sohn hat ihn zurückgehalten als er ihn hätte töten können. Dieses Zeichen der Schwäche wird sein Verderben sein."

Tarim o Kiel rieb sich nachdenklich das Kinn und dachte darüber nach.

"Ich weiß das ihr Drake du Kane schon einmal bezwungen habt. Er kehrte zurück und ihr wurdet als unfähig abgestempelt. Dieses Ereignis war der Wendepunkt der Ereignisse, durch dieses Ereignis hat Asteroth die meisten seiner Untertanen gewonnen. Wollt ihr euch nicht an Kane dafür rächen?" fragte Lukryscha.

Tarim o Kiel sah sie lange und nachdenklich an.

"Drake du Kane war der Auslöser euerer Misere und er wird sie mit seinem Tod auch wieder beenden. Das ist Schicksal." flüsterte Lukryscha.

"Nehmen wir einmal an es stimmt was du sagst. Wie willst du das anstellen. Wie willst du mir Kane bringen?"

Lukryscha lächelte und streichelte sanft über o Kiels Brust. "Er wird mir nichts tun wenn ich ihm gegenübertrete. Er liebt mich noch immer. Er mag zum Teil Vampir sein. Aber er ist noch immer Sklave seiner dummen menschlichen Empfindungen. Er kann mich nicht töten. Er ist mir hilflos ausgeliefert."

"Und wenn du dich täuschst?"

Lukryschas Augen funkelten und ihre Mine nahm einen lüsternen Ausdruck an während sie begann Tarim o Kiels Hemd zu öffnen. "Ich irre mich nie. Und ich habe äußerst gute Argumente." flüsterte sie und begann mit ihrem Mund O Kiels nackte Brust zu liebkosen. Tarim o Kiel stellte fest das es ihm kaum gelang ihr zu widerstehen. Und er erkannte dass dies auch gar nicht nötig war. Vor ihm stand das Instrument mit dem er Drake du Kane endgültig vernichten konnte. Er packte ihren Kopf und zog sie zu sich hinauf. Und während er sie gierig und grob küsste musste er innerlich lachen. Asteroths geliebte Schöpfung, die er schon neben sich auf dem Thron gesehen hatte, lag nun in seinen Armen. Asteroth hatte sein Buch, doch er hatte nun seine Königin. Tarim o Kiel begann zu lachen während er Lukryscha zu seinem Bett führte.

Draußen wurde der Sturm immer heftiger während sich Tarim o Kiel und Lukryscha im unheimlichen Schein der Kerzen hart aber leidenschaftlich liebten.

Auf dem Höhepunkt stieß Lukryscha einen Schrei des Triumphes aus und zerkratzte O Kiel in wilder Extasse den Rücken. Blut lief seinen kalten bleichen Körper hinab und Lukryscha zog es gierig in sich auf. Tarim o Kiels Extasse entlud sich in einer gewaltigen Explosion die die Glasfront seines Raumes zerbersten ließ. Die blutroten Vorhänge flatterten im stürmischen Wind und im erhabenen Gleißen der Blitze verschmolzen die beiden Körper miteinander.

2.

Nachdenklich drehte ich den seltsamen roten Stein im Schein unseres Lagerfeuers und betrachtete ihn stumm. Craven beobachtete diese Prozedur, die ich nun Nacht für Nacht seit wir aus Asteroths Festung entkamen vollzog, von seinem Schlafplatz aus. Eine Woche war seitdem vergangen. Mir kam diese Zeit seltsam unwirklich vor. So wie schon die Zeit davor, die Zeit nach Myras...Verwandlung. Verbittert umklammerte ich den Stein bis es wehtat. Mir ging einfach dieses Bild nicht aus dem Kopf. Wie sie dort im Schatten der Marmorsäule kauerte und mich mit diesen toten dämonischen Augen anstarrte. Da war nichts. Keine Emotionen, kein Mitgefühl oder Gnade in diesem Blick. Er war so kalt wie die Augen jedes Vampirs dem ich in meinem verfluchten Dasein begegnet war. Das war das was mir am meisten zu schaffen machte. Nicht die Tatsache dass ich sie nicht retten konnte sondern dass sie mich offenbar nicht einmal erkannte. Sie erkannte in mir vielleicht den gefürchteten Jäger, aber nicht ihren Geliebten. Jede freie Sekunde dachte ich darüber nach was ich nur tun konnte. Sen Lar hatte zu mir gesagt das die einzige Heilung gegen den Vampirismus die vollständige Vernichtung war. Doch das konnte...das wollte ich nicht akzeptieren. Es musste einfach einen anderen Weg geben.

"Was glaubst du wozu er wohl da ist?"

Cravens Stimme holte mich zurück in die Wirklichkeit. Ich sah in fragend an. Er deutete auf meine rechte Hand die immer noch zur Faust geballt war. "Der Stein. Wozu ist er da?"

Langsam öffnete ich die Hand und betrachtete den roten Schatz. "Ich weiß es nicht. Er gehört zu den Klingen. Ich glaube er beherbergt eine mächtige Kreatur - ebenso wie die Zwillinge."

"Und wie rufst du diese Kreatur?"

Ich schüttelte den Kopf. "Genau das ist das Rätsel des es zu lösen gilt. Die Zeit wird kommen in der sich der Stein offenbaren wird. Ich denke es fehlt noch ein weiteres Puzzleteil bevor der Stein seine Kräfte entfalten kann."

Craven nickte stumm und sah nachdenklich in die Flammen. Ich folgte seinem Beispiel. Wir waren mittlerweile weit von Asteroths verderbtem Einflussbereich entfernt und befanden uns auf neutralem Boden. Zumindest war er noch neutral. Bald würde es keinen neutralen Boden

mehr geben. Asteroths hatte der Gilde den Krieg erklärt, es konnte nun nicht mehr lange dauern bis die letzte Schlacht anbrechen würde und eine Seite so mächtig wäre dass sie das ganze Land unterwerfen konnte. Doch entgegen seiner sonst so aufbrausenden Natur hatte Tarim o Kiel noch keinerlei Schritte in die Wege geleitet. Seit wir aus Asteroths Schloss entkamen hatte der alte Erzvampir nichts unternommen um auf Asteroths Kriegsruf zu reagieren. Er plante etwas. Doch was konnte das sein?

