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Marias Mutter war ihnen dazwischen kommen, sie sagte Maria sollte sich nicht mit diesem asozialen Junkie abgeben, der sie nur in den Dreck ziehen würde. Marias Mutter war Alkoholikerin, und für sie traf auch keine bessere Bezeichnung als asozial zu, aber sie kam aus edlem Elternhaus und hatte eine gute Erziehung bekommen, bis sie die Vorzüge von Männern kennen lernte und mit 16 Jahren auszog in eine 60 qm² Wohnung. Sie hielt sich selbst für sehr edel und anständig, auch wenn sie den ganzen Tag im Bademantel durch die Wohnung schwirrte und keine Ambitionen zeigte sich eine vernünftige Arbeit zu suchen. Ihr Leben und das ihrer Tochter finanzierte sie mit den gelegentlichen Geldschüben ihrer Eltern und mit den Männern, die sie von Tag zu Tag tauschte. Eines Tages als Maria aus der Schule kam, wollte Maria ihrer Mutter ihren neuen Freund Thomas vorstellen, doch es ging mehr als nur schief. Die Mutter war vollkommen aus dem Häuschen gewesen, sie beschimpfte ihn als Trailerfreak und als Straßenkind, und das waren noch die harmlosesten Bezeichnungen. Selbstverständlich hatte sie dabei ihren rosa Plüschmantel getragen und eine Flasche besten Bourbon in der Hand gehalten, und ihre Haare waren total zersaust.
Thomas und Maria waren sofort wieder verschwunden. Maria, ein ausgesprochen hübsches blondes Mädchen, hatte sich sofort bei ihm entschuldigt für das defekte Sozialverhalten ihrer Mutter und ihm versichert das sie nur gerade einen schlechten Tag hatte. Thomas antwortete, dass es nur halb so schlimm sei, und schlug vor es noch mal zu versuchen wenn Marias Mutter in besserer Stimmung sei. Gesagt, getan, doch dieses Mal war es noch wesentlich schrecklicher. Dieses Mal schafften Maria und Thomas es in die kleine gekachelte Küche, bis die Mutter aus dem Schlafzimmer kam – im Bademantel. Ihre erste Frage war, was denn dieses asoziale Dreckskind in schon wieder in ihrer Wohnung zu suchen habe, doch sie wartete nicht auf eine Antwort, sondern schmiss die Whiskeyflasche, die sie grad bei sich hatte auf Thomas und ging wie eine Furie auf ihn los. Maria hatte sie da total entsetzt angeschaut und fing an mit heulen, bis Thomas es geschafft hatte aus der Wohnung zu entkommen. Ein wildes Wortgefecht begann.
"Wie konntest du so etwas nur tun? Was fällt dir eigentlich ein Mutter??", hatte sie geschrien mit vollem Stimmvolumen. "Solche Leute haben hier nichts zu suchen Maria, und sollte er noch mal herkommen werde ich die Polizei rufen!", antwortete die Mutter plötzlich wieder ganz gelassen, als ob sie genau wüsste das sie im Recht war. Maria war daraufhin in ihr kleines Zimmer gerannt und hatte die Tür mit voller Wucht zugeschlagen. So was muss sie sich nicht bieten lassen, und sie hatte auch nicht vor so weiterzumachen. Als sie sich innerlich wieder gefasst hatte, ging sie raus zu dem Treffpunkt vor einem Geschäft, wo sie sich bisher immer mit Thomas verabredet hatte und wartete. Irgendwann würde er schon wiederkommen, und wenn sie dafür bis zum Abend warten müsste.
Wie sie vermutet hatte kam er auch recht bald, es fing gerade an mit Dämmern. "Thomas…es tut mir so…", fing sie an doch Thomas hielt ihr die Hand vor den Mund und küsste sie. Nach einigen innigen Minuten lösten sich ihre Zungen voneinander und Maria fing an mit sprechen. "Ich halte es nicht mehr aus. Meine Mutter macht mich fertig, tagein tagaus muss ich ihre verkommenen Lover anschauen und dich verurteilt sie. Ich vermisse meinen Dad, Thomas, und ich weiß nicht wie ich es schaffen soll weiterzumachen. Etwas muss passieren.", sprach sie mit vollkommen ruhiger Stimme, in der Thomas aber durchaus heraushören konnte was Maria zwischen den Zeilen gesagt hatte. Sie wollte sie töten.
"Ich weiß", antwortete Thomas. "Und ich kann dich auch gut verstehen. Meine Mutter ist nicht besser, aber ich bin eh so gut wie nie zu Hause und gebe mir viel Mühe es auch so selten wie möglich zu sein." Maria hatte ihn als Erwiderung angelächelt und ihn nochmals auf den Mund geküsst. Sie saßen auf einer Bank in der Innenstadt und viele Autos, Straßenbahnen, Fahrräder und Menschenmassen bewegten sich an ihnen vorbei, doch sie fühlten sich nicht als ob sie beobachtet würden. Nachdem sie sich wieder aus ihrem Kuss gelöst hatten, fragte Thomas sie vorsichtig nach dem Offensichtlichen. "Was gedenkst du zu tun?" Marias Stimmung war plötzlich in tiefste Grade gefallen. Sie schaute Thomas tief in die Augen und Thomas konnte die eigenartige Kälte fühlen, die ihre Augen ausstrahlten. Worte waren an dieser Stelle vollkommen überflüssig.
