© 2003 Bernard Hoffmeister (alacienputa)
Wenn man an so einem sechsten Dezember aufwacht, mag das für den einen oder anderen ein besonderer Tag sein, es sei denn, man ist ich und hat ein langweiliges Leben, so wie es bei mir der Fall ist.Ich heiße Bob und bin vierzehn Jahre alt, als ich an diesem (so schönen) Tag aufwachte, dachte ich mir nur: nicht schon wieder.
Ich wollte erst gar nicht daran denken aufzustehen, aber es gibt zu solchen Zeiten ja leider immer noch so etwas wie Schulpflicht. Ich zwang mich also aufzustehen und mich in aller Ruhe anzuziehen. Als ich fertig war, machte ich mit einem Seufzer meine Tür auf.
Als ich mich dazu brachte einen kurzen Blick nach unten zu tun, fiel mir nur wieder irgendetwas Rotes auf, aber das war mir auch nicht weiter wichtig wie jedes Jahr.
In der Küche angekommen, fragte mich meine Mutter fröhlich: „Und gefallen dir deine Nikolausgeschenke?“
„Ja, Wahnsinn!“ Sagte ich mit übertriebener Freude.
„Ich kann sie auch wem schenken, der es mehr zu schätzen weiß!“
„Ja, mach das.“ Sagte ich gelassen.
„Ja, das werde ich machen.“, sagte meine Mutter schon ein wenig in Rage.
Als ich aus dem Haus in Richtung Zug gehen wollte, merkte ich, dass ich es nicht mehr zum Zug schaffen würde, was nur noch zu meiner Stimmung beitrug, also zwang ich mich mit dem Bus zu fahren.
Als ich so im Bus saß, dachte ich mir, was das doch für ein primitiver Tag bis jetzt sei. Aber sich selbst zu bemitleiden ist auch keine Sache für einen vierzehnjährigen Jungen.
Mein Bruder musste fast wie immer zum Bus rennen. Früher hatte er es immer pünktlich zum Bus geschafft, doch mein Bruder ist fauler geworden und hat schon lange keine Motivation mehr, früh aufzustehen.
In der Schule musste ich mir das ganze Gelabere meiner Mitschüler anhören, was sie doch für coole Geschenke gekriegt haben.
„Weißt du, ich habe ein neues Spiel für meinen Computer gekriegt und...“
„Weißt du, ich schlafe gleich ein, wenn ich mir dein Gelaber noch weiter anhören muss.“
„Schlafen kannst du, wenn du tot bist!“ Sagte Mark zornig.
„Durch dich kann man diesen Moment nicht schnell genug erlangen!“ Sagte ich.
In der Schule selber passierten (Gott sei Dank) nicht noch viel aufregendere Vorfälle.
Aber nach der Schule musste ich wieder in das Paradies pur – nach Hause, wo auch schon meine Oma auf mich wartete.
„Na, was macht die Schule?“ Fragte meine Oma.
„Sie brennt..., tja Oma, auf blöde Fragen folgen immer blöde Antworten“, sagte ich.
Als meine Oma noch immer dumm guckte, ging ich in der Zwischenzeit in mein Zimmer und legte meine Schulsachen ab. Später fragte ich sie, was es heute zu essen gäbe. Sie sagte: „Reis, Schnitzel und Erbsen.“
Und das ließ ich dann auch über mich ergehen.
Meine Mutter kam kurz nachdem ich mit den Hausaufgaben fertig geworden war, wozu ich mich bei einer solchen Menge natürlich zwingen musste. Ich ging in die Küche, um mir ein wenig die Geschehnisse auf der Arbeit meiner Mutter anzuhören, was ich aber kurz darauf bereute, nachdem ich mir die spannende Unterhaltung anhören musste, dass Reis nicht zu Schnitzel passt und schon gar nicht Erbsen dazu. Ich sage euch, wer das aushält ist echt gut, denn das war wirklich ein Kampf der Giganten.
Und schließlich erhielt ich noch die Nachricht, dass ich an diesem Tag noch zum Zahnarzt müsse (ein Sondertermin für einen Abdruck). Was mich absolut in Feierstimmung brachte, da ich ja wusste, was ich für Zähne im Mund hatte.
Ich zwang mich also mir die Zähne zu putzen und mich für den Zahnarzt fertig zu machen. Nach einer Stunde und einem Bohrer (der mindestens so groß wie ein Presslufthammer war) mehr in meinem Leben, hatte ich mich noch nie so gut gefühlt wie zu diesem Zeitpunkt. Denn Zahnärzte haben irgendwie eine Veranlagung dafür, nach einem harten Tag mit einem Bohrer sehr fahrlässig umzugehen.
Auf der Rückfahrt sagte ich mir: Der Tag ist schon fast vorbei, du musst nur noch das Abendbrot überleben, dann wäre der Albtraum endlich vorbei.
Und es kam auch so.
Meine Mutter rief: „Abendbrot ist fertig!“
Ich atmete noch einmal tief durch und nahm es auf mich.
„Weißt du was mir heute passiert ist?“, sagte meine Mutter zu meinem Vater, „ich stand heute eine Stunde im Stau und...
...du warst bestimmt das erste Auto!“, beendete ich den Satz.
Alle fingen an zu lachen.
Ich dachte mir: So, jetzt noch zu Ende essen, ins Bett gehen und schlafen, dann lässt mich der Tag vielleicht noch mit einem blauen Auge davon kommen.
Ich schlich mich dann vom Tisch weg und probierte leise in mein Zimmer zu gelangen, ohne das es jemand bemerkte.
Wäre ich auf dem Weg zu meinem Zimmer nicht über meine Schuhe gestolpert, hätte ich es geschafft.
Ich lag dann im Bett und der Tag war vorbei. Und es fühlte sich komisch an.
Wäre es nicht mein Leben, könnte ich darüber lachen, es ist aber leider nicht so.
Warum hatte ich nur dieses Leben? Dann kam mir vielleicht der Gedanke der mein Leben zusammenfasste. Wäre ich nicht so pessimistich, sondern viel mehr optimistisch, hätte ich vielleicht ein schönes Leben. Ich stehe viel zu sehr unter
dem Gefühl, dass alles ein Zwang für mich ist. Ich sollte es einfach akzeptieren.
Und deswegen kann ich mich schon auf den sechsten Dezember im nächsten Jahr freuen.
Ende