Meine Blicke schweiften durch unsere Umgebung. Wir hatten unser Lager in einer verfallenen Burgruine aufgeschlagen. Über uns war der klare Sternenhimmel während wir in einem Labyrinth aus eingestürzten oder fast abgebrannten Grundmauern kampierten. Rußgeschwärzte Mauerbrocken, verkohlte Holzreste und gesprungene Glasscherben umgaben uns. Die Mauern verdeckten den Feuerschein und gaben uns damit einen gewissen Schutz. Asteroth würde bestimmt überall nach uns suchen lassen. Wir konnten nur hoffen dass er im Moment wichtigeres zu tun hatte.

"Drake?" erhob Craven das Wort ohne von der Flamme aufzusehen.

"Ja?"

"Etwas passiert heute Nacht, oder?"

"Wie kommst du darauf?"

Craven hob endlich den Kopf uns sah mir in die Augen. Sein Blick drückte Ärger, vielleicht sogar Wut aus. "Hör auf mit den Spielchen. Ich weiß das du es auch fühlst."

Ich seufzte ergeben und nickte langsam. "Ja, ich spüre es schon seit zwei Nächten. Veränderungen werden eingeläutet. Ein neuer Kurs im großen Plan des Schicksals wenn du so willst."

"Es muss etwas großes sein wenn wir es so intensiv fühlen. Glaubst du es hängt mit dem Krieg zusammen?"

Ich dachte gründlich darüber nach und schüttelte schließlich den Kopf. "Nein. Nein ich glaube nicht. Zumindest nicht vordergründig. Aber du hast Recht. Etwas Großes wird passieren. Ich weiß nur nicht ob zum Guten oder Schlechten."

"Drake, ich habe Angst."

Es gelang mir nicht meine Überraschung zu verbergen als ich meinen treuen Gefährten ansah. "Tatsächlich. Das hätte ich nicht aus deinem Mund erwartet."

"Es ist aber die Wahrheit. Ich fühle einen drohenden Schatten auf uns lasten. So wie damals, als...du weißt schon, Myra von uns ging."

Die bloße Erwähnung ihres Namens bereitete mir einen qualvollen Stich in der Brust doch ich versuchte mir das nicht anmerken zu lassen. Entweder es gelang mir besser als erwartet oder Craven reagierte einfach nicht darauf, denn er redete ohne zu zögern weiter: "Ich fürchte mich nicht davor zu sterben. Aber ich fürchte mich vor dem Vergessen. Davor das unsere Sache umsonst gewesen sein könnte und Torscha mich nicht akzeptiert."

"Wir werden dem Weg der für uns gemacht wurde so lange folgen wie wir die Kraft dazu haben. Und noch darüber hinaus." war alles was ich entgegnete. Was hätte ich auch schon sonst sagen sollen? Mich quälten dieselben Fragen schon seit Jahrzehnten. Natürlich nicht über die Akzeptanz irgendwelcher Götter, dies war mir einerlei. Aber die Furcht vor dem Vergessen unseres Wissens. Dem Vergessen der C'ael Rohen und unserer Taten. Sen Lar war zufrieden gestorben, denn er wusste dass sein Opfer nicht vergeblich war und jemand seinen Platz einnehmen würde. Würde es mir einmal genau so ergehen? Ich wünschte es mir von ganzem Herzen, ich war der Jagd so müde. Doch ich würde nicht aufhören. Niemals.

Craven und ich wurden im selben Moment aus unserem Schweigen gerissen als wir eine Bewegung in der Nacht ausmachten. Etwas näherte sich unserem Lager. Und es musste sehr groß sein.

'Valotica' schoss mir durch den Kopf und ich zog die schwarzen Zwillinge während ich mich hektisch umsah. Craven folgte meinem Beispiel und hielt Rutex griffbereit. Langsam verteilten wir uns und suchten die Dunkelheit nach dem nächtlichen Eindringling ab. Wie

konnten sie uns nur gefunden haben? Wir hatten sorgsam darauf geachtet all unsere Spuren zu verwischen. Ich kannte ihre Denkweisen und war mir sicher auf alles geachtet zu haben. Also wie um alles in der Welt hatten sie uns aufgespürt? Entschlossen hob ich die Zwillinge. Sie würden keine Gelegenheit bekommen meine Frage zu beantworten. In diesem Moment hörte ich Craven einen Entsetzensschrei ausstoßen: "BEI TORSCHA, WAS IST DASS??"

Sofort rannte ich zu ihm und konnte im fahlen Mondlicht eine gewaltige Kreatur zwischen den Ruinen ausmachen. Sie überragte Craven um weitem in Höhe und Breite und trotzdem hätte ich sie beinahe für einen Teil der Ruinen gehalten. Im Dunklen sah es fast aus als würde sie aus Stein bestehen. Plötzlich trat die Kreatur auf Craven zu, der kampfbereit die Axt erhob und breitete riesige Flügel aus. Nun erkannte ich dass die Kreatur tatsächlich aus Stein bestand und ich fing an zu begreifen. Craven wollte gerade auf die Kreatur zustürmen als ich ihn erschrocken zurückhielt: "CRAVEN NICHT!"

Craven hielt tatsächlich inne, vermutlich mehr aus Reflex als aus Überzeugung und sah unschlüssig zwischen mir und der Kreatur hin und her. Ich senkte langsam die Waffen und deutete Craven es mir gleichzutun. Zögernd kam er der Bitte nach und die Kreatur trat in das Licht unseres Lagerfeuers. Es handelte sich um einen Gargoyl, das war nun deutlich zu erkennen. Und auch wenn ich es nicht vermochte diese Wesen zu unterscheiden wusste ich sofort wer uns gefunden hatte. Ich wusste nur nicht warum.

"Cas'tohr?" flüsterte ich ungläubig.

Craven sah mich fassungslos an. "DU kennst dieses DING?"

Cas'thors Stimme erklang dröhnend, sie hatte sich nicht im Geringsten verändert als er ungeduldig das Wort an mich richtete: "Uns bleibt keine Zeit für Erklärungen Jäger. Du musst mit mir kommen. Sofort! Das Orakel muss dich sprechen."