Nun lagen die Beiden im Motel Seite an Seite, von der Regierung gesucht und von ihren eigenen Familien verfolgt. Maria war schon vor der Tat klar gewesen, das die Konsequenzen nicht leicht zu überwältigen sein würden. Ihre Großeltern, die verhältnismäßig jung waren, hatten jede Menge Geld und sie hatten ihre Tochter geliebt, denn Marias Mutter hatte nicht viel gekonnt, aber sie hatte gewusst wie man es schafft 360 Tage im Jahr frei nach Schnauze zu leben und die restlichen 5 Tage an denen man seine Eltern sieht so edel und anständig wie nur möglich zu wirken. Das hatte ihre finanzielle Situation gesichert und die noch vorhandene Liebe ihrer Eltern für sie aufrechterhalten, die Maria und Thomas jetzt zum Verhängnis geworden war. Marias Großeltern waren zutiefst schockiert, als sie erfuhren, dass ihre Tochter ermordet aufgefunden worden war und noch schockierter als sie erfuhren wer die Tat begangen hat. Zum Zeitpunkt der Tat war Maria aber nicht bei vollem Bewusstsein gewesen, sie hatte vorher eine Flasche Bourbon ihrer Mutter genossen um "dabei" nicht in moralische Bedenken zu verfallen. Dieses wäre aber nicht mal unbedingt nötig gewesen, sie hatte es aus purem Hass getan. Ihre Mutter hatte sich einen Dreck geschert um ihre Tochter, sie hatte ihr zwar eine gute Menge Geld zukommen lassen, aber der Rest war ihr so egal wie der dicke Staub der sich auf allen Möbeln in der Wohnung gebildet hatte.
Thomas allerdings war es ziemlich egal dass sie gejagt wurden. Er hatte die naive Vorstellung, dass seine Liebe zu Maria und umgekehrt sie durch alle schlechten Zeiten bringen würde. Das wurde noch in der Nacht im Motel widerlegt.
Als sie beide schon eine Stunde ohne ein Wort zu wechseln dagelegen hatten, hörte Maria plötzlich Polizeisirenen. Thomas war eingenickt und jetzt aufgeschreckt, als Maria in heftig schüttelte. "Thomas, die Polizei ist da draußen!!!", brüllte sie ihn hysterisch an. "W..Was? Die Polizei? Scheiße!", erwiderte er bei adrenalinbedingtem Vollbewusstsein. Sie müssten jetzt handeln, oder man würde sie kriegen und Marias Großeltern würden dafür sorgen das sie den Rest ihres Lebens hinter schwedischen Gardinen verbringen. "Maria, wir müssen durch den Hintereingang verschwinden und sofort losfahren!", nuschelte er in der Hoffnung, nicht gehört zu werden. Mittlerweile waren die Polizisten in das kleine Motel in der Wüste eingedrungen und unterhielten sich mit dem Besitzer. Jetzt oder nie. Thomas hatte eine Waffe bei sich, die er jetzt aus seiner Jackentasche holte. Er nahm Maria an der Hand und öffnete die Tür, die zum Flur führte der sich direkt an den Eingang anschloss.
Die Polizisten sahen die beiden erst nicht, da sie zu sehr damit beschäftigt waren dem Motelbesitzer zuzusetzen um eine Erlaubnis zu bekommen die Zimmer zu durchsuchen. Thomas und Maria bewegten sich im mittleren Laufschritt zur Hintertür und öffneten sie, als hinter ihnen einer der Polizisten rief dass sie sich umdrehen sollten. Jetzt war es zu spät.
In Marias Verstand bewegte sich nichts mehr. Ihr Puls klopfte und sie konnte fühlen wie das Adrenalin durch ihren Körper schoss. Der einzige klare Gedanke, den sie fassen konnte war, dass Thomas jetzt nichts Falsches tun darf, weil es sonst das Ende für sie sein würde. Die beiden Polizisten hatten ihre Waffen bereits auf sie gerichtet.
"Bleiben sie stehen und nehmen sie die Hände hinter den Kopf!", schrie einer der beiden Polizisten, welcher aussah als wäre er zum ersten Mal dabei so etwas zu tun. Der Andere dagegen sah erfahren aus, denn seine Waffe war genau auf Thomas’ Herz gerichtet, und er zitterte nicht.
Thomas überlegte. Würde es sich lohnen? Würde es sich nicht lohnen? Würde er sie retten oder sie in Gefahr bringen? Er wusste es nicht. Er beschloss, es auszuprobieren und zog die Waffe und schoss.
Es musste ein schrecklicher Anblick gewesen sein für die Polizisten, die die Leichen von Thomas Creutz und Maria Frank identifizieren sollten. Der kleine Motelflur war voll von Blut und anderen Körpersubstanzen, welche man sonst nur in Filmen die auf dem Index stehen zu sehen bekommt. Ein Polizist, der Frischling, hatte eine Schusswunde im Arm, doch der Arzt versicherte ihm dass es nur halb so schlimm sei, er würde sich bald wieder ganz normal damit bewegen können.
Marias Großeltern waren nicht erfreut zu hören das Thomas und Maria tot waren, aber sie vergossen auch keine Träne, immerhin hatten sie ihre grausame Tochter ermordet, und das hatte Vorrang, für andere Emotionen war kein Platz.
Sie gestanden den beiden aber ein Grab für zwei zu, als Text wählten sie:
"Sie lebten gefährlich."