3.

Es dauerte einige Momente bis die Worte des Gargoyles in mein Bewusstsein gelangten. Das Orakel? Wie konnte das sein?

Craven indessen schien allmählich zu begreifen und musterte den Wasserspeier erstaunt. "Ihr seit das Wesen von dem Drake mir erzählt hat. Der ihn zu diesem dubiosen Orakel führte." rief er verstehend. Cas'thor betrachtete den Hünen gleichgültig. "Ja. Und ihr seit wohl Craven, Drake du Kanes Schüler."

"Woher wisst ihr das?"

"Welch närrische Frage, ich diene einem Orakel. Natürlich kenne ich euch. Ich weiß alles was passiert ist in den Jahrzehnten die ins Land gezogen sind seit sich meine Wege und die des Jägers getrennt haben."

"Was tust du hier Cas'thor?" fragte ich schließlich den Gargoyl.

"Was soll die Frage. Ich habe dir gesagt das ich dich unverzüglich zum Orakel bringen muss." antwortete der Gargoyl ungeduldig.

"Das ist nicht die Antwort auf meine Frage. Du warst frei als du deine Schuld bei dem Orakel beglichen hattest. Also warum dienst du ihm noch immer. Es hat dich nicht gehen lassen, oder?"

Cas'thor schüttelte energisch den Kopf, eine Geste die bei einem Wesen wie ihm geradezu grotesk wirkte. "Nein, du verstehst nicht. Es hielt Wort und ich kehrte zu meinem Clan zurück. Doch zuviel Zeit war vergangen und ich wurde von ihnen verbannt. Sie sagten ich wäre befleckt von der Heuchelei die ich dem Orakel entgegenbrachte. Du musst wissen dass wir Gargoyles ein sehr stolzes Volk sind. Sie haben mich verstoßen und ich blieb heimatlos zurück. Ich wusste nicht wohin ich sollte und eine unbändige Wut überkam mich. Ich suchte das Orakel und wollte mich an ihm rächen. Doch die Dinge änderten sich. Das Orakel gewährte mir Einblick in tiefgründigere Dinge. Es zeigte mir viel über mich und mein Schicksal. Ich erkannte dass meine Rache sinnlos wäre, es hätte nichts geändert - selbst wenn ich die Möglichkeiten besessen hätte dem Orakel etwas anzutun. Stattdessen war es nun meine einzige Heimat. Ich beschloss aus freien Stücken ihm weiter zu dienen. Was hätte ich tun sollen? Ich hatte sonst nichts mehr. Im Laufe der Zeit wurde es fast zu etwas wie einem Vertrauten - soweit dies bei einem Wesen das so völlig anderes ist wie alles was wir kennen überhaupt möglich ist."

Ich nickte zögernd. "Offenbar sollte das wohl dein Weg sein."

"Das Orakel erzählte mir das sich unsere Wege eines Tages wieder kreuzen würden. Dann wenn die Zeit reif wäre. Und wenn dieser Tag kam, sollte ich dich zu dem Orakel führen."

"Aber was will es von mir? Nochmehr verschleierte Prophezeiungen? Davon habe ich genug, danke. Seit jener schicksalhaften Begegnung wurde ich zum Spielball höherer Mächte. Ich frage mich ob das Orakel nicht möglicherweise die Ursache dafür ist."

"Ich kann deinen Gram verstehen Jäger. Doch du kannst mir glauben dass das Orakel keinen Einfluss auf den Ablauf der Dinge nehmen kann. Das ist der Preis für die Allwissenheit."

Ich seufzte und gab mich meinem Schicksal hin, ich konnte ihm ohnehin nicht entgehen. "Nun gut, aber verrate mir wie willst du uns dorthin bringen. Du kannst nicht zwei Personen fliegen und wir werden Craven sicher nicht hier zurücklassen."

Craven nickte entschlossen. "Ich werde dich auf jeden Fall begleiten."

Cas'thor schien dies alles kalt zu lassen, doch bei dieser Rase waren Gefühlregungen ohnehin eine Seltenheit und schwer zu erkennen. "Das wir auch nicht nötig sein. Wir werden zu Fuß gehen, in weniger als zwei Stunden sollten wir dort sein."

Verwundert betrachtete ich den alten Gargoyl und suchte nach einem Zeichen des Spottes. Wollte die Kreatur mich für dumm verkaufen. "Was soll dieser Unsinn? Das nördliche Gebirge ist mindestens einen strammen Wochenmarsch entfernt."

Cas'thor schüttelte wieder den Kopf, seine Mine sah fast mitleidig aus. Als würde er zu einem kleinen Kind oder einem geistig Beschränkten sprechen. "Ich hätte mehr von dir erwartet. Du denkst immer noch wie die einfältigen Sterblichen. Das Orakel existiert in anderen Maßstäben. Es ist überall und nirgendwo. Glaubst du es existiert nur in dem Gebirge das du betreten hast? Das Orakel existiert an vielen Orten. Doch nur die wenigsten wissen davon. Nur jene die auserwählt wurden, finden jene geheiligten Orte an denen das Orakel sich in dieser Ebene des Dasein manifestieren kann."

"Was soll das bedeuten?"

"Diese geheiligten Orte sind so etwas wie das Medium durch dass das Orakel mit dieser Welt kommuniziert. Der Fokus der die Kraft des Orakels bündelt damit es in unserer Welt Präsent sein kann."

Craven, der bisher stumm der Weisheit des alten Gargoyles gelauscht hatte erhob nun schließlich doch das Wort. "Und woher stammt dieses Wesen? Wenn es nicht aus unserer Welt ist, woher dann?"

"Das", erklärte Cas'thor geheimnisvoll, "weiß wohl nur das Orakel selbst. Doch soll dies nicht eure Sorge sein. Wir müssen uns nun beeilen. Die Zeit drängt." Mit diesen Worten erhob sich der Gargoyl und folgte einem gewundenen Pfad der aus den Ruinen in einen nahe gelegenen Nadelwald führte.

Craven sah mich unruhig an. "Bist du sicher dass wir diesem Steinmonstrum trauen können?"

Ich überlegte, sah aber schließlich keine bösen Absichten in den Taten des Gargoyles. "Ich denke wir haben gar keine andere Wahl. Wenn es wirklich der Wille des Orakels ist werde ich mich ihm kaum widersetzen können. Vielleicht hat es einige Antworten für mich. Ich glaube dies ist der Anfang der großen Veränderung die wir gefühlt haben."

"Aber nicht deren Ende."

Ich schüttelte den Kopf. "Nein. Nein es wird noch einiges passieren. Doch die Dinge haben begonnen ihren Lauf zu nehmen. Und nun können wir nicht mehr zurück."

Tarim o Kiel stand an der Brüstung seines Balkons und starrte in die Nacht hinaus. Fast hätte er Lukryscha nicht bemerkt die sich von hinten an ihn anschlich und zärtlich die Arme um ihn schwang. Verspielt legte sie den Kopf auf seine Schulter und folgte seinem Blick in die Dunkelheit.

"Worüber denkst du nach?" fragte sie ihn leise.

"Was diese Nacht für mich bereithalten mag. Und ob deine Informationen sich als richtig erweisen."

Lukryscha lächelte. "Er wird da sein. Glaub mir, ich spüre ihn ganz deutlich."

Der Erzvampir drehte sich zu ihr um und sah sie prüfend an, versuchte ihre Worte abzuschätzen. Wieder stellte er fes wie schwer ihm das fiel. Wie schwer diese Frau zu durchschauen war und wie mächtig sie für einen gewöhnlichen Vampir war. Sie ließ selbst die Hohen Vampire weit hinter sich. Er kannte außer Sagul niemanden von solcher Macht. Er wollte etwas erwidern, doch in diesem Moment betrat eben jener hohe Vampir Tarims Schlafgemach an den der Erzvampir gerade noch gedacht hatte. Sagul verbeugte sich und warf Lukryscha einen abschätzigen Blick zu. In seinen Augen stand Missbilligung und Abneigung geschrieben. Tarim o Kiel glaubte sogar Neid darin zu lesen. Sagul betrachtete Lukryscha eindeutig als Konkurrenz. Und damit lag er möglicherweise nicht einmal so falsch.

"Was gibt es zu berichten Sagul?" fragte ihn O Kiel.

Sagul rang einen Moment nach Worten und sah Lukryscha wieder verbissen an. Offenbar gefiel ihm nicht was er zu sagen hatte. "Die Informationen haben sich als richtig erwiesen. Wir haben den Jäger und seinen Begleiter gefunden." presste Sagul voller Widerwillen hervor. Lukryschas Grinsen wurde indessen immer breiter. "Wie ich es dir gesagt habe. Ich kenne seine Denkweise."

Tarim o Kiel nickte zufrieden. "Das wäre alles Sagul. Bereite alles für die Abreise vor, wir brechen sofort auf."

Sagul verbeugte sich demütig und schritt abrupt aus dem Raum. O Kiel erkannte dass er die Hände zu Fäusten geballt hatte. Er würde sich mit diesem Problem auseinander setzen müssen, doch das musste warten. Jetzt gab es Wichtigeres. Er wandte sich wieder an Lukryscha. "Es wird Zeit mir zu beweisen wie nützlich du mir wirklich bist. Wenn du deine Versprechen einhellst wirst du meine Königin werden."

"Ihr werdet nicht enttäuscht werden." hauchte ihm Lukryscha entgegen.

"Was ist das für ein seltsamer Wald?" fragte Craven atemlos und sah sich um. Er konnte nicht bestimmen was an der Umgebung nicht stimmte, aber irgendetwas war anders. Ich spürte es ebenfalls, doch ich kannte die Antwort darauf. Ich spürte dasselbe vor langer Zeit als ich das Gebirge erblickte indem das Orakel sich mir offenbarte. Was Craven spürte war die Präsenz des Orakels. Ich hatte nun keine Zweifel mehr an Cas'thors Worten. Auch wenn ich es mir nicht erklären konnte, das Orakel war hier. Dieselbe mystische Präsenz, meilenweit von der Höhle entfernt wo ich meine Lebenskraft hingab um meine Zukunft zu erfahren. Ich fragte mich was dieses Mal der Preis sein würde den ich zu entrichten hatte. Nichts war umsonst.

"Wir haben den Einflussbereich des Orakels betreten." antwortete Cas'thor auf Cravens Frage. Ich spürt ES. Wir sind nun fast da."

"Was wird mich dort erwarten?" fragte ich den Gargoyl. Er gab ein tiefes Brummen von sich, ich konnte nicht einordnen was es zu bedeuten hatte. "Diese Antwort musst du selber finden Vampir. Du hast es schon einmal getan. Ich kann dir dabei ebenso wenig helfen wie damals."

Ich hatte mit solch einer Antwort gerechnet. Schweigend setzen wir unseren Weg fort, bis Cas'thor etwa fünf Minuten später stehen blieb.

"Was ist los?" fragte ihn Craven.

"Vor uns liegt die Schwelle zum inneren Zirkel." antworte Cas'thor schlicht.

"Zum was? Was soll das bedeuten?"

"Das bedeutet dass ich ab hier meinen Weg alleine fortsetzen muss, nicht wahr?" fragte ich den Gargoyl.

Dieser nickte. "Ja. Dieser Pfad ist nur für dich bestimmt. Wir werden hier auf dich warten."

"Moment mal, was soll das..." begehrte Craven auf, doch ich gebot ihm zu schweigen. "Schon gut Craven. Dies ist meine Aufgabe. Es ist wie damals auf dem Berg, nicht wahr. Da hättest du mir auch nicht in die Höhle folgen können, selbst wenn du es gewollt hättest?" Cas'thor schüttelte den Kopf. "Nein, das Orakel duldet niemanden in seiner Nähe. Selbst mit mir nimmt es nur telepatischen Kontakt auf."

"Soll das heißen dass du dieses Ding noch nie gesehen hast? Und trotzdem dienst du ihm seit über einem Jahrhundert?" fragte ihn Craven völlig fassungslos.

"Hast du deine Göttin schon einmal erblickt?"

"Das ist etwas völlig anderes..."

"Wir alle dienen unseren Göttern Mensch. Akzeptiere die Gebote des Orakels."

"Ich habe langsam genug von diesem Orakel." entgegnete Craven trotzig.

"Hört auf!" sagte ich zu ihnen und betrachtete den Pfad vor mir. "Ihr wartet hier auf mich, ich werde bald zurück sein." Mit diesen Worten ließ ich die beiden zurück und setzte meinen Weg durch diesen seltsamen Wald fort. Doch mich überkam das ungute Gefühl das ich die beiden vielleicht nicht mehr so bald sehen würde wie ich es mir innerlich einredete. Das Gefühl der Bedrohung wurde stärker, und ich glaubte nicht dass es von dem Orakel ausging. Irgendetwas würde geschehen.

4.

Ich folgte dem verschlungenen Pfad durch die Dunkelheit. Ein beunruhigendes Kribbeln befiel meinen Körper und ich bemerkte wie sich Fortigan und Korosan begannen zu regen. Ich hatte die Klingen lange nicht mehr so aufgeregt erlebt. Ihre Stimmen hämmerten in meinen Verstand, drängten mich kehrtzumachen. In ihre mir so vertrauten Forderungen mischte sich eine neue Stimme, leiser und nicht annähernd so dominant, und ich wusste dass dies der Blutstein sein musste. Ihre Stimmen vereinten sich in meinem Geist zu einer lautstarken Kakophonie des Grauens, doch ich beachtete ihre Täuschungsversuche nicht. Die Zwillinge dienten mir bei der Jagd, aber es waren immer noch Dämonen die immerzu versuchten mich zu täuschen und mir die Wahrheiten hinter den Dingen vorzuenthalten. Sie waren Meister der Scharade - ebenso wie das Orakel. Vielleicht war das der Grund weshalb sie es fürchteten. Dachten sie das Orakel könnte mich besser manipulieren als sie selbst? Mir war es gleich, ich war zu weit gekommen um nun umzukehren.

Schließlich verstummten ihre Stimmen als sie erkannten dass ich mich nicht beeinflussen lassen würde. Vorsichtig sah ich mich um. Ich konnte vor mir im dichten Geflecht des Waldes ein eigentümliches Licht erkennen. Es war nicht weit vor mir. Ich spürte dass ich mich dem Zentrum näherte. Langsam streckte ich meine Hände aus und schob die Büsche auseinander. Vor mir lag der Ursprung des hellen Scheins dem ich gefolgt war, eine kreisrunde Lichtung. Meine Stiefel sanken tief in die weiche vor Leben strotzende Erde ein als ich diese seltsame Lichtung betrat. Die Bäume die diesen Platz flankierten überragten ihre Brüder um ein vielfaches und bildeten eine grüne Mauer um die Lichtung. Ich hörte Vögel zwitschern und bunte Lichter zwischen den Zweigen schweben bei denen ich instinkttief an Glühwürmchen denken musste. Alles war hier voller Geräusche und Bewegungen. Der ganze Wald schien hier voller Leben überzuquellen. Als würde das Orakel die Natur hier mit seiner Lebenskraft speisen. Nur widerwillig gelang es mir den Blick von diesem Anblick zu lösen und die eigentliche Lichtung zu betrachten. Doch dieser Anblick war nicht weniger faszinierend.

In konzentrischen Kreisen waren hier schwarze Monolithen aufgestellt worden. Jeder einzelne dieser Steine schien von innen heraus zu glühen, jenes seltsame Schimmern das ich durch das Geäst des Waldes gesehen hatte. Ein leises Summen drang an meine Ohren, wie damals als ich die Höhle in den Bergen betreten hatte. Es schien ebenfalls aus den Monolithen zu stammen. Gefesselt von diesem Anblick sah ich im Zentrum dieser Monolithen einen schwarzen Obsidianblock. Er sah genau so aus wie der erste Altar in der Höhle. Ich stieß einen tiefen Seufzer aus, nun gab es keinen Zweifel mehr. Ich hatte das Orakel gefunden.

Etwas durchfuhr meine Gedanken und überrascht presste ich die Hände an die Schläfen als eine vertraute Stimme zu mir sprach: "Drake du Kane. Du bist zu mir zurückgekehrt."

Meine Blicke schweiften umher während ich die Hände von den Schläfen nahm. Die Stimme schien aus allen Monolithen gleichzeitig zu kommen und fiel wie ein tausendfaches Echo über mich her.

"Ja, ich bin deinem Ruf gefolgt. Ich hätte nicht erwartet dir noch einmal zu begegnen."

"Deine Wege sind bisweilen sogar für mich unergründlich. Du bist der erste dem die Ehre zuteil wird zweimal meine Offenbarungen zu empfangen."

"Darauf kann ich getrost verzichten. Deine Weisheiten haben mir nur Kummer beschert. Ist den mein ganzes Leben nur eine vom Schicksal gelenkte Schachfigur?"

"Das Leben aller die große Veränderungen bringen ist vorherbestimmt." antworte das Orakel schlicht.

" Du hast gewusst was mit Myra passieren würde, nicht wahr?" Das Orakel schwieg.

"DU HAST ES GEWUSST!!!" schrie ich meine Wut und meine Verzweiflung in die Nacht.

"Es hätte nichts geändert. Der Plan des Schicksals kann nicht verändert werden. Ich kenne den Plan, doch ich vermag ihn nicht zu beeinflussen."

"Du bist ein Monster." flüsterte ich.

"Sprich nicht unbedacht zu mir Drake du Kane. Du kannst nicht ermessen was es bedeutet das Schicksal der Welt zu kennen und nichts daran ändern zu können. Ich bin was ich bin um meine Aufgabe erfüllen zu können. So wie du bist was du bist um deine Aufgabe zu erfüllen."

"Und was ist meine Aufgabe?"

"Du wirst es erkennen. Doch bevor es soweit ist musst du noch etwas wissen."

"Und was ist diesmal der Preis dafür?"

"Ich fordere nichts von dir, du hast mir genug gegeben."

"Versuch nicht mit mir zu spielen. Ich weiß dass nichts umsonst ist. Was hättest du davon mich zu erleuchten?"

"Immer noch der alte Drake du Kane. Ich hatte fast vergessen wie amüsant die Gespräche mit dir sind." Die Stimme des Orakels klang belustigt. "Nun gut. Deine Taten die folgen werden sind mein Lohn. In weiter Zukunft wird mir jemand einen Gefallen tun, jedoch nur wenn du erfolgreich bist. Mehr musst du nicht wissen." Das Orakel verstummte. Ich wusste, mehr würde es mir nicht sagen.

"Nun gut, was willst du von mir?"

"Heute ist eine besondere Nacht Jäger. In diesem Augenblick wird in weiter Ferne dein Erbe geboren."

Sprachlos sah ich zwischen den Monolithen hin und her während diese Worte in meinen Verstand eindrangen.

"Mein Erbe? Was meinst du damit?"

"Er wird in ferner Zukunft dein Schüler werden. In etwas mehr als zwanzig Jahren. Du wirst ihm auf jenem Eiland namens Tharos begegnen. Er wird einer deiner Begleiter sein. Du wirst ihn erkennen wenn die Zeit gekommen ist. Und du wirst ihm dein Wissen hinterlassen."

Ich dachte über diese Worte nach. In meinen Gedanken war immer Craven mein Erbe. Doch tief im Inneren wusste ich dass er nicht der Richtige war. Ich wusste dass ich meinen wahren Schüler noch nicht gefunden hatte. Doch würde er Craven sehr ähnlich sein, dessen war ich mir sicher. Daher kam meine Rastlosigkeit. Ich war immer noch auf der Suche nach ihm. Nach dem, der mein Erbe weiterführen würde - das Erbe der Nacht.

"Wie kann ich ihn finden?" fragte ich das Orakel.

"Alles zu seiner Zeit. Geh deinen Weg, alles andere kommt von alleine. Und nun komm zu mir. Lass dich erleuchten."

Ich wusste was das Orakel mir damit zu verstehen geben wollte. Langsam näherte ich mich dem Altar. Vorsichtig strichen meine Finger über das kalte Obsidiangestein. Ich schickte mich an mich meiner Kleider zu entledigen, doch das Orakel gebot mir Einhalt: "Das wird nicht nötig sein."

Das Kribbeln wurde stärker als ich mich auf dem Altar niederließ und sofort umschloss mich die eisige Umklammerung des Orakels. Es zerrte mich fort und mein Geist schien einen endlosen Strudel hinabzustürzen. Ich sah Bilder vor meinem geistigen Auge aufblitzen. Zukünftige Ereignisse. Es war anders als beim ersten Mal. Weniger bedrohlich aber noch verwirrender als damals. Ich wusste nicht was diese Bilder bedeuten sollten, doch sie brannten sich in mein Unterbewusstsein ein. Es waren Bilder dieser seltsamen Insel. Etwas Gewaltiges ging dort vor sich, doch lagen diese Ereignisse noch in weiter Zukunft.

"Du wirst verstehen was ich dir soeben mitgeteilt habe wenn du bereit dafür bist. Vergiss diese Bilder nicht, von ihnen hängt weit mehr als nur dein eigenes Leben ab. Und nun erhebe dich, die Zeit drängt."

Wie in Trance erhob ich mich von dem Altar. Mein Körper fühlte sich seltsam fremd an, als befände ich mich in der Hülle von jemand anderem. Über mir vollführten die Glühwürmchen ihren seltsamen Tanz und der Himmel schien ein Kaleidoskop aus Farben zu sein. Der Anblick hatte etwas erhabenes, einen Moment lang war ich unfähig mich von der Stelle zu rühren, gefesselt von dieser Schönheit. Dann bemerkte ich eine Disharmonie in dem Summen das aus den Monolithen erklang. Etwas stimmte nicht.

"Du musst nun gehen. Sie sind fast da."

"Wer? Wer ist fast da?"

"Sie kommen um dich zu holen. Und ich kann sie nicht davon abhalten in meinen Zirkel einzudringen. Sie sind sehr mächtig."

'Asteroth' dachte ich erschrocken. 'Das verdammte Ding hatte mir eine Falle gestellt'.

"Du weißt ich kenne deine Gedanken. Doch ich habe sie nicht hergeführt."

"Ich glaube dir kein Wort."

"Es spielt keine Rolle was du glaubst. Das Schicksal nimmt seinen Lauf und du bist ebenso Teil davon wie ich. Und nun geh. Du wirst mich nicht wieder sehen. Ab sofort bist du auf dich alleine gestellt."

Und mit diesen Worten verstummte das Orakel und der seltsame Schimmer aus den Monolithen erlosch, ebenso wie das eigentümliche Summen und der Tanz der bunten Lichter. Die Lichtung wurde jetzt nur noch vom Sternenlicht erhellt. Das Kribbeln war verschwunden, doch dafür kehrten die Stimmen der Zwillinge zurück. Sie versuchten mich zu warnen. Doch ich spürte die Gefahr auch so, auch ohne die Worte des Orakels und die Warnungen der Schwerter.

Ich begann zu laufen. Ich ließ den Steinkreis hinter mir und bahnte mir meinen Weg zurück durch den Wald. Aber ich wusste dass ich es nicht schaffen würde. Was immer mich aufgespürt hatte, es war nun da. Ich zog Fortigan und Korosan und bereitete mich innerlich auf den Kampf vor. Ich wusste nicht das mich ein Kampf erwarten würde der mit Klingen nicht zu gewinnen war.

5.

 

"Etwas stimmt nicht." Craven lief aufgewühlt hin und her und sah alle fünf Sekunden in das Dickicht des Waldes, indem Drake verschwunden war.

"Das Orakel wird ihm nichts tun. Hab Vertrauen." antwortete Cas'thor ruhig. Craven warf dem Gargoyl einen wütenden Blick zu. "Was verstehst du schon davon? Ich spüre wenn Gefahr in der Luft liegt. Vielleicht ist es wirklich nicht dein ach so geliebtes Orakel, doch irgendetwas passiert. Ich werde ihn suchen gehen." Mit diesen Worten schickte sich Craven an, dem Pfad zu folgen den Drake eingeschlagen hatte.

"Halt. Du darfst den inneren Zirkel nicht betreten. Du erzürnst das Orakel." rief Cas'thor erschrocken aus.

Craven drehte sich zu dem Gargoyl um und sah ihn entschlossen an. "Ich fürchte mich nicht vor deinem Orakel. Drake ist meine Freund, ich muss ihm helfen." Ohne ein weiteres Wort verschwand der Ritter in der Dunkelheit.

Intuitiv blieb ich stehen und sah mich um. Sie waren da. Wer auch immer es sein mochte, ich spürte sie nun ganz deutlich. Aber sie waren abseits des Weges. Wie gebannt starrte nach links in den Wald. Ich musste einfach nur geradeaus meinen Weg fortsetzen. Doch etwas zog mich an. Ich fühlte etwas Vertrautes und einen Moment überkam mich ein Gefühl der Sehnsucht und des Verlustes. Was war das? Ich musste es herausfinden. Wider aller Vernunft verließ ich den Pfad und bahnte mir meinen Weg durch den verwilderten Wald. Das leise Rauschen eines Baches drang an meine Ohren. Ich hatte mein Ziel beinahe erreicht.

Mit zitternden Händen schob ich das grüne Dickicht vor mir beiseite und erblickte vor mir das Ufer eines kleinen Flusses. Fahles Mondlicht beleuchtete den Platz vor mir und ich konnte eine Gestalt erkennen die am Rande des Ufers stand und auf den Fluss hinab sah. Es war zu dunkel um diese Person zu erkennen, doch wieder überkam mich dieser tiefe Schmerz. Langsam trat ich aus dem Wald, Fortigan und Korosan noch immer kampfbereit erhoben.

Als hätte die Gestalt mich erwartet drehte sie sich um und trat ins Licht. Eine eisige Umklammerung packte mich, schnürte mir die Luft ab. Ich brachte nur ein entsetztes Keuchen hervor während meine Beine weich wurden. Meine Gedanken drifteten davon und ich hatte wieder dieses Gefühl in einen tiefen Abgrund zu stürzen. Vor mir stand Myra!

Doch sie war verändert. Es waren nicht nur die schwarzen Haare, die bleiche Haut und diese vampirischen roten Augen. Ihre Schönheit, schon zu Lebzeiten außergewöhnlich, war nun von einer geradezu dämonischen Intensität. Doch die einstige Wärme war aus ihrem Blick verschwunden. Ich konnte keine Emotionen darin lesen. Es war als stände ein Toter vor mir. Und damit wurde mir wieder schmerzlich bewusst was sie nun war. Zu was sie Asteroth gemacht hatte und meine Verzweiflung raubte mir schier die Sinne.

Sie schien meine Qualen zu bemerken und zu genießen. Sie lächelte mich an. "Drake." flüsterte sie.

"Myra?" stieß ich ungläubig hervor. Es klang mehr wie ein Keuchen als wie eine Frage. Einen kurzen Moment glaubte ich ein Zögern in ihrem Blick gesehen zu haben, doch vermutlich hatte ich mir das eingebildet.

"Dieser Name existiert nicht mehr. Du kannst mich Lukryscha nennen."

Ich wankte einen Schritt auf sie zu. "W...Was haben sie dir nur angetan?"

Lukryscha lachte. "Sie haben mir die Augen geöffnet. Mir einen Blick auf das wahre Gesicht der Welt werfen lassen. Und mir gefällt was ich sehe."

Ich schüttelte den Kopf, mein ganzer Körper bebte. "Nein. Sie haben dich belogen. Sie haben ein Monster aus dir gemacht. Aber ich kann dir helfen."

"Ich bitte dich, du weißt so gut wie ich dass das eine Lüge ist. Und ich will deine Hilfe nicht. Ich bin nun stärker als jemals zuvor."

"Myra, bitte. Ich liebe dich." Meine Stimme war nur noch ein Flehen.

"Hör auf mich so zu nennen. Mein Name ist Lukryscha!" fuhr sie mich wütend an. Ihr alter Name schien sie wütend zu machen. Aber warum? "Und ich brauche deine Liebe nicht. Liebe ist für Narren und Schwächlinge. Du solltest über solchen Dingen stehen. Du verleugnest deine edle Abstammung."

Ihre Worte waren wie Dolchstöße. Eisige Kälte lag in ihrer Stimme. Ich wollte einfach nicht glauben was ich eben gehört hatte. "Du hast mich diese Werte einst geleert. Erinnerst du dich denn nicht daran?"

"GENUG!" brauste sie wütend auf. "Ich will davon nichts hören. Deine sentimentalen Torheiten werden dir nichts nützen. Ich kenne dich nicht Kane. Was früher zwischen uns gewesen war ist nun vorbei." Mit diesen Worten zog Lukryscha ein reich verziertes Schwert. Es hatte keine Ähnlichkeit mehr mit Faliceat. Es war wuchtiger, schwerer. Zu Lebzeiten hätte sie es niemals mit einer Hand führen können. Langsam kam sie auf mich zu.

"Bitte Myra. Ich will dich nicht verletzen." flehte ich sie an.

Doch sie schritt weiter unbeirrt auf mich zu. "Du bist der Schlüssel zu meinem Triumph. Also setz dich zur Wehr Jäger. Oder soll ich den mächtigen Drake du Kane einfache erschlagen wie einen räudigen Straßenköter?"

Irgendwie schaffte ich es Fortigan und Korosan in Kampfstellung zu bringen. Doch es waren die Schwerter selbst und ihre unstillbare Gier nach dem Blut der Untoten und nicht mein freier Wille der dies tat. Ich konnte nicht gegen sie antreten. Und sie wusste das ebenfalls. Lächelnd hob sie ihr Schwert. "Du kannst nicht gegen mich kämpfen."

"Myra bleib stehen." presste ich hervor.

"Du sentimentaler Narr. Vor dir erzittern alle Vampire?" spottete sie über mich.

"Ich warne dich. Komm nicht näher."

"Wie erbärmlich. Du gehörst mir."

Schneller als bei jedem anderen Vampir an den ich mich erinnern konnte fuhr ihre Klinge auf mich herab. In letzter Sekunde blockte ich mit Korosan. Doch wieder waren es die Zwillinge, nicht ich, die den Schlag parierten. Sie wollten mich beschützen, denn ich war der einzige der ihren Blutrausch befriedigen konnte. Sie wollten nicht zurück in ihr altes Gefängnis um dort wieder Jahrhunderte auf einen Auserwählten zu warten. Mein Tod würde auch ihr Schicksal besiegeln.

Lukryscha schien von meiner Reaktion überrascht. Sie grinste mich an. "Oh, es steckt also doch noch Feuer in dir. Gut, das macht es interessanter."

"Hör auf mit diesem Wahnsinn. Du bist nicht du selbst." keuchte ich atemlos.

Lukryscha breitete wie in Extasse die Arme aus. "Ich bin sosehr ich selbst wie nie zuvor. Zu schade dass du nie die wahre Kraft der Vampire erfahren wirst. Deine kümmerlichen Versuche dich an deine Menschlichkeit zu klammern verschließe dir den Weg zu wahrer Macht."

Mir wurde übel als ich sie so reden hörte. Sie klang wie Asteroth. Was hatte er nur mit ihr gemacht. Die Klingen in meinen Händen forderte ihr Blut. Sie waren wie bissige Hunde. Ich versuchte sie zu zähmen. Es kostete mich all meine Kraft sie im Zaum zu halten.

Lukryscha schnellte nach vorne und deckte mich mit einer raschen Abfolge von Schlägen ein. Es gelang mir jeden ihrer Schläge abzuwehren, doch meine Kräfte würden das nicht lange durchhalten.

"Ich bedauere wie sich die Dinge entwickelten. Wir hätten zusammen über diese Welt regieren können Drake."

"Du wirst niemals über diese Welt regieren. Und das weißt du."

"Wir werden sehen." antwortete Lukryscha und griff wieder an. Diesmal gelang es mir nicht alle ihre Attacken zu parieren. Schmerzhaft schnitt ihr Schwert über meine Oberschenkel und meinen linken Unterarm. Entsetzt sah ich wie Lukryscha ihr Schwert zum Mund hob und genüsslich begann mein Blut von der Klinge zu lecken. "Das Blut des Jägers." seufzte sie.

"Wie süß es ist."

Ich wusste dass es keinen Ausweg gab. Vor mir stand nicht länger Myra sondern ein weiterer Dämon aus Asteroths Schöpfung. Doch ich konnte einfach nicht vergessen was sie einst war. Ich konnte sie nicht verletzen, und wenn es mich meine Existenz kosten würde.

Wieder attackierte sie mich, meine Abwehr wurde immer schwächer. Sie fügte mir eine klaffende Wunde quer über den Bauch zu und ich brach vor ihr in die Knie. Die schwarzen Zwillinge fielen mir aus den Händen.

"Du bist keine Herausforderung Jäger." sagte Myra kalt.

"Ich liebe dich." röchelte ich am Ende meiner Kräfte. Wieder glaubte ich einen kurzen Moment ein Aufflackern in ihren toten Augen zu sehen, doch die Welt begann bereits vor meinen Augen zu verschwimmen und ich wusste nicht mehr was Real war und was ich mir nur einbildete.

Lukryscha schüttelte ärgerlich den Kopf. "Das wird dir auch nicht weiterhelfen. Wenn du dich nicht wehren willst dann stirbst du eben auf Knien wie ein Feigling." Wieder hob sie ihr Schwert, als eine herrische Stimme aus den Büschen erklang: "Das ist genug Lukryscha! Ich brauche ihn lebend."

Lukryscha hielt inne und ließ ihr Schwert sinken. Ich glaubte Enttäuschung und Wut in ihrem Gesicht zu lesen, die ersten richtigen Emotionen die ich darin sah. Eine zweite Gestalt trat aus dem Schatten. Spielte mir mein Verstand einen Streich? Ich musste bereits Halluzinationen haben. Einen Moment glaubte ich Tarim o Kiel neben ihr zu sehen.

Dann schwanden endgültig meine Sinne und ich stürzte in die Finsternis.

Craven beschleunigte seine Schritte als er Kampfeslärm hörte. Hektisch sah er sich um. Verflucht, woher kamen diese Geräusche? Er verließ den Pfad der zum Zentrum des Orakels führte und versuchte den Geräuschen zu folgen. Er zog Rutex aus seiner Rückenscheide und hackte sich seinen Weg durch den Wald. Seine Gedanken kreisten um Drake. Warum musste ihn dieser Kerl immer in Schwierigkeiten bringen? Er stürmte schneller durch den Wald. Schließlich verstummten die Kampfgeräusche und Craven überkam ein ungutes Gefühl. Doch er glaubte Stimmen zu hören. Direkt vor ihm. Er stürmte nach vorne.

Kampfbereit brach er aus dem Unterholz, vor sich erblickte er ein Flussufer. Ein seltsames blaues Leuchten ging vom Waldrand aus und als sein Blick dem Licht folgte erkannte er dort etwas dass wie ein Dimensionstor aussah. Er wusste nicht wie er es anderes beschreiben sollte. Zwei Gestalten schleppten einen bewusstlosen Körper in das Leuchten und verschwanden im selben Moment. Craven konnte nur einen flüchtigen Blick auf sie werfen aber es gab keinen Zweifel. Die bewusstlose Gestalt war Drake.

Zwei weitere Gestalten standen vor dem Tor und drehten sich überrascht zu ihm herum. Die eine war ein kleiner aber extrem breiter Mann den Craven noch nie zuvor gesehen hatte. Doch er sah genau so aus wie Drake immer Tarim o Kiel, das Oberhaupt der Gilde, beschrieben hatte. Konnte das sein?

Craven wollte sich auf sie stürzen, doch hielt er erschrocken inne als er die zweite Gestalt erkannte. Nein, das konnte nicht sein. Craven traute seinen Augen nicht.

Lukryscha hob ihr Schwert und wandte sich an O Kiel. "Was ist mit ihm?"

Doch o Kiel schüttelte den Kopf. "Wir haben keine Zeit mehr. Wir haben was wir wollten, lass uns gehen." Mit diesen Worten drehten ihm die beiden Gestalten den Rücken zu und schritten durch das Portal. Craven stürmte mit erhobener Axt auf sie zu, doch das Portal war verschwunden bevor er es erreichen konnte.

Craven blieb alleine zurück.

Kapitel 12 - Erlösung

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